Volltext Seite (XML)
250 sich von dem launenhaften Kinde bezaubern lassen würde. Sie w«ck jetzt wieder fremd und höflich gegen ihn und während der au Hauptmann sich ganz dem Zauber gefangen gab, den Anna auf O ausübte, bei Tische seine volle Aufmerksamkeit dem schelmischen zuwandte und nie müde wurde, ihr seine Kriegsabenteuer zu e> zählen, besprach sie wieder, als Frau vom Hause, in gewohM erhabener Ruhe die Wirthschaftsangelegenheiten mit dem alten AB' mann. Anna schien seit dem letzten Ausritte nur noch Augen für alten Hauptmann zu haben. Der Volontair wurde darüber iwB schwermüthiger, das Tuch hing ihm verworrener um seinen HaA" las Byron und Lenau eifriger als je und zwar ganz in der mung, einen Korsar oder Ritter Harrold zu schreiben, nur war Glück sein Unglück so tief und bodenlos, daß die Woge Schmerz'^ poetischen Perlen an den Strand warf. . Selbst den jungen Feldmesser hatte Anna seit jenem SoiBA wenig beachtet und wenn auch dessen Schmerz sich nicht in ! wildgenial umgeschlungenen Halstuch, nicht in dem düsternSch>^ muthsblick eines Lara äußerte, so war er dennoch sicherlich tiefer,", innerste Leben berührend. Beide Helden hatten jedoch ihre Ar" und darin den besten Abzugskanat für des Liebesschmerzcs See und dazu kam, daß in Sahara das Alltagsleben ein rückendes Fest aus der Ferne schon freundliche Oasen der Lust B der Freude zeigen sollte. > Die Köchin war es, deren slavischeS Blut zuerst rebellirte > die eines Tages mit dem Frühstück funkelnden Auges die Nach^ brachte, daß in vierzehn Tagen Erntefest sei, und sie staE in freudiger Erwartung mit den Füßen und schwenkte sich halb? rum. . „Erntefest?! so, das ist ja ganz Prächtig, da tanzen wir ander," rief der Hauptmann lustig, der trotz seiner jungen, feuE Liebe zu Anna sich nicht hatte abhalten lassen, mit der dicken matin einen vertrauten Ton anzuschlagen. Lau inosvier, wie sagen Sie?" fragte Kathinka rascht „wär' zu viel Ehr' für mich." „Ein solches Mädchen wie Du — mit dem will ich den Abend tanzen," entgegnete der Hauptmann. § „Ist cs wahr?" fragte Kathinka noch immer zweifelnd " sah sich doch schon stolz und freudig mit dem Hauptmanne h^ schwenken. „kovno (gewiß), Du sollst sogar den ersten Tanz haben,'' thinka," erwiderte der Hauptmann übereilt. „Den ersten Tanz!" widerholte die Köchin jubelnd und N" so leicht davon, wie man es dem großen ungeschickt ausschB Frauenzimmer nicht zugetraut hätte. Dem alten Hauptmann fiel erst jetzt Fräulein Anna ein, würde die dazu sagen?" und er kratzte sich ob seiner Uebercilung" ter'm Ohr. Die Strafe sollte ihm auf dem Fuße folgen, denn bald da" kam Anna. Auch sie schwatzte in ihrer gewohnten Lustigkeit vo» Feste- „Den ersten Tanz haben Sie, Herr Hauptmann, dein Quixote zum Trotz, der mich schon darum gebeten." „Hm, theureAnna," stotterte der Hauptmann verlegen, Sie — darf ich —?" „Was dürfen Sie?" fragte die Kleine herrisch. „Nun, ein alter Soldat ist offen, hält auf Tact!" platzt" Hauptmann heraus, „eben habe ich's der Polin versprochen/ . man muß sich doch etwas herablassen/ setzte er sich entschuldig' hinzu. Ein verächtliches, stolzes Lächeln kräuselte auf einen Aug^. die Lippen Anna's, „fallen Sie nur nicht herab!" sagte sie spo^, wandte dem Hauptmann den Rücken, um sich dem jungen Feldn^ der bisher nicht aufgeschen und weiter gezeichnet, zu. „Da der Hauptmann mich ausgeschlagen, sollen Sie, Herr Maler, den Tanz haben," und der Unmuth, der ihr freundliches Gesicht eE war dem reizendsten Lächeln gewichen. Der junge Feldmesser blickte auf, eine Flammenröthe bed"", sein Antlitz. Wie schön, wie reizend war sie nicht wieder und I, bot sie ihm das Glück, in ihrem Arm dahinzufliegen und, o daN'"' scheS Geschick! — er konnte nicht tanzen. — Eh'Thalheim vor und Bestürzung ein Wort hervorbringen konnte, rückte sch"".