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herzlichstes Beileid auszudrücken und zugleich Ew. Majestät das Gelöbniß unwandelbarer Treue und gewissenhafter Pflichterfüllung darzubringen." Auch an die Kaiserin-Wittwe Victoria ist seitens des Deutschen Lehrer vereins eine Adresse gerichtet worden. Es verlautet von guter Seite, Kaiser Wilhelm werde sich im Herbst nach dem Elsaß und Ende September oder anfangs October zum Besuch des Kaisers von Oesterreich nach Wien begeben. Der Besuch des Königs von Italien dürfte dann mit Rücksicht auf die bessere Jahres zeit im Frühjahr des nächsten Jahres erfolgen. Ein geheilter Leidensgenosse Kaiser Friedrich's. Prof. Roßbach in Jena legte in seiner Klinik einen interessanten Fall vor. Vor drei Jahren hatte er, wie die Zeitung „Deutschland" berichtet, an einem jungen Kauf mann aus Uffenheim in Franken, welcher am Kehlkopfkrebs erkrankt war, die Kehlkopfspaltung vorgenommen. Der junge Mann ist seit jener Zeit vollkommen gesund und frisch und befindet sich im vollständigen Be sitz seiner Stimme. Die deutsche Botschaft in Paris verweigert, wie von dort ge meldet wird, nunmehr allen im Alter von 20—25 Jahren stehenden und dem activen Heere angehörenden Franzosen das Visa für Elsaß-Lothringen. Ueber den Paß zwang an der deutsch-französischen Grenze äußerte sich dieser Tage der Stadthalter der Reichslande, Fürst Hohenlohe in Mülhausen gelegentlich eines Empfanges durch die Staats- und städti schen Behörden in folgender Weise: „Wenn eine Nation ein Land erobert oder wiedergewinnt, so will sie es auch behalten. Sie ergreift daher alle Maßregeln, um ihren Besitz zu sichern. Diese Maßregeln sind um so schärfer, je lebhafter sich das Bestreben des Nachbarn geltend macht, wieder in den Besitz des verlorenen Landes zu gelangen. So sind wir schritt weise zum Paßzwang gekommen. Derselbe wird aufhören, wenn wir seiner nicht mehr bedürfen, um unsern Besitz zu sichern. Andere Maßregeln werden folgen, um, wie kürzlich ein bekanntes Blatt gesagt hat, Elsaß- Lothringen dauernd von Frankreich abzuziehen und uns näher zu bringen. Diese Maßregeln dürften aber, um diesen Zweck zu erreichen, nicht dem Gebiete der Polizei, sondern sie müssen dem der wirthschaftlichen Interessen entnommen werden." Selten ist ein Tag ein so ereignißreicher gewesen als der dreizehnte Juli d. I. Das Duell des französischen Ministerpräsidenten Floquet mit dem Exgeneral Boulanger, die Auslieferung des serbischen Kronprinzen in Wiesbaden und endlich der Ukas des Czaren von Rußland bezüglich der Verstärknng der russischen Wehrkraft sind hockwichtige Ereignisse, die nicht blos für die momentane europäische Situation charakteristisch sind, sondern die auch für die Gestaltung der nächsten Zukunft von unleugbarer Tragweite sein werden. Der Ausgang des am letzten Freitag stattgehabten Duells in Paris hat die Stellung des französischen Conseilpräsidenten und damit diejenige des jetzigen Cabinets unzweifelhaft wesentlich verstärkt. Das Prestige Boulangers war in den letzten Monaten schon ohnehin sehr gesunken, Boulanger war wiederholt von seinen Gegnern in die Enge ge trieben, er hatte über seine eigentlichen Ziele keine bestimmte präcise Aus kunft ertheilen können und dadurch den Verdacht der Republikaner wie der Monarchisten erregt. Boulanger glaubte inmitten der allgemeinen Ver wirrung, die noch vor wenigen Monaten in Frankreich herrschte, sich bis zur höchsten Ehrenstelle der Republik emporschwingen zu können. Die feste und umsichtige Haltung des jetzigen Cabinets hatte die Lage inzwischen wesentlich geklärt und dadurch der Agitation der Boulangisten erheblich Abbruch gethan. Der nunmehr erfolgte Austritt Boulangers aus derDe- putirtenkammer und die Thatsache, daß er als General