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MnM ff, MM Beilage zu Nr. 14. Donnerstag, den 1. Februar 1900. ' Auf die Monate Februar u. März werden Bestellungen auf das MOMl sm DMuff ctc/ mit „landrvirthschaftl. und rünstrirter 8seitkgev Sonntagsbeilage mit Mo-enbeilags", sowie »Ziehnngslistsn derNgl. Säet^f Lan-eslstterie" für die Stadt Wilsdruff bei unterzeichneter Geschäftsstelle zu 87 pfg, für auswärts bei allen Kaiserl. Postämtern und Landbriefträgern zu 1 !Nk. 7 pfg. angenommen. Geschäftsstelle des Amts- und Wochenblattes für Wilsdruff. Der Nohlenarbeiter-Ausstand in Oesterreich. Die soziale Bewegung der neuern Zeit dürfte kaum einen so tief in das wirthschaftliche Leben einschneidenden Ausstand aufzuweisen haben, wie den der österreichischen Kohlenarbeiter. In den Kohlenrevieren Böhmens, Mährens, Schlesiens, sowie in dem der angrenzenden Theile Galiziens ist der Ausstand allgemein; und schon droht die Bewegung nach Steiermark übcrzuqreifen. Die Zahl der Ausständigen wird auf 90000 geschätzt. Fast die gesammte Kohlen- Produktion Oesterreichs nähert sich dem Stillstand. Was das zu bedeuten hat, ergiebt sich schon aus dem Hinweis, daß das Berkehrswesen und die Industrie un mittelbar oder mittelbar von dem Betrieb der Kohlen-Berg werke abhängig sind. Ein großer Theil der Fabriken, die der Kohlen nicht entbehren können, hat bereits deu Betrieb eingestellt. Es liegt auf der Hand, welche gewaltige Schä digung des nationalen Wohlstandes hiermit verbunden sein muß. Naturgemäß machen sich die Folgen auch im Eisen bahn-Verkehr und in den Haushaltungen geltend. Auf einzelnen Bahnstrecken reicht der Kohlenvorrath nur noch für kurze Zeit, uud iu den nächsten Tagen sind Meldungen zu erwarten, daß der Verkehr auf verschiedenen Bahnen aufhören muß. In den Städten der Landestheile, die hauptsächlich von den böhmisch-mährischen Kohlenwelken versorgt werden, ist die Beleuchtung in Frage gestellt, die Schulen müssen eingestellt werden. Ueberdies werden allent halben Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicher heit heraufbeschworen, da durch den Kohleumangel in erster Linie die breiten Schichten der armen Volksklassen, die zuni Theil brodlos werden, in Mitleidenschaft gezogen sind und für Ausschreitungen empfänglich werden. Auch in Deutschland machen sich die Folgen des Aus standes bemerkbar. Die billige böhmische Kohle hat mit den Jahren in Sachsen, iu Bayern, in Nord-Deutschland und in anderen Gegenden eine große Verbreitung erlangt. In gewöhnlichen Zeiten sind aus Böhmen jeden Tag nicht weniger als 2000 Lowries Braunkohle über die Grenze gegangen. Solche Zahlen bringen uns den Ernst der Lage zum Bewußtsein. Das Ziel der Ausstands-Bewegung ist die Erlangung der Achtstundenschicht und eines Minimallohnes. Nach An gaben aus sozialdemokratischer Quelle, die wir auf ihre Richtigkeit nicht prüfen können, beträgt der durchschnitt liche Jahresverdienst eines Bergarbeiters in Oesterreich MO bis 360 Gulden, d. h. kaum einen Gulden (etwa 1 Mk. 70 Pf.) täglich. Was die Achtstundenschicht betrifft, so hat sich die österreichische Regierung bereit erklärt, siel in den staatlichen Gruben am 1. Januar 1901 einzuführen, unter der Voraussetzung, daß die Arbeiter sich ruhig ver halten Die privaten Bergwerks-Besitzer dagegen haben die Forderung der Achtstnndenschicht mit der Begründung abgelehnt, daß sie aus zwingenden technischen Rücksichten nicht im Stande seien, die Forderung zu gewähren. Die bedrohliche Lage, welche die gesammte österreichische Industrie gefährdet, hat die Wiener Regierung bewogen, zur Verständigung ihre Vermittelung anzubieten. Die Aus sichten ans eine Verständigung werden allerdings dadurch er schwert, daß sich die Zechen ans den Standpnnkt reiner Ablehnung stellen und u. A. verlangen, allem Unterhandeln müsse zunächst die Wiederaufnahme der