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150 In Riesa ist am 2. d. M. von einer größeren Anzahl Ritter und anderer Gutsbesitzer, welcher u. A. Hittner aus Merzdorf, von Zchmen auf Stauchitz, Günther-Saalhausen rc. beiwohnten, Wahl besprechung gehalten und sind' für die Gerichtsämter Meißen-Lom matzsch Herr Klopfer aus Schönitz, die G.-A. Riesa-Großenhain Hr. Schönberg in Zeithain, für die G.-A. Strehla, Oschatz und Werms dorf, Günther auf Saalhausen znr Landtagswahl empfohlen worden. In Dresden hat sich ein junger Mann von der Insel Rügen, der sich zur Zeit zu seiner Ausbildung in Dresden aushält, in seiner Wohnung erhängt. Der Grund zu diesem Selbstmorde ist nicht be kannt. Am 24. April ist in Plauen der Eisenbahnarbeiter Deickler, während er auf dem Gleis gegangen, von der Maschine eines hin ter ihm kommenden Personenzuges getroffen und dergestalt auf das andere Geleis geworfen worden, daß ihm der Kopf an einer Schie nenschraube zerschmettert ward und sein Tod sofort erfolgte. Geyer, 7. Mai. Am vergangenen Sonntage, den 2. d. Mts., chat auf dem Waldgrundstücke des Gutsbesitzers Müller zu Tannen berg ein ziemlich bedeutender Waldbrand stattgefunden. Es Hal sich derselbe auf ca. 48 Scheffel Fläche, zur Hälfte zwanzigjährigem hochstämmigen Fichtenwald, zur Hälfte 2jährigem niedrigen Wuchs erstreckt. Dem Vernehmen nach ist das Feuer dadurch entstanden, daß Kinder mit einer sogenannten Schlüffelbüchse geschossen haben. Die Brände nehmen überhaupt in hiesiger Gegend in schrecklicher Weise überhand; in der Nacht vom 2. zum 3. Mai wurden von hier nach drei verschiedenen Himmelsgegenden Feuerscheine wahrgenommcn, welche, wie sich hcrausgestellt hat, von den in Berbisdorf bei Chem nitz, in Laut« bei Marienberg und in Schlettau stattgehabten Brän den herrührten; am Abende des 3. d. M. röthete sich wiederum der Himmel in der Richtung nach Südost, es brannte das Erbgericht zu Grumbach und gestern zu Mittag sind in Langenberg bei Grünhain mehrere Güter abgebrannt, wie denn auch gestern dem Vernehmen nach in Freiberg ein größerer Brand stattgefunden haben soll. Die Conduitenlisten lauten im Fürstenlhum Lippe: 1) Liest der Lehrer Zeitungen und welche? 2) Welches sind seine Mitleser? 3) Welches ist seine sonstige Lectüre? 4) Trägt er einen Schnurrbart? ü) Wie kleidet er sich? 6) Besucht er Wirthshäuser und welche? 7) Gehört er Vereinen an und welchen? 8) Wie wählt er? 9) Besucht er die Kirche fleißig? 10) Kegelt er Sonntags? 11) Besucht er Mis- sionS-, Enthaltsamkeits-, Bibel- und andere Feste? 12) Trinkt er auch Bier, Branntwein?, Die Lassalleaner brauchen nicht mehr zu fragen: „Fritz, Fritz, wie wird Mr's gehen?" Fritz Mende, ihr Apostel, wird auf freien Fuß gesetzt werden und den unbehaglichen Sitz in der Untersuch ungshaft in Düsseldorf mit dem behaglicheren Sitz im Reichstage vertauschen. Benningsen und Genossen haben seine Freilassung be antragt und mit 107 gegen 90 Stimmen wurde dieser Antrag ange nommen. Es war hauptsächlich die national-liberale Partei, die für ihn stimmte und feurige Kohlen auf dem Haupte der Lassalle aner sammelte. Die Antragsteller machten geltend, daß die Polizei in Gladbach keinen gesetzlichen Grund behabt habe, die Arbeiter- Versammlung aufzulösen und daß sie selber die Schuld an den Ex- cessen trage. Der Mammon richtet überall Verdruß an, namentlich der feh lende. Bismarck-Heydt möchten den fehlendenBundesmammondurch neue Bundessteuern ersetzen und drohen den Preußen im Reichs tage mit einem 50"/» Zuschlag zur Einkommen - und Classensteuer, wenn der Reichstag keine Steuer bewillige. Man sieht, daß der Reichstag eine Art Zwickmühle ist. — Der Reichstag beschloß mit 109 Stimmen einigen Mammon in Gestalt von Diäten in seine Tasche abzuleiten; Präsident Delbrück erklärte im Namen des Bun- desralhes: (juock non, Diäten sind nicht! Die Prov.