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NchMMM TharM, Roskn, Aiebkulkhn und dir Rmgkgkn-kll. Amtsblatt siir die König!. Alutshauntmanuschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stndtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 66 Freitag, den 15. August ^884» Bekanntmachung. In der Kämmerei- und Sparkaffen Expedition sind verschiedene Anstricharbeiten vorzunehmen, weshalb dieselbe Sonnabend den 16. nnd Montag den 18. dies. Mts. geschlossen bleibt. Wilsdruff, am 14. August 1884. Der Sladtrath. Ficker, Brgmstr. "" ^ageSgefchichte. Kaiser Wilhelm erfreut sich auch nach den Strapazen der Reise eines ganz außerordentlichen Wohlseins. Nach der täglichen Er ledigung der Regierungsgeschäfte, den Vorträgen und den in de» letzten Tagen mehrfach gewährten Audienzen sucht der hohe Herr zumeist Erholung auf Spaziergängen unter den herrlichen und schattigen Bäu men des Parkes auf dem Babelsberg, Wie es heißt, wird sich der Kaiser jetzt erst über die eventuelle Annahme der an ihn ergangenen Einladungen zu größeren Festlichkeiten während der Manöver am Rhein definitiv entscheiden. Als der Kaiser am Freitag Nachmittag die ersten Besuche der Prinzen und Prinzessinnen empfing, machte er erst die Bekanntschaft mit seinem Urenkelchen, dem kaum vier Wochen alten Prinzen Karl, dessen Tause noch im Laufe dieses Monats statt- finden soll. Als der Kaiser den jüngsten Sproß seines Hauses er blickte, umhalste er Mutter und Kind zu gleicher Zeit und Thronen der Freude standen dem alten Herrn in den Augen. Als Wochenge schenk hat übrigens Prinzeß Wilhelm einen prachtvollen Brillantschmuck erhalten. Der Kaiser überreichte ihr denselben, wie Berliner Blätter berichten, mit den scherzhaften Worten: „Du, D», Deine Jungens kommen mich theuer!" Wie hohe Wogen die gewerkschaftliche Bewegung und die Arbei terbewegung überhaupt in Berlin gegenwärtig schlägt, zeigt die Un zahl der Versammlungen, welche znr Erörterung der Handwerker- und der Lohnfrage in der Reichshauptstadt neuerdings stattfinden. Am letzten Montag Abend wurden in Berlin nicht weniger als l5 Arbei terversammlungen gleichzeitig veranstaltet, in denen man Lohn- und Streitfragen oder Kassen- und Vereinsangelegenheiten erörterte. In Deutschland wird jährlich eine Summe von 2250 Millionen Mark für geistige Getränke ausgegebcn. Wenn man darauf eine Extrasteuer von 10 Proz. einsührte, fo würde man jährlich 225 Mill. Mark erzielen und wir hätten dann fo heidenmäßig viel Geld, daß wir nicht aus noch ein wüßten. Freilich würde in diesem Falle der Verbrauch der geistigen Gelränke bedeutend sinken und ein Theil der Steuer verloren gehen. Dos wäre aber kein Fehler, denn die Ein schränkung würde dem Volkswohl und dem Nationalvermögen in weit höherem Maße zu Gute komme». Man will wissen, daß der Begegnung der Kaiser von Deutschland und Oesterreich auch eine solche der ersten Staatsmänner dieser Länder, des Fürsten Bismarck und des Grafen Kalnvky, folgen werde. Eine solche Begegnung dürfte wohl kaum iiöthig sein, da bereits zwischen Deutschland und Oesterreich vollste Eintracht besteht. Wenn aber Fürst Bismarck, wie es sein Leibarzt Dr. Schwenninger durchaus haben will, in diesem Jahre noch die Badekur in Gastein benutzt, könnte es sich natürlich sehr leicht errechne», daß der dem Fürste» Bismarck eng befreundete Graf Kalnoky von Wien einen Abstecher nach Gastein macht, um den Fürsten Bismarck zu besuchen. Der bayerische Handwerkertag ist ani 10. August in Re- stEvSburg eröffnet worden. An demselben sind 83 Innungen durch 180 Delegirte betheilcht. Angenommen wurde» mehrere Resolutionen, in welchen die Beschränkung der Gewerbefreiheit, des Submissions wesens, der Gesängmßaibeit, des Hausirhandels und die Einführung obligatorischer Innungen verlangt wird. Gegen 33 bayerische Bierbrauer ist iu Memmingen ein Prozeß wegen Bierverfälschung geführt wvrdem Dabei kam die fast rührende Thatsache an's Licht, daß jetzt sogar Verfülschungsnuttel wieder verfälscht werden. Das Urtheil lautet: 26 Angeklagte werde» zu zwanzig Tagen bis drei Monaten Gefängniß und 200 bis 1000 Mk. Geldstrafe oder für je 10 Mk. 1 Tag Gefängniß, 2 Anglklagte zu je 180 Mk. Geldstrafe oder Haft, 2 Angeklagte'zu 100—200 Mk. Geldstrafe oder Gefängniß, 1 Angeklagter zu 5 Monaten Gefängniß, 2 Angeklagte zu 10 Tage» bez. 8 Mon. Gefängniß und 750 Mk. Geldstrafe^ sowie zu den Kosten verurtheilt. Der Oberbürgermeister in Erfurt hat in seiner Eigenschaft als Polizeidirektor folgende nachahmenswerthe Bekanntmachung erlassen: „Es wird darüber Klage geführt, daß einige Schankwirthe beim Spülen von Biergläfern nicht auf die erforderliche Reinlichkeit halten, vielmehr in ein und demselben Wasser eine sehr große Zahl von Gläsern spülen lassen, so daß zuletzt eine Verunreinigung der Gläser statt einer Rei nigung erzielt wird. Ein solches Verfahren ist ekelerregend und des halb