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Marandt, Mossen, Sieömleßn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberz, Hühndorf, Kaufbach, Kefselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn« — Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildoerg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 54 Pf., Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittag» 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro virrgespalteue Korpuszellei Druck und Verlag von Martin Berger 8- Friedrich in Wilsdruff. — Verantwortlich sür Oertliches und den Inseratenteil: Martin Berger, für Politik und die übrigen Rubrilen: Hugo Friedrich. No. S1. Donnerstag, -en 4. August 1W4. 63. Jahr-. Der Vruch zwischen Frankreich und -em Vatikan. Wir berichteten bereits, daß die französische Republik, die in einem Menschenalter zweimal die wankende welt liche Macht des Papstes aufgerichtet hatte, welche der Hoffnungsstern geblieben war, auf den sich die Augen des „Gefangenen im Vatikan" richteten, die Beziehungen zum Vatikan abgebrochen hat. Das ist, wenn auch das Papst tum heute nicht mehr die Rolle in der Weltgeschichte spielt, die ihm vor der Erstarkung der staatlichen Autorität und vor dem Erwachen der nationalen Bewegung in den großen europäischen Staaten zukam, doch immerhin ein Ereignis von weittragender politischer Bedeutung. Die Wendung in dem Verhältnis zwischen Frankreich und dem Vatikan trat mit dem Wechsel auf dem päpstlichen Stuhl ein. Leo Xtii. und seine rechte Hand, der Kar dinal Rampolla, hatten in ihrem unausrottbaren Haß gegen den Dreibund alle Vorstöße der französischen Negierung gegen die Kirche mit dem Mantel einer alles vergebenden christlichen Nächstenliebe zugedeckt, um nur nach außen hin das intime politische Verhältnis zwischen Frankreich und dem Vatikan aufrecht zu erhalten. Wenn Pius x die Absicht gehabt haben sollte, diese Politik fortzusetzen, so hat ihm die französische Regierung einen Strich durch die Rechnung gemacht und zwar durch die Reise des Präsi denten Loubet nach Nom. Der Vatikan hat von jeher daran festgehaltcn, daß das Oberhaupt eines katholischen Staates dem Oberhaupt des „kirchenräuberischen" italienischen Staates keinen Be such abstatten dürfe. Der Präsident der französischen Republik ging über diesen Anspruch des Vatikans, der bisher von allen katholischen Staatsoberhäuptern wenigstens in der Praxis anerkannt worden war, zur Tagesordnung über. Dieser Vorstoß, der den Boykott des Vatikans gegen den Quirinal zum erstenmal durchbrach, wurde von der Kurie als Kriegserklärung anfgefaßt und durch eine Protestnote des Kardinalstaatssekretärs an die katholischen Mächte beantwortet. Auf diese Protestnote folgte der scharfe Protest der französischen Regierung und die „Be- urlaubung" des französischen Botschafters beim Vatikan Nisard, der am 21. Mai Rom verließ. Damals waren freilich auf beiden Seiten noch Kräfte tätig, um den völligen Bruch zwischen Frankreich und dem Vatikan zu vermeiden, aber es war sehr fraglich, ob dies "Uf irgend einem Wege noch gelingen werde. Wenn aber selbst die letzte Form des äußeren Bruches zwischen Frank reich Ulid dem Vatikan noch vermieden werden sollte, der innere Bruch war bereits eine vollzogene Tatsache. Jetzt ist es auch der äußere Bruch geworden, denn die fran zösische Regierung hat d,e diplomatischen Beziehungen zum Vatikan offiziell abgebrochen. Freilich, die treibende Kraft ist hierbei nicht die fran- rösische Regierung, sondern der Vatikan gewesen. Pius x. h-t offenbar eingesehcn, daß es angesichts der scharfen kulturkämpferischen Strömung in Frankreich zwecklos ist, Phantom des französisch-päpstlichen Bundes aufrecht zu halten. Als der französische Botschafter Nisard am 21- Mai „beurlaubt" wurde, mußte dies als ein Wink der französischen Regierung an den Vatikan aufgsfaßt werden, w Zukunft mehr Vorsicht