bei dem Duelle von einem radicalen Advocaten abgeführt worden ist, kann nach der An schauungsweise der Franzosen das Ansehen Boulanger's unmöglich erhöhen. Mit dem Sturz des Letzteren muß sich naturgemäß die Republik consoli- diren, deren gesicherte Fortdauer nicht ohne Einfluß bleiben kann auf die zukünftige Gestaltung der Weltlage. — Was nun die Auslieferung des serbischen Kronprinzen anlangt, so kann diese nicht blos als eine dramatische Scene betrachtet werden ohne jedweden politischen Zusammenhang, ihre Rückwirkung auf die politiscken Stimmungen der Panslavisten, in deren Kreisen die Königen von Serbien Einfluß und Ansehen besitzt, wird eine unausbleibliche sein, sie wird die Verschärfung der Gegensätze in Serbien, wie zwischen Oesterreich und Rußland zur Folge haben. — Die Verstär kung der russischen Wehrkraft endlich, die durch den am 13. d. M. er folgten Ukas angebahnt wird, mag zwar die politische Welt nicht sehr über raschen, aber ihre große Bedeutung liegt doch auf der Hand; sie gipfelt iu der allmähligen Concentrirung größerer Truppenmassen an der West- grenre und in der Einführung eines beschleunigten Modus bezüglich der russischen Kriegsvorbcreitungen. Für Deutschland haben diese letzteren durchaus nichts Beunruhigendes, unsere militärische Ueberlegenheit wird selbst nach Verlauf von mehreren Jahren dadurch nicht beeinträchtigt wer den. Aber diejenigen, die auf eine Abschwächung der heutigen internatio nalen Gegensätze gehofft, müssen sich leider getäuscht sehen. Was wir aln 13. d. M. erlebt, deutet zwar nicht entfernt auf eine Erschütterung des Weltfriedens hin, aber die Gegensätze im Westen wie im Osten dieses Welttheils werden dadurch jedenfalls nichts von ihrer Schärfe verlieren. Die Auslieferung des Kronprinzen von Serbien in Wiesbaden fand unter folgenden Umständen statt. Der Polizeipräsident Rheinbaben begab sich, während die Umgebung der Villa polizeilich besetzt war, mit 2 Schutzleuten zur Königin und bat dieselbe um Uebergabe des Kronprinzen. Die Monarchin mußte schließlich nachgeben und erfüllte das Verlangen des Polizeipräsidenten. Hierauf ersuchte derselbe die Königin, Wiesbaden innerhalb 10 Stunden zu verlassen. — Während der Kronprinz die Villa verließ, stand die hohe Frau schluchzend auf dem Balkon und winkte dem scheidenden Sohne zu. Durch die Auslieferung des serbiscken Kronprinzen an den König Milan und durch die Ausweisung der Königin Natalie aus Deutschland hat das Drama im serbischen Königshause einen vorläu figen Abschluß gefunden. Königin Natalie ist nach Wien gereist, um vorerst dort Aufenthalt zu nehmen. Paris. Am Freitag früh hat zwischen dem französischen Minister präsidenten Floquet und dem Exgeneral Boulanger im Parke des Grafen Dillon, eines Freundes Boulangers, nabe Paris, ein Duell auf Säbel wirklich stattgefunden und hat Boulanger neben einer leichten, eine schwere Verwundung am Halse davongetragen, während Floquet mit zwei leichten Verletzungen davon kam. Der Ausgang des Duells hat lebhaftes Aufsehen und zugleich allgemeine Befriedigung erregt, denn wenn Boulanger als Redner weit hinter Floquet zurücksteht, da er seine langweiligen Reden meist abliest, so mußte er doch als General besser mit der Waffe Bescheid wissen; statt dessen wurde der angebliche Held von einem Civilistcn gründ lich abgeführt, der beim Zweikampfe kaltblütig blieb und, wie Zeugen ver sichern, Boulanger hätte förmlich aufstechen können, wenn er gewollt hätte, während Boulanger sich auf dem Terrain wie ein Wilder geberdet haben soll. Als er dem Conseilpräsidenten Tags vorher in der Kammer die An schuldigung der unverschämten Lüge zuschleuderte, mochte er erwarten, daß der Ehrenhandel für ihn einen ähnlichen harmlosen Ausgang nehmen würde, wie