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Anlage zu Ar. 76 des Wochenölattes für Witsdruß. Vaterländisches. Wilsdruff, 29. Juni 1900. — Unter zahlreicher Betheiligung von Seiten der Geistlichen und Kirchenvorsteher, sowie in Anwesenheit eines Vertreters des ev.-Iuth. Landeskonsiflorinms des Herrn Oberkonsistorialrath O. Kohlschütter, des Koinspek- tors der Kircheninspcktiou sür die rechtselbischen Ortschaften der Ephorie des Herrn Amtshauptmann Geheimen Rath von Kraushaar und der Herren Oberkoustüorialrach v. Schmidt und Bezirksschnliuspektor Schulrath Fink hielt Herr Superintendent v. Benz am Montag des 25. d. M. Vormittags in den „Drei Raben" zu Dresden die diesjährige Diöcesanversammlung der Ephorie Dresden- Land ab. Ausgehend von der Bedeutung dieser Diöcesan versammlung, als der letzten im alten Jahrhundert, als der 10. in seiner ephoralen Thätigkeit knüpfte der Herr Ephorus den 2. Vers aus dem 65. Psalm an. Den In halt seiner Herz und Leben gleich erfrischenden Ansprache faßte er zusammen in den Ausruf: „Gott, wir loben Dich auch heute in der Stille darum, daß du 1. deiner Kirche Arbeit giebst, 2. daß wir deine Mitarbeiter sind." Ans dem Bericht über das kirchliche Leben der Ephorie, der sich zum Theil auf die gesammten letzten 10. Jahre er- streckle, gewann man ein getreues Bild von dem raschen Anwachsen unserer Vororte. Dementsprechend hat sich aber auch das Bedürfnis; nach geistlicher Versorgung gesteigert. Nicht weniger als acht neue Parochien sind durch Einbe- zirkung nach Dresden zur Ephorie Dresden-Stadt über gegangen. Die stete Zunahme der katholischen Bevölker ung resultirt aus der fortgesetzten Erweiterung jedes in dustriellen Etablissements. Gleichwohl übersteigt die Zahl der Uebertritte aus der katholischen Kirche zur evangelischen Kirche die aus der evangelischen Konfession zur katholischen Konfession um das Doppelte. Zu beklagen sind noch vielfach die sittlichen Zustände, zu deren Hebung ein jedes Gemeindeglied mitzuhelfen die heilige Pflicht habe. Recht erfreulich war dagegen die Mittheilung, daß das vergangene Jahr der Kirche in der Diöcefe zahlreiche, zum Theil ganz bedeutende freiwillige Zuwendungen gebracht habe. Der sich anschließende Vortrag war Herrn Pastor Ludwig von „Weißer Hirsch" übertragen. Derselbe behandelte in ein gehendster Weise das Thema: „Licht und Schatten im kirchlichen Vereinsleben." Die nun folgende lange, leb hafte Debatte bewies am besten, welch glücklichen Griff man mit diesem hochinteressanten zeitgemäßen Gegenstand gethan hatte. Ueberaus befriedigt, tief erbaut und voll neuer Anregungen ging die Versammlung^ nachdem sie mit gemeinsamem Gesang und Gebet geschlossen war, ausein ander. —r. Dresden. Endlich sind die Verhandlungen des Rathes mit der Gemeinde Löbtau wegen Abgabe des elek trischen Stromes für die beiden dortigen Straßenbahn linien zum Abschluß gelangt. Der diesbezügliche Vertrag mit dem Rathe ist vom Gemeinderath in Löbtau bereits vollzogen und an den hiesigen Rath abge liefert worden. Nach diesem Vertrage muß der elektrische Betrieb auf der gelben Linie (Postplatz—Löbtau—Wölfnitz) spätestens bis 1. Oktober d. I. und auf der rotheu Linie (Postplatz—Löbtau-Plauen) spätestens bis 1. August d. I. beginnen. Die Herstellung der Stromleitungsaulagen in Löbtau wird jedenfalls schon in den nächsten Tagen in Angriff genommen. Bei der König!. Amtshauptmann schaft in Dresden-Altstadt hat am vergangenen Montag ein 6stündiger Termin des Elektrizitätswerk-Verbandes im Plauenscheu Grunde stattgefunden, bei dem ebenfalls völlige Uebereinftimmung erzielt worden ist. Die Gemeinde Löbtau wird ohne Risiko für das Unternehmen spätestens am 1. April 1901, vielleicht auch schon früher, vom ge nannten Verbände elektrisches Licht und Kraftstrom für Handwerker, Fabriken u. s. w. erhalten. Die