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MM!W!-ÄNli! Hharandt, Mossen, Sieömteßn und die Amgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 94 Donnerstag, den L1. August 1W4 «3. Jahr- Erscheint wöchentlich dreimal uns zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1M. 30 Pf., durch oiePosr bezogen 1 Mk. 54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionspreiS 15 Pfg. pro viergespaltme KorpuSzelle. Druck und Verlag von Martin Verger Lr Friedrich in Wilsdruff. — Verantwortlich für Oertliches und den Inseratenteil: Martin Berger, sür Politik und die übrigen Rubriken; Hugo Friedrich. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burk ardrswalse Groitzsch, Grumbach, Grund oe» Motzom, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufoach, KefselSdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotze», Mohorn, Miltitz-Roitzschen, MmM, Neukirchen, Neutannederg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, SachSdorf, Schmiedewaldr, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn. . Seeligstadt. Svechtsbansen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistrmw. Wildoerq. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche für Wilsdruff Blatt 673 auf den Namen Max Richard Wustmann emgelr-gene Grundstück soll am 2y. Keptember 4904, vormittags 40 Ahr, — an der Gerichtsstelle — im Wege ver Zwangsvollstreckung versteigert werden. Das Grundstück ist nach dem Flurouche6,9 Ar groß und auf 19770 Mk. - Pf. geschätzt. Es besteht aus einem massiven Wohnhaus mit Waschhaus- und Schuppen gebäude Nr. 1345 des Braudkatasters und liegt tn Wilsdruff an der Hohenstraße. Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts sowie der übrigen das Grund stück betreffenden Nachweisungen, insbesondere der Schätzungen, ist Jedem gestattet. Rechte auf Befriedigung aus dem Grundstücke sind, soweit sie zur Zeit der Ein tragung des am 7. JuÜ 1904 verlautbarten Versteigerungsverinertes aus dem Grundbuche nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Auf- forderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widersprich!, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigernngserlösts dem Ansprüche deS Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Diejenigen, die ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, werden auf- gefordert, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder die einstweilige Ein stellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigrrungs- erlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde- Wilsdruff, den 4. August 1904. Aoniglicher Amtsgericht. Bekanntmachung. Donnerstag, den 11. August d. I., nachmittags 7 Uhr, öffentl Stadtgemeinderatssitzung. Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. Wilsoruff, den 10. August 1904. Der Bürgermeister. Kahlenberger. Der Volksrichter. Bei Gelegenheit der akademischen Feier von Königs Geburtstag an der Universität Leipzig verbreitete sich Professor Wach, bekanntlich einer der ersten Autoritäten des Strafrechts, in hochinteressanten Ausführungen über die Notwendigkeit der Verallgemeinerung derSchöffingerichle unter Fortfall der Strafkammern und der Schwurgerichte. Er führte u. a. aus, das Laienclement sei heute nicht mehr aus der^ Rechtspflege zu entfernen. Das Erfassen der Schuld, das gerechte Abwägen, das seelische und sitt liche Verstehen, das Nachempfinden und Nachleben der strafbaren Tot sei die Domäne des Volksrichters. Gar zu leicht schwächten Gewohnheit, Geschäftsmäßigkeit, richter liches Autorilätsgefühl und juustjsche Denkweise die Fähig keit und Neigung des BerufsrichttrS, sich in die Seele des Angeklagten zu versetzen. Die stete