^ alte Hauptmann, der diese Schwäche seines Gehülfen kannte, l" denfroh mit dem Bekenntniß heraus. „Sie können nicht tanzen?" rief Anna fast ungläubig und tete ihre schönen, dunkeln Augen fragend auf Thalheim, als er>B sie bestimmt eine Widerlegung des Unerhörten. „Ich kann nicht tanzen," entgegnete Thalheim fast erbittert seine eigne Ungeschicklichkeit und das rücksichtslose Bloßlegen dcrf^ seitens des Hauptmanns — „aber" „Das ist ja recht schade!" unterbrach ihn Anna und ihr ruhte mit rechtem Mitleid aus dem Aermsten, dann eilte sie mit" den schmollend, hinaus. „Aber ich werde es lernen!" hatte Thalheim hinzu setzen „und ich muß es lernen!'' sagte er jetzt zu sich selbst, denn ein licher Genuß winkte ihm dabei. Alle Feigheit, alle Blödigkeit aus seinem Herzen verbannt und wie ein Held steuerte er auf Ziel los. Wie jedoch tanzen lernen und in so kurzer Zeit? D» es sich rasch entschließen und wer konnte ihm besser aus der helfen als die tanzlustige Kathinka? — Noch am selben Abend er, als er sich unbemerkt wusste, in die Küche und machte der P" den Antrag, daß sie ihm tanzen lehren sollte. (Fortsetzung fo'isi Zwischen zwei Feuern. Humoristische Novelle von Ludw. Habicht. Verfasser des historische» Nomans: Der Stadtschreiber von Liegnitz, dem Irrwege re. (Fortsetzung.) Das schelmische Mädchen hatte nicht ohne Absicht beide Rivalen für den heutigen Ausflug bestimmt. Es wollte, wie König Lear seine Güter, die Sonne seiner Gunst so gewissenhaft zwischen ihnen thei- len, daß sie in eifersüchtiger Wuth, um so erbitterter sich bekämpfen sollten. Die Ouvertüre des Vergnügens begann schon, statt mit einem sanften Adagio, mit einem Forte. Der Volontair hatte zum Ausritte einen kleinen feurigen Rappen erhalten und wie er eben mit Grazie und Anmuth in den Sattel stei gen wollte und triumphirend auf Anna blickte, die seine Eleganz ge wiß bewundern mußte, da lag er auch schon, die Beine von sich strek- kend, am Boden. „Sind Sie sehr gefallen, Herr Ritter?" fragte Anna mit ver stelltem Mitleid, während der Hauptmann lachend "sagte:,, Der Rap pen bat sich nur über Ihr nonchalantes Aufsitzen geärgert und Sie deshalb abgeworsen." Während der alte Hauptmaim und Anna ein Lachduett anstimmten, war der Volontair so schnell aufgesprungen, als er es vermochte und lief jetzt mit seinen langen Beinen dem im Hofe herumgaloppirenden Pferde nach. Thalheim trat in diesem Augenblicke in den Hof. „Schließen Sie die Thür," rief ihm der Volontair entgegen, „sonst läuft die Bestie davon." Wirklich hatte der Rappe auch große Lust, die Frei heit aufzusuchen und lief dadurck dem jungen Feldmesser in die Hände der, seinen Träumen rasch Valet sagend, die Zügel des Pferdes glücklich ergriff und es zum Stehen brachte. „Ich danke Ihnen," keuchte der Volontair hervor, dann stieß er einen halben Fluch aus, der ungewiß ließ, ob