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um sie zu berauben und zu ermorden, es war ein wohlberechneter Plan von ihm gewesen und er hatte alles daran gesetzt, um zu seinem Ziele zu kommen. Die Krankheit des Pferdes, die falsche Bestellung, das waren alles Finten. Und jetzt kam ihr der verzweifelte Schrei in's Gedächtniß! Ach, warum war sie so verblendet gewesen und hatte dem Drängen ihrer Nichte solchen Widerstand geleistet! —Sie wurde hart dafür gestraft und empfand die bitterste Reue; aber nun war es zu spät. In jeder Minute konnte der Mörder vor ihnen erscheinen und auch ihrem Leben ein Ende machen, wie dem Augusten's, denn sie hatte jetzt die Ueberzeuiung, daß der Czeche das arme Mädchen schon beseitigt, um freie Hand zu haben. Es war ja auf ihr Schellen nicht gekommen. Die Minuten dehnten sich zu Ewigkeiten aus . . . Es war den beiden geängstigten Frauen, aes ob die Nacht gar nicht enden wolle. Die Sterne zogen langsam am dunklen Himmel dahin und verblaßten allmählig, der Morgen begann zu dämmern und damit senkten sich leise Hoffnungen in ihre Herzen. Es blieb todtenstill im Hause. — Frau v. Tellberg hatte endlich ermüdet die Augen geschlossen; aber Adele starrte unverwandt hinaus, um auf die leiseste Bewegung von da draußen zu achten. In einiger Entfernung zog sich die Landstraße hin und jetzt tauchten aus weiter Ferne einige Gestalten auf. Es waren Bauern, die in so früher Stunde auf den Markt in die Stadt wanderten. Sie kamen immer näher und nun riß Adele rasch entschlossen das Fenster auf und winkte ihnen mit dem Taschentuch. Die Landleute blieben anfangs verwundert und unentschossen stehen, aber Einige, die vermutheten, daß die Bewohner der Villa von ihnen etwas kaufen wollten, näherten sich doch und nun rief ihnen Adele zu, rasch hereinzukommen, sie werde die Hausthür sogleich öffnen. „Was willst Du thun?" fragte die Tante erschrocken, die aus ihrem Schlummer erwachte. „Hülfe herbeiholen", antwortete Adele und suchte mit aller Kratt die Meublen wieder zu entfernen, die sie vor die Thür gerückt hatte, eh' noch Frau v. Tellberg ihr beisteben konnte, hatte sich ihre Nichte eine Lücke geschaffen und war hinausgeschlüpfi. An der Thür wurde sie schon von den Bauern erwartet, die sehr verwunderte Gesichter machten, als sie Adele bat, ihr rasch zu folgen. Die Wanderung ging zuerst in den Stall und das Erstaunen der guten Leute verwandelte sich bald in Entsetzen, — denn dort lag ein junges Mädchen bleich und blutend am Boden, den Kopf durch einen furchtbaren Schnitt beinah' vom Rumpfe getrennt. Es war Auguste. „Der Mörder muß noch im Hause sein", bemerkte Adele. „ES ist unser eigener Kutscher." Nun bemächtigte sich der Bauern eine grenzenlose Wutb- „Den wollen wir schon fassen", erklärten sie sogleich und jeder suchte im Stall irgend ein Werkzeug als Waffe zu ergreifen. Mutbig folgten sie dem jungen Mädchen, das sie bis zum Schlaf zimmer führte. Sie legte noch einmal horchend das Ohr an die Thür, eh' sie öffnete. Nicht ein Laut ließ sich hören. Lauerte der Schurke auf den Augenblick, wo man die Tbür öffnete, um fick an der Stelle hinaus zustürzen, oder war es ihm gelungen, durch das Fenster ganz geräuschlos zu entkommen?" Adele drehte den Schlüssel herum und mit Knütteln und dergleichen gut bewaffnet, drangen die Bauern sogleich muthig in das Zimmer. Kein Mensch war zu sehen, aber auch das Fenster war nicht geöffnet. „Hier ist Niemand", sagten die Landleute und wollten schon wieder zu- rückkebren; doch Adele war ihnen gefolgt und ihr