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2. Anlage zu Ar. 39 des Wochenblattes für Mtsdruß. Auvze Chronik. Elf Menschen schwebten bei einem Brandeim Norden Berlins, in der neuen Hochstraße, in Lebensgefahr. Das Feuer war in einer Bäckerei Dienstag früh 1 Uhr ausge brochen und griff schnell um sich. Die Treppen waren verqualmt. Die Bewohner riefen aus den Fenstern angst voll um Hilfe. Als die Feuerwehr eintraf, rettete sie acht Personen durch das Sprungtuch und drei über die Treppen. Die Bäckerei ist samt der darüberliegenden Wohnung und der Treppe fast vollständig ausgebrannt. Ein Mann der Wehr trug eine Rauchvergiftung davon. Von Wilderern wurde der fürstlich Pleßsche Förster Lischka in Troppau an der oberschlesisch-österreichischen Grenze iu seinem Revier überfallen, ermordet und auf einem Reisigstoße verbrannt. Bei einer Missionspredigt in der Kirche Sankt Daniel in Prävali (Kärnten) wurden vier Frauen von religiösem Wahnsinn befallen. In Newyork sind 15000 Maurer ausständig, um höhere Löhne zu erlangen. Angeblich wollen auch 27000 ungelernte Arbeiter in den Ausstand treten. Das Kohlensyndikat im Ruhrgebiet und der drohende Bergarbeiterausstand daselbst. Schon seit geraumer Zeit ist im Ruhrrevier eine Bewegung im Gange, die auf den Ankauf der kleineren Syndikatswerke durch die großen Zechen gerichtet ist. Aller Orten hat sich nun die Ueberzeugung gebildet, daß die Syndikatspolitik zur Konzentration der Riesenwerke und zum Eingehen der kleineren und mittleren Schächte führen muß. Infolge dessen hat sich der Bergarbeiterschaft große Erregung be mächtigt. Ueber kurz oder lang tritt an die Belegschaft mehrerer Reviere die Arbeitslosigkeit heran. Etwa 22000 Bergleute mit Familien kommen den Blättermeldungen zufolge in Frage. Tausend Arbeiter sind durch die Still legung einzelner Zechen schon jetzt zum Verlassen ihrer alten Arbeitsstellen genötigt, die allerdings zum größten Teil Beschäftigung in den nördlichen Zechen des Reviers inden. Am Ostersonntag werden im Anschluß an bereits tattgefundene Bergarbeiterversammlungen zahlreiche Ver- ammlungen im ganzen Ruhrrevier abgehalten werden, )ie sich ausschließlich mit den an das preußische Staats ministerium betreffs der Zechenvcrkäufe zu richtenden Ein gaben beschäftigen werden. Der Abgeordnete Stoelzel hat sich in der Angelegenheit bereits an die zuständigen preu ßischen Minister gewendet. Ueber den Zyklon auf der Insel Reunion erhielt eine Hamburger Exportfirma, wie der „Voss. Ztg." ge meldet wird, folgenden Kabelbericht aus Sansibar: Die Insel Munion ist durch ein Sturmwetter gänzlich verheert, die Hauptstadt St. Denis zerstört worden. Viele öffent liche Gebäude wurden beschädigt und vernichtet. Unter den Inselbewohnern herrscht Hungersnot. Lebensmittel und Kleidung fehlen. Dampfer aus Mauritius brachten erste Hülfe. Die Ernte ist gänzlich vernichtet, hauptsächlich die Zuckerrohr-, Tabak- und Kaffee-Pflanzungen. Der Schaden wird zwanzig Millionen Mark geschätzt. Neunzig Per sonen sind umgekommen, darunter dreizehn Weiße. Seit Menschengedenken hat man auf der Insel einen solchen Zyklon nicht erlebt. Selbstmord wegen verweigerten Duells. Der Student der Philosophie Eberhard von Schmidt aus Petersburg hat in Bozen Selbstmord verübt, angeblich weil ihm eine Duellforderung verweigert worden war. Vaterländisches. Wilsdruff, 30. März 1904. — Dresden. Ein sibirischer Flüchtling traf kürzlich in einem hiesigen Krankenhause ein und fand dort infolge seines kranken Zustandes Aufnahme und Pflege, obwohl er sich über seine Person durch keinerlei Papiere ausweisen konnte. Er gab an, jahrelang in einem Bergwerk in Sibirien geschmachtet zu haben und von dort entwichen zu sein. Als Beweis hierfür zeigte er