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Pfeiler so schlecht, daß man schon seichte Senkungen ver spürt hatte. Um die vierte Nachmittagsstunde hörte man kurz nacheinander ein dreimaliges Krachen, wie von Kanonen schüssen, dichte Staubwolken wirbelten auf, herzzerreißende Hilfe- und Jammerrufe ertönten, man glaubte zuerst an eine Explosion, an ein Feuer, man eilte von allen Seiten herbei, aber den Rettungsarbeiten fehlte die richtige Leitung, bis die Feuerwehr mit Aerzten und Sanitätsmannschaften erschien und man die schrecklich verstümmelten Leichen, die klagenden Verletzten unter dem Wust von Steinen, Holz und Lement hervorholte. Ein Feuerwehrmann, dem die heißen Thränen über das Gesicht rollten, eilte mit einem achtjährigen Mädchen zur nächsten Apotheke, die Kleine, welcher das halbe Antlitz aufgerissen war, hielt die blutigen Aermchen um den Hals des Braven geschlungen, sie starb wenige Minuten darauf. Eine Frau, deren Kind schwere Verwundungen erlitten, schien wahnsinnig geworden zu sein; eine andere, die ihr Söhnchen nicht finden konnte, warf sich verzweifelt zu Boden, sich mit den Händen in die Erde einkratzend. Die Todten wurden nach der Morgue, dem Leichenschauhause, gebracht, das hinter der Notre-Dame- Kirche liegt, demselben Gotteshause, in welchem am gestrigen Vormittage der Erzbischof von Paris ein feierliches Hoch amt zum Gelingen der Ausstellung abgehalten, und in dieser Morgue spielten sich am Abend und während der Nacht ergreifendste Scenen ab Bei einem so großen und schwierigen Unternehmen, wie dieser Weltausstellung, muß man ja leider auf aller hand Unglück gefaßt sein, aber das Schlimme ist diesmal, daß man sich nicht der Befürchtung erwehren kann, es werde bei dieser einen Katastrophe bleiben! Bei den Bauten ist Vieles zu schnell und fuschelig gegangen, durch die Kuppel der Festhalle schien bei der Eröffnungsfeier an mehreren Stellen durch kopfgroße Löcher die Sonne herein, und im Ausstellungs-Restaurant Duyal fielen neulich in der Nacht einige Quadratmeter der Decke mit dem Kronen leuchter herunter. Und nun die Feuergefährlichkeit! Man darf garnicht den Gedanken ausspinnen. Diese Paläste, diese Pavillons gehen im Nu in Flammen auf, und überall liegen (durchaus nicht dichte, wie man oft spüren kann) Gasröhren und elektrische Leitungen. Die Straße der Nationen mit ihren unersetzlichen Schätzen (man denke nur an die Gemälve und Meubel aus dem Besitz Friedrichs des Großen im deutschen Hause, neben welchem der völlig aus Holz erbaute Norwegische Pavillon liegt) würde bei ungünstigem Wind in einer Stunde eingeäschert sein! — Pans ist einem Gastgeber zu vergleichen, der seine Gäste zu einem festlichen Mahle geladen, aber als sie rechtzeitig erschienen, war die Tafel unvollständig gedeckt, nichts klappte, und die Speisen wurden in langen Zwischen räumen servirt. Das macht jedoch kein Vergnügen! Die Schwestern. Novelle von K. Sommer. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) .Ob sie wohl glücklich «erden wrd?" Der Commercicn- rath sagte es in bangem, zweifelndem Ton. „Ich habe gar kein Vertrauen mehr, keine Hoffnung, Käthe." Diese trat zu ihm und legte ihren Arm um den gebeugten Nacken. „Wir wollen es hoffen, Papa," sagte sie tief bewegt — „Vielleicht ist dieser der Rechte." Aber ihre Stimme klang dabei nicht hoffnungsfroh, nicht zuverfichttich. Der Commercienralh seufzte. „Daß sie Günther aufgeben konnte! — Ich fasse es immer noch nicht." Eie