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Zweites Blatt. Marandt, Dollen, Sieöenteßn und die Umgegenden. -q-O-D- Amtsblatt ^ür die Agl. 2lmtshauptinanAschaft Aleiszen, für das Agl. 2lnüsgericbt und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. ^orstrentalnt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkcnbain, Blankenstein, Braunsdorf, Bnrkhardtswaide, Groitzsch, Grumbach, Grand bei Mohorn, Helbigsdorf, Hrrzogstvalde mit Landberg, Huhndorf, Kambach, Kesselodors, Kleinschönberg, Klippyauien, Laarpersdori, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu» tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Möhrsdorf bei Wilsdruff, Noiyich, Nothschönbera mit Perne, Sachsdor' Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdors, Steinbach b. Moborn, Seeligstadt, Svechtsbauien. Taubenbeun, Ilnkersdori, Weistrovv ibUldbera. -Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Pon bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags Uhr angenommen. - Insertionspreis 1.0 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Nerqer in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berqer daselbst. No 85. Sonnabend, den 2l. Juli 1900. 58. Jahrg. Zum t». Sonntage nach Trinitatis. Galater 3, 27: Wie viele euer ge- taust sind, die haben Christum angezvgen. - Was ist dir, lieber Leser, die Taufe? Den aller-j meisten Leuten ist sie heute nur eine mehr oder minder! feierliche Ccremonie, die sich für einen jungen Weltbürger' schickt, wie für ein junges Paar die Trauung. Biele im Volke haben sich ganz von ihr losgemacht und lassen ihre Kinder einfach nngetanfl. Daneben finden sich im Osten und Westen des Vaterlandes ernste Christen, die von der Taufe an sich sehr viel halten, aber die Kindertansc ver werfen oder mit scheelen Augen auschen. Wieder andere rühmen die Kindertansc hoch, die aus kleinen „Heiden" erst Christen mache. Die Lutherischen fordern die Nothtaufe; die Resormirten wollen nichts von ihr wissen, so wenig wie von der Hauslaafc. D e chriechischen Katholiken er klären nur di e Taufe für giltig, die durch Untertauchen vollzogen wird, tteberall verschiedene Farmen, verschiedene Anschauungen, verschiedene Lehren! Für gläubige Christen sind die Aussagen der heiligen Schrift maßgebend. Eine der wichngsten ist Galater 3 Vers 27. Wörtlich lautet sie: So viele von euch auf Christum gelaust sind, habt ihr Christum ungezogen! Was kann das anders besagen, als daß in der Taufe der Herr Christus sich aufs innigste mit dem Täuf ling vereinigt und verbindet? — Ob der Täufling Kind^oder Erwachsener ist, dürfte Nebensache sein, ebenso die Frage, wie sich diese Bereinigung vollzieht. Laß dar über die Theologen sich unterhalten und halte du dich daran, das; dein getauftes Söhnchen oder Töchterlein kraft der Taufe eine Rebe am Weinstocke geworden ist, ein Glied an dem Leibe, dessen Haupt Christus ist, ein Schäflcin der Herde des guten Hirten, denn „cs hat Christum ungezogen". Damit hat es denn auch Erbrecht im Himmel, Gnade auf Erden und die Zusicherung, daß Jesus Christus Alles aufbieten wird, um cs hier glücklich, dort selig zu machen. Ist das nicht übergenug? s'ist einer, der nimmt das schwache Reis In die Hand, Er nimmt und pflanzt cs in treuer Weih' In das Land. Er pflanzt es an Wasserbacht hm,^ Daß es ewig grüne, das ist tem -sinn. So behütet, muß es gedeihn, Ob im Sturm, ob im Sonnenschein. Die verkrachten Unternehmungen -er pariser Weltausstellung. Wahr ist es, daß Dunk dem internationalen Menschen- slrome der dieses Jahr nach Paris pilgert, die Gastwirthe, Hotelbesitzer, Pensionen, Zimmervermiether rc. in Paris ein recht gutes Geschäft machen, bedeutende Mehreinnahmen erzielen auch die französischen Eisenbahnen, und es ist auch möglich, daß das Weltausstellungsunternehmen an sich in Folge der hohen Platzmiethen und der