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Wildstein wurde die Ehefrau des Webers Wunderlich aus Oelsnitz mit ihrem sechsjährigen Knaben ertränkt aufgefunden. Wunderlich hatte erst vor einigen Tagen den Gasthof zu Oberprex gekauft; ob geschäftliche Sorgen die Frau mit ihrem einzigen Kinde in den Tod getrieben, fleht noch nicht fest. — Meerane, 1. Mai. Ein Deserteur des 153. (thür.) Inf.- Regts. wurde gestern hier festgenommen und unter Be deckung seinem Truppentheile wieder zugesührt. — Wittgensdorf, 2. Mai. Auf dem hiesigen Bahn bau verunglückte ein fremder Arbeiter dadurch, daß eine Lowry umkippte und ihm den Brustkasten eindrückte. — Thum, 2. Mai. Der Lehrling einer hiesigen Eisen- waarenhondlung, der schon früher »lange Finger" gemacht hatte, ohne daß die Sache zur Anzeige kam, hat seinem Herrn vor einigen Tagen einen größeren Posten Stahl entwendet und verkauft, den Erlös aber verjubelt. Die Geschichte kam jedoch heraus und der jugendliche Dieb hinein d. h. in Polizeige wahrsam. Als Mittags der Polizeibeamte dem Häftling das Essen brachte, fand er ihn am Thürhaken mittels Taschentuches erhängt vor. — Wolkenstein, 2. Mai. Beim Spielen im nahe der Stadt gelegenen »Haag" genannten Park stürzte der 12jährige Sohn des Restaurateurs Günther in die sogen. Wolfsschlucht und wurde schwer verletzt ausgehoben. Der Arzt constatirte Schädelbruch rc., so daß an dem Auskommen des Kindes ge zweifelt wird. — Schönheide, 2. Mai. Hier ertrank der Militär- invalid Müldner aus Vogelsgrün im Flemmingschen Teiche. Ob ein Unglücksfall oder Selbstmord ovrliegt, ist noch nicht aufgeklärt. — Markneukirchen, 2. Mai. Mord und Selbstmord. Auf einem abseits vom Wege bei Absroth an der böhmischen Grenze gelegenen Felde wurden am Montag zwei erschossene Männer aufgefunden. Durch die Untersuchung wurde festge stellt, daß der eine, der kurz vorher aus dem Gefängniß ent lassene Joseph Wilfert, den andern, Wirthschaftsbesitzer Heyer aus Absroth, erschossen hatte, weil nach Ansicht Wilferts, Hoyer ihn ins Gefängniß gebracht. Von Reue über die verübte Mord- that getrieben, hat Wilfert sich darauf selbst erschossen. — Beim Vorübergehen an einem aus der Staße stehenden Pferde wurde der hiesige Flaschenbierhändler Penzel von dem Thiere an die Brust geschlagen. Hierbei scheint der Unglückliche, welcher Vater von vier Kindern ist, innere Verletzungen erlitten zu haben, denn er starb nach furchtbaren Schmerzen. — Ertrunken ist im Mothesschen Teiche in Neumark die vierjährige Martha Winter. — Hinterhermsdorf, 2. Mai. Der Hausbesitzer und Tagearbeiter H., welcher schon längere Zeit hoffnungslos krank war und mit Nahrungssvrgen zu kämpfen hatte, bereitete NqchtS seinem Leben ein Ende. H. hinterläßt sechs zum Theil noch unerzogene Kinder als Vollwaisen. Die Ehefrau H.s starb im vorigen Jahre. — Adorf i. V., 2. Mai. Prinz Friedrich August, welcher seit gestern Abend in Bab Elster weilt, erl-gte heute im Morgengrauen in der Kgl. Staatswaldung zwei starke Auerhähne. Auf Elfterer Revier balzen noch mehrere der statt lichen Vögel. — Zwickau, 3. Mai. Die hiesigen Maurer haben den Meistern neuerdings ihre Forderungen — 40 Pfg. Stunden lohn und zehnstündige Arbeitszeit — vorgelegt. Die Meiste haben eine Lohnerhöhung zugestonden, dagegen wollen sie von der elfstündigen Arbeitszeit nicht abgehen. Die Gesellen haben ihre Entschließung vertagt. — Kamenz, 3. Mai. Ein schweres Unglück ist hier ge schehen. Mehrere hiesige Besitzer der Jagd in Grünewald bei Wiednitz (preußisches Revier) hatten sich zu der am ersten Mai eröffneten Jagd auf Rehböcke in das betreffende Revier begeben. Einer der Jäger, Herr Töpfereibesitzer Karl Pollack hier, war noch spät auf den Anstand gegangen, aber nicht zurückgekehrt. Als man morgens nach ihm suchte, sand man ihn tvdt vor. Nach den vorhandenen Anzeichen hatte der Ver unglückte auf einem Baume Platz genommen, ist herunter ge fallen und dabei hat sich das Gewehr entladen und den Schützen so unglücklich getroffen, daß sein Tod sofort eingetreten sein muß. — Frankenberg. Em Brandstifter treibt in dem Nachbarort Langenstriegis sein Unwesen. Im Laufe weniger Tage entstand durch böswillige Brandstiftung zwei Mal Feuer, wodurch zunächst eine Scheune und beim zweiten Brande Scheune, Wohnhaus und Seitengebäude eingeäschert wurden. — Die Zeit der Waldbrände ist wieder gekommen. Das hat seine Erklärung darin, daß das vorjährige hohe Riedgras verwelkt und prasseldürre getrocknet und das neue noch nicht gewachsen ist. Ein unvorsichtig weg