Vorstellung, pflicht- mäßig das Schwei t der Gerechtigkeit zu handhaben ohne Ansehen der Person, könne abstumpfen und verhärten. Gegenüber der beklagenswerten Scholastik und Formal denkweise unserer Kriminalistik dringe der Volksrichter ein wertvolles, lebensfrisches uno belebendes Element, ein wachsames Gewissen, einen heilsamen Lpiritns roctor in die Rechtspflege. So schädlich er in der Isolierung wirken müsse, so nützlich werde er d.r Gerechtigkeit in richtigem Zusammenwirken mit dcm Berufsrichtcr. Wach führte nun in geistvollem fieberblick alle die bekannten gegen das Prinzip des Schwurgerichts (Teilung der Urteilsfunktion: die Schuidsrage der Jury, die Slraffrage der Richter) do« N s.ewachten Gründe auf, um dann festzustelleu, daß bricht s°e2°v aller fundamentalen Mängel am Schwur. Es sei schwierig, davon loszukommen, d^nd^ ^«üsse es geschehen. Ein Ausweg und eine befriedigende Verwieg »es Laienrichtertums sei aber nur zu erblicken in der Verallgemeinerung der Schöffen- gerichte, die sich nach allseitigem Zeugnis gut bewährt hätten. Die unerläßliche Harmonie der Gerichtsorganisatiou sei nur in ihnen gegeben, nm- j» ihnen erlange der Volks- Achter die volle richterlich: Würde und Autorität. Hier werde er dem Beamtenrichter koordiniert, übe mit ihm unge teilt und unverkümmert die volle Urleussuukiion (Feststellung der Schuld und der Strafe.) Die Zahl der Schöffen muffe die der Richter über, wiegen. Von einer Majorisierung der Laien durch die Juristen dürfe nicht die Rede sein. Dann aber sei die Vereinigung zu einem Kollegium (entgegen dem Zwei- Kollegien-Systeme der Schwurgerichte) ohne Gefahr, wie andrerseits in ihr erst dec Laienrichter zur vollen Ent- faltung seiner Kräfte gelange. Mit einem Schlage werde dadurch alles Verküustclte und Ungesunde des Schwurge richts, seine unerträgliche Zweiköpfigkeit, die Isolierung der Laien, die Spaltung der Schulo- und Straffrage, das Frage- und Antwortspiel, beseitigt. Willig und nützlich folge der Schöffe dem Rechtsaufschluß d.s Richters, nichts hindere ihn, seine Zweifel, sein Aufklärungsbedürfnis vor zubringen; der ganze Verfahreusgang, die Beweisaufnahme werde ihm verständlich, weil er dabei mitwirke. Daß der verständig sich unter das berufene Urteil unterordnende Schöffe zum bevormundeten Jasager werden müsse, liege weder in der Sache, noch spreche die Praxis dafür. Die unmittelbare Zusammenarbeit mit dem nichlbeamleten Kollegen nötige den Richter zur vollen Rücksichtnahme. Er müsse bemüht seiu, zu überzeugen und sich hüten, ver gewaltigen zu wollen. Und jemehr oie Schöffentätigkeit sich erweitere, je bedeutsamer und anziehender sie durch das Gewicht der Ausgabe werde, je mehr man bestrebt sein müsse, für diesen Dienst die Intelligenz zu gewinnen, desto gewichtiger werde der Einfluß des Laienelemcms und die Nötigung für den Richler, Verständigung zu suchen und zu finden. Damit werde die Volkstümlichkeit der Rechtspflege zum erreichbaren Ziele. Sie sei gegeben, wenn die Rechispflege dem Volke verständlich sei, ihre Er gebnisse vom allgemeinen RechtSgesühl bejaht und g tragen würden. Dann genieße sie des allgemeinen Vertrauens. Dieses Ziel zu errc chen. sei die Jnstitunon der Jury schlechthin unfähig und allein die schöffengerichtliche Form geeignet. Alan halte den Mangel des erforderlichen Materials oder auch die große Belastung des Volkes ent gegen. Aber es sei Pflicht oes Volkes, in dieser seiner eigenen Sache den Dienst nicht zu versagen; er werde ihm nicht erheblich mehr zumuten, als die jetzige Organisation. politische Rundschau. Wilsdruff, 10. August 1904. Deutsches Reich. Konfessionelle Wissenschaft. Folgende Austeyen erregenoe Mut-uung bringt die „Nattonal-Zeitung": Die