seinerzeit derjenige mit Jules Ferry. Damals kam das Pisto lenduell zwischen Boulanger und Ferry nicht zu Stande, während der Con seilpräsident Floquet sich schneidiger erwiesen hat. Dieses Verhalten wird im Hinblick auf die in Frankreich herrschenden Anschauungen auch dem radikalen Ministerium selbst zu statten kommen, dessen Stellung durch diesen Zwischenfall wesentlich befestigt worden sein dürfte. Unter der großen Zahl Derer, welche aus Anlaß der Aufhebung der Sclaverei in Brasilien ihren Glückwunsch über den Ocean gesandt haben, befindet sich auch der Reichskanzler Fürst Bismarck. Der deutsche Gesandte in Rio de Janeiro, Graf von Dönhoff, überreichte in offizieller Audienz dem interimistischen Minister des Auswärtigen Brasiliens ein Telegramm des Fürsten Bismarck, worin dieser die Kronprinzessin-Regentin sowie die brasilianische Regierung und Nation zu dem herrlichen und hu manen Gesetz, das die Sclaverei aufhebt, beglückwünscht. In ganz England herrscht seit einigen Tagen eine ganz enorme Kälte, in vielen Theilen des Landes schneite es. In mehreren Distrikten des schottischen Hochlandes haben die Berge weiße Spitzen. — Auch im baierischen Hochland sowie im Allgäu fand vorige Woche anhaltender Schneefall statt. London. Ueber einen Unglücksfall in der Diamantgrube von Dsbeer bei Kimberley liegen folgende Einzelheiten vor: Als am Mittwoch Abend die Schichten gewechselt wurden, riß der Aufzuastrang, und der Korb stürzte mit 7 Bergleuten in den Schacht hinab. Die Lampen entzündeten die Holzbegleitung des Schachts, Welcker bald hell brannte. Dadurch wur den alle Ausgänge abgeschnitten. Dichter Rauch erfüllte das Bergwerk und löschte alle Lichter aus. Es entstand eine Panik. Ueber 200 Berg leute, darunter 25 Europäer, erstickten, gegen 500 wurden lebend geborgen. Zwei Schächte wurden zerstört, einer blieb unversehrt. Der Schaden be trägt etwa 20,000 Pfd. Sterling. Baterländistches. — Am 12. d. M. sind in Vereinigung mit den Postagenturen in Reinsberg, Tanneberg und Burkhardtswalde mit Fernsprecher versehene Telegraphen-Betriebsstellen mit beschränktem Tagesdienst eröffnet worden. — Ein schweres Verbrechen ist am Sonntag Abend in dem bei Annaberg gelegenen unter dem Namen „Schwarzer Bär" bekannten Ge hölz verübt worden. Bier oder fünf Burschen überfielen ein 16jähriges Mädchen aus Ehrenfriedersdorf, knebelten dasselbe und mißhandelten cs auf nicht näher zu bezeichnende Weise. Eine Frau war ungesehene Zeugin des brutalen Aktes und vermochte den Polizeiorganen derart mit näheren Angaben zur Hand zu gehen, daß die Verhaftung mehrerer junger Burschen aus Geyersdorf erfolgen konnte. — Vom Königlichen Finanzministerim ist folgende Bekannntmachung, betreffend die Versetzung von denaturirtem Branntwein mit anderen Stoffen, erlassen worden: „Vom Bundesratbe ist bestimmt worden, daß dem zur Denaturirungsmittel von Branntwein dienenden, aus 4 Theilen Holzgeist und 1 Theil Pyridinkasen bestehenden allgemeinen Dena turirungsmittel von den zur Zusammensetzung desselben ermächtigten Fa briken ein Zusatz von 40 Lavendelöl oder 60 s Rosmarinöl auf je einen Liter beigemengt werden darf. Dagegen ist verboten: u) aus denaturirtem Branntwein das Denaturirungsmittel ganz oder theilweise wieder auszu scheiden, oder — abgesehen von der obigeu Ausnahme —dem denaturirten Branntwein Stoffe beizufügen, durch welche die Wirkung des Denaturirungs- mittels im Bezug auf Geschmack oder Geruch verändert wird; ft) Brannt wein, welcher — abgesehen von der obigen Ausnahme — in der unter u angegebenen Weise behandelt ist, zu verkaufen oder feilzuhalten. Händler mit denaturirtem Branntwein sind verpflichtet, einen Abdruck des vorstehen den Verbots in ihren Vcrkaufslokalen an einer deutlich sichtbaren Stelle