-Corr. schreibt: „Die Vorlage der Gewerbeordnung welche von vorn herein im Sinne entschiedener Gcwerbefreiheit ent worfen war, hat durch die Beschlüsse des Reichstages in allen ihren Theilen noch sehr erhebliche Abänderungen erfahren, durch welche namentlich die Aussicht des Staats über den gewerblichen Verkehr in die engsten Grenzen gewiesen nnd großcntheils völlig aufgehoben werden soll. Diese Beschlüsse sind theilweise gegen die bestimmten Erklärungen der Vertreter des BundeSrathes in Betreff der Zulässig keit der betreffenden Abänderungen gefaßt worden. Es wird nun mehr die Aufgabe der demnächstigen dritten Berathung fein, über alle diejenigen Punkte, in welchen eine ernste Meinungsverschiedenheit zwischen dem Bundcsralhe und dem Reichstage bestehen geblieben ist, eine Verständigung uud einen Ausgleich herbeizuführen. Je mehr auf allen Seiten die hohe Wichtigkeit des Zustandekommens einer gemeinsamen Gewerbe-Ordnung für den gesammten norddeutschen Bund anerkannt wird, und je mehr eine grundsätzliche Uebereinstim- inung über die wesentlichsten Ziele und Grundlagen des umfassenden Gesetzes bereits erreicht ist, desto ernster wird man auch im Reichs tage die Verantwortung empfinden, gegenüber dem sehr weitgehenden Entgegenkommen des Bundesrathes nicht durch unbedingtes Festhal ten an einzelnen für die Regierung unannehmbaren Forderungen den Erfolg der erreichten Verständigung twch in der letzten Stunde aufs Spiel zu setzen." Berlin, 8. Mai. DerReichstag nahm in sÄner heutigen Sitz ung den Antrag Beckers an, wonach die Portofreiheit und Telegra phenfreiheit nur den regierenden Fürsten zusteht. Wenn Beust in Wien sich wirklich mit einer Rachepolitik gegen Preuße» tragen sollte, so ist Ungarn sein Pfahl im Fleische. Die Ungarn erklären soeben wieder sehr nachdrücklich (im Lloyd, dem Organe des ungar. Ministeriums), ihnen falle es nicht ein, für Kö- niggrätz Rache zu nehmen, die (für sie glücklichen) Folgen des Feld zugs von 1866 rückgängig zu machen, die verlorene Stellung in Deutschland zurückzuerobern und dem weitern Fortschreiten der deutschen Einheit, in welcher Form es auch auftreten möge, ir gendwie hinderlich in den Weg zu treten. Sie wünschen mit Preußen auf freundlichen'. Fuß zu Üben; ihr einziger Feind, mit dem sie über Kurz oder Lang auf Tod und Leben zusammenstoßen wür den, sei Rußland; dann möge Preußen, wenn nicht zu ihnen halten, doch eine wohlwollende Neutralität beobachten. Ihr Ministerium Andraffy habe hinreichend Einfluß, um Oestreich von einem Nache- kriege gegen Preußen abzuhalten. Ltwas über die erste Kindespffege. Heil dem Weib, das daran sich gewöhnt, daß kein Weg ihm zu sauer wird. Und die Stunden der Nacht ihm sind wie die Stunden des Tages; Daß es sich ganz vergißt und leben mag nur in Anderen! Denn als Mutter fürwahr bedarf es der Tugenden viele! Göthe. Eines der wichtigstens Kapitel aus dein Gebiete der medicini- nischen Wissenschaft ist das Kapitel über die erste Kindespflege. Welche ungeheuren Fehler, ja Sündeu werden auf diesem Ge biete begangen, Sünden, welche dem armen Würmchen zu einem elenden Dasein zu verhelfen, oder ihm auch vollkommen und bald das Lebenslicht wieder auszublasen sehr wohl geeignet sind. Es kann aber auch nicht anders sein, wenn man bedenkt, mit wie wenig Er- ahrung und Bildung die Mütter oft ausgerüstet, oder wie sie zu chüchtcrn sind, sich geeigneten Rath bei ihrem Hausarzte, oder bei >ekannten kundigen und erfahrenen Müttern zu suchen. Traurig ist es zugleich, mitansehen zu müssen, wie man es hier und da gern sehe, wenn das arine, unschuldige, doch uneheliche Kind bald wieder ins Grab gesenkt würde, das ihnen und ihren Plänen nun einmal im Wege steht, dem man durch eine ganz man gelhafte, höchst tadelnswerthe Pflege und Erzichungsweise den Keim zum Tode erst einimpft. Ja, solche Leute entblöden sich nichts dann noch auszurufen: „ach, es ist ein wahres Glück, daß der liebe Gott das