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Drittes Blatt chMll» SilÄiiii 37. Jahrg SounabenS, den 2 Dezember L899 ° 142 mit dem unvermeidlichen Ausbruche der drohenden Stürme in der inneren Politik gerechnet und eine womöglich gleich zeitige Auflösung des Reichstages und des preußischen Ab geordnetenhauses ins Auge gefaßt wird, für den Fall, daß in ersterem die neue Flottenvorlage, in letzterem die um gearbeitete Kanalvorlage scheitern sollte, so ist das wohl noch sehr Zukunftsmusik. Was sollte das wohl auch für ein eigeuthümlicher Wahlkampf werden, wo in Preußen die Regierung gegen die Konservativen als Kanalgegner Front machen müßte, im Reiche aber mit ihnen als Anhänger der Flottenverstärkung zusammenzugehen hätte —es müßte ein Wahlkampf mit zwei ganz verkehrten Fronten werden! Es ist überhaupt sehr unwahrscheinlich, daß es wegen der Kaualvorlage doch noch zu einer Kraftprobe zwischen der Regierung und den Konservativen kommen sollte, während ein ernster Konflikt zwischen Regierung und Reichstag wegen der Flotteuvorlage schon eher möglich wäre, wird jene doch unverkennbare große Schwierigkeiten haben, eine Reichstagsmehrheit für die plötzlich veränderten Anschau ungen der Marineverwaltung zu gewinnen. Dennoch wären die Chancen der Regierung bei etwaigen Neuwahlen zum Reichstag infolge einer aus einer Ablehnung der Flotten vorlage resultirenden Auflösung des Hauses keineswegs schlechte, trotz des politischen Mißvergnügens im Volke sind weite Kreise desselben offenbar der geplanten Marinever- stärkung nicht abgeneigt. Aber dieselbe müßte von der Hohenlohe'schen Regierung geschickt, kräftig und zielbewußt vor dem Reichstage vertreten werden — wird das wohl geschehen? Asnrnrende Stürme. > ist die neue Flottenvorlage dem Reichstage nicht und schon wirft dieselbe bedenkliche Schatten Denn nach den Aeußerungen der Hauptorganc ^ns wie verschiedener angesehener Mitglieder des- l Sachen der Flottenfrage zu urtheilen, herrscht s der bei Weitem größten und deshalb maßgeben- ü des Reichstages eine entschiedene Verstimmung ! Negierung wegen der signalisirten abermaligen fftärkung. Nur scheint es, daß nicht die in ihren len ja schon längst bekanntgegebenen neuen Mariue- »nv für sich den eigemlicheu Anlaß besagter Wer der Zentrumspartei bilden, sondern daß hierbei Endweiche andere Ursachen einwirken. Eineder- sich allerdings unschwer erkennen, es ist die vor- Merfüllung der feierlichen Zusage der Aufhebung »dungsverbots politischer Vereine von reichswegen, versprechen der Reichskanzler Fürst Hohenlohe vor Jahren hauptsächlich auf Drängen des Zentrums -Mge abgab und das doch noch immer seiner Er- Mrt. In Zentrumskreisen zeigt mau sich darüber Einiger Zeit stark verschnupft, obwohl natürlich ^msführer ebenso gut wie andere Leute wissen, Hohenlohe persönlich keineswegs für die auf- ^rzögerung in der Verwirklichung der verheißenen er Berbindungsgesetzgebung verantwortlich gemacht Mn. Das rheinische führende Zentrumsblutt, die .Esztg." fordert sogar in einem vielbemerkten Ar- M daß das Experimentiren der Regierung endlich Fürst Hohenlohe sein dem Reichstage gegebenes Aigst einlöse, erforderlichen Falles durch rück- M-stellungen an allerhöchster Stelle. Artige Aeußerungen deuten schon hinlänglich auf Mnden parlamentarischen Sturm hin, der sich zu- der Flottenvorlage erheben dürfte, der aber leicht Msammtpolitik der Regierung gelten könnte. Er- auch ein Blatt der äußersten Rechten, die „Deutsche Mg," das offizielle Organ des Bundes der Land- sei unbedingt nötbig, daß im Reichstage auch Mvativer Seite der Regierung die Wahrheit ge- ! daß zu solchem Behuf die ganze innere und äußere Reiches beleuchtet werden müsse, die Gegner der M seien ebenfalls verpflichtet, die überall im Volke ^nden Klagen im Parlamente ungeschminkt zum bringen. Also Drohungen nicht nur aus der ^Zentrums, sondern auch von Seiten der Rechten, Menbar infolge der angekündigten Wiederaufnahme Gallion im preußischen Landtage mißgelaunt ist, Legierung, dieselbe wird sich demnach auf herau- c Mische Tage gefaßt machen müssen, zumal sich .