strich liebkosend über seinen grauen Kopf. „Lassen wir das ruhen, Papa, das gehört ja nun der Vergangenheit an. Es hat wohl nicht sein sollen. Du wirst nun auch wieder froh werden, wenn Du Ellinor glücklich sichst — und Du löstest die alten, bösen Sorgen fahren." Er lächelte trübe. „Ja, Kind, wenn Dos Kopf weh quält mich nur immer so," fügte er hinzu, sich über die gefurchte Stirn streichend. „Wenn ich nur die alte Medizin hätte. „Wir wollen Doktor Wertheim bitten, herzukommen, Papa." Er fuhr erschreckt empor. „Um Gott, Käthel Das wäre ja entsetzlich peinlich! Er würde auch nicht kommen." „Er wird kommen, Papa, verlaß Dich darauf. Ich kenne Günther ja. Peinlich wird dies erste Zusammentreffen freilich für uns alle sein, aber wo eS Deine Gesundheit gilt, muß jede andere Rücksicht schweigen. Ich «erde heute noch an Doktor Wertheim schreiben, Popa." Der Commercienroth kämpfte mit sich. „Ich weiß nicht, Käthe, e« ist Aber freilich, wenn er kommen wollte — ich möchte wohl auch einmal mit ihm sprechen — ihm sagen, wie leid eS mir ist, daß " „Ich werde an ihn schreiben, Popa," unterbrach ihn Käthe, „er wird gewiß kommen. Vielleicht heute Abend noch, damit er nicht mit Ellinor zusammen trifft." „Du hast recht, Käthe, schreibe an ihn. Ich muß jetzt gehen, ich habe im Comptoir noch zu thun." Er erhob sich, nahm aber EllinorS Brief noch einmal wieder auf und besah den Stempel. „Wann kam der Brief, Papa?" „Mit der Mittagspost — das heißt wir hätten ihn schon am Morgen hoben wüsten. Der Briefbote entschuldigte sich, das Schreiben hätte sich zwischen eine Zeitung geschoben." „Dann — können sie morgen schon kommen?" „Höchst wahrscheinlich. Wie daS überraschend ist, Käthe, ich kann mich noch gor nicht darein finden. Ich kann nicht sagen, daß mir sehr froh zu Muthc ist." „Aber, Papachen! wenn Dein Liebling kommt?" Der alte Herr seufzte. „Ich wollte, sie käme allein." Er war gegangen, und Käthe setzte sich nieder, um an Doktor Wertheim zu schreiben. Sie wußte, er würde kommen. Er war in erster Linie Arzt, seine persönlichen Interessen, sein persönliches Empfinden kam da nicht in Betracht. Und er kam, denselben Abend noch. Es war einige Stunden später, da meldete daS Mädchen: „Herr Doktor Wertheim!" Käthe war allein im Zimmer, sie empfing ihn. Fast scheu sah sie zu ihm auf. Sein Gesicht war bleich und ernst, aber durchaus ruhig, nichts verrieth eine schmerzliche Empfindung. Es erschien Köthe aber dennoch fremd, sie wußte nicht gleich, worin es lag. Vielleicht, daß der energische Zug um den Mund noch schärfer ausgeprägt war? „Sie wünschten meinen Besuch, Fräulein Käthe? Herr Commercienrath ist doch nicht ernstlich erkrankt?" fragte er freundlich und faßte ihre Hand. Sie sah ihn an, mit Thränen in den Augen. „Ich danke Ihnen, Günther! O, ich danke Ihnen Papa ist nicht gerade krank, Gott sei Dank — aber er leidet doch, er sehnt sich nach seinem alten Arzt, und — nach einem freundlichen Blick von Ihnen, Günther. Dars ich ihn rufen?" Doktor Wertheim nickte stumm, und Käthe entfernte sich. Sie sah nicht, wie er die Lippen fest zusammenpreßte, wie es für einen Moment zornig und schmerzlich aufblitzte in seinen Augen. Als sie zurückkam mit dem Vater, stand er wieder ruhig und unbewegt. Beide Männer drückten sich stumm die Hand; der Kommer- zienrath war zu bewegt, um sprechen zu können. Doktor Wertheim begann auch gleich von dem Zweck seines Besuches, er fragte theilnehmend nach dem Befinden deS alten Henn — die