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KOMM für MckN Beilage zu Nr. 85- Sonnabend, den 21. Juli 1900. einen Körpers größer — Sieben lehn, 18. Juli. Gestern Abend badeten zwei junge Leute in der Mulde am Wehre der Beiermühle. Einer der Beiden fand hierbei seinen Tod. Der Verun glückte ist das einzige Kind des Schneidermeisters Geb geschlecht, das einstweilen zur Mitwirkung, später zur Ab lösung berufen ist. Sie besteht in der Abweisung aller hemmenden Fesseln, um zur völligen Freiheit der Ent wickelung und zur Ueberwindung der widerstrebenden grafte zu gelangen. Welche Fesseln sind das? Es ist der drückende Mängel an Geldmitteln zur völligen Durch führung des als richtig Erkannten, aber auch die im trotz- >gew Mißtrauen gegen geistig gewecktere oder wirthschaft- uch bessergestellte Kreise vielfach absichtlich verschärfte Ab- schUeßung, das kurzsichtige Festhalten an Mängeln im Be tnebe, und nicht zum wenigsten endlich der Starrsinn, die Rechthaberei, die Eigenliebe, das Mißtrauen. Wie viele Geschlechter werden an dieser Aufgabe zu arbeiten haben? Kemer weiß die Antwort. Doch Niemand soll ihre end liche Erfüllung bezweifeln. Lege nur ein Jeder die Hand an's Werk, bringe Jeder das Beste von feinem Können oder Wissen dar, so wird das prophetische Wort unseres Turnvaters sich erfüllen: Das Turnen aus guter Quelle entsprungen, wallt jetzt als freudiger Strom durch Deutsch lands Gauen. Es wird künftig ein verbindender See werden, ein gewaltiges Meer, das schirmend die heilige Grenzmark des Vaterlands umwogt! wird auch der eine Badende länger im Wasser verbleiben können als der andere. Für alle aber ist die Zeit ge kommen, das Bad zu verlassen, sobald sich auf der Körper oberfläche jene Erscheinung zeigt, die man Gänsehaut zu nennen pflegt. Dann giebt der Körper selbst einen Wink, daß sein Wärmectat in's Schwanken gerathen ist und eine weitere Herabsetzung der Temperatur schädliche Folgen zeitigen kann. Bei der gegenwärtigen Temperatur des Wassers dürfte es lange dauern, ehe die Gänsehaut zum Vorschein kommt. Nach dem Baden soll man sich nicht am Biertisch niedersetzen, sondern einen gemächlichen Spa ziergang unternehmen, damit durch diese mäßige Bewegung die Rückkehr zu dem normalen Zustande angebahnt und unterstützt wird. — Nach einer Anordnung des Landesconsistoriums sollen in das bei den Vormittags-Gottesdiensten nach der Predigt zu verlesende allgemeine Kirchengebet bis auf Weiteres nach der Fürbitte „Beschütze die deutsche Kriegs macht zu Wasser und zu Lande" die Worte eingeschaltet werden: „Nimm insbesondere in Deinen gnädigen Schutz unsere in fernem Lande im Kampfe stehenden Brüder und Die, welche jetzt hiuausgesandt werden, um dort mit den Waffen für die Ehre und das Wohl unseres Volkes ein- zustehen. Laß sie auf den Wogen des Meeres und in mitten der Feinde Deine allmächtige Hilfe erfahren. Schenke ihnen Sieg und glückliche Heimkehr und mache uns ernst und treu in dieser ernsten Zeit!" — Die deutsche Turnerschaft begeht am näch sten Sonntag die Feier ihres 40jährigen Bestehens. 1860 erschollen aus dem Schwabenlande die Ruse zur Samm lung und Coburg war die Stadt des ersten deutschen Turn- und Jugendfestes. Zur Erinnerung an diesen Zu sammenschluß und an die Begründung der deutschen Tmnerschast findet nächsten Sonntag ein großes Turner fest des 13. deutschen TurnkreiseS (Thüringen) statt, das zu gleich als officielles Erinnerungsfest begangen wird. Das deutsche Turnen selbst besteht ja schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts, seitdem Friedrich Ludwig Jahn ans der Hasenhaide bei Berlin den ersten Turnplatz eröffnete. Ein Rückblick und Ausblick über die Entwickelung des deutschen Turnens dürfte bei den bevorstehenden Fest tagen berechtigt sein, zumal auch unser sächsischer Turn kreis diesen Tag durch Abhaltung eines großen Turn festes in Meißen begeht. (Der Wilsdruffer Turnverein wird durch einige Vorturner