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2. Beilage zu Nr. 70 -es Wochenblattes für Wilsdruff re. Vaterländisches. Wilsdruff. Wie aus dem betr. Inserat in heutiger Nummer unseres Blattes zu ersehen, soll nächsten Sonntag, den 2. Septeniber, zum Sedantagc, im Saale des „goldn. Löwen" ein Concert statt- ftndcn, arrangirt von dem Opernsänger Herrn Küchenmeister vom Re sidenztheater in Hannover, mit Unterstützung der hiesigen „Liedertafel" und eines Herrn Curt Hofmann vom königl. Konservatorium zu Dres den. Wie wir hören, wird Herr Küchenmeister einen auf den Gedenktag Paffenden Prolog sprechen und gewiß werden die Besucher manchen patrio tischen Gesang zu Gehör bekommen. Der vierte Theil der Einnahme soll der Casse des hiesigen „Frauenvereins" zugewiesen werden, welcher Umstand wohl mancher Familie zum Besuche des Concertes Anlaß geben dürfte; ebenso dürfte aber auch die in letzter Nr. d. Bl. abgedruckte Recension über Herrn Küchenmeister bezüglich seiner Leistungen demselben im nächsten Conzert neue Freunde zuführen, desgleichen übt gewiß auch die Mitwirk ung unserer „Liedertafel" ihren altbekannten Einfluß auf so manchen Gesangesfreund zum Besuche des Concertes aus. — Dresden. Kaiser Wilhelm traf am Montag Vormittag bald nach 11 Uhr auf dem reichgeschmückten Berliner Bahnhof ein, wo selbst König Albert, die Prinzen des Königlichen Hauses, die Generalität, die Minister, dis Spitzen der Behörden, die Mitglieder der preußischen Gesandtschaft und beide städtischen Collegien zum Empfange versammelt waren. Die gegenseitige Begrüßung der beiden Monarchen war eine überaus herzliche, ebenso wurden die königlichen Prinzen von Sr. Majestät dem Kaiser herzlichst begrüßt. Nach Vorstellung des beiderseitigen Ge folges schritten der Kaiser und der König mit ihrer Begleitung durch das mit Blattpflanzen prächtig geschmückte Königszimmer auf den Bahnhoss- platz hinaus, woselbst Oberbürgermeister Dr. Stübel folgende Ansprache an Se. Majestät den Kaiser richtete: „Allerdurchlauchtigster Großmäch tigster Allergnädigster Kaiser und Herr! Ew. Majestät wollen geruhen, von der Stadt Dresden einen ehrfurchtsvollen herzlichen Willkommengruß huldreich und nachsichtig entgegenzunehmen, die Wärme unserer Gefühle aber nicht bemesfen nach den für den Empfang Ew. Majestät getroffenen festlichen Veranstaltungen, die bei der Kürze der uns gegebenen Zeit nur in höchst bescheidenem Maße ausgeführt werden konnten. Unsere Herzen sind von hoher Heller Freude erfüllt und schlagen mit Jubel Ew. Ma jestät entgegen, sind wir doch die getreuen Unterthanen Sr. Majestät des Königs Albert, unseres geliebten Landesherrn, welchen die Welt kennt als Ew. Majestät treuesten Bundesgenossen, als Ew. Majestät treuesten Freund. Je bewährter aber die sächsische Treue, um so gewisser darf ich auch sagen, daß wir Sachsen uns von keinem anderen deutschen Stamme den Rang streitig machen lassen in der Liebe zu Kaiser und Reich. Zu Ew. Ma jestät wollen wir stehen in guten und in bösen Tagen, das gelobe ich im Namen der Stadt Dresden und in diesem Sinne rufe ich, hoch lebe Se. Majestät der deutsche Kaiser!" Jubelnd stimmten die zur Begrüßung Anwesenden dreimal in das Hoch ein. Se. Majestät der Kaiser dankte dem Herrn Oberbürgermeister für die freundliche Begrüßung, die ihm dar gebracht worden; die Treue der Sachsen zu Kaiser und Reich sei eine Thatsache, die sich längst bekannt