früheren Brziehungen schien er gor nicht berühren zu wollen. Sonst gab er sich aber ganz in der alten Weise, freundlich und herzlich. Er wußte ja auch, daß der Kommerzienrath und Käthe nicht schuld waren an Ellinors B-nehmen. Eine halbe Stunde mochte so vergangen sein, als Doktor Wertheim sich erhob, um sich zu verabschieden. Nun konnte doch der Kommerzienrath nicht an sich halten. „Ich möchte die Vergangenheir nicht gern berühren," sagte er bewegt, „die für uns alle so peinlich ist, aber ich kann nicht umhin, Ihnen zu sogen, Günther, wie schmerzlich es mir ist, daß ich einen Sohn, auf den ich so stolz war, verlieren mußte. Ich weiß wobl, bei wem einzig die Schuld liegt, aber ich weiß auch, daß sich an Thatsachen nichis ändern läßt. Ihnen, Güntber, wünsche ich von ganzem Herzen, daß die Zu kunft Sie entschädigen möge für die bittere Enttäuschung, die wein Kind Ihnen bereitet hat. „Und eins möchte ich Ihnen noch mittheilcn, bevor Sie eS aus anderem Munde erfahren, — meine Tochter — Hot sich wieder verlobt. Sie schrieb es uns heute, morgen schon kann sie hier sein." Doktor Wertheim war doch zusammengezuckt bei dieser Nachricht, aber nur für einen Moment. Im nächsten Augen blicke hotte er sich schon wieder gefaßt, und hochaufgerichtet, sprach er mit unbewegter Stimme seinen Glückwunsch. Käthe geleitete ibn bis zur Thür, und da faßte sie noch einmal seine Hand. „Verzeihen Sie, Günther, und grüßen Sie Ihre Mutter." Der junge Arzt hatte sich schnellen Schrittes entfernt und Sieg nun die letzten Treppenstufen hinab, da öffnete sich ihm gegenüber die schwere HauSthür, und rin Herr und eine Dame rroten herein. Günther Wertheim stand plötzlich wie angewurzelt. DaS Helle Licht der Gasflamme beleuchtete scharf die vor ihm stehenden Gestalten und fiel auf Ellinors lieblichen, schreck« erstarrten Züge. Sekundenlang ruhten ihre Blicke ineinander, bann liste sich die kräftige Männerhand von dem Treppenge länder und mit höflich kühlem Gruß trat er zur Seite, um dem Paare Platz zu machen. Noch ede Ellinor bereits einen Schritt gethan, hotte er bereit- das Hau« verlassen und war auf die Straße hinausgeeilt. „Willst Du nicht meinen Arm nehmen, Elli?" Diese Frage ihres Begleiters riß sie endlich aus ihrer Starrheit empor. — Mit hörbarem Aufathmen trat sie zur Seite. „Bitte, geh vorauf, die Treppe ist etwas schmal. „Ich folge Dir." — Sie hätte die Hand nicht auf seinen Arm legen können, sie zitterte zu heftig, als sie jetzt das Treppen geländer umspannte. Oben an der Treppe kam ihnen das Mädchen entgegen. »Ist Herr Kommerzienrath im Wohnzimmer, Anna? DaS Mädchen starrte sie an, sic und den blonden, hoch- gewachsenen Mann an ihrer Seite. Ein Ausruf der Ueber- raschung drängte sich auf ihre Lippen, aber eine Bewegung Ellinor« hielt ihn zurück. Sie knixte nur und trat zur Seite. „Der Herr ist im Zimmer." Ellinor zog ihren Begleiter mit sich fort. Vor einer der zunächstliegenden Thüren hielt sie an, athmete tief und öffnete dann. — Sie ließ den Herrn vortreten. „Das ist Papa," sagte sie hastig, auf den Kewmerzienroth zeigend, „bitte, sprich mit ihm — ich komme später." — Sic zog die Thür wieder hinter ihm zu, und da stand er nun, der große, schlanke Monn n dem matt erhellten Raume. Er hielt den Kopf etwas vor. geneigt, eine leichte Verwirrung lag auf seinen Zügen. Die Hand, die den Hut hielt, zuckte nervös. „Herr Kommerzienrath Sander?" fragte er dann und trat etwas vor. Der alte Herr verneigte sich. „Mein