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WeM MME Wrwdl, Wi, Zikdt«>thii M die WWckn. AmtsbLcrtt für die Kgl. Amtshauptmannschaft zu Weiszen, das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. ^»scheint »tchentlich iweimal, Dicriitazi and Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 8. , Freitag, den 28. Januar 1887. Bekanntmachung. Die für die Monate November und Deeember 1886 festgestellten Durchschnittspreise für Marschfourage im Hauptmarktorte Meißen sind folgende: per November: 6 M. 11 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 - 75 - - 50 Heu, 2 - 51 - - 50 - Stroh, per Dezember: 5 M. 99 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 - 80 - - 50 - Heu, 2 - 58 - - 50 - Stroh. Königliche Amtshanptmannschast Meißen, am 21. Januar 1W7. von Boffe. DagkSqefckirbte. Berlin, 26. Januar. Das Reichsgesetzblatt veröffentlicht eine kaiserliche Verordnung vom 25. d., welcke die Pferdeausfuhr über sämmt- liche Grenzen gegen das Ausland bisauf Weiteres verbietet und den Reichs kanzler zu Ausnahmen vom Verbot und zu etwaigen Controlmaßregeln er mächtigt. Die Verordnung tritt sofort in Kraft. Der Reichstag ist aufgelöst, aber die Reichstagsdebatten dauern munter fort — im preußischen Abgeordnetenhaus^ Die zweite preußische Kammer steht vollständig unter dem Einfluß des Wahlkampfes für den Reichstag und mit ihren Arbeiten wird es, bis die Wahlen entschieden sind, schwerlich allzuviel noch werden. Im März wird dann allerdings die parlamentarische Arbeitslast eine so enorme werden, daß es an leb haften Klagen nicht fehlen wird. Die erste Berathung des Staatshaus halts, die in den letzten Tagen der vorigen Woche stattfand, beschäftigte sich nur zum sehr geringen Theile mit der eigentlichen Tagesordnung. Allen Rednern passirte dasselbe: bevor sie es sich versahen, waren sie bei den Reichstagsangelegenheiten und bei der Militärvorlage angekommen, der beste Beweis, daß es nutzlos ist, sich gegen den Eindruck der Tages frage zu wehren. Sie beherrscht so ausschließlich alle Parteien, daß jedes andere politische Thema vor ihr total verschwindet. Herr Windthorst zog dann kräftig das Register von in Aussicht stehenden neuen Monopolvor lagen auf. Der Finanzminister v. Scholz erklärte, zur Zeit werde an das Monopol oder an ein Monopol überhaupt nicht gedacht; da die kleine Exzellenz jedoch bei ihrer Ansicht verblieb, hielt es Fürst Bismarck aber für angemessen, selbst im Vordertreffen den parlamentarischen Kampf auf- zunehmen, und so haben wir denn eine Fortsetzung der Debatten des auf gelösten Reichstags im großen Stil bekommen. Fürst Bismarck hat es für angemessen gehalten, aus dem Abgeordnetenhause heraus zu allen deutschen Wählern zu sprechen; denn von reinpreußischen Angelegenheiten war in den großen Auseinandersetzungen zwischen ihm und seinen Gegnern überhaupt nicht mehr die Rede. Es war ein sehr grimmer und weit schärferer Streit, als ihn die Reichstagsverhandlungen über die Militär vorlage geboten. Damals stand die Wahlentscheidung ferner; jetzt ist diese näher gerückt, und gesteigerte Aufregung beginnt sich der Wählerkreise zu bemächtigen. Neben der Militärfrage sind die alten Schlagwörter mit voller Wucht wieder in den Kampf geworfen! Krone und Parlament, Mono pole, Geheimes und gleiches Wahlrecht, das sind die Punkte, in welchen auch die Debatte sich zuspitzte. Der Kanzler hat seine bekannten Angriffe gegen die Reichstagsmehrheit erneuert, und zugespitzt