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für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Licbculchn und die Umgegt»den. Umtsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ZQ. Dienstag, den 29. Juni 1868. Tag esieschichte. Der in Dresden um das dortige Pcstalozzistift viel verdiente Dircctor der dortigen vierten Bürgerschule Herr Zehrfeld ist nach kur zem Krankenlager gestorben. Gesetzlicher Bestimmung gemäß soll der Betrag von 3,200,000 Thaler desecte und aus dem Verkehr zurückgezogene "Kaffenbillets vom Jahre 1855, iugleichen 1500 Thlr. nachträglich eiugelöste Kaffenbil lets vom Jahre 1840 den 3. Juli d. I. Vormittags von 10 Uhr an in dem Verbrennungshause im Hofe des Land- und Steuerhau ses in Dresden verrichtet werden. Die Eintrittspreise im königl. Theater zu Dresden sind aber mals um 5 Ngr. erhöht worden und es soll sogar eine weitere Stei gerung in nicht zu langer Zeit in Aussicht genommen sein. Freiberg. Mit den Vorgängen in der Glauchauer Diöcesan- versammlung steht der friedliche Und erbauliche Verlauf der hiesigen in höchst wohlthuenden Coutraft. Dem hiesigen Ephorus Bierbach, der zwar kein großer Freund der neuen kirchlichen Institutionen sein soll, hier aber"großen Tact bewiesen hat und durch den Verlauf der Versammlung clwas umgcstimmt sein dürfte, ist es nicht in den Sinn gekommen, in Bezug auf die Stimmbcrechtigung der sämmtlichen an wesenden Kirchenvorstandsmitglieder die mindesten Schwierigkeiten zu machen. Ten Chemnitzer Nachrichten schreibt man aus Hohenstein vom 18. Juni: Am 9. d. M. fand im Bade Hohenstein eine Pastorcncon- ferenz statt, welche wohl auch aus andern Kreisen beschickt sein mußte, denn cs waren über 50 Geistliche anwesend. Die Verhandlungen fanden unter strengster Ausschließung aller Oeffentlichkcit statt. Der Geist nun, welcher in dieser Cvnferenz geweht, hat sich schon in ei nigen abgehaltenen Diöcesanversammlu'ngen gezeigt und wird noch besser zu Tage treten, denn jene geschlossene Phalanx der Orthodxie wird dem Geiste des Fortschrittes und der Humanität mit der zähe sten Hartnäckigkeit den Boden jeden Fuß breit streitig zu machen su chen. Jetzt erst tritt nun die Bedeutung der Kirchcnvorstandswahlen im vorigen Jahre in das rechte Licht, denn jetzt ist es an den Mit gliedern dieser Corpvrationen zu beweisen, daß die Mehrheit der durch sie vertretenen Kirchengcmeinden nichts von jenem psäffischen Geiste der Unduldsamkeit, nichts von jenem Zurückführen auf längst über wundene Standpunkte in Sachen des Glaubens, nichts von jenem Jgnoriren der Wissenschaften im Volksunterrichte wissen will, sondern eine frische und unbecngte Entwicklung und freiheitliche Fortgestal tung ihres religiösen Lebens und kirchliche Formen verfangt und er strebt. Der Vorschußvercin in Leipzig, im Jahre 1856 begründet, hat am 25. Juni sein 10,000. Mitgliedbuch ausgefertigt. Zur Zeit zählt er ca. 4000 Mitglieder. Die „S. Z." berichtet aus Leipzig vom 24. Juni nicht weniger als 3 Selbstmorde. Gestern wurde eine 65 Jahr alte Frauensper son ledigen Standes, die einen Schnittwaarenhandel betrieb, in ihrer Behausung erhängt aufgefunden. — Der Kaufmann H., welcher von seiner Ehefrau getrennt lebte, hat in seiner Zelle im Bezirksgericht, wo er wegen eines Unzuchtverbrechens inhaftirt war, seinem Leben durch Erhängen ein Ende gemacht. Scham und die zu erwartende Strafe haben ihn zu diesem Selbstmord getrieben. — DerBuchhand- lungslehrling K., 18 Jahr alt, befand sich wegen mehreren gegen seinen Principal verübten Unterschlagungen seit gestern in polizeilicher Haft. Heute früh hatte sich derselbe an den Fenstergittern seiner Zelle aufgeknüpft, der Schließer, welcher hinzukam, schnitt ihn ab, und durch die angestellten Wiederbelebungsversuche gelang es, ibn zwar ins Leben zurückzurufen, cs ist aber zweifelhaft, ob er durch die cin- gctretcnen heftigen Krämpfe am Leben erhalten bleibt. Der Anzeiger für den Plaueuschen Grund „Glückauf" schreibt: Die Wohlthätigkeitsacte, zu denen das jüngst gefeierte 50jährige Be sitzjubiläum des Herrn Darons v. Burgk auf Burgk Letzteren veran laßt hatte, sind, dem cntgegenstehendcn Wunsche des Schenkgebers ungeachtet, inzwischen auch außerhalb der zunächst dabei betheiligtcn Kreise bekannt geworden. Der Burgker Berg- und Hüttcnknappschafts- kasse ist das ansehnliche Capital von 10,000 Thlr. überwiesen wor den, während die Armcnkassc der Gemeinde Burgk Mit 1000 Thlr. und