Name ist Erich Walther, Doktor der Philosophie. Ich stehe vor Ihnen als Bittender, Herr Kommerzienrath. Sic wissen wohl schon, um was es sich handelt." Aber der alte Herr schien nichts zu «iffen, er sah ganz verständnißloS zu dem Besuch hinüber. Das konnte doch nicht nein, eS war nicht möglich, erst morgen konnten sic kommen. Er hattc Ellinors lcise Worte vorhin nicht gehört. „Entschuldigen Sie, aber ich weiß wirklich nicht —" „Ihr Fräulein Tochter hat Ihnen doch gewiß geschrieben, daß — daß ich kommen würde, Eie um Ellinors Hand zu bitten." „O, — ich b'tte um Verzeihung!" Der Kommerzienrath trat näher und reichte seinem Be suche freundlich die Hand. „Wollen Sie nicht gefälligst Platz nehmen? Meine Tochter hat mir allerdings geschrieben," er zeigte auf den Brief, der noch auf dem Tische lag, „ober sie hat in der Hast und Aufregung Ihren Namen zu nennen vergessen. Sie hat Sie nur als „Berühmtheit" bei mir ringeführt." Doktor Walther lachte leise auf. „Da« ist allerdings eine etwas mangelhafte und auch nicht ganz zutreffende Vor ¬ stellung. Berühmtheit? Man hat die Gewogenheit gehabt, einige schriftstc'-erische Arbeiten von mir besonder« freundlich aufzunehmcn — das ist Alle«. Sie werden mir nun schon erlauben müssen, daß ich dieser lückenhaften Vorstellung elwaS nachhelfe. Mein vornehmlicher Beruf ist die Schriftsteller«, daneben bin ich aber auch noch Kaufmann, freilich nur dem Namen nach. Die Firma Walther und Comp. wird Ihnen bekannt sein. Ich dm der Inhaber dieser Firm«, indetz nur noch stiller Thellhaber, kann aber jeden Augenblick, wenn die Schriftstellerei mir nicht mehr gefällt, wieder thätig mit cio» greifen. Wenn daS auch nun sobald nicht der Fall sein wird, so wag Ihnen da- für die Zukunft Ihrer Tochter immer eine bedcutendc Gewähr leisten. Jedenfalls wird diese Zukunft ohne pekuniäre Sorgen sein. Anderweitige Auskunft über meinen Charakter, meine Lebensführung werden Sie überall in Berlin erhalten können. Ellinor hat Ihnen einige empfehlende Zeilen der Familie Braun zu übergeben.' „Ellinor? Ist sie mitgekommen? Wo ist sie?" fragte der Kommerzienrath erregt. „Wir erwarteten fic eigentlich erst morgen dem Briefe nach." „W'r hatten beide keine Ruhe mehr," war die lächelnde Erwiderung. „Ellinor hält sich jetzt noch versteckt, bi« der Popa seine Zustimmung gegeben. Darf ich hoffen, Herr Kommerzienrath? Es wird wein eifrigstes Bestreben sein, Ihle Tochter glücklich zu machen." Herr Sander reichte ihm bewegt die Hand. „Mag es denn sein, wenn Ellinor es will — und möge der Himmel diesen Bund segnen!" — Er schaute plötzlich suchend umher — „Aber wie ist mir denn? Ich meine doch, meine Tochter sei hier gewesen? Käthe, Käthe!" „Hier, Papa!" — Das klang da aus der Fensternische her, im Hintergrund des Zimmer«. Und da kam sie heran, langsam, als ob Bleigewichte an ihren Füßen hingen. Und nun stand sie vor dem Manne, bleich bis in die Lippen. Eis kalt war die Hand, die sie in seine Rechte legte. „Herr Doktor Walther, ich heiße Eie als — Bruder herzlich willkommen!" Wie rauh, wie gepreßt die sonst so klare Stimme klang. Ob das die tiefe Bewegung that? Der Commerc enrath war davon überzeugt. Er stand mit dem Rücken nach dem Licht und konnte nicht in ihre Gesichter sehen. Eo bemerkte er auch nicht den fast versteinerten Ausdruck in dem Antlitz des Manne«, die geöffneten Lippen, über die sich ein Laut, ein Name drängen wollte. Er sah nicht in Käthe» Augen, die sie voll zu dem Manne