vertreten sein.) Die ersten 100 Jahre des deutschen Turnens kann man in vier Ab schnitte zerlegen: in die Jahre seiner Begründung und ersten Ausbreitung — die Zeit der stillen, verborgenen Thätigkeit während seiner Verbannung aus der Oeffent- lichkeit — seine Rückberufung und Anerkennung durch die staatliche Macht — endlich sein Aufschwung in der neuen Aera und das siegreiche Vordringen in Schule und Verein. Zwei Geschlechter waren es, die an seine Entwickelung ihre Kraft setzten. Von den Zeitgenossen und Mitarbeitern Gutsmuths und Jahns, die als treue Gesellen der Bau meister verftändnißvoll bereu Pläne ausführten, weilt keiner mehr »nler den Lebenden; das Geschlecht derer, die den Geist der deutschen Turnkunst von ihnen empfingen und in gewissenhafter Ueberlieferung an die Nachgeboreneu zu vererben suchten, steht noch in einer Reihe stattlicher Ver- Auvze Chronik. Eine Mutter und zwei Kinder vergiftet. Wie aus Hannover vom 18. Juli gemeldet wird, vergiftete sich daselbst die Ehefran des Schutzmanns Heinrichs nebst ihren beiden Kindern. Beweggründe für die That sind unbekannt; allerhand Gerüchte sind sämmtlich unrichtig. Unglück ans der Jagd. München, 18. Juni. Der Universitätsprofessor Heinrich von Ranke, Direktor der hiesigen Kinderklinik, stürzte aus Gut Laufzorn bei der Rehjagd ab und wurde mit drei Rippenbrüchen, sowie Schulterwunden bewußtlos aufgefundeu. Einbruchsdiebstahl. Im Hause des deutschen Lega- tioussecretärs zu Kopenhagen, Grafen Ouadt-Wickradt- Jsuy wurde am 17. dss. ein großer Einbrnchsdiebstahl verübt, wobei Gegenstände im Werthe von 10000 Kronen abhanden kamen. Der Dieb, ein schon bestraftes Indivi duum, wurde verhaftet. Die Pest in der Türkei. Aus Konstantinopel wird uuterm 19. Juli gemeldet, daß die bakteriologische Untersuchung eines in Beirut vorgekommenen Pestfalles ergeben Hal, daß es sich thatsächlich um Pesterkranknng handelt. Unfall beim Scharfschießen der englischen Miliz- Artillerie. Von Queenstown wird gemeldet, daß am Montag Morgen auf dem Camden-Fort während der Schießübungen der Miliz-Artillerie die Kartusche im Laufe eines Vierzig-Pfünders explodirte, bevor der Verschluß gesickert worden war. Der letztere wurde vom Rohre abgerissen, tödtete zwei Kanoniere und verwundete drei andere sehr schwer und sieben Unteroffiziere und Mann schaften leicht Die Geschützmannschaft soll selbst die Schuld an dem Unglücksfalle tragen, da sie bereits von dem aufsichtsführenden Offizier vorher wegen unaufmerksamer Bedienung ihres Geschützes getadelt worden war. Die russische Presse. Dem „Hannov.Cour." wird von zuverlässiger russischer Seite gemeldet, vorgestern habe die oberste russische Ceusurbehörde allen russischen Zeitungen gemessene Befehle zugeheu lassen, „nichts Nachtheiligcs über die Haltung und Thätigkeit Deutschlands in Bezug auf die chinesischen Wirren zu veröffentlichen." Vaterländisches. "us dein Leserkreise sind der Redaktion stets willkommen. .E Einsenders bleibt unter allen Umstünden Geheimniß der Mtamon. .lnonmne Zuschriften können nicht berücksichtigt werden.) Wilsdruff, 21. Juli 1900. — Wir verfehlen nicht, auch an dieser Stelle nochmals mrauf hinzuweisen, das am Schützenfestsonntag ein Sonder- !»a von Wilsdruff nach Potschappel-Dresden verkehrt. Dieser üug verläßt Wilsdruff 10 Uhr 35 Aliu. Abends md trifft iu Dresden-Hauptbahuhof 11 Uhr 38 Min. ein. — Manch' heißer Schweißtropfen fiel gestern Mittwoch Nachmittag auf dem Schützenplatz zur Erde, als die Mann schaft und namentlich die uenen Rekruten derBürgcrschützen- gilde nach langer Pause wieder einmal seitcu des Offiziers corps „gedrillt" wurden. Doch der meben- und Gamb- liiiussaft spendeute Keller des Herrn Schützenhausbesitzer Schumann hatte ein Einseben und stillte die schmachtenden Kehlen. Das prächtige Wetter, welches der Auszug der Schützenbrüdcr und das Konzert der Stadlkapelle sowie der Aufenthalt aupdem Fcstplatzeverherrlichtc,wareinfchöner