sämtlichen dis fitzt als ordentliche Professoren an die Akademie für praktische Medizin in Köln neu berufenen Gelehrten sind Katholiken. Professor Tilman (Greifswald), ein Schwiegeriohn des Geh. Rats Waldeyer, der als Chirurg, Professor Borst (Würzburg), der als pathalogischer Anatom, uno Pros. Siegert (Halle), der als Pros, für Kinderheilkunde berufen ist- Es ist bas um so interessanter, als sich auch unter den zu Professoren der Akademie ernannten, bereits seit Z^dren nls Obnärzte tätigen Herren nicht ein Pco- befilidei. Die Proussoren Bardenheuer und Hochhaus stno Katholiken, Propssor Mmkowsky Jsraeltt. Nun lit Segen die wlsfinschaitliche Qualifikation der neu Berufenen nicht das geringste einzuwenden, wie ausdrücklich hervorgehoben werden soll- Aber es ist auch kein Zufall, daß nur Katholiken neu berufen sind, sondern cs ist das von einflußreichen Mitgliedern des Magistrats und Zen trumsabgeordneten direkt ausgesprochen, daß in erster Linie nur Katholiken in Frage kommen würden. Die „Nat-Ztg." meint, die Angelegenheit sei von allgemeinerer Bedeutung. Das ist sie in der Tat. Sie zeigt an einem Schulbeispiel die innerliche Unwahrhaftigkeit des ultramon tanen Jmparitälsgezcters. Ruhte in den Händen des Zentrums alle Gewalt — kein Amt käme an einen Nichlkatholcken. Eine wölfische Prinzessin in Hannover. Man schreibt aus Hannover: Die Prinzessin Friederike von Hannover, vermählte Baronin von Pawel-Renningen, weilte mit ihrem Gemahl am Sonntag inkognito in unserer -Stadl, besichtigte sie und machte in mehreren Geschäften g ößcre Einkäufe. Es ist unseres Wissens das erste Mal, ouß eine hannoversche Prinzessin nach 1866 wieder die Stadt Hannover betritt. Ein Franziskanerfchlotz. Wie die „Wmlvurg" meidet, kaufte das Bistum Metz das Schloß Lübeln in Lothringen, das zu einer Fravz-skanerniederlassung umgewandelt werden soll. AIS ob es noch nicht genug Klöster gabel Eine sonderbare Geschichte vom Einwickelpapier erzählt der „VocwäuS". Danach sind als Einwickelpapier für die verkauften Waren von einem Berliner Schlächter meister amtliche Schriftstücke benutzt worden, die allerlei Geheimnisse der Polizei, Indiskretionen aus der städtischen Armenpflege und ähnliches verrieten. „Besonders interessierte uns", so schreibt der „Vorwärts", ein Blatt, das mit der Unteischrist „Königliches Polizeipräsidium, 4. Abteilung „Sittenpollzei" nebst entsprechendem Stempel versehen ist. Es ist datiert vom Jahre 1901 und enthält eine „Nachweisung der heule von der 4. Abteilung, Sitten polizei, zur Krankenstation , der Charite eingelieferten, aber nicht als Polizeigefangene zu behandelnden Personen". Aus dieser Nachweisung ersieht man, daß an dem ange gebenen Tage ein bestimmtes Mädchen eingeliefert wurde. Das National des Mädchens enthält den Vor- und Familien namen, den Geburtsort und das Geburtsdatum, den letzten Wohnort, ferner den Vor- und Familiennamen des VaterS, sowie dessen Beruf, den Vor- und Geburtsnamen der Mutier, sowie deren Wohnung. Wer bas Blatt zu Gesicht bekommt, der kann sich aus diesen Angaben vollständig über die Person des Mädchens informieren. Wir selber haben aus dem Adreßbuch, sowie durch Nachfrage im Hause festgestellt, daß die Mutter noch heute in der auf dem Schein angegebenen Wohnung wohnt." Der „Vorwärts" macht dann auf die Gefahr aufmerksam, die dem inzwischen vielleicht verheirateten Mädchen daraus erwachsen kann, wenn oiescs Papier zufällig in die Hand eines Hallunken gekommen wäre, ver es zu Erpressungen ausnutzte. Wir muffen dem „Vorwärts" darin beistimmen, daß es un glaublich ist, wenn dergleichen amtliche polizeiliche Schrift- stücke, statt vernichtet zu Werden, als Einwickelpapier an