Arbeit voraus gehen. Solcher Strömung gegenüber wird das Einigungs amt einen schweren Stand haben. Dies hat sich schon am Sonnabend gezeigt, wo das Einigungsamt zum ersten Male tagte. Da sich die Parteien über den Vorsitzenden nicht verständigen konnten, so ist es zu einer Verhandlung gar nicht gekommen Nach dem Gesetze hat jetzt die Re gierung den Vorsitzenden zu ernennen; erst wenn dieser bestellt sein wird, kann die Aktion weitergeführt werden. Nach der Lage der Dinge dürfte der Ausstand nur dann beigelegt werden, wenn beide Theile — Arbeitgeber und Arbeiter — nachgeben. Die Rache ist «nein. Original-Roman von Gustav Lange. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Franz trat näher an den Daliegenden heran, ein älterer Mann, ein Blaßzesicht, wie die Indianer die Weißen bezeichnen, im Gewände eines Trappers — doch derselbe lag mit offenen Augen so ruhig da, als sei gar nichts geschehen. Franz reichte ihm zunächst die Hand, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein, denn das Liegen am Boden war gewiß nicht angenehm. „Nur wenige Minuten später, mein junger Freund, und um mein Leben war es gewiß geschehen," sagte der Trapper, als er sich aufgerichtet hatte und den jungen Mann fast um eines Hauptes-Länge überragte. „Zwar liegt mir ja eigentlich nichts an meinem Leben, aber ich bin Euch doch dankbar für Euer muthiges Eingreifen, wodurch Ihr mich aus den Händen meines Todfeindes errettet, in die ich durch List gerathen war." Er nahm jetzt eine umfangreiche Flasche aus seiner Tasche und that einen kräftigen Schluck daraus und dann reichte er sie auch Franz, der gleichfalls zulangtc. „Nun, das freut mich, daß ich noch rechtzeitig gekommen bin, ein besseres Jagdergebniß hätte ich gar nicht erzielen können, nur schade, daß ich dem rothhäutigen Schuft nicht eins aufge brannt und ihn hinüber befördert habe in die ewigen Jagdgründe," entgegnete Franr. „Ich merk's, Ihr habt Courage im Leibe, seid wohl noch nicht lange hier herum," setzte der Alte das Gespräch fort. „So an die zwei Jahre werden es wohl sein," antwortete Franz, „man verlernt hier fast die Zeitrechnung." „Zwei Jahre, was soll das sagen, laßt nur erst eine Null daran hängen, wie bei mir." „O, so lange halt ich's sicher hier nicht aus!" riefFranz mit Entsetzen aus. „Lieber lege ich mich ins Grab." „Gelt, ein Zuckerlecken ist's hier zu leben und zu schaffen nicht, na ich kann Euch auch nicht verdenken, Ihr habt ja so eben eine kleine Probe davon gesehen, was einem Alles passtren kann." „Wie seid Ihr denn eigentlich in diese fatale Lage ge rathen, Ihr seht doch wahrlich nicht danach aus, als ließet Ihr Euch vom ersten Besten über den Haufen rennen." „Ja, steh mein Freund, wie es so manchmal kommt. List besiegt oft den stärksten Mann, dagegen ist man ohnmächtig und wenn man ein noch so scharfes Messer im Gürtel und eine noch so scharfe Büchse hat. Doch wollte ich Euch Alles von Anfang an erzählen, so würde ich lange dazu brauchen und vor Euch sich ein düsteres Bild von dem Leben hier im Urwald entrollen. Ich will Euch noch ein Stück zu Hause begleiten, denn mit dem Jagen wird heute doch nicht viel mehr; nicht weit von hier babe ich einen fnschgcschossenen Hirsch liegen, den könnt Ihr Euch holen. Doch, nachdem wir einmal auf eine recht unangenehme Weise Bekanntschaft gemacht haben, da müßt Ihr mir versprechen, mich recht bald einmal zu besuchen, die jetzige Winterszeit gewährt uns ja Muße zu einem Besuch." Ueber Dieses und Jenes noch plaudernd, kamen siea n der Stelle vorbei, wo der geschossene Hirsch lag und Franz ver- sprach, denselben mit seinem Freund Bofinger zu holen, denn alleine konnte er das gefallene Thier nicht bewältigen.. Dann erreichten sie auch BofingerS Farm. Kurz vor derselben ver abschiedete sich der Trapper von seinem Retter, indem er ihm den Weg beschrieb, den er