Blick fiel sogleich unter das Bett. Da ragten wieder die Stiefel hervor, die schon ibre Tante noch im letzten Augenblick gewarnt hatten. Sie zeigte auf die Stelle und ein Bauer suchte sogleich den Menschen aus seinem Versteck hervor zuziehen, während die Ändern mit ihren Knütteln bereit standen, um ihn zu empfangen, wenn er etwa einen Fluchtversuch wagen sollte. Wie erstaunten Alle, als ein Todter hervorgezogen wurde. Es war wirklich Anton. Er hatte ein Taschentuch um den Hals geknotet und mußte sich damit erwürgt haben. Aerger und Scham, daß sein so sorg fältig geplanter Anschlag dennoch vereitelt worden, nachdem er bereits seine Hände in Blut getaucht, mochten ihn zu dem Entschluß gebracht haben, den Tod einer sicheren Entdeckung vorruziehen. Einige Monate später feierten Adele v. Tellberg und Emil Kalthoff ihre Hochzeit. Man war allgemein erstaunt, wie der blöde befangene Hauslehrer so rasch das Herz des schönen jungen Fräulein erobert und doch war alles so natürlich zugegangen und wie von selbst gekommen. Frau v. Tellberg fühlte sich dem jungen Manne tief verpflichtet, sie lud ihn zu sich ein, um ihm ihren wärmsten Dank zu sagen und im Verkehr mit den beiden edlen Frauen streifte Kalthoff bald jene Unbeholfenheit ab, die ihm bisher in der Gesellschaft so hinderlich gewesen war. Schon bei der ersten Begegnung hatte Adele auf sein Herz einen tiefen Eindruck gemacht; aber er würde vielleicht nie gewagt haben, sich dem jungen geistreichen Mädchen zu nähern, wenn ihn nicht das Glück begünstigt, Frau v. Tellberg eine so wichtige Nachricht bringen zu können. Adele war nicht weniger begierig, zu erfahren, wie der Hauslehrer von den schlimmen Absichten des Kutschers Kenntniß erhalten und wie lange er auch damit zurückhielt, endlich konnte er ihrem Drängen nicht widerstehen und er erzählte: „Ich bin mit unserm würdigen Dorfgeistlichen befreundet. Als ich ihn eines Abends aufsuchen wollte, hörte ich, daß er noch in der Kirche sei. Ich trat leise ein und sah einen Menschen vor dem Beichtstuhl knieen. Nun wollte ich mich leise zurückziehen, aber das Beichtkind war ein Czeche, wie ich hören konnte, und meine linguistischen Neigungen erwachten. Ich wollte wissen, ob ich mein Böhmisch noch nicht verlernt habe. Der Mann bekannte, daß er unheimliche Gedanken nicht los würde — der Reichthum seiner Herrin locke ihn allzu sehr an; er müsse sie er morden, er könne fick nicht helfen. Mein würdiger Freund ermahnte ihn so eindringlich, den bösen Dämon in sich zu unterjochen, daß der Mensch auch wirklich gelobte, von seinen schlimmen Absichten abzustehen. — Ich hatte mich leise hinter einer Säule zurückgezogen, aber als jetzt das Beichtkind an mir vorüberging, erkannte ich cs sofort — es war der Kutscher einer Herrschaft, die —" „Die?" wiederholte Adele neckend, obwohl sie die Erzählung des jungen Mannes nicht wenig aufgeregt hatte. „Die ich verehrte", setzte Kalthoff hinzu und fuhr dann lebhaft fort: „Aber ich las auch in diesen unruhig zuckenden Augen, daß der Mensch seinen bösen Vorsatz trotz aller Versprechungen nicht aufgeben würde." „Können Sie so gut in den Augen der Menschen lesen?" fragte Adele. „Ich bilde es mir zuweilen ein", war die Antwort. „Und was lesen Sie in den meinigen?" Jetzt vermochte Kalthoff nichts mehr zu entgegnen; aber er ergriff ihre Hände und sah ihr tief und seelenvoll in die Augen. Wortlos war alles zwischen ihnen gelöst, ihre Herzen hatten sich gefunden. — Frau v. Tellberg gab ihren einsamen Wohnsitz wieder auf und sie delte mit den Neuvermählten