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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sicbcnlclm uud die Umgcgeiidcii. Amtsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz dieses Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 27. Dienstag, den 6. April 1869. , Tagesgeschichte. Die in neuerer Zeit sowohl in Dresden als anderwärts wie derholt vorgckommencn Wuthkrankheitsfälle der Hunde in Verbindung mit den hieraus erwachsenden Gefahren für Menschenleben und sonst haben den Rath zu Dresden veranlaßt, die bereits in mehreren Städ ten des In- und Auslandes zur Ausführung gebrachte Maßregel des permanenten Anlegens der Hundeinaulkörbe auch für den Dresdner Stadtbezirk anzuordncn. In Naundorf bei Dresden hat vor einigen Tagen ein aus dem Erzgebirge stammender junger Meubelpoliercr einen falschen Eintha- Icrschcin der Leipzig-Dresdner-Eisenbahncompagnie ausgegeben, er buche jedoch festgehalten und der Behörde überliefert. Man soll im Besitze des Aufgegriffenen noch eine ziemliche Anzahl falscher 5thäle- riger Banknoten der Bautzener Bank, sowie verschiedene zur Anfcrti- guug dieser Falfificate dienende Geräthschaften aufgefunden haben. Die Falfificate sollen übrigens nur mittels Handzeichnung hergestellt !«n und nicht gerade besonders zur Ausführung von Täuschungen geeignet sein. Ein verabscheuungswürdigcs Verbrechen ist in Netzschkau bei oicichcnbach verübt worden, indem einein blühenden jungen Mädchen der dritten Morgenstunde des ersten Osterfeiertags während des Schlafes in ihrem Bette das Gesicht mit Schwefel- oder Salzsäure begossen wurde. Am 31. v. M. Nachmittag 3 Uhr ist in Dresden auf der klei- Ziegelgaffe ein Zjährigcr Knabe durch eine» mit Steinen bela- benen Wagen überfahren worden. Leider hat der Vorfall den sofor- 'gen Tod des Kindes zur Folge gehabt.' . In Frauenstein ist am vergangenen Mittwoch Abend eine von bcm Laffalleanischcn Arbeiterverein berufene Volksversammlung, in der sich der von den Arbeitern ausgestellte Kandidat, Herr Mende, >'wcn Wählern vorstclltc, aufgelöst worden. Herr Mende sprach zu- W und wollte namentlich Definitionen über Revolution geben, wurde ^'er, da das bei der Berufung der Versammlung nicht als Zweck derselben angemeldct worden war, vom Bürgermeister unterbrochen, »Ur Ordnung verwiesen, und da er sich dem polizeilichen Verbot, buche Dinge nicht zu sprechen, widersetzte, so hob die Behörde die ^rsammlung auf. . Am 26. März früh wurden in Neu-Gersdorf in der Lausitz der Pachtflcischcr Christian Friedrich Hofmann und dessen Ehefrau Gottliebe Juliane geb. Halang anscheinend todt in ihrer Wohnung Schulden. Der sofort herbeigerufenc Arzt fand, daß der Zustand drr Hvsmann'schen Eheleute durch Kohlendämpfe herbeigcführt wor- dcn, welche infolge des Zufallens der Ofenklappe in die Stube ein- istnrömt waren. Nach lange fortgesetzten Wiederbelebungsversuchen gelang es endlich dem Arzt, die Heiden Eheleute wieder ins Leben »u rufen und befinden dieselben sich gegenwärtig außer Gefahr. kürzlich wieder preußische Blätter Oestreich die Freundschaft Mkündigten, konnte es einem Patrioten himmelangst werden, daß ^hsmarck und Beust in ihrer inner« und äußern Politik immer weiter auseinander kommen würden, so weit, d«ß sie sich zuletzt gar Mt mehr finden und sehen. Da kommt plötzlich eine telegraphische Depesche und meldet, Bismarck und Beust würden ineognito eine oujammenkuilft halten; leider verschweigt die Depesche, wo und wie ""d findet wenig Glauben. itk m norddeutschen Bundesrathc ist vom Präsidium ein Ge- »entwurf über Einführung einer einheitlichen Wechselsteucr vor- Morden, wonach alle im Gebiete des Bundes ausgestellten oder 5," baren Wechsel — auch die bisher stempclfrcicn über Beträge unter la» ' eine Stempelabgabe von V, pro Mille an die Bundes- iklak die in den einzelnen Staaten jetzt bestehenden Wcch- «i,, ^ben dagegen wegfallen sollen. Di« von Sachsen vorgcschla- .eines obersten Handels-Tribunals in Leipzig ist oustiz-Ausschüsse des Bundcsraths befürwortet worden. Machen wurde jüngst ein Mann arretirt, als er eben seine — den unterirdischen Canal — verließ. Zur Polizei ge- u»d nach seinem Stande gefragt, bezeichnete