einzuschlagen hatte, sobald er ihn besuchen wollte, worum er noch einmal dringend bat. Das Blockhaus war der Beschreibung nach gar nicht weit von Bo- stngers Form entfernt, sodaß sich Franz eigentlich wunderte, warum er niht schon früher mit dem Aeberfallenen zusammen- getroffen war. „Also auf Wiedersehen recht bald!" rief der Trapper noch einmal, als er sich von Franz verabschiedet hatte und schlug sich dann in die Gebüsche, während der junge Mann seinem Heim zuschritt, unter deren niedriger Thür er schon von ferne Bofinger stehen sah, der, die Hand über die Augen haltend, nach dem Wetter spähte. 9. Kapitel. In seinemHeiwathsdörfchen warFranz vergessen, kein Mensch sprach mehr von ihm; nur in Wendels Brauhof gab es eine treue Seele, die fast täglich an ihn dachte, die ihn in alle ihre gläubigen Gebete einschloß — die L-nei. Die erste Zeit hotte sich der lange Bald! ein paar Ms! bei dem jungen Mädchen heimlich nach Franz erkundigt und da dieselbe nur sagen konnte, es gehe ihm, wie aus seinen Briefen hervorgehe, drüben leidlich, was natürlich den Habermeister freute, so hörte schließlich auch besten Interesse auf. Wer sollte denn auch sonst riech an ihn denken. Er war fort aus der Heimath — wer konnte wissen, ob er nicht drüben in Amerika, wohin er ausgewandert war, wie Jedermann wußte, ein reicher Mann geworden war und nun sich selbst seiner Heimath wcht mehr erinnerte. — Im Bräuhof hatte sich auch so Manches geändert. Alois Wendel war gegen früher wie umgewandelt. Nicht lange danach, nachdem Franz seine Heimath verlassen hatte, war eines Tages, just um dieselbe Zeit, wo noch keine Gäste da zu sein pflegten, im Brouhof ein feiner, nobler Herr eingekehrt. Derselbe ließ sich herab, den Bräuer ins Gespräch zu ziehen und im Verlause desselben stellte er sich als ein Ver sicherungs-Inspektor Wohllebe aus M. vor. Der Herr Ver- sicherungs-Jnspektor machte auf den Bräuer, der sonst nicht ge rade durch Menschenfreundlichkeit und Liebenswürdigkeit sich auS- zeichnete, einen oortheilhaften Eindruck, zumal der Fremde es verstai der Eigenliebe des Bräuers ein wenig zu schmeicheln. Sie karr auch auf Geldangelegenheiten zu sprechen und hierin besaß ! Inspektor große Erfahrung; er ließ durchblicken, daß er auch i wenig den Bankier spiele und der Bräuer mußte staunen, r welch gewaltigen Summen der Inspektor nach seinen Angol zuweilen operirte, seine Hochachtung vor demselben stieg noch» ein Bedeutendes. Geschickt wußte der Fremde den Bräuer über seine V hältniste auszusorschen und weil ihm dieser seine Geschäfte offe bart hatte, so glaubte auch Alois Wendel, dem Inspektor gege über sich keine Zurückhaltung auferlegen zu müssen — und da erfüllte es ihn mit Genugthuung, dem reichen Städter zu zeigi daß es auch auf dem Dorfe noch Leute gab, die sich mit ihn Vermögen sehen lasten konnten — die Renommisterei des I spektors hatte ihn schön angesteckt. Als er dem Inspektor mittheilte, wie er sein Vermögen Staatspapieren angelegt habe, da lachte ihn dieser gründlich ar wie er sein Geld nur so unproduktiv, so wenig zinsbringend a legen könne und erklärte dem erstaunt aufhorchenden Bräuer, v er sein Vermögen in kurzer Zeit verdoppeln, ja verdreifach könne. Auch die Thalmühle, in welcher kein Pächter mehr bleib wollte, müßte umgebaut und in ein großangelegteö Etablisseme umgewandelt werden, um drüben mit der neuen Dampfmüyle I Co murren; treten zu können. Inspektor Wohllebe wußte dem Bräuer überzeugend ei, zureden, wie er mit seinen Mitteln Bedeutendes schaffen könn odaß man weit und breit von seiner Klugheit und Jntellige reden würde und seine Worte verfehlten schließlich auch nich den beabsichtigten Eindruck zu machen. Besonders die zulei von dem Inspektor angcdcutete Möglichkeit, von sich reden mach« zu können, übte einen mächtigen Anreiz auf den Bräuer au Seit dem Haberfeldtreiben