er dem Feldmes ser oder dem Pferde galt, schwang sich in den Sattel und sprengte zu der noch immer lachenden Gruppe. Anna wurde plötzlich ernst und hielt sich die eine Seite. Um allen Spott zu entgehen, fragte der Volontair besorgt: „Fehlt Ihnen etwas mein Fräulein?" „Ach!" sagte sie traurig, während um ihre Lippen wieder ein Schalk spielte, „mir geht es wie den ehrlichen Sancho Pansa, von dem Schreck, den ich bei Ihrem Fall, mein ed ler Ritter, gehabt, thut mir der ganze Körper so weh, als ob ich recht zerschlagen worden." Der Volontair bereute es jetzt freilich nach Anna's Unwohlsein aefragt zu haben; er hatte geglaubt, damit ohne alle Neckerei wegzu- kommcn und jetzt bemerkte noch der alte Hauptmann im väterlichen Tone: „Takt, Takt! Herr von Schwanenbach, sonst brechen Sie heut' noch das Genick! „Schauen Sie nicht so düster in die Zukunst," ermahnte Anna, „nun zu Pferde! adieu Herr Thalheim," rief sie mit leichtem Kopf nicken und die Cavalcade sprengte zum Thore hinaus. War das dasselbe Mädchen, das so freundlich neben ihm gesessen und ihn ermuntert: „Sie müssen Maler werden?" Der junge Feldmesser ging in seine Stube und er, der kaum zu einem gewissen Selbstbewußtsein gekommen war, fühlte sich in die alte gedrückte Stimmung zurückgeworfen und all' den Ucbrigen gegen über das Beschränkte und Abhängige seiner Stellung. Nach einigen Stunden kam die Gesellschaft wieder angesprengt. Der Volontair zwar noch mit heiler Haut, aber ohne Hut und Reit peitsche, doch mit selig lächelndem Gesicht. Der alte Hauptmaim schwitzte über und über und trocknete sich jetzt mit seinem Taschentuch fortwährend das Gesicht. „Die tolle, kleine Hexe," rief er vom Pferde springend, „das ging ja wie unter Blücher über Stock und Stein. „Das Roß gespornt! die Wehre frisch geschwungen! So heißt es nun im heißen Kampfgewühle, Bis mir der Sabbath fächelt seine Kühle, Wann Müden mich der stille Tod unschlungen. Mir war's versagt in jenen Blüthentagen —" deklamirte der Volontair. „Es suchten Dich vergebens meine Klagen, —" ergänzte Anna und fuhr dann spottend fort: „nichts mehr von Ver sen, .widmen Sie Ihrem Hute und Ihrer Reitpeitsche keine Elegie, sie liegen gut!" „O, dieser Sarkasmus, Fräulein! und wenn Alles der tückische Stronr verschlungen hätte, ich wäre Ihnen doch gefolgt." „Machen Sie nicht so viel Aufhebens, Herr von Schwanenbach, es war ein alter Hut," meinte der Hauptmann trocken. „ksrmotter-moi, ein alter Hut?" entgegnete der Volontoir er bittert, „der Ihre ist gegen meinen schon majorenn." „Der wüthenden Neiße ist das ganz gleichgültig," rief Anna la chend, „aber still davon, wir müssen zur Mama, ihr unser Abenteuer erzählen. Kommen Sie, Herr Ritter! Ihren Arm, Herr Stallmeister!" wandte sie sich an den Hauptmann. „Sie sind doch unser freundli cher Sancho Pansa" und damit hüpfte sie die Stufen hinauf, daß ihr der Hauptmann, der gern jugendliche Leichtigkeit zeigen wollte, kaum zu folgen vermochte. Frau von Röder lachte zwar über die Schalksstreiche ihres Kin des, fühlte sich jedoch davon unangenehm berührt, daß der alte Hauptmann für das übermüthige, thörichte Kind sein Herz so ganz in Flammen aufgchen ließ. Sie war zu vernünflig, um auf ihr eigenes Kind eifersüchtig zu sein, aber sie zürnte dem Hauptmann und hatte ihn für gefetzter und verständiger gehalten, als daß er