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188 „Nun? will Er Alles gestehen? Er kommt doch nicht los!" „Ich weiß nicht, wie das Tuch dahin gekommen," brachte Georg mühsam hervor, „aber ich bin bei Gott unschuldig." „Dummes Zeug! gesteh er lieber die ganze Geschichte! Wie hat Er's angefanaen, in die Mühle zu kommen? Er muß den Müller im Schlafe überfallen und dann nnt fortgeschleppt haben." „Ich bin vorgestern Abend mit keinem Tritt ans unserm Dorfe herausgekommen, das kann ich mit den heiligsten Eiden beschwören." „Ach was, beschwören! weiß er noch nicht, daß er in Unter suchung und zu keinem Eide kommt? Wo will Er denn gewesen sein? he? kann Er Zeugen bringen, daß Er am Mordabend ganz wo an ders war?" Die Brust des armen Burschen hob sich, ein Freudenstrahl blitzte aus seinem Auge und er entgegnete rasch: „Ja, das kann ich!" plötzlich schien er sich zu besinnen, er flüsterte ein Wort leise vor sich hin und dann setzte er laut und heftig hinzu: „Nein, nein, das kann ich nicht sagen, und wenn Sie mich zehnmal zum Mörder machen." „Was? Er gestehe augenblicklich, wo Er gewesen." .„Nein!" „Ich werde Dich dazu zwingen Bursche!" entgegnete der Nath und sein Gesicht bedeckte sich mit Zornesröthe. „Sic können mich in Stücke reißen, ich schweige doch!" erwic- derte Georg mit äußerster Entschlossenheit. „Oho, mein Bursche, du bist noch zu zwingen!" rief der Gerichts- rath wüthend und zog heftig an der Klingel. Ein Executor trat ein. Es war noch zu jenen, zum Glück entschwundenen Tagen, in denen Stockschläge zu den Ueberredungsmitteln gehörten. „Ruft mir den Stockmeister!" befahl der Gerichtsrath, „und schnallt mir den Kerl dort auf die Bank, ich werde kurzen Prozeß mit ihm machen." Die Augen Georgs begannen zu funkeln, eine Flammenröthe schlug in sein Gesicht als jetzt noch ein großer starker Mann eintrat, dessen in der Hand gehaltene Peitsche den modernen Folterknecht bekundete. „Hartmann, zählt dem Kerl fünfzehn auf," wandte er sich an den zuletzt Eingetretenen. „Zu Befehl!" murmelte dieser mit einem heimtückischen Lächeln. „Rührt mich nicht an," rief Georg verzweifelt, oder es wird nicht gut!" seine Fäuste ballten sich und seine Lippen bebten in krampfhafter Aufregung. „Halt still, mein Junge!" entgegnete der Riese und näherte sich dem zum äußersten Widerstände bereiten armen Burschen, aber noch ehe der Letztere einen verzweifelten Versuch zur Abwehr wagen konnte, hatte ihn schon der Executor von hinten gefaßt und zur Erde ge worfen. In wenig Minuten war er schon ein willenloses Schlacht- opfer seiner Peiniger. Eine solche. Züchtigung ist stets schmachvoll und empörend, aber auf einen noch nicht völlig abgestumpften Menschen wirkt sie vollends .vernichtend. Obwohl man auf dem Lande mit Schlägen und Stößen nicht kargt, war doch Georg durch sein dienstwilliges, freundliches Wesen jeder, auch der kleinsten Züchtigung entgangen, desto tiefer mußte ihn jetzt ein Act brutaler Gewalt berühren, den er sich nicht mehr zu überleben getraute. Er war einer Ohnmacht nahe und wäre vielleicht zusammengebrochen, aber das höhnische Lachen des Gerichls- rathes und sein schonungsloser Spott weckten ihn aus der Betäubung, Und anstatt schwach und elend zusammenzubrechen, kochte Haß und Wuth in seiner Brust. Kaum daß seine Peiniger ihn losgelassen und glaubten, daß er vor Schmerz sich nicht erheben würde, da sprang er wie ein Tiger auf, mit einem Satze war er über die Barriere und in der Nähe des Gerichtsraths, und mit Wuth um krallten seine Finger den Hals des grausamen Alten. Die beiden Gerichtsdiencr halten Anfangs unthatig dem wilden Angriffe des jungen Menschen zngesehen, vielleicht aus Ücberraschnng über den neu