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nicht an Anzeichen, welche auf eine Verschärfung der Gegensätze zwischen den Mächten der Tripelallianz und Frankreich und dessen vermeintliche Bundesgenossen Hinweisen. Deutschland hat durch seine Repressalien gegen über der Belästigungen seiner Reichsangehörigen seitens der Franzosen und durch die Motivirung derselben in seinen offiziellen und offiziösen Organen Frankreich den ganzen Ernst der Lage vor Augen geführt und da nun auch Oesterreich-Ungarn alle Illusionen darüber zerstört hat, daß es im Ernst fälle nicht mit seiner ganzen Macht Deutschland treu zur Seite stehen werde, so wird das französische Volk daraus die Lehre ziehen, daß es sich künftig in Bezug auf seine Haltung gegenüber Deutschland eine größere Mäßigung auflegen muß. Die französische Regierung wird sicherlich ihren Verwaltungs organen die Weisung crtheilen, dafür zu sorgen, daß Mißhandlungen deutscher Reichsangehöriger wie in Belfort, künftig nicht mehr vorkommen, daß die Deutschen überhaupt nicht anders behandelt werden in Frankreich, als die übrigen Fremden, die sich in Frankreich aufhalten. Daß die Franzosen darum aufhören werden, auf ihre Revanchepläne zu verzichten, dürfen wir nicht erwarten, aber sie werden sich künftig hüten, Elsaß-Lothringen in ihrer Presse und in ihren Vereinen als ihr Eigenthum in Anspruch zu nehmen. Ausschreitungen jedweder Art gegen die Deutschen werden sicher lich möglichst vermieden werden; es liegt das schon im Interesse des Zu standekommens der Pariser Weltausstellung. Das laufende Jahr und das nächste Jahr wird unter allen Umständen der Friede von Frankreich nicht gestört werden. Für eine weitere Zukunft wird allerdings schwerlich heute Jemand die Bürgschaft bezüglich der Erhaltung des Weltfriedens über nehmen wollen. Vaterländisches. — Mit 31. Mai endete die Schonzeit der Krebse und dürfen dieselben von den Berechtigten bis Ende Oktober gefangen und verkauft werden. Es dürfen nur Krebse, welche Eier an sich haben, nicht feilge boten und verkauft werden. Gelangen Krebse der vorgedachten Art lebend in die Gewalt des Fischers, so sind dieselben sofort wieder in das Wasser zu setzen. Mit 9. Juni endet auch die Schonzeit folgender Fische: Aland, Asch, Barbe, Barsch, Bleie, Döbel, Finte, Karausche, Lachs, Maifisch, Rapfen, Rothauge, Rothfeder, Schleie, Schmerle, Stör, Weißfisch, Zander, Zehrte. Diese Fische dürfen aber auch außer der Schonzeit nur dann ge fangen und feilgeboten werden, wenn sie die gesetzlich bestimmte Länge haben. — Nossen. Auf dem Rittergute Deutschenbora wurde ein aus Dohna gebürtiger Handarbeiter, welcher die zur Zeit daselbst ausgestellte Strohpresse bediente, von einem herabstürzenden Balken so unglücklich am Kopfe getroffen, daß er sofort todt war. — Nossen, 30. Mai. Gegen 50 Lehrer aus Nossen, Siebenlehn und Umgegend waren am Mittwoch im Hotel zur „Stadt Dresden" hier versammelt. Herr Schulrath Wangemann führte den Vorsitz. Es galt zunächst, Mittheilungen aus der in Dresden am 25. Mai unter dem Vor sitze Sr. Ercellenz des Herrn Kultusministers Dr. v. Gerber abgehaltenen Konferenz der König!. Bezirksschulinspektoren entgegen zu nehmen. Hier bei wurde auch die Frage betreffs Gleichheit aller Sckulbücher mit berührt. Demnach hatten die Herren Schulräthe, Inspektoren und Direktoren sich dahin geäußert, daß eine von verschiedenen Seiten gewünschte