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nimmt sich einen Professor dazu, und dann muß es gehen. Die Haupt- sacke l'ei dem ganzen Verein ist immer der Sport, und man kann nicht prämiirt werden, wenn man nicht mit der Sache zusammenhängt. Eine Kalamität, m. H., haben wir. Das sind die Krankheiten und das Ver lausen des Federviehes. Denn wenn wir nicht Dr. Ruß haben, dann bleibt nichts anderes übrig als köpfen, und wenn die Hühner nicht mehr laufen können und ein Kalbsbein haben, dann ist auch nichts mehr zu machen. (Rufe: Doch! Doch!) Herr Dr. Ruß. M. H.! Der Herr Wölbing hat ihnen mitgetbetlt, wie eö gekommen ist, daß ich diesen Vortrag hier gehalten habe. Ich habe bisher immer nur in den Kreisen der Geflügelzüchter mit meiner Meinung zu wirken gesucht — allerdings ohne Erfolg. Bisher hatte ich am aller wenigsten daran gedacht, mein Glück mit solchen Ideen in Ihrem Kreise zu versuchen, und ich bin nun umsomehr erfreut über die Aufnahme, die meine Worte gefunden. Zwar habe ich schon längst eine Schrift heraus gegeben, in der ich meine Meinung veröffentlichte, aber gerade in diese Kreise der Landwirthschaft ist sie wohl am wenigsten gedrungen. ' Sie, m. H., müßten nun aber die Sache in die Hand nehmen. Der Weg wäre der, daß Sie zusammentreten und für Berlin einen Verein für Nutzge flügelzucht bilden. Wenn Sie, m. H., einen solchen Verein begründen, dann werden Sie, davon bin ich fest überzeugt, eher als Sie denken, zu dem Ziele kommen, welches über kurz oder lang doch einmal erreicht wer den muß: Ermöglichung einer wirklichen Nutzgeflügelzucht in Deutschland. Vors. Prof. Dr. Müller. Es ist im Klub noch nie ein Vortrag f über Geflügelzucht gehalten worden, und wir haben seit Frühjahr uns be- i müht, einen gediegenen Vortrag dieser Art zu bekommen, und als die Noth ! am größten war, da war die Hülse am nächsten, dadurch daß Herr Dr. Nuß die Freundlichkeit hatte, uns für beute Abend einen Vortrag zuzu sagen. Sie werden zugestehen, daß der Vortrag sehr belehrend war, wenn auch nur um knduln zu machen, und etliche Vorurtheile wegzuräu- mcn, in denen wir mehr oder weniger befangen gewesen sind. Ich danke daher Herrn Dr. Ruß im Namen des Vereins, und erkläre die Sitzung hiermit siär geschlossen. Wus den Geheimnissen der Großstadt. Kriminal-Noman von R. Meißner. (Nachdru ct verboten) (Fortsetzung.) Der kurze Besuch Aloys Heideckers hat aber doch alte Erinnerungen in den Beiden wachgerufen, die sich nicht gar so schnell wiederabschütteln lassen, in die sie sich mehr und mehr versenken, je mehr sie in ihrer gie rigen Weise mit diesen ausgesuchten Leckerbissen ihren Magen füllen. „Scheint's ja weit gebracht zu haben, der Aloys, oaß Kalbsbraten ihm nicht mehr gut genug ist," sagte Holzbock, auf beiden Backen kauend. Lene nickt eifrig dazu. Sie kann nicht sprechen, da sie eben ein paar der dicksten Spargelstangen mit der Hand aus der Büchse gegriffen hat und nun beschäftigt ist, sie in den Mund zu stopfen. Als sie dieselben bewältigt hat, lacht sie: „Was meinst Du wohl, was er damals vor Straß burg für Phylax' Portion gegeben hätte?" „Ja, ja, vor Straßburg!" — Der Krüppel hält einen Moment in seinem Eifer, in dem er mit Händen und Zähnen eine wahre Verheerung in der Bratpfanne und in den Spargelbüchsen angerichtet hat. „Ja, Lene, aber was meinst Du wohl auch, wie uns damals so ein Braten geschmeckt hätte, vor Metz und Straßburg, und dann vor Paris?" Sie lacht wieder. „Ja! ja, es war eine tolle Zeit." Dann stopfen sie wieder so viel und so schnell als möglich von den leckeren Speisen in den Mund, bis sie endlich, unfähig, noch