erwarteten Vorgang, vielleicht auch aus geheimer Scha denfreude, dem tyrannischen Vorgesetzten die arge Demüthigung gön nend. Aber lange durften sie nicht zaudern, wollten sie sich nicht zu Mitschuldigen machen und mit derben Fäusten rissen sie den wüthen- dcn jungen Menschen hinweg. „Ah, der Mörder!" keuchte der Gerichtsrath mühsam hervor und noch braunroth im Gesicht. — „Bindet, knebelt ihn! Sich an seinem Richter zu vergreifen, das ist noch schlimmer als Mord! Werft ihn ins Paradies!" so nannte der Gerichtsrath ironisch das feuchteste und elendeste Loch des Gefängnisses, und man gehorchte seinem Befehl. (Fortsetzung folgt.) Notizen, welche zu Gunsten der Betheiligung bei der Altonaer Aus stellung dienen. I) Die Ausstellung hat, durch günstige Aufnahme ausgedehnt, einen internati onalen Character erhalten; In- und Ausland sind bethelligt. Das Ausland macht energische Anstrengungen, sich zu vertreten, so daß cs neben den materiellen Inte ressen eine patriotische Pflicht ist, daß das Inland in jeder Branche würdig theil- nehme. Frankreich, Belgien, Holland, England, Dänemark, Schweden, Finnland, Rußland, Oesterreich, Ungarn, Siebenbürgen die Schweiz, Nord-Amerika werden re- präsendirt sein. 2) Die Ausstellung ist von Bedeutung, was durch den Umstand bewiesen wird, daß die Regierungen des Zn- und Auslandes sich förderlich zu derselben stellen. P) Tarif-Reductionen von Transport-Instituten sind fast ausnahmslos, meist auf die Hälfte bewilligt, was die B.theiligung wesentlich erlüchcrt. Ein Verzeichnis; mit genauen Angaben hierüber wird demnächst ausgegcben werden. 1) Die Zeit für diese Ausstellung — im Frühherbste — ist an und für sich sehr günstig; sie ist doppelt günstig, weil gleichzeitig mit unserer Ausstellung, welche In dustrie, Erwerbe, Ackerbau und Viehzucht umfaßt, das mit Altona einen einzigen Hüuser-Complex bildende Hamburg, eine große internationale Gartenbau-Ausstel lung veranstaltet. Der vielfache Reiz wird ohne asten Zweifel den großartigsten Besuch anzieben. . 5) Hamburg und Altona sind Welthandelsplätzc, welche, wie nicht bi möglich, Anknüpfungspunkte nach allen Richtungen und für alle Erzeugnisse bice 6) Der Flächenraum unseres Ausstellungsplatzes von 1'/, Millionen Quad fuß, wird vollauf zur Verwendung kommen. 7) Der Eatalog soll enthalten: Alle Namen der Aussteller und alle Aussteller gegenstände; nur der Aussteller hat ein gewisses Recht auf Insertion in demstV Der Eatalog bildet für längere Zeit ein werthvolles Addreßbuch. Es werden jedenfalls über 12000 Thaler zu Preisen bestimmt sein, welch! größeren Hälfte der Viehzucht gelten; für die Industrie-Erzeugnisse werden vorwie . Diplome, Medaillen und sonstige ehrenvolle Auszeichnungen ertheilt. Die Ast lungen geschehen durch Preisrichter; die Aussteller haben das Recht, Preisri vorzuschlagen; die Preisrichter verfügen, innerhalb ihrer Section, frei über jene 2 Zeichnungen. 9) Es liegt im Interesse auch kleinerer Industriellen und Gewerbtreibendcil den Trieb und die Kraft zur Ausdehnung in sich füylen, die Ausstellungsgeb heil zu benutzen, da solches öffentliche Auftreten vielfach das unscheinbare ove> bekannte Product rasch und entschieden gehoben hat. 10) Der zollfreie Wstdcr-Emtnu >n den Zollverein ist gesichert. II) Die Eisenbahnverbindung bis auf das Feld selbst ist vorgesehen, so daß sige Spesen mäßig und selbst die größten Gegenstände zulässig sein werden. 