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WEM« WrM, Wn, Mkilrhi md die UWMdei. AmLsbtcrtL für die Nmtsöauotmannlchaft zu Meißen. das Kat- Minisgericht und den Stadkath zv Wtsdrnff. Erscheir t wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 16. Freitag, den 24. Februar 1888. .. -- .... -- - - - Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige Frübjabesmarkt wird Donnerstag, den 8. und Freitag, den 9. März abgehalten. Wilsdruff, am 16. Februar 1888. Der Stadtgemeinderath. . Ficker, Brgmstr. DogeSnesebiekte. Berlin. Das Befinden Sr. Majestät des Kaisers ist, wie aus Hofkreisen verlautet, trotz des tiefen Kummers, den die schwere Krank heit des Kronprinzen dem greisen Monarchen bereitet, die denkbar beste. Ganz besonders war der Kaiser in den letzten Tagen von dem Erscheinen der Deputation des russischen Kaluga - Regimentes freudig überrascht, welche hierhergekommen war, um den Kaiser anläßlich der 70jährigen Führung des Regimentes zu begrüßen. Der Kaiser hat die Mitglieder der Deputation ersichtlich in jeder Weise ausgezeichnet. — Wenn nun aber in Provinzialblättern dieser Vorgang, sowie der Umstand, daß der russische Botschafter, Graf Schuwaloff, dem Begräbniß eines hiesigen 96jährigen Veterans aus den Befreiungskriegen, welcher auch Ritter des russischen St. Georgsordens war, beiwohnte, als Leichen für Besserung der Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland angesehen werden, so ist dies eine überaus harmlose Anschauung. In beiden Fällen handelt es sich um Aeußerlichkeiten, welche obenein ganz selbstverständlich sind. Zudem aber ist bekannt, und in der letzten Rede des Reichskanzlers ja scharf genug betont wvrden, daß von Seiten Deutschlands, und ganz be sonders von Seiten unseres Kaisers, stets Alles aufgeboten worden ist, um gute Beziehungen zu Rußland zu unterhalten. Es liegt nicht an Deutschland, daß diese Bestrebungen seit Jahren einseitige waren, und jene äußeren Vorgänge haben darin eine Wandlung nicht geschaffen. San Remo, 20. Februar, Nachts 12 Uhr. Der Kronprinz hatte einen sehr guten Tag, den besten seit der Operation. Auch die Stimmung des Kronprinzen ist eine recht gute. Derselbe beschäftigt sich einen großen Theil des Tages mit Lesen. Husten und Auswurf sind geringer. Der Prinz von Wales ist heute Abend 6 Uhr hier angekommen und bei der Ankunft von dem Prinzen Heinrich von Preußen und dem Großherzog von Hessen empfangen worden. Der Prinz stieg im Viktoria-Hotel ab und begab sich bald nach seiner Ankunft in die Villa Zirio. — 21. Fe bruar, Vormittags 10^2 Uhr. Das Befinden des Kronprinzen war gestern viel besser, sowol bezüglich des Hustens und des Auswurfs, als auch des Appetits. Auch Nachts traten wenige Hustcnanfälle auf. Der Kron prinz verbrachte in der letzten Woche den größten Theil des Tages außer halb des Bettes. Während von allen Seiten daran gearbeitet wird, den Frieden in Europa auf sichere Füße zu stellen, lassen die russischen unabhängigen Blätter fast in jeder Ausgabe ihrem Grolle gegen Deutschland die Zügel schießen, und zwar mit einer Gehässigkeit, die leider mit den offen baren Bemühungen des russischen Hofes, die Verhältnisse mit Deutschland in guter Bahn zu erhalten, in recht scharfem Gegensatz stehen. Man kann es wohl offen aussprechen, daß dieses Gebühren der russischen Presse nicht wenig dazu beiträgt, die Unruhe in Europa in Permanenz zu erklären, da man nicht glaubt, daß der russischen Regierung kein Mittel zu Gebote stehen sollte, diese Quelle