befonder^ au den Sonntagen sehr bedeutenden Einnahmen an Ein trittsgeldern noch prosperirt oder doch nicht allzuviel Zu schuß ans dem Garautiefonds braucht. Was aber die einzelnen Ausstellungsuntcruehmungen anbetrifft, zumal solche, die auf die Schaulust der Menge spekulirten, so sind auf der Pariser Weltausstellung schon jetzt die meisten als verkracht zu bezeichnen. Woher kommt das? Die Menschen und zumal auch die guten Pariser wollen sich zwar alle gern amüsiren, aber der sogenannte „Klim-Bim", die Spektakelstücke, der Jahrmarktströdel und was sich sonst noch alles an die Ansnellung hängt, sind ihnen theils zu kostspielig, theils zuwider. Dazu kommt, daß die Schaustellungen auf Aeticn überhaupt viel zu theuer wirthschaften und auf fabelhafte Gewinne rechnen. Da muß natürlich der Krach kommen. Gerade die mit größten Hoffnungen in Paris ins Leben gesetzten Schaustellungen, i die sogenannten „Attractions" (Anziehungen) sind meistens verkracht. Bor drei Wochen ist das anläßlich der Welt ausstellung erbaute „Paris im Jahre l400" in Konkurs erklärt morden. Das Aktienkapital dieses Unternehmens belief sich auf 850000 Fres und ist bis auf den letzten Sou verloren. Daß es auch mit der finanziellen Lage der meisten übrigen Attraktionen übel bestellt ist, dürften folgende Zahlen beweisen. Am 3. Juli wurden die Aktien von „Venedig in Paris", welche einen Nominalwerth von 100 Frcs. besitzen, für 16 Frcs. verkauft. Bon dem 1 Million betragenden Aktienkapital sind also netto 90 Proc. verloren. Die Aktien der „Stufenbahn" der Weltausstellung, welche für 100 Frcs. ausgegebeu wurden und vis zu 170 Frcs. stiegen, gelten jetzt nur noch 70 Frcs., Berlust an Kapital 1100000 Frcs. Die Aktien des „Palastes der Optik" von einem Nominalwerth von 150 Frcs. werden jetzt für 40 Frcs. und darunter verkauft. Berlust 500000 Frcs. „Martorama"-Actien sind von 100 auf 45 Frcs. gesunken; Berlust 687000 Frcs. Für das „große Rad" sind Actien für 4 Millionen Frcs. aus gegeben worden; Nominalwerth 25 Frcs., Börsenwerth 5 Frcs., Berlust 3 200 000 Frcs. Die Actien des Theaters Goant-Columbia (Nominalwerth 600 000 Frcs.) haben nunmehr noch den Werth, den ihr Gewicht an Papier darstellt. Eine Reihe anderer Actien dieser Art wird ast der Börse überhaupt nicht gcwcrthet. Im Ganzen haben die „Attraktionen" der Pariser Weltausstellung 45 Mill, gekostet und etwa die Hälfte dieses Geldes kann als ver loren betrachtet werden. Jas Wmul der MilW. Erzählung von E. v. Linden. (Nachdruck verboten.) (Schluß.) „Gut, thue es, dann sind wir geschieden, Tu verläßt mein Hans, wo Du nichts als Unfrieden heraufbcschworen hast. Ich scheue die öffentliche Verhandlung einer Klage nicht, so wenig wie den Skandal der Ehescheidung. Denn so war Du eine Verbrecherin bist an Allem, was dem Menschen heilig sein soll auf Erden, an Mann und Kind, und jener Liebe, die Geschwister miteinander ver bindet, so wahr soll mein Wille fortan gelten in diesem Hause." „Ah, Du zeigst mir die Thür, drohst mir mit einer Scheidung? Ungeheuer, ich gehe noch in dieser Stunde!" Sie erhob sich und schwankte zur Thür. Rambach schaute ihr kalt und ruhig nach, ohne die geringste Be wegung, sie zurückhalten zu wollen. „Du willst keine Aussöhnung mit Deiner Schwester, mit Deinem Schwager, den Du so furchtbar beleidigt hast, Du, die Schuldige," rief er ihr nach, „und doch liegts in Warnthals Hand, Deinen Vater noch im Grabe vor Schinipf und Schande zu retten." Sie wandte sich um und blickte ihn fragend an. „Dein Vater hat vor 25 Jahren mit Dransfeld ver eint die arme Wittwe Seiler, deren einzige Tochter an den jetzigen Förster von Tiefensee verhcirathet ist, um eine Erbschaft von 200000 Thalern betrogen, ohne Warnthal wäre die Klage jetzt schon anhängig gemacht." Bertha, welche den maßlosesten Familienstolz besaß, den sie von der adeligen Mutter