anszuhängen. Dergleichen Abdrücke können gegen Erstattung der Her stellungskosten durch die Steuerbehörden bezogen werden. Zuwiderhand lungen gegen die vorstehenden Bestimmungen werden, soweit durch dieselben nicht andere Strafen verwirkt sind, bez. neben diesen nach 3 und 4 des Reichsgesetzes vom 19. Juli 1879 betr. die Steuerfreiheit des Brannt weins zu gewerblichen Zwecken, und § 26 des Reichsgesetzes vom 24. Juni 1887, betr. die Besteuerung des Branntweines, bestraft." — Ein Schuldirektor aus Bukarest hielt sich am 10. d. M. in Meißen auf und trat in Niederfähre mit Lehrern in Verhandlungen, welche gesonnen sind, als Lehrer in rumänische Schulen überzutretm. Der betreffende Director ist selbst ein Sachse und ist nach Berlin gereist, um auch dort im Auftrage der rumänischen Regierung mit Lehrern in Verbindung zu treten. Nach etwa 3 Wochen beabsichtigt er, auf noch einige Tage hierher zurückzukehren. — Am 10. d. M. kurz vor zehn Uhr Abends brannten in Schöneck 6 Scheunen gänzlich nieder, die 500 Schritt von der Stadt entfernt und an dem Schöneck-Kornauer Communikationsweg gelegen waren. Die Be sitzer dieser Scheunen hatten bis auf einen ihre Vorräthe, welche gegen wärtig ganz unbedeutend gewesen sind, versichert. Vorsätzliche Brand stiftung wird vermuthet. — Das bei der Königlichen Altersrentenbank in Dresden (Alt stadt, Landhaus- und König-Johannstr.) im zweiten Viertel des laufenden Jahres erzielte Einnahmeergebniß im Betrage von 816 903 Mk. hat das jenige des gleichen Zeitraums im Vorjahre um mehr als 13 Proz. über schritten; es stellt eine Summe dar, zu deren Ansammlung im Anfänge des Bestehens der Bank mehr als 20 volle Jahre gebraucht worden waren, denn in den Jahren 1859—1878 wurden im Ganzen nur 812 511 Mk. eingezahlt. So erfreulich nun auch die seit mehreren Jahren im Allge meinen eingetretene stärkere Benutzung der Altersrentenbank ist, so bleibt dock zu bedauern, daß die letztere bisher verhältnißmäßig wenig Theilnahme bei den minderbemittelten Bevölkerungskreisen gefunden hat. Für diese aber gerade ist die Nothwendigkeit einer festen, sicheren, keinerlei Zinsschwankungen ausgesetzten Altersrente nicht weniger als für die übrigen Kreise vorhanden, was durch den soeben veröffentlichten Entwurf des diesbezüglichen neuen Reichsgesetzes auch anerkannt worden ist. Leider bleibt ein großer Theil der wirthschaftlich schwächeren Bevölkerung von dem Segen dieses neuen Gesetzes ausgeschlossen und dieser sei hiermit, soweit unser engeres Vater land in Betrackl kommt, auf die vortheilhafte Art des Rentenerwerbs (Ein lagen von 1 Mk. an, dauernder Kapitalvorbehalt pp.) bei der Altersrenten- bonk hingewiesen. — Die in Cunewalde und Umgegend am Anfang dieses Jahres ausgebrochene Trichinose ist gegenwärtig in der Hauptsache als erloschen zu betrachten. Nachstehend folgt eine Uebersicht über Umfang und Folgen der Epidemie. In der Zeit von Weihnachten 1887 bis jetzt erkrankten im Orte und in 12 umliegenden Ortschaften zusammen über 250 Personen, von denen 36 starben. Gegenwärtig sind 5 Personen noch krank. Einzelne Schwerkranke haben 15 bis 25 Wochen gelegen. — Zu welchen traurigen Folgen im Jähzorn begangene Handlungen führen können, zeigte eine in Plauen stattgefundene Verhandlung des Schwurgerichts. Der Hadersortirer Aug. Hager aus Oelsnitz, 21 Jahre alt, stand unter der Anklage der Körperverletzung mit tödtlichem Erfolg, begangen an seinem eigenen 19jährigen Bruder. Beide Brüder arbeiteten im Akkord; da der Bruder des Angeklagten bei der Arbeit sich lässig zeigte, kam es am 2. Juni d. I. zwischen den Brüdern zum Streit, bei welchem der Angeklagte nach seinem Bruder mit einem sogen. Schnitzer warf und demselben eine Wunde in den Unterleib beibrachte, welche den Tod des Ver-