arme, elende Würmchen wieder zu sich genommen." Zwei Hauptschädlichkeitcn für den menschlichen, und besonders kindlichen Organismus sind Erkältung und fehlerhafte Ernährung. Sie sind es besonders, die dem zarten Alter höchst verderblich werden können, ja werden müssen. Ein Kind, das, noch ehe es das Licht der Welt erblickt, in gleichmäßiger Wärme verharrt, durchaus nicht der Kälte und den atmosphärischen Einflüssen ausgesetzt ist, muß ja wohl nach der Geburt für dergl. Eindrücke empfänglich fein. Einem Kinde ferner, das noch nicht die geringste Nahrung zu sich genommen, kann auch nur die mildeste, leichtverdaulichste Nahrung in gleichwar mer Beschaffenheit zusagcn. Das ist gewiß sehr leicht einzufehcn, und doch sündigt man so oft gegen diese beiden Erfahrungsseitze. — Das Kind schläft in kalter Kammer, liegt in kaltem Bettchen, nahe bei der zerbrochenen Fensterscheibe, bekommt kalte Speisen und Ge tränke, bringt stundenlang in naßkalten Windeln zu rc. Da sagt oft manche Muller: „erkältet — nein, erkältet kann das Kind nicht wor den sein; bedenken Sie doch, in unserer Stube ist es fortwährend außerordentlich warm!" Ja, das ist w»hl wahr, aber das erwägen sie nicht, daß ein Kind auch in der warmen Stube durch viele an dere Dinge zu erkälten ist, als z. B. wie schon gesagt, langes Liegen in kalten, seuchten oder nassen Windeln, durch Zugluft von Thür, Fenster, Kleidern beim Gehen und dergl., durch Begießen mit Ge tränken u. s. w. Und wie fehlt es mancher Mutter an den so nöthigcn Requi siten; zuerst au der so unentbehrlichen reichlichen Anzahl guter Win deln. Man hat da oft kaum mehr als einige zerrissene, durchlöcherte leinene Lappen von denen in seltenen Fällen mehr als einer ganz trocken ist. Die so nothwendigen wollenen Windeln sind ihnen ent weder ein frommer Wunsch, oder ein theurer, zu entbehrender Luxus! Es ist ganz leicht erklärlich, daß ein so dünner Leincwandslappen nicht so vor Erkältung durch die öfteren Ausleerungen der kleinen Harn blase und des Mastdarms schützen kann, wie wollenes Zeug, das Flüssigkeiten schneller, leichter und vollständiger in sich ausnimmt, und auch mehr zu erwärmen fähig ist. — Bettchen, so klein, daß sie entweder kaum mehr als die untere Körperhülfte aufnehmen, oder die Füße bis fast unter die Knie hervorragen lassen, sind leider auch keine gar zu seltene E.scheinung; von andern Dingen nicht zu reden, was am Ende zu w t sichren würde. Und welche unsinnige und alberne Handlungsweise entdecken wir ost bei der Fütterung junger Kinder, die fast Ähnlichkeit mit der eines gewissen nützlichen Hausthieres hat. Die beste Nahrung für ein Kind bleibt allemal eine gute Menschenmilch, die durch nichts anderes vollkommen zn ersetzen ist, uud es ist die größte Thorheit, wenn eine Mutter oyne triftige Gründe, deren Begutachtung man füglich dem Arzte überlassen sollte, dem Kinde ihre Brust, die beste Lebensquelle versagt. Prof. I)r. Jörg fagt hierüber: „ daher kann die Ignoranz oder der Wahnsinn, der den Wöchnerinnen zuerst vom Selbststillen abrieth, nicht genug beklagt werden, und der Ur heber dieser Pflichtverletzung vieler Mütter verdient im Bildniß in einem Jrrenhause aufgehangen zu werden." Es muß überdem für eine Mutter sogar ein hoher Genuß sein, dem geliebten Kinde die Brust und durch sie den eigenen Lebenssaft zu reichen, und dafür mit so manchem freundlichen LiebcSblick des kleinen lustigen Säug lings sich belohnt zu sehen. Aber, wie schon oben bemerkt, ein Magen, der noch nie Nahrung in sich ausnahm, der noch nie gearbeitet, er soll gezwungen werden zur härtesten Arbeit, zur Verdauung der unverdaulichsten Dinge! Was dringt man dem kleinen unglücklichen Geschöpfe nicht Alles auf! Die unvermeidlichen Kartoffeln, schwarzes, saures, schlecht gebacknes Roggenbrod, Breie oder Muße der verschiedensteil Sorten dürfen gleich gar nicht fehlen, fettes Fleisch, saure Gurken und noch viele