dem Wohlsein der Betheiligteu nicht förderlich. An die Wirthe suchte ich daher das Ersuchen, ebenso beim Spülen der Gläser wie in l°°er anderer Hinsicht auf die größte Reinlichkeit zu halten. Dem Publikum aber stelle ich anheim, Vernachlässigungen dieser Pflicht von Seiten der Wirthe der Polizei zur Anzeige zu bringen und aus Wirth- schaften, in denen solche Unreinlichkeiten bemerkt werden, lieber ganz sortzubleibem" In Bern hat der Friedenskongreß getagt. Der Mittelpunkt der Verhandlungen drehte sich um den Antrag Bühler, wonach die Kulturstaateu ihre stehenden Heere einstweilen wenigstens auf die Hälfte herabsetzen sollten. Eine diesen Antrag zum Ausdruck bringende De pesche wurde an den Fürsten Bismarck und die Premierminister von Oesterreich, England, Rußland, Frankreich und Italien abgesandt. Der Schweizer Bundesrath soll auf den Beschluß des Kongresses hin gleich eine Sitzung anberaumt haben. Von Mancini, dem italienischen Minister des Auswärtigen und von Gladstone waren Zustimmungen bez. Jnaussichtsstellungen von Unterstützung eingelaufen. In Hamburg wurde eine Anarchistenbande verhaftet. Die dortige Polizei war schon lange bemüht, die Verbreiter der seit einiger Zeit massenhaft hier eingetroffenen verbotenen Schriften der Anarchisten „Der Rebell", „Die Freiheit" re. ausfindig zu machen. Man ver- muthete richtig, daß die Schriften auf dem Seewege von England ein- getroffen sein müßten. Criminalkommissar Engel unternahm deshalb, wie die „Hamb. Nachr." mittheilen, unter Assistenz des Criminalbe- amten Götjens und eines Hamburger Polizeibeamten auf dem kurz vorher von Hull im Hamburger Hafen angelangten englischen Dampfer „Elizabeth" eine Durchsuchung der Effekten eines Seemanns, der schon seit lange verdächtig erschien. Das Ergebniß war, daß ganze Haufen von Exemplaren des „Rebell" u. der „Freiheit" vorgefunden wurden. Eine gleichzeitig bei drei anderen Seeleuten auf dem Schiff vorge nommene Untersuchung ihrer Effekten war ebenfalls erfolgreich, so daß erstere sofort verhaftet wurden. In ihrem Besitz fand man außerdem verschiedene Schriften höchst kompromittirenden Inhalts. Es geht da raus hervor, daß die Arrestanten Mitglieder eines in Hull bestehenden Anarchisten-Bundes sind und zu den wüthendsten Anhängern der Um- sturzpartei gehören. Sie sind sämmtlich aus der Gegend bei Stettin gebürtig. Man nimmt an, daß der Kapitän der „Elizabeth" nichts von dem Treiben seiner Leute gewußt hat. Denselben wird zur Last gelegt, daß sie sich außer der Verbreitung der verbotenen Schriften »och anderer arger anarchistischer Umtriebe schuldig gemacht haben. Wie weit sie mit den bekannte» Gesinnungsgenossen in Deutschland und Oesterreich in Verbindung stehen, ist noch nicht festgestellt. Klein, aber ungemüthlich, das kann die zeitige belgische Regierung mit Recht sagen. Sie hat in der Kammer mit Hilfe der katholischen Majorität allerdings die Vorlage durchgebracht, welche die diplomati schen Beziehungen zum Papst wiederherstellt, aber während die Kam mer tagte, waren alle angrenzenden Straßen von der Polizei besetzt, um den Gesammtpöbel Brüssels, welcher die ihm nicht sympathischen Deputirten ausschimpfen wollte — im Zaum zu halten. — Ernster als das ist noch der Widerstand, welcher von den liberalen Stadtver waltungen den: neuen Schulgesetz entgegengebracht wird. In Brüssel hat am Sonnabend eine große Versammlung stattgefunden, welcher der Bürgermeister prüsidirte, und die entschieden gegen ein solches Gesetz protestirte. Man leistete sogar einen Eid darauf, die bestehen den liberalen Verhältnisse recht energisch zu schützen. Wir werden ja sehen, wie die Sachen iu uuserm Nachbarlande sich weiter entwickeln; Lärm wirds noch genug geben. — Am 10. d. fand in Brüssel eine Kundgebung gegen das neue Schulgesetz statt. Ein großer Zug be wegte sich nach der Börse. Janson sprach, erinnernd an die Thron rede des Königs bei Eröffnung der Kammerfession von 1878, griff das Ministerium und das neue Schulgesetz au und verlangte die Zu rückziehung des Schulgesetzes und die Auflösung der Kammer. Von der Börse begab sich der Zug nach dem Ministerium, wo unter Hoch rufen auf den Köllig die Entlassung des Ministeriums gefordert wurde. Die Ordnung wurde nirgends gestört. Die Regierung der französischen Republik hat am 11. d. in der zu Versailles behufs Revision der Verfassung tagenden National versammlung einen entschiedenen Erfolg erzielt, indem sie in den zwei wichtigsten Punkten der betreffenden Vorlage nach hartnäckigem Kampfe als Siegerin hervorging. Mit 602 gegen 165 Stimmen wurde be schlossen, daß in den gesetzgebenden Körperschaften die Revision der republikanischen Regierungsform beantragt werden darf, und ferner mit 597 gegen 153 Stimmen, daß kein Mitglied früherer Hcrrfcherfamilien zum Präsidenten der Republik wählbar sein soll. Die überwältigenden Majoritäten, mit denen diese Beschlüsse