wie seine Attaquen waren auch die Erwiderungen. Sie beweisen, daß die Leidenschaften selbst bei den ergrauten Politikern sich mächtig zu regen beginnen, daß sie ent schlossen sind, für den entscheidenden 21. Februar die äußersten Kräfte aufzubieten. Fürst Bismarck worin seiner Reichstagsrede ein Wolkenschieber. Die Wolken, die von Rußland her tief und trüb über Deutschland und Oesterreich hereinhingen, wußte er so zu zerstreuen, daß ein Stück blauen Himmels durchschien. Kaiser Alexander ist unberechenbar; klug und ge schickt verstand er ihn zu behandeln, obgleich ein Kaiser sich gar nicht be handeln läßt. „Kaiser Alexander", sagt er, „hat jederzeit den Muth sei ner Meinung gehabt, und wenn er mit Deutschland freundliche Beziehungen pflegen will, so ist er auch der erste, der das bethätigt." Kann der nun so belobte Kaiser anders, als Herrn Katkow, dem Hetzer gegen die Deut schen und dem Fürsprecher des Bündnisses mit Frankreich, den Herrn zeigen und ihn zur Ruhe verweisen, wenn's auch noch ein Bischen nach grollt? Das heißt doch den Kaiser festhalten! Wenn der Himmel voll Wolken hängt, kann sie auch der geschickteste Maler nicht alle vertuschen. Fürst Bismarck vergleicht daher gewisse Großmächte (Rußland uud Oester reich?) mit der Lage zweier Reisenden, die sich im Wald begegnen und die einander nicht kennen nnd von denen keiner dem anderen vollständig traut. Wenn der eine die Hand in die Tasche steckt, spannt der andere schon seinen Revolver, und wenn er den Hahn des ersten knacken hört, feuert er schon. Ist das nicht ein drastischer Vergleich? Bismarck hat sicher die Wahrheit gesagt, als er das Perhältniß zu Rußland schilderte, aber die ganze Wahrheit sagt selten ein erfahrener Staatsmann und Di plomat. Sicherem Vernehmen nach ist in Aussicht genommen, daß der neue deutsche Reichstag schon am 8. März zusammentreten soll, so daß also sowohl die Erledigung der Heeresvorlage wie die Feststellung des ReichshaslshaltsetatS bis zum 1. April zu ermöglichen wäre. Bei den unsicheren Verhältnissen, die in Frankreich herrschen, und angesichts des kriegerischen Armeereorganisationsplanes Boulanger's ist Deutschland gezwungen, seine Heerkraft dementsprechend, das ist auf lange Zeit hinaus und stetig wachsend, zu verstärken. Feldmarschall Graf Moltke hat schon vor Jahren die Befürchtung ausgesprochen, daß wir die Er rungenschaften von 1870/71, den Besitz von Elsaß-Lothringen, ein halbes Jahrhundert lang gegen Frankreich zu vertheidigen bereit sein müßten; jetzt betonte er ausdrücklich im Reickstage für die Neufoxmationen eintre tend, daß die Grundlage jeder tüchtigen militäriscken Organisation auf Dauer und Stabilität beruhe, daß neue Cadres erst wirksam werden im Verlauf von einer Reihe von Jahren. Fürst Bismarck ergänzte diese Mah nung, von einem Provisorium abzusehen, durch schlaaende Zahlenangaben; er sagte: „Das, was einstweilen nach dem militärischen Urtheil als Be- dm/nJ bezeichnet worden ist, sind 40,000 Mann zu Verstärkung der Grenzbesatzungen gegen den ersten Anlauf und eine Steigerung der Zahl ausgebildeter Soldaten, die wir im Lande haben, um jährlich etwa 16,000 Mann, also in der Dauer eines Septennats um beinahe 120,000 Mann in der Dauer der zwölfjährigen Dienstzeit um beinahe 200,000 Mann, 100,000 Mann sind eine Armee, und wenn der Krieg später ausbricht, so sind wir um soviel stärker; es ist ein Gewicht, welches einen Krieg oder die entscheidende Schlacht seinerseits zu