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4 und rief außer sich: „Mathilde, auf dem Notre-Dame-Platz ist heute ein Fieberfall vorgekommen." „Nun ja, Ignaz, was weiter?" „Meine Nerven, Mathilde, ich halte es nicht langer uns. Wenn ich hier bleibe, habe ich morgen ebenfalls das Fieber, ich fühle es. Und dann, bedenke doch die Gefahr für die Kinder —" „Pab, laß die Kinder aus dem Spiel, Du denkst nur an Dich selbst. Um aber die Sache von allen Seiten an zusehen, hast Du schon bedacht, daß in dieser Zeit doppelt so viel Testamente als sonst aufzunehmen sein werden, Ignaz? Wäre es nicht Thorheit, um Deiner albernen Furcht willen das Geschäft zu ruiniren, he?" „Geschäft hin, Geschäft her," stöhnte der Notar, „ich kann nicht bleiben." Madame blickte den Gatten scharf an, und sein Anblick war derart, daß sie einsah, er spreche die Wahrheit; wenn er blieb, starb er sicherlich aus Furcht. „Ignaz, höre mich an," sagte Madame scharf; „e^ Du bleibst hier und handelst nach Deinem Ermesset Du gehst fort und überlassest mir das Erforderliche!" „Gewiß, mein Engel, ich überlasse Dir alles." Bei Trsch erwähnte Madame gesprächsweise, E Reuleaux werde am Nachmittag in Geschäftsangeleg^ nach Tours reisen, aber Therese schenkte dieser „durchs^ Mittheilung keinen Glauben, und als Nanon später f' und von der plötzlichen Abreise des Hausherrn erfuhr, sie verächtlich gegen das junge Mädchen: „Er ist em ch licher Hasenfuß; als ich ihm gestern erzählte, auf dein Dame-Platz sei ein Fieberfall vorgekommen, verfiel er!' Krämpfe." , „Wie lange wird's dauern, dann haben wir's arm in der Straße," sagte Therese ergeben. „Freilich, wer kann's wissen! Die Krankheit geh!' vorgeschriebenen Weg, und diesen vermag Niewa»! verändern. Einzelne freilich sterben aus Furcht. M' Kin Gurnier in Nürnberg um das JuHr 1400. (S. 7.) „Wohlan denn," sagte sie halb verächtlich, halb mitleidig, „Du magst gehen." „O Mathilde, Du bist ein Engel." „Schweig', ich kenne den Werth Deiner Betheuerungen. Gehe in Gottes Namen nach Tours zu meiner Mutter und bleibe dort, bis es hier wieder besser geworden ist. Charles ist schon so lange im Bureau, daß er zur Noth auch mit meiner Hilfe allein fertig werden wird." „Ohne Zweifel, erlist ja nicht dumm. Ich werde noch heute abreisen, hoffentlich erreiche ich Tours noch lebend." „Wir wollen's hoffen," nickte Madame kurz; „es erscheint Dir nicht bedenklich, daß ich mit den Kindern hier bleibe, wie?" „O, durchaus nicht, Mathilde, Ihr hegt ja keine Furcht. Und dann könnt Ihr ja auch im Hause bleiben, während ich durch meinen Beruf zum Ausgehen gezwungen bin. Bleibt Ihr mit Mademoiselle Veuillot in Gottes Namen hier." „Wie Du meinst, Ignaz." „Dabei fällt mir ein, ivenn nochmals ein Brief in Ardron einlanfen sollte, müßte Vorsorge getroffen werden." Reuleaux hat klug daran gethan, die Stadt zu ver^ bevor's mit ihm so weit kam." „Wenn nur diese entsetzliche Hitze nachlassen seufzte Therese, „unter den Bleidächern in Venedig nicht schlimmer gewesen sein als hier. Wenn wir heut^ wieder einmal nach dem Flusse gingen, Nanon? ist's gewiß kühler." „Um keinen Preis, Mademoiselle," rief Nanon entsag „ich glaube, Monsieur Desborres würde mich steinigen, ich Ihnen nachgäbe, vielleicht sollte ich besser gar nicht" hierherkommen, denn in unserer Siraße sind auch schon nttü, Fieberfälle. Gestern erst schärfte der Doktor nur . Mademoiselle gar nicht in die Nähe der abgesp^ Straßen gehen zu lassen." Daß der Doktor inmitten seiner vielen Arbeit doch Zeit gefunden hatte, an sie zu denken, rührte Therese. . „Nun, Nanon, sind Sie jetzt besser auf Monsieur borres zu sprechen?" fragte sie jetzt unvermittelt. Nanon schwieg nachdenklich eine Weile.