12) Alle Gegenstände sind zulüstig, mit Ausnahme gemcinschädlicher oder gä licher Products. Ein geflügeltes Wort. Wie wenig hat die sechsundsechsz'ger Fehde Des Volkes Wunsch und Hoffnung doch erfüllt! Von voller Einheit Band ist keine Rede, Und Nord und Süd — es ist das alte Bild. Der Neuen Liebe, ach, ihr wußtet nicht Sie zu erringen in der Freiheit reicht, Und bleibt besorgt und still nun stehn am Maine! Wir wollen Brod, und ihr, ihr gebt uns Steine! Wenn erst des Nordens Deutsche sich geeinigt, Dann »undert sich und schwindet manche Last; Das hohe Budget, das uns arg gepeinigt, Schrumpft zu dem Grade, der uns grade paßt. So hieß es einst. Und jetzt? Die Steuerfluth Stürzt sausend, brausend sich auf Gut und Blut, Auf Zucker, Licht und Schnaps und Wein und Scheine. — Wir wollen Brod, und ihr, ihr gebt uns Steine! Der Menschengeist fliegt auf zum Sonnenlichte, Das höchste Wissen ist sein Ideal; Doch ach! was findet er in höh'rer Schichte? Mission, Regulative, Stiehl und Stahl! .Kernlieder singt der fromme, kleine Veit; „Die giftige klassische Gelehrsamkeit Paßt für den Lehrer nicht, Jedem da« Seine!" — Wir wollen Brod, und ihr, ihr gebt uns Steine! Was kann der Staat im Frieden Großes schaffen, Weist« er der Arbeit sich zur Seite stellt! Doch Hinterlader, Stich- und Schneidewasfen, Sie dringen nicht zur Blüthe Feld und Welt! In voller Rüstung reiht sich Heer an Heer, Denn an dem Himmel dräut die Wolke schwer! „ER könnte, möchte, Der da überm Rheine," Wir wollen Brod, und ach, ihr gebt uns Steine! Vermischtes. Das Velociped ist schon wieder durch rinc neue Ers^t übertroffen worden. Ein Mann in Maysville in Kentucky halt Wagen construirt, der wie eine Uhr aufgezogen wird und, voß! starken Feder getrieben, eine halbe Stunde lang nach jeder beli' Richtung und auf jedem Boden läuft, dabei auch mit Leichtig^ lenkt werden kann. Drüben in den Vereinigten Staaten von Nordamerika l 10. Mai die.Pacific-Eisenbahn vollendet worden. Dis artigsten Anstalten waren getroffen, um dem ganzen Lande nute anzuzeigcn, in welcher die letzte Schiene gelegt, der letzte"» eingetrieben worden war, die Telegraphisten aller Stationen W'l warteten auf das Zeichen. Das Signal wurde in Promoter? i mit in Utha gegeben: Eins, Zwei, Drei! Eine Pause von >1 Aeinuten, dann fühlte man die telegraphischen HammersclM Osten, Westen, Norden und Süden, die Kanonen donnerten »s Glockenspiel des Thurmes in Washington spielte: Nun dwch Gott! Es war ein unvergeßlicher Augenblick durch die ganzes- Die Niesenbahn verbindet Newyork und Californien, ihre trägt von Osten nach Westen 800 bis 1000 deutsche Meich Strecke, die in 0—7 Tagen zurückgelegt wird, wozu ReisendH ebenso viele Wochen, oft Monate brauchten. Die Sonne lch Strecke in 3'/^ Stunden zurück, der Telegraph, der die Bah" tet, in Sccunden. 350 Locomotiven und 2000 Güterwa/ vorläufig in Dienst gestellt und vermitteln den Verkehr zwis^ und West. Eine regelmäßige Dampfschifffahrt über den stillck nach dem asiatischen Festland schließt sich an die Bahn. Sich der größten Wunder des modernen Zeil- und Unternehmt eines freien Volkes. , (Idyllische Zustände.) Ein amerikanisches Blatt erM stehende tragikomische Geschichte aus der Stadl Newyork: Mehner, ein sogenannter „grüner Deutscher", ging vor eü»; Abends die East Houstonst. N. Z). Es war dunkel und dich', wenig belebt, nur hinter Mehner kam ein Trupp junger nach dem Klange einer Ziehharmonika marschirtcn. Sie hch- nichts Böses ahnenden Deutschen ein, und ehe derselbe es sich war er zu Boden geworfen, seiner Uhr und Kette, sowie seich scyast beraubt. Dazu spielte der Bursche mit der Zichharuch' aufhörlich: „Ach ich bin so müde, ach ich bin so matt, nt schürfen gehn rc." Ein Polizist stand ganz in der Nähe, dtch weil er die Musik hörte, die jungen Leute hätten nur euch zusammen. Dasselbe dachten auch wahrscheinlich mehrere - während der Operation vorübergingcn. Redaktion, Druck und Verlag von H. A. Berger in Wilsdruff.