in die Residenz über. Adele lebte mit ihrem Gatten in beglückter Ehe und die Schrecken und Qualen jener Nacht verblaßten allmählig, daß ihr jenes furchtbare Erlebniß wie ein wüster Traum erschien. Vermischtes. Der Mittagsschlaf. Viele Menschen haben nach der Hauptmahlzeit des Tages das Bedürfniß, sich hinzulcgen und einer vollkommenen Ruhe zu überlassen. Auch der Geist zeigt sich dabei träg, und der Mensch ent schlummert. Schon zehn Minuten dieser Ruhe oder eine Viertelstunde ge. nügen, um die Lebhaftigkeit oder das Gefühl der Kraft wicderkehren zu lassen. Ist der Mittagsschlaf schädlich? Man hört oft, daß er zu Schlag flüssen und zu anderen Krankheiten Anlaß gebe. Es ist kein Zweifel, daß der Mittagsschlaf schädlich sein kann, wenn er nämlich von trägen Menschen geübi wird, welche weder körperlich noch geistig ordentlich arbeiten und zu wenig Bewegung haben; da ist dann aber nicht das Ausruhen nach Tisch verantwortlich zu machen, sondern die falsche Lebensweise im Ganzen. Wer einen Beruf hat, der ihn anstrengt, ob er nun viel umhergchen oder viel stehen müsse, und dabei vielleicht auch geistig beschäftigt ist, der kann sich mit Ruhe dem Mittagsschlaf überlassen; das Liegen wird ihm eine große Wohlthat und der Schlaf eine naturgemäße Erholung sein. Wir sehen bei allen Thieren nach der Sättigung das Ruhebedüriniß eintreten, und es ist nur verständlich, daß sich zur Einleitung der Verdauung die Kräfte sammeln und auf diese Thätigkeit richten müssen. Demnach ist auch Magen leidenden die Rube nach Tisch besonders zu empfehlen. Wer dies Bedürf niß nicht kennt, der unterlaße den Mittagsschlaf. Wer aber von einem kurzen Mittagsschlaf müde und zerschlagen aufwacht, der möge bedenken, daß er eber einen langen Schlaf, als gar keinen nöthig hat und möge demnach die Ruhezeit der Nacht gründlich für seine Erholung ausnützen. * Moderner Hausstand. Bei einem jungen Ehepaare in Nürnberg stattete dieser Tage der Gerichtsvollzieher seinen Besuch ab, weil der Zere- monienmeister, der bei der Hochzeit Dienste geleistet batte, das Pärchen hatte verklagen müssen, um zu seinem Gelbe zu kommen, Sachen zum Pfänden fand der Gerichtsvollzieher genügend vor, allein er hatte seine Rechnung ohne — die Abzahlungsgeschäfte gemacht. Wie sich näml'ch herausstellte, gehörte die ganze Einrichtung des jungen Paares, die Hochzeitskleider, ja, sogar die goldenen Eheringe, einem Abzahlungsgeschäfte. Das nennt man heutzutage einen Hausstand gründen. * Zu dem förmlichen Schacher, der jetzt mit den Münzen mit dem Bilde Kaiser Friedrichs getrieben wird, schreibt die „Germania": Zu ver wundern ist es nicht, daß Zwei- und Fünfmarkstücke mit dem Bilde Kaiser Friedrichs so überaus selten im Publikum geworden sind. Der Grund liegt darin, daß die größte Menge aller geprägten Friedrichsmünzen sich im Besitze der Berliner Banquicrs und Börsenspekulanten befinden. Es giebt Bankhäuser, in denen thatsächlich jeder junge Mann über 50—100 Zweimarkstücke verfügt. Wer seinen Angehörigen und Bekannten eine Freude machen wollte, der gab sie für den einfachen Werth aus, aber an der Börse trieben und treiben auch jetzt noch die Angestellten der Bankhäuser wahre Wuchergeschäfts mit den seltenen Münzen. Wie materiell mancher derselben dachte, geht daraus hervor, daß ein jüngerer Börsenbesucher seinen ganzen i Vorrath an Friedrichsmünzen mit bedeutendem Vortheil umtauschte und ! schließlich auch noch sein allerletztes Stück mit Ausschlag fortgab; ihm war es nicht um ein Andenken an Kaiser Friedrich, sondern