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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Mcbmlchu nud die llmgegtiideu. Umtsölalt' für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. 43. Ireitag, den 11. Juni 1868. Bekanntmachung, die Gestellung der militairpflichtigen Mannschaften vor der Königlichen Departements-Ersatz-Commission betreffend. Die Königliche Departements-Ersatz-Commission wird die Snperrevision der in dem Aushebungsbezirke Wilsdruff zu Dresden ge stellten und zur anderweiten Gestellung vor der Departements-Ersatz-Commission verpflichteten, das heißt aller derjenigen Mannschaften, welche von der Kreis-Ersatz-Commission weder von jeder weitern Gestellung vollständig entbunden, noch auf gewiße Zeit zurückgestellt worden sind, den v. und 16. August d. I. zu Dresden und zwar am ersten Tage für die Bezirke der Königlichen Gerichtsämter Dippoldiswalde und Wilsdruff und am zweiten Tage für die Gerichtsamtsbezirke Schönfeld und Döhlen vornehmen. Indem dies in Gemäßheit der Bestimmung in § 94, 3 der Militair-Ersatz-Instruktion bekannt gemacht wird, werden zugleich die zur Gestellung vor der Departements-Ersatz-Commission Verpflichteten darauf aufmerksam gemacht, daß sie zu Vermeidung der in ß 176 1 der Ersatz Instruction angedrohtcn Strafen, beim Wechsel ihres dermaligen Aufenthaltes dies der mit Führung der Stammrolle beauftragten Behörde sowohl des zu verlassenden, als auch des neuen Aufenthaltsortes unverzüglich zu melden haben. Die letztgenannte» Behörden — Stadt- und Gemeinderäthe — aber haben hierüber in Gemäßheit der Bestimmung in § 92 2 die erforderlichen Mittheilungen anher gelangen zu lassen. Dresden, am 3l. Mai 1869. Der Civilvorsitzende der Königl. Kreis-Ersatz-Commission im Aushebungsbezirke Wilsdruff zu Dresden. von Lieths Ludwig. Tag esgescbicbte. Wilsdruff, am 10. Juni 1869. Der am vorigen Sonntag früh kurz nach 6 Uhr auch hier wahr genommene Erdstoß, der bei ganz klarem Himmel von donnerahnli- chcm Geräusch begleitet war, ist auch an vielen andern Orlen gespürt worden. (S. d. betr. Rachr.) Mittweida, 7. Juni. Gestern Morgen zwischen 6 und 6'/, Uhr vernahm man anscheinend in der Luft ein donnerühnlichcs Ge töse, ohne das Geivitterwolken wahrzunehmen gewesen wären, und bchanplen Spaziergänger, ciir Zittern des Erdbodens wahrgenommen zu haben, und zwar derart, daß ihnen die Beine zitterten^ auch sollen in verschiedenen Häusern Tassen und Tellern geklirrt haben. Ein zuverlässiger Beobachter behauptet, es sei die Erscheinung mit dem Zischen einer aufsteigenden Rakete zn vergleichen gewesen, der dann eine kanonenschußarlige Explosion gefolgt sei, worauf eine Erder- schüttcrnng wahrzunehmcn gewesen sei. Die Richtung soll von West nach Ost gegangen sein. Oschatz, 7. Juni. Gestern früh gleich nach 6 Uhr wurde hier in der Richtung nach Nordvst bei sehr nebliger Atmosphäre ein ka- nonenschnßartigcr Donner gehört. Der Donner war so stark, daß, wie man behauptet, hin und wieder Fenster und Thüren aufgesprun gen sein sollen. Die Ursache ist bis jetzt nicht bekannt. In der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag soll zwischen Lom matzsch und Meißen ein ca. 15 Pfund schwerer Meteorstein nie dergefallen sein. Waldheim, 7. Juni. Ein bedauerlicher Unfall störte gestern die Schießübungen der Bürgerschützengesellschaft. Es prallte nämlich, eine Kugel von der Schießmaucr zurück und fuhr einen in ziemlicher Entfernuüg stehenden 6jährigen Knaben, welcher zuschaute, in den Unterleib. Obgleich derselbe noch allein nach Hause gehen konnte, so ergaben sich die Verletzungen der Eingeweide als so bedeutend, daß er in der Nacht gestorben ist. Neustädtel, 6. Juni. Ein höchst betrübender Fall trug sich vorigen Freilag Vormiltag auf der Fundgrube Daniel zu. Der hie sige Obersteiger Voigt, stürzte 14 Lachter tief in den Schacht hinein, und gab infolge dieses Sturzes Nachts 12 Uhr seinen Geist auf. Am 10. d. M. ist in Grimma der 33 Jahr alte Gulsbesitzers- sohn Ferdinand MöbiuS ans Wahren, welcher in den Nachmittags- stundcn