der Friedensstörungen gründlich zu verstopfen. Es wird nicht mehr zu bezweifeln sein, daß Rußland aus dem Schmollwinkel herausgetreten ist, den Weg diplomatischer Unterhandlungen bezüglich Bulgariens beschritten und den Mächten Vorschläge zur Lösung dieser brennenden Frage gemacht hat. Dieselben gehen, kurz zu sammengefaßt, dahin, daß die Mächte aufgefordert werden, bei der Pforte gemeinsam eine Erklärung abzugeben, welche das Verbleiben des Prinzen Ferdinand von Coburg in Bulgarien und die Ausübung der Prärogative eines Fürsten von Bulgarien durch ihn als nach dem Berliner Vertrag ungesetzlich verurtheile. Ferner steht fest, daß in der russischen Kund gebung auf Zwangsmaßregeln, welcher Art immer, lein Bezug genommen wird. Daß Rußland trotz aller Schwierigkeiten, welche sich der Verwirk lichung seiner Vorschläge entgegenstellen dürften, sich endlich zu Eröffnungen an die Mächte bewogen gefunden hat, darf entschieden als ein günstiges Zeichen betrachtet werden. Die Hoffnung, Europa eine bevorzugte Stell ung in Bulgaren abtrotzcn zu können, ist in Petersburg offenbar ge schwunden. Damit aber hätte die allgemeine Lage eine entschiedene Besser ung erfahren. Im Pariser „Avenir militaire" befindet sich ein Aufsatz, in welchem der Doppclkrieg Frankreichs gegen Deutschland und Italien von einer Feder behandelt wird, die offenbar nicht ungeweiht ist. Durch diesen Aufsatz zieht sich ein Zug der Furcht vor der deutschen und fast verächtlicher Unterschätzung der italienischen Armee hindurch. Der Inhalt ist kurz gefaßt etwa folgender: Man scheint, Dank der französischen Fortsbauten an der italienischen Grenze, die Absicht zu haben, gegen Italien die reine Defensive zu behaupten, während man gegen Deutschland offen siv vorgehen wolle. Verfasser meint, dies wäre falsch, selbst wenn Deutsch land zuerst und Italien später angreifen sollte. Käme aber Italien als Vorhut in den Kampf, so sollte sich Frankreich doch nicht verleiten lassen, zu viel Truppen gegen dessen Armee in's Feld zu schicken, sondern nur das 19. Corps und eilig zusammengezogene Reserven, mit den man die Truppenmasse auf 200 000 bringen könne; alles Uebrige wüßte gegen Deutschland aufmarschiren, welches dvch früher oder später in dem Kampf eingreifen würde. Diese 200 000 Mann könne Frankreich eher zusammen bringen, als die in keiner Weise kriegsbereite italienische Armee mobil sei; es sei daher anzurathen, mit dieser Masse sofort die Offensive zu ergreifen und sie, wenn die Flotte bereit ist, auf Genua, wenn solches nicht der Fall ist, auf Turin zu dirigiren. In ersterem Falle müßten Scheinladungen in Toskana gemacht, in letzterem von dem großen befestigten Lager bei Brianyon aus vorgegangen werden. Die Hauptsache bliebe ein massen hafter Vorstoß und keine vereinzelten Erfolge. Eine Vertheidigung der italienischen Grenze würde die französische Grenzarmce auf viele Punkte zersplittern, wobei man dem Gegner die freihe Wahl der Zeit und des Raumes überließe; diese Defensive würde also ebenso viel Mannschaften erheischen, als eine kräftige Offensive, aber geringere Resultate erzielen. Sollte aber wider Erwarten Deutschland zuerst angreifen, so liege es auf der Hand, daß man hier zuerst den Sieg zu erfechten suche, und zwar mit Einsetzung der ganzen Armee. Bei der Langsamkeit der italienischen Kriegsbereitschaft hätte man immer noch Zeit, die Territorialregimenter ein zuberufen; aber auch diese sollten nicht Gewehr bei Fuß in den leicht zu umgehenden Grenzbefestigungen