gemacht habe. Er selbst kenne dieselbe aus eigener Erfahrung; sie sei besonders schön zum Ausdruck gekommen, als die Stadt Dresden Seinem Kaiserlichen Großvater bei Dessen letztem Hiersein einen so herzlichen Empfang bereitet habe und freue Er sich daher umsomehr, diese Stadt persönlich kennen zu lernen. Hierauf schritt Se. Majestät an der Seite des Königs Albert die Front der aufgestellten Ehrenkompagnie ab, an deren rechtem Flügel Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg mit den direkten Vorgesetzten derselben Aufstellung genom men hatte, ging auf Se. Königl. Hoheit zu und überreichte Höchstdem- selben einen kostbaren Feldmarschallstab. Darauf fuhren beide Monarchen unter dem Geläute der Glocken in einem vierspännigen Hofgalawagen durch die reich geschmückte Stadt und unter begeisterten Ovationen nach der Caserne des Grenadierregiments Nr. 101, woselbst der Kaiser über sein im Casernenhofe in Compagniefront aufgestelltes Regiment die Parade abnahm. Nachdem die Allerhöchsten und höchsten Herrschaften in dem Offiziercasino das Frühstück eingenommen hatten, erfolgte im zwei- spännigen Wagen die Fahrt nach Pillnitz. Die Vereine, Korporationen und Schulen bildeten Spalier. Die überaus zahlreich zusammengeströmte Bevölkerung begrüßte den Kaiser allerorts mit begeistertem Jubel. — Um 2 Uhr 20 Minuten traf der Kaiser in Pillnitz ein. Längs des ganzen Weges bis Pillnitz hatten sich viele Tausende von Menschen angesammelt, welche den Kaiser mit stürmischen Zurufen begrüßten. Bei seiner An kunft vor dem Bergpalais wurde der Kaiser von der Königin und der Prinzessin Mathilde empfangen. An der Hoftafel, welche zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm stattstand, nahmen außer den Mitgliedern der königlichen Familie alle Minister, der preußische Gesandte GrafDön- hof mit dem Legationssecretär Prinzen von Thurn und Taxis, die obersten Hoschargen und das beiderseitige Gefolge Theil. Gegen 7 Uhr erfolgte von Pillnitz die Fahrt nach Niedersedlitz, bis wohin der König seinem hohen Gast das Geleite gab. Von Niedersedlitz fuhr der Kaiser mittelst Sonderzug nach Dresden, woselbst halb 8 Uhr die Ankunft am Leipziger Bahnhofe stattfand. Nachdem daselbst die Kaiser!. Salonwagen in den fahrplanmäßigen Zug eingestellt waren, setzte Se. Majestät der Kaiser um 7 Uhr 33 Min. die Reise nach Berlin fort, die Ankunft erfolgte dort kurz nach 11 Uhr. Zur Verabschiedung waren verschiedene hohe Mili tärs, der Gesandte Graf Dönhoff, der Kreishauptmann usw. auf dem Perron des Leipziger Bahnhofes anwesend. Als der Zug sich in Beweg ung setzte, brachte Herr Geh. Hofrath Ackermann ein dreifaches Hoch aus, welches begeisterte Aufnahme fand. Se. Majestät, welcher am Fenster des Salonwagens stand, dankte ununterbrochen in huldvollster Weise, durch militärischen Gruß bis der Zug die Halle verlassen. — Seine Majestät der Kaiser Wilhelm hat bei der Verabschiedung auf dem Leipziger Bahnhofe dem Oberbürgermeister Dr. Stübel wiederholt seine lebhafte Freude über den ihm in der Stadt Dresden gewordenen Empfang ausgesprochen und seiner herzlichen Dankbarkeit auch durch Ue- berweisung von Ein Tausend Mark zur Vertheilung an hilfsbedürftige Einwohner der Stadt bekundet. Ueber diese kaiserliche Spende wird das Armenamt verfügen. Dresden, 27. August. Ihre Majestäten der König und die Königin werden sich, dem Vernehmen nach, am 31. August zu dreitägigem Aufent-