einen Bissen zu genießen, die Teller zurückschieben. „Ich werd' schlafen," sagt der Krüppel und läßt sich vom Stuhle niedergleiten. Er kriecht zu den schmutzigen Kissen, die in einer Ecke auf einem Strohsack liegen und wühlt sich hinein. Lene Walgruber läßt sich in den großen Lehnstuhl bei ihrem Arbeitskorb sinken und schließt gleich falls die Augen zu einem Mittagsschlaf. Aber sie so wenig wie der Krüppel kann sofort die gewünschte Ruhe finden; denn die Vergangenheit ist aufgewacht, sie ersteht aus ihrem Grabe und die Gedanken tragen sie vor die Augen der Beiden — Es ist eines der hübsch gelegenen Dörfer bei Straßburg, in welches das Weib durch ihre Erinnerungen zurückgeführt wird, das Dorf, in dem sie als schmucke Dirne gelebt. In demselben aber steht plötzlich das Häus chen ihr besonders klar vor den Augen, in das sie dann, die Brautkrone auf den schwarzen Haaren, an der Seite eines braven Burschen eingezogen ist, als die Frau Lenchen Walgruber, und in dem sie jahrelang froh und zufrieden gewaltet bis zu dem Tage, der deutsche Truppen durch das Dorf führte. Der Anton hat kurz vor Ausbruck des Krieges einer kleinen Erb schaft wegen eine Reise nach Brüssel antreten müssen; später, als er die Sache geordnet, ist ihm der Rückweg abgeschnitten worden, so daß Lene mutterseelenallein in dem Dorfe sitzt, als die deutschen Truppen heran- marschircn. Die übrigen Einwohner sind sämmtlich vor dem Feind ge flohen, nur sie ist geblieben! Einmal, weil sie immer noch hofft, daß der Anton endlich zurückkehren werde, und dann auch, weil das Abenteuerliche der Lage einer einzelnen Frau in einem ganz verlassenen Dorf derUeber- macht der Feinde gegenüber sie reizt. Ihr Dasein bisher ist so still und einförmig dahingeflossen, daß sie sich sehnt, wirklich einmal etwas zu er leben, etwas, was man nicht alle Tage erleben kann, mag es sein, welcher Art es nnmer will. Die Tage fließen in jener Zeit gar einsam und langweilig dahin. Sie zumal hatte Niemand, mit ihm zu plaudern, hatte auch nichts Rechtes zu arbeiten; denn was jetzt geschieht, würde der Feind ja doch zerstören. Des Nachts aber, wenn sie halb angezogen in ihrer Schlafkammer im Bette saß, die Lampe niedrig geschraubt, die Fensterläden fest geschlossen, fühlte sie eine angenehme Erregung, wenn sie angstvoll auf jedes noch so ferne Geräusck lauschte. Eines Morgens kommen sie dann wirklich und durchsuchen das ganze Dorf, Haus für Haus, nach Nahrungsmitteln und — Franctireurs; aber sie finden nichts als Frau Lenchen Walgruber und ihre Ziege, die sie frei willig hergiebt. Es ist eine ihrem Aussehen nach verwilderte Schaar, die da in das verlassene Dorf zieht, aber sie thut dem verlassenen Weibe nichts zu leide — im Gegentheil sucht jeder der Eindringlinge ihr gefällig zu sein. Und doch — „bildsaubcr war sie damals," sagt sich der Krüppel zur gleichen Zeit, während er ein Kissen fester unter den Kopf stopft. Von allen Denen, die sich um sie bemühen, gefällt ihr aber doch der Marketender am besten. Er ist zwar älter als ihr Anton, dafür aber auch breit und groß. Als der, ehe sie am nächsten Morgen weiter ziehen, den Arm um sie legt und fragt: „Na, Frau Lenchen, wollt Ihr nicht mit mir kommen? Ich könnte eine Marketenderin brauchen, und es ist ein lustig Leben, das Soldatenleben —" da zieht sie die Uniform-Jacke an und stülpt die rothrandige Mütze auf den glänzenden Scheitel. Sie weiß, daß sie schön aussieht, und über diesem Gedanken vergißt sie alles Andere — auch Anton. Mit einem Sprunge ist sie oben auf dem Planwagen, an der Seite Melchior HolzbockS. Und dann geht es hinter dem Zuge der singend