einen mit Braunkohlen beladenen Wagen führte, während der Fahrt von demselben hernntcrgesprungen. Er blieb jedoch dabei hängen, stürzte nieder, wurde von den scheu gewordenen Pferden eine Strecke weit geschleift und hat hierdurch so erhebliche Verletzungen erlitten, daß er sehr bald seinen Geist aufgab. Der Hauptfond des Pensions-Vereins sächsischer und altenbur- gischcr Advokaten beträgt jetzt 52,447 Thlr. Es ist dafür gesorgt, daß wir immer nach Berlin sehen und horchen müssen; denn dort wird die deutsche Maschinerie in Gang gesetzt. Zu den zwei Hädern, dem preußischen Landtag und dem Reichstag, ist jetzt das dritte in Bewegung gesetzt, das Zollparla ment. Wie früher der Land- und Reichstag zu gleicher Zeit gear beitet haben, so jetzt der Reichstag und das Zollparlament. Es ist fast ein bischen zu viel für die rechte Aufmerksamkeit und die rechte Wirksamkeit. Alle drei sind tobte Maschinen, wenn sie nicht der rechte Geist treibt, dieser Geist ist aber die frische, ungetheilte Theilnahmc des Volkes. Es ist zu viel für die Leiter und Mitarbeiter, die zum Theil dieselben Personen sind und zu viel für das Publikum, das ihrer Thätigkeit folgen soll. Pausen muß die schönste Musik haben und Ferien die beste Schule. Diesmal wurde das Zollparlament durch den Geh. Rath Delbrück eröffnet; es hat sich zu beschäftigen mit einem neuen Zollgesetz zur Vereinfachung der Controle und der Abfertigung, mit einer neuen Besteuerung des Zuckers, eine Revision des Zolltarifs, einem Handels- und Zolloertrag mit der Schweiz und einem Handels- lind Schifffahrtsvertrag mit Japan. — Präsident wurde Simson, Vicepräsident Fürst von Hohenlohe, der bayrische Minister. An alle Behörden in Preußen ist zur Deckung des Defizits die Parole zum Sparen ergangen. Es soll gespart werden, wo und wie nur irgend möglich, hoffentlich auch durch längere Beurlaubung im Militair. Obgleich der Norddeutsche Reichstag am Sonnabend seine Arbeiten vollendet hat, soll der Schluß der Reichstagssession dennoch erst zu gleich mit dem der Zollparlamentssession erfolgen, und zwar am 26. Juni. Der Kanal von Suez ist fertig und der Vicekönig von Egypten reist Hof zu Hof, um die Kaiser und Könige zur Ervffnunqsseier einzuladen. Er war in Wien Gast des Kaisers und wohnte, obgleich kein Souverän, in der Hofburg, auch in Berlin ist er Gast des Kö nigs und wohnt im Königsschloß und in Paris ist er über 8 Tage wieder Gast Napoleons. Er ist ein gebildeter und kluger Mann, aber doch ein halber Barbar. Obgleich er die Vetternstraße reist, wirft er doch das Geld zum Fenster hinaus; er gehört zu den Für sten, wie sie nicht sein sollen. In seinen Residenzen führt er den modernsten Luxus ein, errichtet Prachtbauten mit fabelhaften Summen, nur von heule auf morgen, feine Schlösser, seine Dampfer, seine Wagen, seine Reisen erinnern an 1001 Nacht im Orient, derweilen seufzen aber seine Unterlhanen unter furchtbarem Druck der Steuern, die Verwaltung taucht nichts, die Gerechtigkeit noch weniger, das Bambusrohr des Steuer-Exekutors regiert und die armen verzwei felten Bauern flüchten in dis Wüste, um den Quälereien zu entgehen. Die Kebsweiber, die liederlichen Frauenziminer, fremde Künstlerinnen re. verschlingen den Ertrag des Landes. Die Fürsten, die sich zur Eröffnungsfeier einstellen, werden nichts vom raffininesten europäi schen Lnrus und Sinnenkitzel vermissen und von den Flüchen der ge schundenen Bauern nichts hören. Der Kaiserin Eugenie hat er in Kairo eine prachtvolle gvihifche Kirche gebaut, nur damit sie ihre Andacht comfartabel hatten kann. Eine abscheuliche Galanterie. Spanien ist eine Monarchie ohne Monarchen, die Verfassung ist fertig und von den Cortes unterzeichnet, nur 9 Abgeordnete ver weigerten ihre Unterschrift. Eine Regentschaft unter Serrano wird eingesetzt. Eine Regentschaft? Für wen? — Für die Republik! ant wortete Castelar, der geinvollste und beredteste Mann in den Cortes. Er hat der spanischen Republik eine Standredc gehalten, wie man sie selten ließt, der spanischen sagen wir, um Unheil zu verhüten.