gegenüber Frankreich walten zu lassen. Dieser Wink wurde jedoch nicht befolgt, der Vatikan einen neuen Vorstoß gegen Frankrc ch, mdem er zwei französischen Bischöfen, die als regierungsfreundlich „den Rat gab", ihren Abschied ki ^egen erhob das Kabinett Combes mit Rücksicht f e Bestnnmungeu des Konkordats Einspruch, WkMf d" dk Uschn, „ach Rom -ntW. Dir seine, Bischof Geay, kam auf die Anweisung der franzö sischen Regierung hin diesem Befehle nicht nach, während der Bischof Le Nordez ihm Folge leistete. In dem Vorgehen der Kurie sah die französische Re- gierung eine Verletzung des Konkordats, d. h. des Ver trages vom 15. Juli 1801 zwischen dem Konsul Bono- Parte und Pius vn., welches das Verhältnis zwischen Frankreich und der Kirche regelte und dem Staatsober haupt unter anderm die Ernennung der Bischöfe vorbe hielt, die ihm den Eid der Treue zu leisten und keine anderen Priester zu weihen habe, als solche, die der Re- gierung genehm sind. Da der Vatikan auf seinem Schein bestand, hat jetzt die französische Regierung die diploma tischen Beziehungen zu ihm abgebrochen, und das Ziel der völligen Trennung von Staat und Kirche dürfte nun in Frankreich allen Ernstes angestrebt werden. So hat sich jetzt die merkwürdige naturgeschichtliche Wandlung ergeben, daß aus der „ältesten Tochter der katholischen Kirche" der „verlorene Sohn" geworden ist! Oslitisehe Rundschau. Wilsdruff, 3. August 1904. Deutsches Reich. Zwei deutsche Prinzen nach dem ostasiatischen Kriegsschauplatz. Prinz Friedrich Leopold ist zur Entsendung in das russische, Prinz Karl Anton von Hoheuzollern zur Entsen dung in das japanische Hauptquartier ausersehen worden. Nach dem Inhalt des deutsch-russischen Handelsvertrags hat der Berliner Vertreter der „Neuen Freien Presse" kurz vor der Abreise nach Petersburg den russischen Ministerpräsidenten befragt und nur die Antwort erhalten, die Arbeit sei in der Hauptsache beendet, wenn auch noch einige Schwierigkeiten zu überwinden seien. Auf die Frage ob denn, wenn noch Schwierigkeiten zu überwinden seien, die Nachricht des „Wölfischen Bur-" von dec Unterzeich nung des Vertrags richtig sei, antwortete Herr v Witte lächelnd: „Ich glaube, das Bureau hat recht." Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt zu der Unterzeichnung des Handels vertrags: „Durch diese Tatsache ist nunmehr feftgestellt, daß ein Vakuum in den handelspolitischen Beziehungen zwischen Deutschland einerseits und Rußland anderseits nicht eintritt. Die Gefahr eines etwaigen Zollkrieges zwischen beiden Ländern besteht nicht mehr, und überdies ist davon eine günstige Wirkung auf die bisher noch nicht abgeschlossenen Handelsvertragsverhandlungen zwischen dem Deutschen Reiche und anderen Staaten zu erwarten." Allen Biertrinkern die traurige Nachricht, daß das Gespenst der erhöhten Biersteuer immer greif barere Formen annimmt. Die „Fr. Dtsch. Pr." weiß jetzt zu erzählen, daß die geplante Erhöhung der Bier steuer sich in der Form einer Staffelung der Braumalz steuer vollziehen soll. Da aus der neuen Braumalzsteuer beträchtliche Mehreinnahmen für die Reichsfinanzen erzielt werden sollen, werden natürlich die Staffelsätze nicht der artig abgemessen werden, daß die kleinen Brauereien um so viel entlastet werden, wie die größeren an Mehrertrag von Brausteuer erbringen. Das Endergebnis wird viel mehr sein, daß die kleineren und mittleren Brauereien zwar günstiger wegkommen als die größeren, aber doch M Vergleich zu dem heutigen Einheitssatz von 2 Mark per Zentner Braumalz eine stärkere Belastung erfahren. Dann wirds wohl blos noch — Erntebier geben! Immer noch Konitz. Das Vorverfahren gegen die Familien Berg, Roß und Maßloff wegen vorsätzlicher Tötung des Gymnasiasten Ernst Winter, resp. wegen Begünstigung hierzu, ist ein gestellt worden, „Aus einer kleinen Garnison." s Ueber das Schicksal der einzelnen Typen des Bilse- romans „Aus einer kleinen Garnison" wird der „Nat.