An fang der fröhlichen bevorstehenden Stunden der Gilde. Hoffen und wünschen wir, daß der verehrten Schützeugilde weitere fröhliche und von gleichem Wetter begünstigte Tage be- sthieden sein mögen. Kühle Zimmer tin Gommer. Wenn die Sonne es recht aut meint wie in den letztverflosseuen Tagen, und die schwüle Luft 'die Temperatur noch harter empfinden läßt, dann dürfte es wohl zweckmäßig sem, an die Vor lreter mitten unter uns. Aber wie lange noch? Dann wird man sie ängstlich zählen. Zwei werthvolle Lehren gab uns dieses erste Jahrhundert deutschen Turnwesens. So gewiß, wie im Nachwuchs des Volkes sich das Vaterland verjüngt, so gewiß ist die Reinhaltung der Turnkunst durch die mit Bewußtsein festzuhaltende vaterländische und volksthümliche Natur und Richtung ihres Wesens bedingt. Zum andern ist nicht minder gewiß, daß nichts die Turn sache so zu hemmen, ja nichts ihr mehr zu schaden vermag, NUNN ourkie cs wum z.-—--- - ' . -- als ihr politischer Mißbrauch, ihre Verirrung auf den schriften mr Erbaltnna eines kühlen Zimmers zu erinnern, haßerfüllten Tummelplatz der Parteien! Und eme große Die erste Hauptsache wenn morgens der Thermometer Aufgabe hinterläßt das Jahrhundert dem dritten Turu- draußen höher steigt' als die Stubentemperatur, fft die ..... s^.. ..... mn. Fensterflügel schließen. Kommt daun die Sonne, so sind Roleaux oder Jalousien herabzulasfen, doch ;a nicht bei geöffnetem Fenster, denn sonst kommt die Hitze doch m S Zimmer. Ist die Sonne fort, so bleiben die neuster immer noch etwas geschlossen, bis draußen das Thermometer ein wenig gefallen ist. Darauf erfolgt die Oeffnuug und zwar, was die zweite Hauptsache, der oberen Fensterflügel. Ein Oeffncn der unteren Fensterflügel, wie es der Bequemlich keit wegen in der Regel geschieht, hat keinen besonderen Nutzen. Die warme Luft im Zimmer ist besonders oben an der Decke. Diese Luft muß zuerst hinaus. Sie thut uns aber nicht oen Gefallen, nach unten zu kommen, sie will oben hinaus, darum müssen die oberen Fensterflügel geöffnet werden. Kann man bann für kurze Zeit Zugluft veranstalten, so wird der Erfolg sicherlich nicht auf sich warten lassen. — Wie lange soll man im Bad bleiben? Bei der jetzt herrschenden Hitze ist das schönste Vergnügen ein kühlendes Bad. Dabei ist jedoch die Frage von Wichtig keit, wie lange man im Bad bleiben darf. Im Allge meinen läßt sich darauf erwidern, daß der Aufenthalt im Bade desto kürzer zu gestalten ist, je kälter das Wasser ist. Der Wärmeverlust soll eben nicht über die Grenze des Zuträglichen hinausgehen. Da die Ersatzfähigkeit des ist als diejenige des Anderen, so Hardt iu Siebenlehn, der vor wenig Jahren seine Frau verlor. Die Leiche ist erst heute Nachmittag gefunden worden. — Dresden, 19. Juli. Der Einweihung der neuen Garnisonkirche wird im October der Deutsche Kaiser und der gejammte sächsische Königshof beiwohnen. — Dem Hauptvereine der Evangel. Gustav Adolf-Stiftung sind für sein Liebeswerk an den Glaubensgenoffen in der Diaspora 3000 Mk. von Frl. Agnes Pietsch und 300 Mk. von Frau Julie verw. Hauptmann v. Witzleben testamentarisch aus gesetzt worden. — Das XIII. Deutsche Bundesfchießen wird genauer Berechnung nach ohne Deficit abschließen, da zahlreiche Firmen ohne hohe Kostenberechnung zur Aus gestaltung des Bundesschießens beigetragen haben. — In der Antonstadt verstarb gestern Abend ein des Tages zuvor von seiner Mutter aus Unvorsichtigkeit mit heißer Milch verbrühtes dreiviertel Jahr altes Mädchen. — Ein Sergeant in Dresden, der dieser Tage mit dem Expeditions-Korps von Dresden abfuhr, ließ sich am Montag erst noch mit seiner Braut trauen. — Das Königliche Ministerium des Innern ernannte den Präsidenten des Deutschen Stenographenbundes, Herrn Gymnasialoberlehrer Or. phil. E. Clemens-Wolfenbüttel, an Stelle des verstorbenen Ober-Regierungsrathes Pro- feffor Heinrich Krieg zum Vorstand der Wissenschaftlichen Staatsanstalt für