vorwärts schreitenden Truppen bis dicht vor die Mauern Straßburgs. Das Lagerleben ist ganz so, wie sie es gewünscht: lärmend, bewegt, abwechselungsreich. Sie ver- sckänkt den Branntwein am Wagen Hvlzboct'S, für dessen Frau sie gilt — Znd trinkt auch wohl selbst einmal ein Glas. Sie läßt sich lachend küssen und thM wohl mitunter auch eine Ohrfeige aus; sie fühlt sich ganz ihrem Element — für Anton aber hat sie keinen Gedanken übrig. Dann kommt der Tag der Capitulation, und sie zieht wieder an Holz bock's Seite auf dem Planwagen hinter jenem Theil der Truppen her, der die Ordre nach Paris erhalten hat. Dort geht das Leben noch so ein, zwei Monate fort. Holzbock macht gute Geschäfte; der lederne Geld beutel, den er an einem Riemen unter dem Hals trägt, füllt sich mehr und mehr mit Cassenschelnen und Münzen, und die kleine Kiste, die unter aller lei Dingen vergraben, wohl versteckt auf dem Wagen liegt, ist fast gefüllt mit vielen Preciosen, Ringen, Knöpfen, Ketten, hauptsächlich aber mit goldenen und silbernen Uhren. Sie sind nicht alle gegen Branntwein eingetauscht — auch sieht sich Holzbock jedes Mal, wenn er wieder neue, derlei glän zende Dinge zu den übrigen legt, scheu um, und Lene muß währenddessen Wache stehen. — Ja, in jener Zeit war Melchior noch ein schmucker Kerl! Damals freilich, vor all den Jahren, hatte sie, die Lene, auch anders aus gesehen als heut. Holzbocks Phantasie beschäftigte sich auch gerade mit einem Bilde aus derselben Zeit. — Bei einbrechendem Abend waren zu gleicher Zeit an verschiedenen Seiten des eingeschlossenen Paris Ausfälle der Belagerten auf die Feinde unternommen worden. Der Kampf war erbittert genug geführt worden, wenn auch die Belagerten sich endlich wieder hinter die schützenden Mauern der Forts zurückziehen mußten. Die Verluste waren auf beiden Seiten ziemlich gleich. Jetzt ist es Nacht. Ein eisiger Decembersturm fegt über die leichen bedeckten Felder dahin,' und der Himmel hängt bleigrau und schwer darüber. Hier und da sieht man in der Finsterniß Lichter aufblitzen, und dann leuchtet das rothe Kreuz auf weißem Grunde durch die Nacht, ein Zeichen der Barmherzigkeit, der nahenden Hilfe in den furchtbaren Greueln und der Grausamkeit des Krieges. Es sind die Johanniter-Brüder, die im Fackel schein die Schlachtfelder abschreiten und unter Leichen ringsum nack noch lebenden Opfern des Kampfes sucken, um Hilfe, Rettung zu bringen, und die dann Freund und Feind mit der gleichen hingebenden Sorgsamkeit auf ihren Tragbahren in das Feldlazereth bringen, wo seit Beginn des Kampfes schon die Aerzte ununterbrochen beschäftigt sind, Nothverbände anzulegen, um die Ueberführung der Unglücklichen in die besser eingerichteten, ferner gelegenen Lazarethe zu ermöglichen. Und wie die Aerzte, so auch die Feldprediger. Hier spenden sie Trost und richten eine verzagte Seele empor, im Vertrauen auf Gott, der ihr ein Wiedersehen schenken wird mit den Lie ben in der fernen Heimath, in diesem oder in jenem Leben. Dort em pfangt der Seelsorger die letzten Grüße und Segenswünsche eines Ster benden für die zagende Mutter daheim, die junge Gattin, die bangende Schwester — hier wieder schreibt solch' ein Verkündiger des Wortes Gottes nach dem Dictat eines Schwerverletzten den fernen Lieben die tröstende Kunde, daß er lebe, für den sie sorgen und bangen. „Und wenn mir auch von einer Mitraillcuscnkugel der rechte Arm zersckmcttert worden ist, so bleibt mir doch der linke, Euch an's Herz zu drücken — wenn ich wieder heimkvmme! Der Kampf am Abend war heftig, fast verzweifelt; aber sorgt Euch nicht. Wie blieben auch diesmal wie