^uch Pix radikal-liberalen Gruppen des Reichs - ? Ne Sozialdemokraten beeilen werden, ihre Oppo- ^rien spielen zu lassen. Freilich trägt das zM Hohenlohe selbst die Schuld mit daran, wenn /AG in eine bedenkliche parlamentarische Situation >Me, hat doch erst sein Ansehen durch das schmäh- o der „Zuchthausvorlage" unzweifelhaft wieder M mit dieser Niederlage auf dem Rücken soll „^ichsparlamente zu der neuen großen Flotten- gleichzeitig im preußischen Abgeordnetenhause Wng des Kampfes um die Kanalvorlage ge- Ja, wenn die jetzige Berliner Regierung , Msge Stütze an der Stimmung in der Nation W-es noch immer etwas anderes, aber so jiDMalben herrschen da Befremden undMißver- ^.^nde und Reiche ob der sprunghaften Politik, k unberechenbaren Haltung der Re- bald hier einen herzhaften Anlauf nimmt, bald ^ilen Her umhertastet. Derartiges kann schwer- " indessen in manchen politischen Kreisen schon Vermischtes. "Das stimmt! A.: Frauen sind selten aufmerksame Zuhörer. — B.: Außer man macht ihnen einen Heirathsantrag. * Ein Volksfreund. Gast (zu einem Budicker, der Sazokörner, Graupen und Druckerschwärze dmchemanderrühct): Was machen Sie denn da? — Budicker: Lamar für'sjVolk. * Höchstes Zartgefühl. Frau Lohn erhält eia Theaterbillet zugeschicki. Eie weiß nicht, was gegeben wird und schickt ihre Köchin zur nächsten Placatsäule, um nachzusehen. Der Theaterzettel kündigt: .Die Jüdin", Oper von Halevy an. Die Küchensee kommt mit verlegener Miene zurück und !e« entspinnt stch folgender Dialog: Fcau: .Nu, Marie, was Tharandt, Uo^sm, Siebenlehn und die Umgegenden Ium Advent. 1. Joh. 2, 8: Das wahre Licht scheinet jetzt. Weihnachten, das Fest der Liebe, ist wieder im An zuge. So möge Johannes, der Apostel der Liebe, der Glöckner sein, der uns das hohe Fest einläutet. Dies ist der erste Glockenklang: Das wahre Licht scheinet jetzt! Mitten in eine Zeit tiefen Dunkels rief der Apostel dieses Wort hinein. Dunkel war es in den Köpfen: Die Menschen wußten nichts von einem Vater im Himmel, von einer Heimath über den Sternen, von einem Erlöser, einem Sorgenbrecher, einem Todesüberwinder. Dunkel war es in den Herzen: sie wußten nichts von der Liebe, die alle Staubgeborenen zu Brüdern und Schwestern macht, die Niemanden aufgiebt und Niemanden losgiebt, die den Weinenden die Thränen abwischt und stch mit den Fröhlichen freut, die alles verträgt, alles hoffet, alles duldet. Man redet immer von einem finsteren Mittelalter. Das Alter- thum war noch viel finsterer, hatte noch viel weniger Sterne. In diesen antiken Heiden sah es grauenhaft dunkel aus trotz Plato und Aristoteles, Vergil und Horaz. Da kam Weihnachten und fortan konnte mit gutem Gewissen den Menschen der antiken Welt bezeugt werden: Das wahre Licht scheinet schon! Wahres Licht: das Dunkel der Sünde weicht, eine Maria Magdalena wird zur reinen Magd. Wahres Licht: das Dunkel des Leidens schwindet: „Als Du kamst, hörten Taube, Und der Glaube half den Kranken; Stumme sangen, Dir zu danken!" Wahres Licht: das Dunkel des Todes zerrinnt, Lazarus kommt heraus, das Mägdlein Jairi steht auf, der todte Sohn wird der Mutter lebendig zurückgegeben. Wenn das nicht wahres Licht war, dann weiß ich es nicht. Wieder wird es Weihnacht; die Adventszeit predigt: Christus Jesus kommt! Der ist das wahre Licht, einst ausgelöscht im Charfreitagsdunkel, aber neu und für ewig entzündet am strahlenden Ostermorgen. Jesus kommt wieder zu den Menschen, denn ihrer Viele haben noch dunkle Köpfe und dunkle Herzen, wenn auch längst nicht mehr alle, Gott sei Dank. Komm, du Zweifler, der du so lange trüb nach Wahrheit fragst: Jesus ist die Wahr