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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Mmtsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme biS Montag resp. Donnerstag Mittag. Freitag, den 3. Octobcr 78. 1873. Bekanntmachung, die Einreichung der Stammrollen betreffend. Die Gemeindevorstände hiesigen Amtsbezirks werden hierdurch mit Anweisung versehen, die Stammrollen be hufs der nach § 65 der Militär-Ersatz-Instruction vorzunehmenden Berichtigung noch im Laufe dieses Monats bei der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden einzureichen. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 2. October 1873, Leonhardi.. Die Stücke 21 und 22 des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1872 — letzte Absendung am 14. Dccembcr 1872 — enthalten: No. 163. Decret wegen Conccssionirung der Berlin-Dresdner Eisenbahngesellschaft; vom 27. September 1872. No. 164. Verordnung, die Abtretung von Grundeigenthum zu Erbauung einer directen Eisenbahn von Dresden nach Berlin betreffend; vom 27. Sep tember 1872. No. 165. Verordnung, die Expropriation von Grundeigenthum für Erweiterung der Station Potschappel an der Dresdner-Chemnitzer Staatseisenbahn betreffend ; vom 23. October 1872. No. 166. Verordnung, die Ausführungsbestimmungen zu dem Reichsgesetze wegen Erhebung der Braustcuer vom 31. Mai 1872 betreffend; vom 19. November 1872. No. 167. Bekanntmachung, eine Anleihe der Sächsischen Holz-Industrie-Gesellschaft zu Rabenau betreffend; vom 24. October 1872. No. 168. Bekanntmachung, die Nichtungslinie der Gaschwitz-Mcuselwitzer Eisenbahn betreffend; vom 5. November 1872. No. 169. Bekanntmachung, dem Sparvereine zu Lichtenstein - Callnberg bewilligte Stempelbefreiungen betreffend; vom 13. November 1872. No. 170. Bekanntmachung, die Einrichtung einer von der Bezirkssteuercinnahme Nossen abzuhaltenden Nebcneinnahme in der Stadt Hainichen betreffend; vom 14. November 1872. No. 171. Bekanntmachung, die Ausgabe verzinslicher Schatzauweisungen im Betrage von 2'/, Millionen Thaler betreffend; vom 25. November 1872. Gedachte Stücke des Gesetz- und Verordnungsblattes liegen 14 Tage lang in hiesiger Naths-Expedition zur Einsicht aus. Wilsdruff, am 30. September 1873. Der Stadtrath. Bürgermeister Adv. Ernst Sommer. Tagesgeschichte. Nach einer neuen Anordnung des kaiscrl. Generalpostamts sind die österreichischen Viertclgulden von den Postanstalteu nur noch in einzelnen Stücken bei Berichtigung von Postgcsällcn anzunchmcn und bleibt nunmehr die Annahme der Viertelgulden in größeren Quanti täten bei allen Zalungen im Postverkchre ausgeschlossen. Eibenstock, 28. September. Gestern Nachmittag kurz vor 2 Uhr brach in dem Crottensce genannten Stadttheil Feuer aus, wel ches sich trotz der herrschenden Windstille sehr rasch verbreitete. Nur der energischen Thätigkeit der hiesigen Feuerwehr gelang es, größere Gefahr von unserer Stadt abzuwenden. Trotzdem wurden 10 Häuser ein Raub der Flammen. Die Leipziger Michaelismessc läßt sich gut an. Die Lcder- borräthe wurden sogleich verkauft, obschon die Zufuhr bedeutend war, auch in Tuch und anderen Wintcrstoffen wurden gute Geschäfte gemacht. In Leipig ist der beliebte Lustspieldichtcr Roderich Benedix gestorben. Er hat so zahlreiche Lustspiele und so schöne Bühnen- fignren geschaffen wie kaum ein anderer Deutscher und Millionen Theaterbesuchern heitere Abende bereitet; dennoch starb er arm, fast in Noth. In seiner Blüthezeit bezog er nur karge Honorare und keinen Ertrag von den Aufführungen auf den Bühnen. Kaiser Wilhelm und König Victor Emanuel haben sich zum Abschied kräftig und warm die Hände geschüttelt. Für die Franzosen sind diese beiden verschlungenen Hände eine wohlgemeinte Mahnung zur Vorsicht und Ruhe und nöthigenfalls eine — Faust. Wenn die Franzosen 1870 Ruhe gehalten hätten, so hätten sie Elsaß und Loth ringen heute noch, und wenn sie jetzt und künftig Ruhe halten, so werden sie wenigstens Nizza und Savoyen behalten, das Napoleon 1859 als Trinkgeld für Solfcrino eingesteckt hat; wenn sie aber An stalt machen Deutschland zu bedrohen und Nom den Italienern zu kreißen, so werden sie Elsaß und Lothringen nicht wieder erhalten und Nizza und Savoyen verlieren. Das ungefähr ist der diplo matische Sinn der verschlungenen Hände von Kaiser Wilhelm und König Victor Emanuel. Was auch Bismarck so lange zurück- gehalten hat, er hat in ein paar Tagen in Berlin alles gründlich nachgeholt, mit Victor Emanuel und seinen Ministern eifrig verhan delt und sie förmlich erobert. Die Macht seiner Persönlichkeit hat sich wieder einmal glänzend bewährt. Victor Emanuel hat ihm zum Abschied nicht nur den Annunciata-Orden, sondern auch eine Schnupf tabaksdose mit seinem Bilde geschenkt, die unter guten Brüdern, wie jetzt die Deutschen und Italiener sind, ihre 35,000 Franks Werth ist. Für den Kaiser ist ein Gegenbesuch in Rom zu beschwerlich und be denklich, aber der deutsche Kronprinz hat seinen Besuch versprochen und er will auch seinen Erben mitbringcn, „um ihm zu zeigen, wie lieb er Italien und die Italiener hat." Aus Deutsch-Lothringen schreibt man der „Karlsruher Zeitung" untcrm 26. v. M.: Gestern Nachmittag von 1—4 Uhr war vor dem Tribunal in Luneville Verhandlung wegen der daselbst an drei Deutschen verübten Mißhandlungen. Der Gerichtssaal und die Räume vor demselben waren von einer ziemlich erregten Menge dicht erfüllt, die, besonders nach Fällung des Urtheils, nicht übel Lust zeigte, an den als Zeugen gegenwärtigen Beleidigten neue Heldcnthaten zu ver üben. Um so würdiger war die Haltung des Gerichtshofes, da ins besondere der öffentliche Ankläger sich der rühmlichsten Objektivität befliß, nicht minder der Präsident des Gerichts, der namentlich dem mit Namen noch immer unbekannten französischen Artillericcapitän für sein energisches Eingreifen zu Gunsten der Bedrohten die unum wundenste Anerkennung aussprach. Von den drei Angeklagten erregte besonders der Schwerstgravirte, alter ehemaliger Kürassiersoldat, Namens Schwarz, ein geborener Elsässer, ein gewisses Interesse. Die Bitterkeit dieses Angeklagten, die selbst der Borsitzende rügen zu sollen glaubte, machte einen kläglichen, auf das Publikum natürlich den günstigsten Eindruck. Die beiden übrigen Angeklagten, Kleinhändler aus Luneville, verlegten sich überwiegend aufs Leugnen. Einer der Letzter« und Schwarz, ihres thätlichcn Antheils überführt, wurden