aufgeschlagen hatte, den ängstlich beschwörenden Blick. Er dachte nur, wie die beiden hohen, schlanken Gestalten so schön zu einander paßten. Und dann fiel ihm plötzlich ein, daß er Ellinor suchen mußte. .Ich hole sie!" rief er fröhlich. Der blonde Mann gefiel ihm gut. „Ich hole sie, einen Augenblick." Und nun kam der Name doch über seine L'ppcn. „Käthe — Käthe! Ist'« möglich? Jst's kein böser Spuk? Du? Du? Traum meiner Jugend? Und jetzt mutz ich Dich finden — so muß ich Dich finden, Großer Gott!" Der starke Mann zitterte wie im Fieberfrost, seine Finger spannten sich mit kromptdastem Druck um die swlankc MSdchenhand. „Käthe, Käthe — jetzt? und wie habe ich Dich gesucht!" Sie sagte nichts, sie hatte den Kopf tief auf die Brust gesenkt. Sie meinte zu sticken an der Qual, aber kein Laut kam über ihre Lippen. Sie biß die Zähne darauf, so fest, daß sie sich blutig färbten. Und dann hob sie das G-stcht. Wie leidenschaftslos, wie unbewegt uns doch wie schön in dieser keuschen Ruhe! -Ich 8'üße Eie, Erich, al« den Freund, al« die liebste Erinnerung meiner Jugend, und ich freue mich, daß wir uns noch einmal uiederskhen, jetzt als ernste, gereifte Menschen, zehn Jahre sind darüber hingegangen, und wa« wir damals waren, sind wir jetzt nicht mehr — ich war damals ein so thörichteS Kind. Mit der Zeit wird Alle« anders. Mit der Jugend verrauschen auch die Wünsche. Nur die Sympathie bleibt — wir wollen Freunde sein, Erich — treue Geschwister. Doß wir un« früher gekannt — das bleibt unser Geheimniß.' Er erwiderte nichts, er sah sic ganz verständnißloS an. So konnte sie zu ihm sprechen, so? Wo «ar sein Traum ge- dliebcn? Aber sie hatte recht. Er war ja der Verlobte ihrer Schwester, wieder gefesselt wic damals. Er trat zurück von ihr. Ec fuhr sich mit Hand über die Stirn, wo war seine Besinnung geblieben? „Du host recht, Köthe, ganz recht I Damals warst Du ein thörichteS Kind — jetzt bist Du ein ruhiges, beherrschte« Weib geworden. Es ist ander« al« damals. Nur ich — gc- effelt wie damals, und — Er wandte sich heftig ad und preßte die Hände gegen die Schläfen. — Da trat er wieder zu ihr, mit erzwungener Ruhe. „Ich will'« versuchen, Käthe, aber — meineidig werd' ich nicht!" Da kam der Commercienrath wieder herein. „Ich kann Ellinor nirgend finden," klagte er, „willst Du nicht einmal nachsehen, Käthe?" „Gewiß, Popa, sogleich!" — Eilend ging sie fort. Sie mußte Luft hoben, Luft — sie hielt e« nicht mehr aus. Sie wollte die Schwester suchen, aber sie kam nicht «eit. Sie hatte kaum zehn Schritte gemacht, da mußte sie sich an die Wand lehnen, es drehte sich alle« mit ihr. Daß sie jetzt kerben könnte! Daß alles, alle« au« wäre! Wie ein Schleier egte es sich über ihre Sinne — stc wußte nichts mehr, nicht«, als daß da« Herz ihr so weh that. Dann riß der Schreckensruf des Mädchens sie empor. „Um Gott, Fräulein Käthe, was ist Ihnen?" Sie sah sic an, wirr, wic im Traum, sie strich sich mit der Hand über die Stirn. „Nicht-, Anna, e« war im Zimmer o heiß, mir wurde schwindelig. Hast Du nichts von meiner Schwester gesehen? Ich suche sie." „Fräulein Ellinor muß nach oben gegangen sein, soll ch Ihnen nicht ein Glas Wasser bringen, Fräulein? Eie ehen zum Erschrecken blaß au«.' Käthe schüttelte den Kopf. „Ich danke Dir, Anna, e« st nicht nithig. Willst Du für etwas Warmes zum Abend- >rot sorgen? Wir haben Besuch." Und dann ging sie hinaus. Vor der Thür ihre« gcmcin- chaftlichen Zimmers blieb sie einen Augenblick stehen. Sie