Uniformirung der Schulbücher in Sachsen zu einem bedenklichen Stillstände auf dem Ge biete der Methodik führen werde, wie es auch zur Zeit der Regulative in Preußen gewesen sei. Die Wissenschaft auf diesem Gebiete sei aber eben falls frei und jede Beschränkung derselben würde nur dazu beitragen, daß das sächsische Schulwesen seinen hohen Ruf einbüßen müsse. — Bezüglich der Fortbildungsschule, dem Schmerzenskinde der Lehrer und Behörden, wurde auch hier wieder ein erfreulicher Fortschritt erwiesen. Seitens des Herrn Vorsitzenden wurde noch über den deutschen Aufsatz und das Rechnen berichtet und damit der theoretische Theil der Konferenz beschlossen. Gegen 1 Uhr wurde ein gemeinsames Mittagsmahl eingenommen. In der Zeit von 2 bis 4 Uhr des Nachmittags fanden noch 2 praktische Lektionen in der hiesigen Bürgerschule statt, worauf einige Besprechungen sich anschloffen. — Thalheim. Ein 5 Jahre alter Knabe kam so unglücklich mit dem Kopf in die in Zimmer's Restauration stehende große Wäschemangel, wohin er seiner daselbst beschäftigten Großmutter gefolgt war, daß die Kopf haut fast vollständig losgequetscht wurde und eine Gehirnerschütterung zum Gefolge hatte, an welcher Verletzung der bedauernswerthe Knabe nach 24 qualvollen Stunden starb. Die Großmutter des Kindes ist wegen dieses traurigen Ereignisses untröstlich, da dasselbe ihr Liebling war und sie bei allen Ausgängen begleitete. — Aus Ortrand wird ein trauriger Fall berichtet. Jäher Tod er eilte zwei blühende Leben. Gestern früh 8 Uhr war der 20jährige Sohn des Fleischermftrs. Berthold in Gemeinschaft mit einer 17jährigen Magd beschäftigt, in einer Sandgrube Sand auf einen Wagen zu laden, als plötz lich eine Wand herniederstürzte und Beide bis zum Oberkörper verschüttete. Ersterer wurde mit dem Gesicht, Letztere mit dem Hinterkopf gegen den Wagen gedrückt, wobei sie schwere Verletzungen erhielten und alsbald ver schieden. — Seit Kurzem liegen in Frauenstein sehr viele Kinder an Masern krank darnieder. Am Donnerstag fehlten in der 4. Klaffe 44 Schüler. In Folge dessen ist der Unterricht in der betreffenden Klasse bis auf Wei teres ausgesetzt. Auch die für Freitag angeordnet gewesene Impfung ist aus demselben Grunde verschoben worden. — Am 22. April feierten in Reichenbach der frühere Schneider meister Schwabe und dessen Ehefrau ihre diamantene Hochzeit. Nachdem beide Eheleute 60 Jahre lang Freud und Leid getheilt hatten, starben sie auch an demselben Tage. Am vergangenen Sonntag, Abends gegen 9 Uhr, starb die 85jährige Ehefrau, etwa eine Stunde später entschlummerte der 86jährige Ehemann. Ein gemeinschaftliches Grab hat das Paar ausgenommen. — Eine in gewisser Beziehung interessante Persönlichkeit weilte am Freitag in Freiberg. Es war dies jener Schornsteinfeger Sebastian Abratzky, der im März des Jahres 1848, damals 18 Jahre alt, in einem Felsenriffe die etwa 1400 Fuß hohe Festung Königstein erklomm. Abratzky wurde seiner Zeit wegen seines tollkühnen Wagnisses 12 Tage in Haft behalten, dann aber unter Aushändigung eines schönen Reisegeldes nach seiner Heimath Mahlis bei Zerbst gewiesen. Die Schornsteinfegerei hat der nahezu 60jährige, aber immer noch rüstige Mann aufgegeben und er wirbt sich seinen Lebensunterhalt jetzt in dürftigster Weise durch Vertrieb von Brochüren, die seine damaligen Erlebnisse behandeln. Kuldigungsadresse des Evangelischen Aundes an den Kaiser