-Ztg." berichtet: Der frühere Oberleutnant Habenicht (unRo man unter dem Namen Specht geschildert) soll Polizei kommissar in Kassel geworden fein; der Regimentsadjutant Schmidt ist in ein Fabriketablissement in Hannover ein getreten, wo auch Bilses Freund, der frühere Rittmeister Bandel als Rentier lebt. Der frühere Bataillonskom mandeur Major Fuchs hat sich in Gnesen niedergelassen und befindet sich damit in nächster Nahe seines Freundes,, des Forbacher Rittmeisters Ey, der jetzt als Bezirksoffizter in Mogilno Dienst tut, und dessen Gattin im Bilseschen Roman unter dem Namen Stark als die Beherrscherin des ganzen Bataillons und damit auch seines Komman- deurs geschildert wird. Der frühere Oberleutnant Lind ner ist als Maler in die Vogesen gezogen, während Leutnant Block, dem in der Metzer Verhandlung ein un erlaubter Verkehr mit der Frau des Hauptmanns Erd- ler (jetzt in Spandau) nachgesagt wurde, sich inzwischen anderweitig verheiratet hat und darauf über das große Wasser nach Amerika gegangen ist. RittmeisterHaegele, der außer dem Leutnant Flemming allein aktiv geblieben ist, nimmt gegenwärtig an dem Feldzuge gegen dir Here- ro teil. Der frühere Oberleutnant Koch hat sich nach dem Tode seiner vielgenannten Frau nach Bonn begeben, um sich dort trotz seines Alters von 36 Jahren noch dem Studium der Rechte zu widmen. Bilse selbst hat sich in einer kleinen abgelegen Villa in Zehlendorf bei Berlin niedergelassen. Die Liebesbriefe eines katholischen Pfarrers. Eine Affäre, die seit geraumer Zeit in Elsaß-Lothringen viel Staub aufwirbelte, beschäftigte das Schöffengericht in Saargemünd. Der Zimmermann Andrä Bouchheit sowie der Malermeister Peter Scheffer von Neunkirchen hatten sich unter der Anklage des Diebstahls zu verant worten. Sie sollten Liebesbriefe, die der frühere lang- jährige Reichstagsabgeordnete von Saargemünd, der 69- jährige katholische Pfarrer Colbus, an eine 28jährtge Ehefrau Marie Müller in Neunkirchen schrieb, wider rechtlich an sich genommen haben. Die „Straßb. Bürger- Ztg." bringt über den Prozeß, der sich gegen die zwei Leute richtete, die mit diesen Briefen einen Erpressung?» versuch bei dem Pfarrer gemacht hatten, einen langen Be richt. Die Diebe wurden zu 5 und 2 Tagen Gefängnis verurteilt. Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Maurer sagte in seinem Plaidoyer: Um von dem Vorgehen der Angeklagten einen Begriff zu erhalten, müsse man den Inhalt der sechs Briefe kennen. Er wolle sich darauf beschränken, aus einem der Briefe, welche Pfarrer Colbus an Frau Müller geschrieben, und die er zu den Akten ge geben habe, einige bezeichnende Stellen vorzulesen. In dem Brief heißt es: „Mein gutes, mein liebes Mariel Ich habe gezittert vor Freude, als ich Deinen Brief er halten habe. Ich kenne ja Deine Schrift. Diesen Brief habe ich schon, ich weiß nicht wie oft gelesen. Es ist mir, als sähe ich Dich in meiner Nähe. Ich sehe Deine jugend- liche Gestalt, Deine anziehende Brust, Deine roseufarbige Lippen, Deine schönen Augen, Deine wunderschönen Haare, Deinen ganzen reizenden Körper. Ich höre Deine Stimme, Du sagst mir so sanft: O, ich liebe Dich. Und dann drücke ich Dich an mein Herz, ich küsse und küsse Dich tausendmal, Du bist mein, ganz mein, und ich bin Dein, ganz Dein. O mein liebes Marie, Dir sagen, wie sehr ich Dich liebe, ist nicht möglich. Wärst Du nur mein, könntest Du nur bei mir bleiben, so wäre ich glücklich, mehr als glücklich, ich würde Neunkirchen und alles gern vergessen. Leider aber vergehen Tage, Wochen, Monate, und ich kann Dich nicht sehen. Es vergeht fast kein Tag, wo ich nicht an Dich denke, es vergeht fast keine Nacht, wo ich nicht von Dir träume, dann halte ich Dich in meinen Armen, Deinen Mund auf meinen Mund, Dein bloßes Herz auf meinem bloßen Herzen, ich in Dir und Du in mir. O schöner Traum. Doch soll es nicht immer