geerbt hatte, mußte sich an einem Tische festhaltcu, um nicht umzusinkcn, da dieses der härteste Schlag für sie war. Mit einem Blick finsteren Hasses schwankte sie hinaus. Rambach horchte athemlos, er hörte ste aufs Zimmer gehen, die Thür hinter sich verriegeln und athnrete er leichtert, obgleich er befürchtete, daß sie sich ein Leid an- thun könne. Doch fühlte der Bürgermeister eine Genug- thuung in sich, wie noch niemals seit seiner langjährigen richterlichen Thätigkeit, wußte er doch, daß ihr llebermuth und der Hochmuth ihres Herzens gebrochen sei, vielleicht, so hoffe er, für immer. (24. Kapitel.) Hochzcitsju bel. Auf Tiefensee herrscht Jubel und Freude — die Söhne waren hcimgekehrt von ihrer Reise und Wolfgang mit ihnen. Richards Glück wurde durch Frau Angela's Freude, als sie von ihm selber den Schwur ewiger Vergessenheit jener Erbschaft erfuhr noch erhöht und die Sonne schien wieder hell und glänzend über Tiefensee und seinen schönen Wald, von dessen herrlichen Bäumen jetzt kein einziger gefällt wurde. Dransfelds Tod hatte keinen Schatten hinwerfen können, er ruhte in der Gruft. Nur einen Moment schien sich die Sonne mit Wolken zu verhüllen, in jener un seligen Stunde, als Emmy mit des Bürgermeisters Bei stand nach D. zurückkehrte und der Eröffnung des Testa ments beiwohnte. Dransfeld hatte sich im Tode für alle Qualen, welche er im Leben durch dieses Weib im Leben erduldet gerächt, indem cr ihr Heimsen als Wittwensitz vererbt und sein ganzes Baarvermögcn der Kirche vermacht hatte. Emmy gcrieth in eine Art Raserei bei diesem ver nichtenden Schlage, der ihrem verschwenderischen Leben plötzlich ein Halt gebot. Von der Höhe des Glanzes herabgestürzt, sollte sie von den schmalen Einkünften jenes Gutes fortan existiren, womit sie selber den verhaßten Warnthal hatte stürzen wollen. Die Nemesis hatte sie mit der eigenen Waffe ge schlagen ! Das konnte die Stolze nicht ertragen, ihr Verstand verwirrte sich und eines Tages mußte Bertha es mit an sehen, wie ste tobend und mit zerrissenen Kleidern aus der Stadt gebracht wurde, um einem in einer fernen Provinz befindlichen Jrrenhause übergeben zu werden. Richard war in Begleitung des Vaters und der Schwester wieder nach Amsterdam zurückgekehrt, wo die Hochzeit in aller Stille geleiert wurde. So wünschte es Falk, — eine eigentliche Feier sollte erst auf Tiefensee stattfinden, wohin sie alle wenige Tage nach der Hochzeit aufbrachen, da der alte Mann sich keine Minute von seinen Kindern mehr trennen wollte. Daß die Hochzeit trotz alledem fröhlich genug war, läßt sich denken, zumal die Mutter Roebuck und Kapitän Tyrius und vor allen Dingen der wieder genesene Wilm das Fest verherrlichten. Der alte Wilm war der Lustigste von Allen, sein Todfeind lebte nicht mehr, er hatte, wie er meinte, die Genugthuung einer vollständigen Rache gehabt, und konnte sich jetzt erst seines Lebens so recht wieder freuen. Welch' einen großen Dienst er seinem Gönner Falk, der ihm eine kleine Pension bis an seinen Tod ausgesetzt, damit geleistet hatte, konnte der ehrliche Wilm freilich nicht ahnen, dcnn erst mit Commius Tode war der schwerste Alp von des armen Falks Brust ge wälzt worden. Mit tausend Grüßen von Mutter Roebuck beladen, verließ die kleine Karawane Amsterdam und traf wohl behalten auf Tiefensee ein, wo der festliche Empfang ihrer harrte. Eine Kanone aus dem Befreiungskriege begrüßte sie donnernd, während der Wald seinen letzten Herbst- schnck hatte hergebcn müssen, nm das Gut, sowohl wie das Forsthaus herauszuputzen. Am nächsten Tage war ein Fest, wie man cs in Ticfensee noch nie gesehen, Warnthals und seiner Angela silberner Hochzeitstag wurde gefeiert, womit zugleich Hell bergs Silberfeier noch einmal verbunden werden sollte. In der Kapelle des Herrenhauses war der Altar reich mit Blumen und Lanbgewinden geschmückt.