Der Evangelische Bund zur Wahrung der deutschprotestantischen In teressen hat Seiner Majestät dem Kaiser Friedrich folgende Adresse über reichen lassen. Merseburg, am 13. April 1888. Allerdurchlauchtigster Großmächtigster Kaiser und König, Allergnädigster Kaiser, König und Herr! Euer Kaiserliche und Königliche Majestät bitten wir allerunterthänigst unter dem Ausdruck des tiefsten Schmerzes, der mit Euer Majestät und dem ganzen Kaiserhause uns Alle traf, Aller höchst Ihnen die ehrerbietigsten Heil- und Segenswünsche darbringen zu dürfen. Auch unsere Herzen hat die Kunde von dem Hinscheidcn Allerhöchst Ihres erhabenen Herrn Vaters, Seiner Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm tief ergriffen. Der Begründer der deutschen Einheit, der erste protestantische Herrscher über das durch ihn wieder aufgerichtete deutsche Reich weilt nicht mehr in der Mitte seines Volkes. Um so dankbarer preisen wir die Gnade Gottes, welche das dem ganzen deutschen Volke so überaus theure Leben des Sohnes erhielt und huldigen auf das Freudigste Euer Majestät als unserm Kaiser, Könige und Herrn. Was in Euer Kaiserlichen und Königlichen Majestät unserem Volke verliehen ist, davon giebt bereits die Geschichte jener großen Zeit der Wieder geburt Deutschlands Zeugniß. Auch der Name des ersten Kronprinzen des deutschen Reiches als des ruhmreichen Führers der schlesischen Armee in großer Stunde, als des Feldhcrrn, der im Kampfe wider den Reichsfeind an der Spitze der endlich vereinigten deutschen Stämme die ersten entscheiden den Siege errang, steht unvergänglich in der Erinnerung eingcgraben. Ein Fürst, der diese großen und heiligen Tage, das Schwert in der Hand und Gott im Herzen, mit seinem Volke durchlebt und durchkämpft hat, kann ihm nur zum Segen gesetzt sein! Noch ein anderes Gedächtniß dürfen wir erneuern. Euer Kaiserliche und Königliche Majestät haben einst von der Ge burtsstätte der deutschen Reformation her unvergeßliche Worte an Ihre evangelischen Glaubensgenossen gericktet. Ein Fürst, der diese Worte ge sprochen, er wird, deß sind wir gewiß, dem inneren Ringen des Prote stantismus ein wahres tiefes Verständniß cntgegenbringen, seine Bedeutung für unser Vaterland, für das neue deutsche Reich in vollem Maaße wür digen und sich als kraftvoller Schirmherr der deutschen evangelischen Christen heit erweisen. Euer Kaiserliche und Königliche Majestät haben dem Unternehmen, welchem die Unterzeichneten dienen, vom ersten Anfang an huldreiche Be achtung geschenkt. Der am 16. August des vorigen Jahres in Frankfurt a. M. begrün dete Evangelische Bund zur Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen will verwirklichen helfen, was Allerhöchstdieselben von Wittenberg her dm deutschen Protestanten in's Gewissen riefen und woran das große Luther jahr auf's Neue gemahnt hat. Unser Volk der Segnungen der Reformation eingedenk zu machen, die Erkenntniß dessen, was Martin Luthers Geist und Wirken ihm auf allen Gebieten seines Lebens erworben hat, wieder zu erwecken und weiter zu verbreiten, die deutschen Protestanten zu mahnen, daß sic die Errungenschaften ihres großen Glaubenshelden, des geistigen Vorkämpfers der deutschen Nation, mit demselben Muthe und in demselben Geiste behaupten, die verschiedenen Richtungen der evangelischen Kirche zusammen- zufaffen zu einmüthigcr Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen in Luthers