an seinem Körper den eingebrannten russischen Adler. Als man ihm eine Stellung hier verschaffen wollte und des näheren über seine Verhältnisse frug, verweigerte er die Auskunft und verlangte, obwohl er noch nicht gesund war, seine Ent lassung, die ihm auch gewährt wurde. Seitdem ist der Flüchtling wieder spurlos verschwunden. — Wegen Verdachts der Hochstapelei ist die Freifrau v. Biedermann in Dresden zur Anzeige gebracht worden. — Dresden, 29. März- In der Pirnaer Duell affäre haben die Leutnants Gerlach und Korn, die am 16. März d. I. wegen Zweikampfes von dem Kriegsgericht der 32. Division zu 2 Jahren bezw. 1 Jahr und 3 Mo naten Festungshaft verurteilt worden waren, Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. — Dresden. Auf der Frauevstraße und Schpsser- gasse kam es in den zeitigen Nachmittagsstunden des ver gangenen Sonnabends infolge eines höchst eigenartigen Vorfalles zu einer erheblichen Menschenansammlung. Die Bewohner mehrerer dieser Straßenkreuzung zunächst ge- legenen Häuser wollten nämlich gegen 3 Uhr verschiedent- lieh laute Hilferufe gehört haben, über deren Ursprung niemand Auskunft zu geben wußte, so daß sich nach und nach Ser Beteiligten eine gewisse Aufregung bemächtigte. Es tauchten allerhand Vermutungen auf, zumal die Ruse, von einer groben Männerstimme ausgestoßen, wie aus dem Erdinnern (Gruben, Schleusen rc.) kommend, erklungen sein sollten. Beamte der Wohlfahrtspolizei, die herbei gerufen worden waren, requirierten Mannschaften der Feuerwehr, mit deren Hilfe die Abortanlagen und Rauch fänge der in Frage kommenden Gebäude durchsucht wurden, aber ohne jeden Erfolg. Zum Ueberfluß ließen dann noch gegen 6 Uhr Angestellte des städtischen Tiefbauamtes die anliegenden Schleusen bis zur Schloßstraße hin durch Arbeiter der Kanal-Reinigung einer genauen Prüfung unterziehen. Da das Resultat auch hier ein gleich erfolg loses war, bleibt das Vorkommnis bis zur Stunde un aufgeklärt, sofern man nicht einen schlechten Scherz ver muten will. — Die Frau des Geheimen Kommerzienrats Hahn in Dresden, eine Nichte des amerikanischen Zuckerkönigs Spreckels, hat Ehescheidung beantragt. — Die beantragte Konkurseröffnung zum Vermögen der Kitson-Licht-Gesellschaft m. b. H. in Dresden ist mangels Masse zurückgewiesen worden. — Dresden. Aus Aerger darüber, daß ihm von seinem Vater wegen eines verübten Unfugs das Ausgehen verboten worden war, erhängte sich am Sonntag in der Pirnaischen Vorstadt ein mehrere Stunden zuvor kon firmierter 14 Jahre alter Knabe. — Cossebaude In der Monatssitzung des Gesamt- Vorstandes vom Verschönerungsverein wurde mit 14 gegen 1 Stimme Herr Eidner in Neugruna zum Pächter der „Parkschänke" gewählt. — Niederlößnitz. Der auf 12 Jahre zum Gemeinde vorstand von Niederlößnitz gewählte Herr Bürgermeister Hackebeil-Gottleuba hat die Wahl angenommen und wird Ende Mai nach hier übersiedeln. - Wurzen. Durch Selbstmord dem Richter ent zogen hat sich der Kammersergeant Steuer von der 3. Kompagnie des 179. Infanterie-Regiments. Der Mann, der wegen seiner großen Strenge bei allen Soldaten be kannt war, war in eine Untersuchung verwickelt, die sich um die Mißhandlung eines Soldaten drehte. Letzterer war kürzlich von seinen Kameraden dabei überrascht worden, wie er sich die Pulsader aufschnitt und sich töten wollte. Auf Befragen gab er die fortgesetzten Bestrafungen als Motiv seiner Tat an. Vorige Woche fand nun vor dem zuständigen Gericht eine Verhandlung in der Angelegen heit statt, die aber vertagt wurde. Am Tage darauf fand man den erwähnten Sergeanten in seinem Bette erschossen vor. Er hatte sich das Gewehr auf den Leib, mit der Mündung unter die Kinnlade, gelegt und so abgedrückt. Der Schuß war durch den ganzen Kopf gegangen. Aus