Preise für Stromabgaben stehen zur Zeit auf 33 unter den der Gemeinde von der Stadt Dresden offerirten Strompreisen. Die Gemeinde Löbtau erhält zur Herstellung der Strom leitungsanlagen ausschließlich eiserne Masten, und zwar nach dem Muster der Straßenbahnmasten. In Rücksicht auf die hohen Kosten dieser Leitungsanlage gewährt die Gemeinde Löbtau zu denselben 25 o/^. Dieser Beitrag wird bei event. späterer Nebernahme der Leitungsanlage auf die Gemeinde derselben auf den Uebernahmepreis gut ge rechnet. Dieser zeitgemäße Fortschritt unserer größten Vorort- gemein de dürfte allgemein mit Freuden begrüßt werden und den großstädtischen Charakter noch weiter hervorheben. Durch das Zustandekommen des Vertrages mit dem ElektrizitätS- werk-Verbande im Plauenschen Grunde hat die Gemeinde nun nicht erst nöthig, so kurz vor der in 3 bis 4 Jahren zu erwartenden Einverleibung zu Dresden noch ein eigenes Elektrizitätswerk zu erbauen. Das Verdienst der glück lichen Lösung der schwebenden Frage gebührt allein Herrn Geh. Regierungsrath Amtshauptmann Dr. Schmidt, dessen ausdauernde Vermittelung es schließlich gelang, die Par teien zu einigen. — Der Streik in derRadeberger Exportbierbrauerei ist heute ganz allgemein geworden, indem auch die Kutscher und sonstige Hilfsarbeiter Forderungen stellten. Die Un ternehmer lassen sich nach wie vor auf nichts ein. Durch Anschlag ist heute bekannt gemacht worden, daß diejenigen, die die Arbeit heute nicht wieder aufnehmen, sich als ent lassen zu betrachten haben. — Dresden, 28. Juni. Die inBlascwitz, Deutsche Kaiser-Allee 23, ihren Lebensabend verbringende verw. Frau Pastor Emma Füllkruß wurde heute mit ihrer er wachsenen Tochter von der erschütternden Nachricht aus Admont in Tirol betroffen, daß ihr einziger, in Lamperts- walde bei Oschatz als Pastor fungirender Sohn Martin, der seinen Sommerurlaub zu einer Erholungsreise nack Wien und Tyrol benutzte, am Freitag den Nalerriege bestieg und nicht wieder nach dem Gasthause zurückkehrtc in dem er seinen Tournister und Schirm znrückließ. Ob wohl weder an die beklagenswerthe Blutter in Blasewi: noch an die unglückliche junge Ehefrau in Lampertswald bis heute bestimmte Meldungen über den zu befürchtende? Absturz nicht ergangen lind, darf man bei den obwaltende. Umständen der Hoffnung nur beschränkten Raum gewähren daß der 37 Jahre alte, reich begabte Theologe noch ai Leben sein könne. Man sucht vergebens nach ihm uni vermuthet, er sei bei dem Versuch, den Hexenthurm zu bk steigen, ab gestürzt. Der Vermißte studirte in Leipzig un ist der Sohn des verstorbenen Pastors Füllkruß in Staun dorf. — Diesbar. Der Kirschreichthum um Diesbar Seußlitz ist geradezu bedeutend. Man hat vielfach di Bäume stützen müssen, damit die Last der Früchte di Neste nicht niederbricht. Leider hat Schloßenschlag ai Sonnabend großen Schaden angerichtet. — Der Stadtrath zu Glauchau hatte beschlösset dem Stadtmusikchor die jährliche Subvention von bishe 1774 Mark auf 4250 Mark zu erhöhen. Die Stadt verordneten haben dem zugestimmt, aber beschlossen, zu nächst den Rath zu ersuchen, noch entsprechende Erkundigung« in anderen, auch kleineren Städten darüber einzuziehet in welcher Weise die Stadtmusikchöre seitens der Stadt waltung fubventionirt werden. — Bahnarbeiter Schäffer in Hohenstein hat eine? Geschäftsmann durch fortgesetzte briefliche Bedrohung m der Anzeige wegen einer Strafthat nach und nach 100 Mk. abgepreßt. Das Landgericht Zwickau verurtheilte de Schäffer wegen Erpressung zu 2 Jahren Gefängniß ur 5 Jahren Ehrenrechtsverlust. — Vor Kurzem starb inHauswaldebei Bischofswerd eine Frau im Alter von 94 Jahren, die trotz ihres lange Lebens weder die ihrer Heimath nahe gelegene Sta Bischofswerda, noch je einen Eisenbahnzug gesehen ho Im Zeitalter des Verkehrs sicher eine Seltenheit.