heit. Naht euch, ihr Sundenbeladenen, hier ist der, der! alle Schuld bezahlt. Herbei ihr Sorgenvollen, ihr Müh seligen, bei Jesus findet ihr Ruhe, nach der ihr vergeblich sucht. Und ihr mit den Thränen im Auge vom Todten- feste her, kommt zu Jesu, dem Sieger, der den Tod zu Tode schlägt! Das wahre Licht scheinet schon! Oeffne, Herz, dem Glück dich weit, das so hold dich segnet! Anvze Lhvsnik. Durch Gase auö einem Anryracito f eu getödtet. Förderstedt bei Magdeburg, 28. November. Durch Gase, welche einem zugeschraudten Anthracitofen entströmt waren, ist vor einigen Tagen ein bedauerliches Unglück berbeigeführt worden. Der Rentier Koch hierselbst ist an den Folgen der giftigen Emathmungen gestorben, während seine Ehefrau, die einige Tage in Lebensgefahr schwebte, nun auch ihrem Gatten in den Tod gefolgt ist. Die Beerdigung des K-, welche am Sonntage staUfinden sollle, wurde aufgeschoben und eS findet nunmehr ein gemeinsames Begräbniß der beitzes TtzsMtea statt. Das Skelett eine« gefunden. Bo ¬ denbach, 29. November. Ein interessanter Fund wurde dieser Tage beim Graden eines Brunneö in der hiesigen Dampfziegelei gemacht. In einer Tiefe von 8 m stieß man auf das Skelett eines Mammuth, welches zum Theil noch vorzüglich erhalten ist. Die riesigen Backzähne zeigten sogar noch den Zahnschmelz, das Gewicht der Zähne schwankt zwischen 3 und 4 KZ! Proceß gegen Banditen. In Sassari (Sardinien) findet auf Grund der nun beendeten Untersuchungen demnächst ein Proceß gegen 400 Angeklagte statt, die im Laufe dieses Sommers infolge der militärischen Operation gegen das Ban ditenwesen in der Provinz Nuoro in die Hände der Justiz ge- sallen sind. 50 Verhafteten werden Morde und Mordversuche zur Last gelegt, die übrigen waren Anstifter oder Helfershelfer. 2000 Zeugen sind vorgeladen. Der Tod in der Kirche. Aus Breslau wird ge schrieben: Ein ergreifende!, aber schöner Tod ereilte am Todten- jvnntag während des AbendgotteSdiensteS in der Barbara-Kirche hier eine 62 Jahre alte Werkmeistecsfrau. Vom Friedhof kommend, betrat sie die Kirche und brach in dem Augenblick, als der Gottesdienst vom Kirchenchor mit d m Gesang des Liedes »Wer weiß, wie nahe mir mein Ende" eröffnet wurde, in Folge eines Herzschlages todt zusammen. Der seltene Vor fall machte auf alle in dem dichtgesüllten Gotteöhause Ver sammelten einen erschütternden Eindruck. Bei einem Brande umS Leben gekommen. Gör litz, 28. Nvv. Jn Warmsdorf wurden durch eine Feuersbrunst eine Scheune und ein Wohngebäude vernichtet. Der Besitzer, ein 80jähr>ger Greis, ist verbrannt. Der unter dem Verdachte der Spionage vor zwei Wochen im Elsaß verhaftete Bischheimer Reisende Dubois ist jetzt freigelassen worden, da sich seine Unschuld herauSzeßellt hat. Der zugleich mit Dubois verhaftete Brüsseler Reisende Lohr verbleibt dagegen in Haft. Aus Paris wird berichtet: Das Zuchlpolizeigericht in St. Mihiel fällte das Urtheil im Proceß gegen den Redakteur Vidal aus Metz, der im September d. I., zur Zeit der großen Manöver der 6. und 20. Acm-ecorps wegen Spionage ver haftet worden war. Vidal wurde nach zweitägiger Verhandlung, die theilweise unter Ausschluß dec Oefftntlichkeit stattfand, trotz seines Leugnens zu 2 Jahren Gefängniß vcrurtheilt. Amtsblatt ie Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, kalbe mit Landberg, Hühndorf, Kausbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu- »leberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rohrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönbera mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. "t wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Gerate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionsprets 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. j- Druck und Verlast von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktton Martin Berger daselbst.