er sich als „Lump." Bei allen Infanterieregimenten» der bayrischen Armee ist am letzten März ein Drittel der Präsenzstärke beurlaubt und damit jede Compagnie von 90 auf 60 reducirt worden. Der Despotismus tritt in seiner nacktesten Gestalt auf, wenn er die Cultur zwingt, der Uncultnr den Platz zu räumen. So treibt es Rußland in seinen Ostsee-Provinzen. Da werden in den Städten die deutschen Straßennamen in russische umgetauft, die Wegweiser bekommen russische Inschriften, die kein Mensch versteht, die deutschen Zeitungen müssen die wichtigsten Berichte in russischer Sprache brin gen und deutsche Inserate höher bezahlt werden als russische. Das deutsche Element wird langsam, aber sicher überrußt. In Frankreich kommt ein Spaß theucr zu stehen. Der Zeitungs schreiber Ulbach setzte seinen Lesern auseinander, daß der Name Na poleon eigentlich Zerstörer bedeute. Dafür wurde er mit 6 Mvna- naten Gesängniß und 500 Fr. Geldbuße bestraft. Der alte Napoleon, der sich durch seinen genialen Kopf und sein scharfes Schwert den Weg zum Kaiscrthron gebahnt hatte, hielt nicht viel auf das göttliche Recht' der Könige. In seiner Verban nung auf der einsamen Insel St. Helena sah er halb lachend, halb ärgerlich, wie sich seine Bourbonischen Nachfolger mit dem Lilien stengel in Frankreich auf das göttliche Recht der Könige beriefen und sich abzappelten. Da sagte er einmal zu einem Vertrauten: Die Herren fangens falsch an, ihr angeblich göttliches Recht ist abgetha- ner Plunder, von Freiheit müssen sie den Mund voll nehmen, um ihre Franzosen zu regieren, und je weniger sie Freiheit geben wol len, desto mehr müssen sie von ihr sprechen. Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Uneigennützigkeit muß immer ihr drittes Wort sein; damit können sie das Volk nach Belieben unterdrücken und cs bis zum letzten Pfennig auSziche», ohne daß es auch nur in Versuchung kommt, sich zu empören. — Napoleons Zuhörer hat dieses Rccept, ein Volk zu regieren, dem Prinz-Regenten von England mitgctheilt und dieser theilte es im Vertrauen Louis Philipp, dem späteren Kö nig der Franzosen mit. In dessen Briefen und Papieren hat sechs gefunden und wird jetzt in Paris in Hunderttausenden von Exemp laren verkauft. Die Pariser schein«» auzunehmen, daß das altkaiser liche Recept noch in mancher Staatsapvthekc dispensirt werde. Des Krieges Schwester ist die Seuche; die Seuchen, die Cho lera, der Typhus ziehen dem Heere nach und raffen unendlich mehr Opfer hin als das Schwert und die Kugel. Der Krieg von 1866 zog blitzschnell vorüber und hat dennoch unendliche Opfer an Men schenleben und Menschenglück gekostet. Dieses eine Kriegsjahr for derte 196,711 Menschenleben, davon sind 165,292 der Cholera un terlegen, in Ungarn allein über 69,000. Nicht da, wo die feindli chen Armeen unmittelbar auf einander stießen, sind die Seuchen am stärksten aufgetreten, sondern in den Kreisen, durch welche der Vor- und Rückmarsch stattfand, woselbst die Heeresmassen am längsten weilten. In ganz Oestreich sind eine Viertelmillion Menschen den Kriegsseuchen zum Opfer gefallen. Die Statistiker empfehlen den Theologen, diese traurigen Zahlen und den Jammer, der daran hängt, in allen Hofkirchen Europas zu verarbeiten. Die vaterländische Geschichte in die Volksschule. „Wie heißt die Stute, welche der König Wilhelm am Tage der Schlacht beiKönig- arätz geritten hat?" so lautete die Frage des Schulraths im Reg.- Bez. Bromberg an die Kinder einer Elementarschule bei Gelegenheit der Revision derselben. Da diese Frage die Kinder nicht zu beant worten wußten, selbst der Lehrer damit unbekannt war, so beantwor tete der Herr Schulrath seine Frage selbst dahin, daß diese Stute, wie bekannt, „Sadowa" heiße, sein Erstaunen nicht unterdrückend, über die Uuwissenhcit der Kinder in der neusten vaterländischen Ge schichte. — So wird der Danz. Z. geschrieben. Verhandlungen des Wilsdruffer Kirchenvorstandes. In der am 27. Januar n. c. stattgefundenen zweiten diesjährigen Sitzung wurde die Aufstellung des Voranschlages znr Kirchenrechnuna für die Jahre 1869 bis 1871 fortgesetzt und zu Ende geführt. Nach diesem Voranschläge beträgt bei der Hauptrechnung die Soll-Ein-