entscheiden vermag, ob wir 100,000 Mann mehr haben. Weil die Armee niemals ein Provisorium sein könne, erklärte Feldmarschall Moltke, daß es nicht genüge, Bewilligungen auf kurze Zeit, auf1, 2 oder 3 Jahre auszusprechen. Nach alle Dem werden die bevorstehenden Neuformationen zweifellos einen dauernden Charakter haben und selbst nach 7 Jahren in ihrem Bestand nicht gefährdet sein. Vom theoretischen Standpunkt aus ist es ja denkbar, doch die bis jetzt sehr vereinzelt auftretenden Friedensapostel in wenig Jahren Frankreich bekehrt haben, daß sie eine allgemeine Abrüstung befürworten und eine große französische Armeereduktion hierfür das gute Beispiel giebt — dann sind die wesentlichsten militärischen und politischen Voraussetzungen auf gehoben, durch welche heute die Militärvorlage auf lange hinaus begründet erscheint. — So lange solche Zukunftsphantasten aber leere Träume blei ben und nicht mehr Wahrscheinlichkeit für sich haben, wie ein prophezeiter Weltuntergang, kann man der Regierung nicht zumuthen, sie in Rechnung zu ziehen. Es ist überdies Thatsache, daß wir Frankreichs Rüstungen bis jetzt nur zögernd Schritt für Schritt gefolgt sind, immer nur der Ge fahr vorbeugend, von unserer kriegerischen Nachbarnation überflügelt zu werden. Auch jetzt wird die französische Armee, wenn die Boulanger'schen Neuorganisationen ins Leben treten, die numerische Stärke des deutschen Heeres, einschließlich der bevorstehenden Verstärkungen, noch übertreffen. Jene Barackenbauten für französische Truppen, auf die von der „Nordd. Allg. Ztg." dieser Tage hingewiesen worden ist, werden jetzt in der „Straßburger Post" des Näheren beschrieben. Man liest da: Ein Freund unseres Blattes, der in diesen Tagen eine Reise in die Gegend von Verdun gemacht hat, erzählt, daß in einem Theil der Dörfer der französi schen Grenze fast kein Arbeiter mehr aufzutreiben ist, da sie sich in die Gegend von Constans begeben haben, um an dem Bau der Baracken für die fran zösischen Truppen zu arbeiten. Diese werden, wie es dort in der Gegend heißt, für 5000 Mann hergerichtet, die vorzugsweise aus Infanterie be stehen sollen, während die kleineren Ortschaften zwischen Pont-ä-Mousson uud Verdun meistens kleinere Abtheilungen Kavallerie als Garnison erhal ten sollen. Die Gegend bei Constans beherrscht bekanntlich die Straßen nach Verdun (einerseits Diedenhofen-Briey-Etain und andrerseits Metz- Gravelotte-Mars-la-Tour-Verdun) und wird in militärischen Kreisen das „Loch von Constans" genannt. Daß eine dort untergebrachte Truppe ebenso gut gegen Osten verbrechen kann, als sie einen defensiven Charakter tragen soll, wie die Franzosen behaupten, versteht sich von selbst. Der Barackenbau ist soweit vorgeschritten, daß die Fundamente gelegt und das Holz angefahren ist, aufgerichtet waren noch keine, angeblich weil es an Zimmerleuten fehlt. Ferner wird dem genannten Blatt Einsicht in einen Brief gestattet, den ein in St. Diö wohnender Elsässer an seine Straß burger Angehörigen gerichtet hat. Es heißt in demselben: „In der näch sten Woche sollen noch zwei Bataillone Jäger eintreffen, und man spricht davon, daß in kurzer Zeit etwa 80,000 Mann zwischen St. Dis und Nancy zusammengezogen würden. Die Leute glauben hier, daß der Krieg wirklich bevorstehe und daß die Prussiens wieder über Frankreich herfallen wollen. Andere sagen, die Stunde der Revanche hätte geschlagen, und die vielen eingewanderten Elsässer sagen ohne Hehl, daß die Zeit der Wieder-