Stenographie, des König!. Sächs. Ste nographischen Instituts zu Dresden. — Dresden, 18. Juli. Der Präsident der fran zösischen Republik verlieh Herrn Oberbürgermeister Geh. Finanzrath Beutler den Orden der Palme unter Ernen nung zum Offizier der Akademie. Diese Auszeichnung wurde ihm in Anerkennung feiner außerordentlichen Ver dienste um das Zustandekommen der französischen Abthei- lung auf der „Internationalen Kunstausstellung Dresden 1897" zu Theil. — Bei dem Grabe seines Vaters erschoß sich gestern auf dem Tolkewitzer Friedhöfe ein in Metz dienender Soldat. — In der Nähe der „Saloppe" suchte eine Frau mit ihren zwei Kindern in der Elbe den Tod Ja der Nähe befindliche Fährleute nahmen sofort Ret tungsversuche vor, die auch von Erfolg begleitet waren. Die lebensmüde Frau und ihre Kinder wurden noch le bend den Fluthen des Stromes entrissen. — Die Unter offiziere und Mannschaften der 3. und 4. Kompagnie des 2. Ostasiatischrn Infanterie-Regiments veröffentlichen heute folgenden Dank: „Die heutige nach China abgehende Ex pedition bedankt sich herzlichst für die Blumenspenden, welche ihr zu Theil wurden, als sie die Stadt verließ. Der Abschied war uns nicht leicht, aber wir gehen gern, aus Liebe zu unserem Vaterlande. Hoffentlich kann ein Theil der zwei Compagnien wieder in Dresden einziehen. Dem Tapferen gehört die Welt! Die Unteroffiziere und Mannschaften der 3. und 4. Compagnie des 2. Ostasta tischen Jnf.-Ngts. — Unterhalb der „Rothen Schänke" wurde gestern ein 17jähriger polnischer Arbeiter so un glücklich überfahren, daß er alsbald darauf seinen Geist aufgab. — Gestern Vormittag in der elftenStunde, wurden die hier wohnhaften Schwestern Hase von einem Gendarmen in ihrer Wohnung verhaftet. Die beiden Schwestern haben einen auf dem Pferdebahn-Depot Trachenberge beschäftigten jungen Menschen, nachdem sie ihn in verschiedene Ver gnügungslocale mitgenommen, iu denen er tüchtig fpeu- diren mußte, um 65 Mark erleichtert. Sie lockten ihn in ein Kornfeld zwischen der Saxoniamühle und dem Ge meindeamt Mickten und nahmen ihm nach verzweifelter Gegenwehr das Geld ab, nachdem sie ihm Sand in die Augen gerieben hatten. Die beiden Räuberinnen wurden jedoch von vorübergehenden Arbeitern erkannt und verfolgt. Die Sache dürfte ein sehr böses Nachspiel für diese eigen artigen Vertreterinnen des „schwachen Geschlechts" haben. --- Dresdner Landgericht. Vom Schöffengericht Wilsdruff wurden der aus Opitz gebürtige, in Wils druff wohnhafte, schon oft wegen Gewaltthätigkeitsdelikten vorbestrafte Handarbeiter Ernst Max Weichold zu drei Wochen Gefängniß und 2 Tagen Haft verurtheilt, während sein Komplize, der Handarbeiter und Tischler Schuster 4 Wochen 3 Tage Gefängniß und 4 Tage Haft erhielt. Währenv sich Schuster der wohlverdienten Strafe unter warf und dieselbe verbüßt hat, beantragte Weichold die Berufung, so daß die ganze Angelegenheit vor die 4. Feriensirafkammer des Dresdner Landgerichts als Beruf ungsinstanz verwiesen und zur Verhandlung kam. Durch die ziemlich umfangreiche Beweisaufnahme, zu welcher mehrere Zeugen geladen waren, wurde Folgendes festge stellt. Am Abend des 17. März waren Weichold und Schuster in der Restauration von Knäbel in Wilsdruff woselbst beide Bestrafte durch ihr ungebührliches Beneh men bei den Gästen Aergerniß erregten. Einer der An geklagten machte sich sogar dahin schuldig, der Kellnerin, die sich auf den Stuhl setzen wollte, den Stuhl wegzu- zieheu, sodaß dieselbe auf der Boden stürzte. Durch diese Unverschämtheit entstand unter den Gästen eine allgemeine Entrüstung, sodaß der Wirth sich veranlaßt sah, den Störenfrieden sein Lokal zu verbieten. Dieser Weisung kamen die Angeklagten nicht nach, sondern lärmten fort, woraus Herr Knäbel die Polizei herbeiholte. Herr Wacht meister Philipp kam sofort mit dem Schutzmann dem Wirth zu Hilfe und gebot den Leuten, sich zu entfernen. Die APeklagten kamen auch dieser Anordnung nicht nach,