immer Sieger!" Dann fragt ein verwundeter Franzose, der auf dem Lager zur Seite liegt, was der noch immer fortdauernde, wenn auch sehr abgeschwächte Kanonendonner zu bedeuten habe. „Mein Himmel!" stöhnt ein Anderer, der gleichfalls in der Nähe liegt und die Frage aufgefangen hat — es ist ein Berliner Kind, der trotz aller Schmerzen das Witzeln nicht lassen kann— „die Pariser wollen eben die Todten noch todter schießen; denn bis an's Lager tragen ihre jämmerlichen Zehnpfünder gar nicht", und nun stöhnt er wieder so jäm merlich, daß einer der Krankenwärter ihm sagt, es sei durchaus nothwen dig, daß er bei seinem Schuß durch die Schulter das Sprechen vermeide. Draußen aber wird es mehr und mehr trübe und finster. Nur das rothe Johanniterkreuz leuchtet noch durch die Nacht im Scheine der Fackeln, die zu verlöschen der Decembersturm vergebens müht. Und dennoch — abseits, dort, wo die Dunkelheit am tiefsten ist, huschen schwarze Schatten durch Nacht und Blut und Tod; das sind die Schlachtfeld-Hyänen, die im Finstern ihre grausig dunklen Schandthaten an den Todten verrichten. Mit scheuen Bewegungen kriechen sie auf dem Erdboden zwischen ihnen dahin und spähen mit fieberglänzenden Augen umher. Hier ist ein Todter, offenbar ein Officier. Die Schlachtfeld-Hyäne wirft sich über ihn, sein Körper ist schon erkaltet. Zitternde Finger tasten hastig über die Uniform — da ist die Uhr, sie geht noch mit ihrem regel mäßigen Ticktack. Schnell ist sie hervorgezogen, ebenso wie die schwere goldene Kette, an der sie hängt. Nun aber die Börse! Ha, dort ist sie, in der Beinkleidtafche und wohlgefüllt, wie es scheint. Die Brieftasche dagegen bleibt an ihrem Platze, sie könnte ja den Verräther spielen. — Aber Ringe, Ringe! Dort von den erkalteten Händen wollen sie sich nicht mehr lösen lassen — es sind zwei, ein einfach glatter Goldreif und davor ein Anderer mit erhaben gefaßtem Stein. Es ist ein Diamant, man sieht es an dem Leuchten trotz der Dunkelheit. Was thun? Die Ringe sitzen fest — Da blitzt ein Messer auf, und wenig Momente später sinkt die verstümmelte Hand des Todten wieder auf die Erde nieder. — Die Ringe aber bleiben in der Hand jenes Ungeheuers, das nun, eilig weiterkriechend, seinen Raubzug fortsetzt, ohne daß auch nur während eines Momentes ihm der Gedanke an die Heiligkeit der Ruhe der Todten käme. (Forts, folgt.) Vermischtes. * Ein schrecklicker Unfall ereignete sich am 14. Februar am Broadway in Brooklyn. In der Straße wird gegenwärtig eine Hochbahn gebaut, und während einige eiserne Balken mittelst eines schweren Dampfkrahnes hinaufgezogen wurden, stürzte letzterer, sowie der Balken mit fürchterlichem Krachen auf einen darunter vorbeifahrenden Tramwagen, der fast gänzlich zertrümmert wurde. Von den 24 Insassen des Wagens wurden 4 auf der Stelle getödtet, und 15 trugen Verletzungen davon, einige solche er hebliche, daß ihr Wiederaufkommen bezweifelt wird. Die Pferde des Wa gens wurden ebenfalls getödtet. Sehr wählerische Raucher müssen es gewesen sein, die in einem Zigarrengeschäft in Berlin einen Einbruch verübten. Nack den vorge fundenen Spuren haben sie 30 verschiedene Zigarrensorten probiert und die besten 10,000 Stück entführt. * Der Schatz im Juliusthurm. Nahezu tausend Centner Gold, in ganz genauer Angabe 95,580 Pfund, lagern, was in dieser speziellen Angabe nicht Jedem bekannt sein dürfte, in dem vielbesprochenen Julius thurm zu Spandau. Der für die dringendsten Kriegsbedürfnisse des Reiches aufgespeicherte Schatz, in Summa 120 Millionen Mark in blanken Doppel kronen und Kronen, befindet sich in einer massiven Rotunde, deren Ein-