der Militairverein im Plaueuschen Grunde mtt einem Geschenk von 800 Thlr. bedacht worden ist. Auerbach, 23. Juni. Ein höchst bekcagenswerther Unfall, von dem die ganze Stadt tief ergriffen ist, wird gemeldet. Vor ungefähr 5 Wochen wurde dem 11jährigen Sohne der Wittwe Heckel hier die linke Hand von einem tollen Fleischerhunde schrecklich zerbissen und gestern ist der Knabe der fürchterlichsten Krankheit, die den Menschen treff.n kann, der Tollwuth erlegen. Die Wunden waren sofort nach dem Visse sorgfältig ausgebrannt worden und auch das Sonntag'sche Mittel wurde angewandt, allein Alles ohne Erfolg. Am 20. Juni zeigten sich die ersten Spuren der ausbrechenden Wasserscheu und schon am folgenden Tage steigerten sich die Wuthanfälle bis zum schreck lichen Rasen. Am 21. Juni Abends ereignete sich in Plauen ein bedeutender durch große Fahrlässigkeit herbeigeführter Unglücksfall. Die Inhabe rin eines Materialwaarengeschäfts am dortigen Klosterplatze zog im Keller mit ihrem Dienstmädchen ein Faß Spiritus ab, der sich sehr bald entzündete und den ganzen Keller in Flammen setzte. Beide Personen erlitten dabei solche schwere Brandwunden, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Die Zimmergesellen in Leipzig haben ihre Arbeitseinstellung als erfolglos aufgegeben und suchen unter den von den Meistern ge währten Bedingungen wieder Arbeit. Am Montag kamen sie zu die sem Entschluß. Die Unterstützungen aus andern Arbeiterkreisen von Leipzig und auswärts waren im Verhältnis; zu der Menge der fei ernden Arbeiter nicht erheblich und manche behaupten sogar, daß ih nen an Unterstützung überhaupt nichts zu Theil geworden sei. Der Gustav-Adolph-Verein läßt Thaten für sich reden. In dem ersten Vierteljahrhnndert seines Bestehens hat er 1803 Gemeinden mit 2,631,694 Thalern unterstützt. Davon kommen auf Deutschland ohne Preußen 387 Gemeinden mit 421,000 Thaler, auf Preußen allein 656 Gemeinden mit 1,133,000 Thlr., auf Oesterreich 531 Ge meinden mit 768,000 Thlr. und auf die andern europäischen und außereuropäischen Länder 229 Gemeinden mit 307,000 Thlr. In diesem Jahre haben wieder 868 Gemeinden die Hülfe des Vereins flehentlich angerufen. Am 22. Juni sind Zollparlament und Reichstag in derselben Stunde und in demselben weißen Saale des königl. Schlosses ge schloffen worden. Man konnte kaum die Hand zwischen beide Hand lungen stecken. Zuerst traten die Herren vom Zollparlament vor, der König verlas die Thronrede und verabschiedete sie, dann traten die Herren zurück und die Herren vom Reichstag vor, Gras Bismarck überreichte dem König die zweite Thronrede, der König verlas sie und entließ auch diese Herren. Beide Thronreden gleiten über die Miß- Helligkeiten hinweg und heben das Förderliche hervor, namentlich den Ausbau des ersten Kriegshafens in Heppens. Reichstag und Zollparlament hatten Gelegenheit, die Rüstigkeit und Frische des greisen Königs zu bewundern. Der König war so eben von einer achttägigen Reise gekommen, die durch Fahren von Ort zu Ort, durch Empfangsfeierlichkeiten und Feste aller Art, durch viele Reden und Gegenreden nicht ohne Strapazen war, er war die letzte Nacht hindurch nach Berlin gefahren, hatte sich unterwegs amt liche Vortrüge halten lassen, empfing Morgens und Nachmittags viele Personen und Berichte und zeigte sich dennoch bei den Thron reden kräftig und frisch. Mancher Jüngere würde es ihm nicht gleich- thun. In seinen Ansprachen in der eroberten Provinz hob der König wiederholt hervor, „daß die Ereignisse von 1866 weiter ge griffen hätten, als voraus berechnet werden konnte." Es ist das in dem Munde des Königs sehr bcachtenswerth. Der neue Kriegshafen an der Jahve sollte anfangs „Zollern am Meere" ge tauft werden, eine Anspielung auf das stolze Wort: „Vom Fels zum Meere", der König verwarf aber diesen Namen, weil Deutschland Anstoß nehmen könne, daß ein BundeShafcn einen spezifisch preu ßischen oder Hohenzollerschen Namen erhalte. Der Hafen heißt nun Wilhelmshafen. Die übellaunigen Pariser schlagen sich mit verzweifelten Ge danken herum. Der Kaiser, sagen sic, will nicht liberal werden, un serm Murren nicht nachgeben, wie er selber geschrieben hat, er will lieber ein Blutbad anrichtcn. Soldaten und Kanonen hat er genug, -wird er sie aber brauchen wollen und können, wenn 3—400,000 Menschen dichtgedrängt auf den Boulevards spazieren gehen, um zu prvtestiren? Wird er in diese lebendige Mauer hineinzufeuern wagen?