stehen bleiben, sondern in den engen Defi- leen der Secalpen den Italienern offensiv entgegcngehen, um ihren Vor marsch aufzuhalten. Die Italiener werden sicherlich nicht umhin können, die Lehren, welche ihnen von Frankreich aus, ihre vielleicht nicht genügend vorbereitete Kriegsbereitschaft betreffend, geben werden, einer genaueren Be achtung zu unterziehen: denn eine schnelle Bereitschaft ist heute der halbe Sieg. New-Aork, 21. Februar. Einem Telegramm aus Mount Vernon (Illinois) zufolge beschädigte der Typhon über 500 Häuser; die während deS Unwetters ausgebrochene Feuersbrunst zerstörte des Stadttheils, in welchem sich die größten Läden und Magazine befinden. 29 Personen sind todt, über 100 verletzt. Der Verlust wird auf eine halbe Million geschätzt. Vaterländisches. Wilsdruff. Auf dem benachbarten Rittergute Klipphausen trug sich vor einigen Tagen der gewiß seltene Fall zu, daß eine Kuh drei vollkommen ausgebildete lebende Kälber zur Welt brachte, welche alle drei sich an der Mutterkuh nähren. — Die im laufenden Jahre zur erstmaligen zehnwöchentlichen Uebung im Bereiche des fächs. (12.) Armeekorps heranzuziehenden Ersatz-Reservisten werden voraussichtlich am 1. Juli d. I. bei dem Train, am 18. August bei der Infanterie, den Jägern, Pionieren und der Feldartillerie, sowie am 1. September bei der Fußartillerie zur Ableistung dieser Uebung ein gezogen werden. — Ueber den Kirchenbesuch äußern sich die jetzt mehrerwähnten Jahresberichte aus der sächsischen Landeskirche in der Hauptsache wie folgt: Auch hier wiederholt sich zwar die Klage, daß große Schichten namentlich der Fabrikbevölkerung der Kirche fast ganz entfremdet sind und ihr beharr lich fern bleiben, daß anderwärts auch gerade die Gebildeteren am säumigsten sich erweisen, auch daß in die Kirche zu gehen in manchen Gegenden und Gesellschaftsschichten geradezu als unmännlich gilt. Im Allgemeinen scheint aber doch der Kirchenbesuch in manchen Gegenden mehr und mehr zuzu nehmen. Nicht blos aus großen Städten, sondern auch von Dörfern wird berichtet, daß die Kirchen oft zu klein sind, und eine Vermehrung der gottes dienstlichen Stätten hat noch überall eine Steigerung des Kirchenbesuches zur Folge gehabt. Auch die Erwärmung der Kirchen ist vielfach von gün stigem Einfluß auf den Kirchenbesuch gewesen. Darf derselbe anderweiten Erfahrungen zufolge auch nickt überschätzt werden, so fordert doch die leich tere Ermöglichung einer zweckmäßigen Heizbarmachung der Kirchen dazu auf, auch unter kleineren ländlichen Verhältnissen dieser Frage eine größere Beachtung zu schenken. Nachmittags- und Wochengottesdienste bleiben nach den übereinstimmenden Angaben der Mehrzahl der Berichterstatter fortge setzt schwach besucht, außer wo sie in den späteren Abendstunden abgehalten werden oder mit Abendmahlsfcier verbunden sind. In einer größeren An zahl von Gemeinden ist man deshalb zu Verlegung der Nachmittagsgottes dienste an Sonntagen auf die Abendstunden verschritten, oder man hat auch Wochengottesdienste auf spätere Nachmittags- oder Abendstunden ver legt und dadurch diesen Gottesdiensten eine rege Betheiligung zugefübrt. — Namenloses Unglück ist über eine Familie zu Hartmannsdorf hereingcbrochen. Im Juli v. I. starb der etliche 40 Jahre alte Guts besitzer Kaden, am 28. Jan. d. I. brannte das Gut der Wittwe mit sämmtlichem todten Inventar nieder, und vorigen Sonnabend ward die Wittwe beerdigt, sechs Waisen hinterlassend. — Am 16. d. M. wurden in einem im Schlachthofe zu Plauen