nur um reichen Gewinn zn thun. * Unwetter in Württemberg. Der ganze mittlere und südliche Theil i Württembergs ward am 15. August Nachmittags von schweren Gewittern ! heimgesucht, die sich theilweise unter Hagel bis zu der Größe von Hühner eiern entluden. Leider hat auch der Blitz in der Nähe von Tübingen großes Unheil eingerichtet. In ein einzeln stehendes Häuschen hatten sich zahlreiche Leute, die auf dem Felde beschäftigt waren, geflüchtet, als ein Blitzstrahl in dasselbe einsuhr, wobei zwei Personen sofort getödtet und 12 Personen verwundet wurden, darunter zwei so schwer, daß auch an deren Aufkommen gezweifelt wird. Die Stärke des Blitzes war von solcher Gewalt, daß alle Personen im Umkreis von 30—40 Schritten betäubt niedergeworfen avurden. — Auch in Mähren und Galizien haben schwere Gewitter am selben Tage Verheerungen angerichtet und mehrfach Brände hervorgerufcn. * Der Reichskanzler „gebunden". Fürst Bismarck besuchte von Fried- richsruh aus am Montag ohne Begleitung sein in Schwarzenbeck belegenes Gut. Nachdem er auf dem Hofe Alles in Augenschein genommen, ließ er sich nach den Ländereien fahren, wo die Leute mit den Erntearbeiten beschäftigt waren. Hier wurde der Reichskanzler „gebunden", d. h. die Stärke eines aus Getreidehalmen gewundenen Strickes an ihm erprobt. Unter Vortragung des üblichen Reimes verrichtete eine dralle Arbeiterin das Werk, der Reichskanzler-Gutsherr hielt ruhig still. Der „Binderin" wurde die übliche klingende Anerkennung für ihre Arbeit zutheil. in Sachsen, die älteste und deshalb besuchteste derartige Fachschule beginnt Mitte Oktober den Winterkurs. Sie zerfällt n) in eine Ma- fthinen Ingenieur - Schule, zur Ausbildung von Ingenieuren und Konstrukteuren für Maschinen- und Mühlenbau, von künftigen Fabrikanten aller Branchen, zu deren Betrieb maschinentechnische Kenntnisfe nötig sind; b) in eine Werkmeister-Schule, zur Ausbildung von Werkmeistern, Zeichnern, Monteuren für Maschinen- und Mühlenbau, sowie von künf tigen Besitzern kleiner mechanisier Werkstätten, kleiner Mühlen, Bau- scklossereien u. s. w. Die gegenwärtige Frequenz beträgt 777 Schüler aus allen Weltteilen. Programme erhält man jederzeit gratis durch den Direktor K. Weitzel in Mittweida in Sachsen. F. Das sicherste Verfahren. In den verschiedenen Zeitabschnitten, welche das Leben des weiblichen Geschlechts ganz besonders markiren, gilt es vor allem, die Nieren und Leber in gesunder Thätigkeit zu erhalten, damit das Blut rein und er nährend bleibt. Unregelmäßigkeiten, Kopfschmerzen, Migräne, wechselnde Herzthätigkcit, Krämpfe, Magenaffectionen rc. sind Symptome solcher Leiden. ! Wie dieselben gründlich geheilt werden können, berichtet uns Frau Ullrich ! in Lübau bei Rabenau und schreibt: „Ich theile Ihnen hierdurch freu digst mit, daß ich nach Einnehmen von 1'/a Flasche Warner's Safe Cure mich ganz wohl befinde. Ich litt an Unregelmäßigkeiten und Migräne, ebenso an Blutkrampf, auch die Schmerzen im Magen und das furchtbare Arbeiten des Herzens hat nachgelassen. Mein Mann und ich sagen Ihnen hierdurch unsern herzlichsten und innigsten Dank. Ich habe Ihre Medizin schon empfohlen und werde es auch in Zukunft immer thun, und Wirdes Ihnen gewiß zum Segen gereichen, daß Sie mir geholfen. Ich werde Ihre Safe Cure immer aufs Wärmste empfehlen." — Verkauf und Ver sandt nur durch Apotheken. Distrikt-Haupt-Niederlage: Löwen-Apotheke zu Wilsdruff. kaust zu höchsten Preisen Noßschlächter iisrlmsnn, Potschappel. Redaction. Druck und Verlag von H. A. Berger in WilSdruss.