Geist und Kraft gegen die wieder um sich greifende, das Leben der deutschen Nation bedrohende Macht des Romanismus, — zur Ueberwindung der religiösen und kirchlichen Gleichgiltigkeit, — zur Heilung der socialen Schäden unseres Volkes, das ist die Aufgabe des Evangelischen Bundes. Euer Kaiserliche und Königliche Majestät haben den in Allerhöchst Ihrem Herrscherhause seit Jahrhunderten heilig gehaltenen Grundsatz reli giöser Duldung für alle Ihre Unterthancn, welcher Religionsgemeinschaft und welchem Bekenntnisse sie angehören, auf's Neue bekräftigt. Dieser aus ächt protestantischem Geist hervorgegangene Grundsatz er füllt uns mit der freudigen Zuversicht, Euer Kaiserliche und Königliche Majestät werden als Schirmherr der evangelischen Kirche allen Bestrebungen innerhalb derselben in Gnaden Sich zuwenden, welche im Einklänge mit diesem Grundsatz das religiöse und kirchliche Leben unseres Volkes im Geist« evangelischer Wahrheit zu fördern bemüht sind. Demgemäß vertrauen wir auch, daß Euere Kaiserliche und Königliche Majestät unserm Bunde Allerhöchst Ihr Interesse bewahren und Sich jedes Erfolges seiner Arbeit freuen werden. Der allmächtige und barmherzige Gott, welcher die Gebete unzähliger treuer Herzen erhört hat, segne Euer Kaiserliche und Königliche Majestät, lasse all Ihr Werk gelingen und erhalte noch lange Ihr theures Leben zum Heile des deutschen Volkes, zum Heile der deutschen evangelischen Christenheit. In tiefster Ehrfurcht Euer Kaiserliche und Königliche Majestät allerunterthänigste und treugehorsamste Der Central-Vorstand des Evangelischen Bundes zur » Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen. Darauf ist aus dem Geheimen Civil-Cabinet Sr. Maj. des deutschen Kaisers und Königs von Preußen nachstehendes Schreiben an den Central- Vorstand des Ev. Bundes ergangen. Berlin, den 26. April 1888. Aus der Adresse vom 13. d. M. haben Seine Majestät der Kaiser und König mit Befriedigung ersehen, daß der Evangelische Bund, um den Heimgang weiland Seiner Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm schmerzlich trauernd, dem Dahingeschiedenen ein treues und dankbares An denken bewahrt. Seine Majestät haben aber auch die Huldigungen gern entgegengenommen, welche aus Anlaß der Thronbesteigung Allerhöchstdemselben vertrauensvoll dargebracht wurden. Ich bin beauftragt worden, dem Evangelischen Bunde für diese patrio tischen Kundgebungen den Allerhöchsten Dank mit dem Wunsche auszu sprechen, daß unter seiner Mitwirkung das evangelisch-kirchliche Leben im Volke immer mehr geweckt und gestärkt werde. Ich ermangele nicht, mich des Allerhöchsten Befehls durch diese Mit- theilung zu entledigen. Der Geheime Cabincts-Rath Wirkliche Geheime Rath lgez.) v. Wilmowski. Das Urtheil der Welt. Original-Roman von Emmy Rossi. (Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Sollte er die Beiden, die für seine Zukunftspläne nicht paßten, noch ferner suchen, oder Beide ihrem Schicksal überlassen? Die Briefe des Onkel Fritz, das Bild desselben, knitterten in seiner Brusttasche. „Nein", sagte entschieden, „ich will sie nicht mehr finden, ich will sie nickt einmal mehr suchen. Benares wird bald sterben, —ein Anderer aus seiner Asche, phönixgleich, sich erheben. Marion und Robert find abgethan!" Es schlug neun Uhr. „So früh? Wohin geht man noch ein paar Stunden?" Ohne arE seinen Weg, zu achten befand er sich plötzlich