geworfenes, noch glimmendes Streichhölzchen, das zu anderer Jahreszeit bei frischem Grün vollständig gefahrlos bleibt, entzündet zu leicht das trockene, alte, hohe Gras — und das Unglück ist geschehen! Darum Vorsicht! Die Ausbreitung eines Waldbrandes geht rapid schnell vor sich, und die Löschung ist ziemlich schwierig. — Leipzig, 30. April. Gestern Nachmittag sind auf dem Fleischerplatz während des Meßtrubels drei Würstchenbuden niedergebrannt. G — Vogelschutz. In der beginnenden Blütezeit unserer Singvögel kommt gerade die Raubthiernatur der sonst sehr guten Hauskatze zum Durchbruch. Auf ihrem nächtlichen Spa ziergang hört sie einen piependen Laut, sie schleicht näher, es piept wieder — in den nächsten Minuten ist das Nest aus geraubt. Um dem vorzubeugen, um unsere heimischen Sänger zu schützen, werden während der Blütezeit derselben von Garten besitzern vielfach Katzenfallen aufgestellt. Wer also nicht will, daß seine Katze in eine solche Falle geräih, halte sie zu Haufe. — Die totale Sonnensinsterniß am 28. Mai wird auch in unseren Gegenden sichtbar sein und der Mond hier die Sonnenscheibe über die Hälste bedecken. — Schwere Körperverletzung durch Kurpfuscher. Unter dieser Ueberschrist bringt das, Aerztliche Vereinsblatt für Deutsch ¬ land" in seiner letzten Nummer eine Beleuchtung der bedenkli chen Auswüchse des sogen. »Natu rheilv erfahrens" in unserem engeren Vaterlande. Der Artikel lautet: Im Medizinalbezirke Annabrrg waren eine Eierstockzsschwulst, sowie die davor befind lichen Bauchd-cken einer Patientin durch forcirte Massage eines Naturheilkundigen derartig in Reizzustand und schließlich in Ei terung versetzt worden, daß die Patientin in Lebensgefahr gerathen war und sich mehrere Wochen lang in das Krankenhaus begeben mußte. — In Leipzig wurde ein sogen. Baunscheiltist, welcher durch seine Bchandlungsweise die Erkrankung eines Mannes an ausgedehnter Furunkulose verschuldet hatte, vom Landgericht zu 1 Monot Gesänzwß vrrurtheilt. — In Zittau behauptete ein hysterisches Fabrikmädchen, sie hätte einen Theil ihres Gebisses verschluckt, dasselbe säße noch im Schlunde.. Sie glaubte auch die seitlichen M-tallhaken durch die Haut hindurch ganz deutlich zu fühlen; in Wahrheit aber war das, was sie fühlte und für Gebißtheite hielt, nur der obere Rand des Schildknorpels. Meh reren Aerzten, die sie von ihrem Jrrlhum zu überzeugen suchten, glaubte sie nicht, ebensowenig maß sie der im Stadlkrankenhause zu Zittau vorgenommenen photographischen Aufnahme ihres Halses mittels Röntgenstrahlen, welche ein vollkommen negatives Resultat gab, irgend welche Beweiskraft zu. Sie begab sich jetzt in die Behandlung des vormaligen Sergeanten Walther, welcher es wagte, mit beiderseits vom Kehlkopf dreist ausgesührten Schnitten den vermeintlichen Kebißtheil zu entfernen, ohne jedoch etwas an deres zu erreichen, als daß er seinem Opfer zwei tiefe Wunden beibrachte und einen sehr starken Blutverlust verursachte. Das Mädchen wurde von seiner Krankenkasse einer Krankenanstalt überwiesen und daselbst nach längerer Zeit geheilt. Wegen seiner Handlung in Anklagezustand versetzt, wurde Walther zu einer Gefänznißstrafe von sieben Monaten vrrurtheilt. — Ja Löbau war eine Frau monatelang von einem Naturheilkundigen mit Massage, Bädern rc. behandelt worden, weil sie ,als ein Opfer der Medizin" eine Schwellung und zuletzt Vereiterung der Leber i bekommen hätte. Oer Arzt, an den sie sich endlich wendete, stellte weit vorgeschrittene Schwangerschaft fest (i I). — Der »Natur- heilkundige" Bachmann in Bühlau kam um Gewährung der Konzession zur Errichtung einer Kranken- und Badeanstalt da selbst ein. Die anfangs in Aussicht genommene bedingungsweise Genehmigung dieses Gesuches wurde schließlich nicht ertheilt, weil sich herausstellte, daß Bachmann bereits Kranke in seinem Hause verpflegt und einen derselben durch eine entgegen der Warnung des behandelnden Arztes oorzenommene Massagekur in höchste Lebensgefahr gebracht hatte. — Im M-dizinalbezirke Döbeln wurde eine Frau, die in der 3. bis 4. Woche einer schweren Typhuserkrankung sich befand, und welcher von eimm approbirten Arzte absolute Ruhe des Darmkanals wegen Gefahr einer Darm blutung empfohlen worden war, hinter dem Rücken des Arztes unter Einwilligung des Vaters derselben dazu gebracht, sich ein ausgiebiges Wasserklystier von einem Kurpfuscher verabreichen zu lasten. AlöbalL trat Collaps ein und der nun schleunigst hinzugerufene Arzt konnte nur noch den Tod infolge vonDarm- zerreißung konstatiren.