hatte er an Ansehen eingebüßt - dies wußte er und die angethane Schande kränkte ihn noc immer. Wenn er dem Rath des Inspektors folgte, so konn er gewiß seine Reputation wieder gewinnen, in weitem Umkreis würde man nur mit Respekt von ihm sprechen, — ha, das wa es, wonach er vttlangte, er wurde reich und angesehen, wic wolli er dann diejenigen über die Achsel ansehen, die ihn jetzt naü dem Haberfeldtreiben mit scheelen Augen betrachteten, ihm di Schmach ginnten, die ihm widerfahren war und daß sich das was Wohllebe ihm vorgeredct hatte, auch erfüllen würde, »arar zweifelte er nicht, weil ihm der Inspektor zugesagt hatte, ihn mil Rath und That unterstützen zu wollen. Nach dieser ersten Einkehr im Brauhof erschien der Fremd noch öfter und der Inspektor und Alois Wendel wurden ery befreundet; der letztere besonders war stolz auf diese neue Freund chaft, denn der Herr Inspektor hatte sich auch bei den Stamm Men des Braustübels durch sein gewandtes, sicheres und noble Auftreten bedeutend io Respekt zu setzen gewußt. Er nahm de Bräuer auch einmal mit nach der Stadt, wo er wohnte, uo dieser verlebte dort in lustiger Gesellschaft einige herrliche Tag wie solche ihm daheim nicht geboten waren. Der Inspektor ve> k-hrte mit seinem Freunde vom Lande nur in den feinste Restaurants mit Damenbedienung und der sonst zähe knickrig Bräuer ließ manches Goldstück springen, er kehrte den reich, Mann heraus; als er nach Hause zurückgekehrt war, konnte nicht genug erzählen von dem, was er gesehen und erlebt hat und schlagend konnte er die Zweifel derjenigen seiner Stamv gäste widerlegen, die Wohllebe als einen Windbeutel bezeichn :md sich über ihn lustig gemacht hatten. Der Bräuer fing auch schon an, ein recht hochmüthiges B nehmen an den Tag zu legen und seine Nase hoch zu trage seit er nach und nach alle seine guten, sicheren, aber wenig zinsenbringenden Papiere dem Inspektor zur Anlage übergeb hatte und ihm dieser dafür vierteljährlich reiche Zinsen brach Zu sehen bekam er aber keine der Aktien, die hatte Herr Wo lebe in sicherer Verwahrung, wie er sagte, denn bei ihm war sie bester aufbewahrt und vor Dieben sicher und der Bräuer wc auch zufrieden — schmunzelnd strich er die hohen Zinsen e Ein Baumeister schlug sein Quartier im Brauhof auf u eine Anzahl Arbeiter hielten ihren Einzug — die Thalmü wurde niedergeristen und neue stattliche Gebäude sollten an ih Stelle sich erheben — reges Leben herrschte in dem sonst stillen Thale — jetzt hatte Alois Wendel erreicht, was er wo — man sprach von ihm und seinen großartigen Plänen, über er hier und da iw Gespräch etwas durchblicken ließ. Es § natürlich doch noch Leute, die den Kopf schüttelten, ihrer wa aber nur wenige und als sich immer weiter das Gerücht r breitete, wie Wendel auf dem besten Wege sei, ein Krösus werden, da drängten sich viele an den Herrn Inspektor heran, von ihm den Weg zu größerem Reichthum zu erfahren, den so mir nichts dir nichts dem Bräuer gezeigt hatte. Aber A Wendel verstand es, geschickt die Dränger abzuhaltcn — Neid ließ es nicht zu, daß auch Andere von dem Herrn Jnspe in die Kunst, reich zu werden, eingeweiht würden. So hatte sich in den zwei Jahren das Leben im Brai abgespielt. Der Bau der neuen Mühle war auch tüchtig geföl worden, freilich recht tief hatte der Bräuer zuweilen in fr Säckel greifen müssen und noch war nicht abzusehen, wenn Betrieb eröffnet werden konnte. Für die Lenei war es schlimme Zeit gewesen, denn nachdem er einmal heimisch gewo war, hatte sie der Inspektor Wohllebe unausgesetzt mit se Liebesanträgen verfolgt und er schien von ihrem Vater begün zu sein; letzterer kümmerte sich auch mit einem Male viel sie und behielt sie scharf im Auge und so war es gekommen, sie in ihrem Briefwechsel mit dem Geliebten eine längere P hatte eintreten lasten müssen, da sie sich unausgesetzt von il