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Zweites Blatt tim Amtsblatt 18. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktton Martin Berger daselbst. Sonnabend, den 2 Dezember 1899 »7. Jahr« mber iN Mörder!' icr, Lü ts rer ' bas Antlitz deS Hauslehrers. Er stieß einen Schrei ^Nor ras Bewußtsein. Wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Pon bezogen 1 Mk. 55 Pf. anjpierate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. - Insertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. .stirb zum zweiten Male!' knirschte der Sohn, sich ^»tler stürzend. aus l " ;ll,M 142 I«"5 4. Kapitel. waren seit dieser fruchtbaren Katastrophe vergangen. Commercienrath Steinhöfel lag seit jener Nacht i.-5 es einfache und deshalb erlauble Nolhwehr, wie er solches kühn vor Gericht zu erhärten sich vermaß. Warum haßte die Commercienräthin den Erzieher ihres SohneS mit so heftiger Erbitterung. Hartmuth's Erscheinung war schön und männlich, sie war es gewesen, welche sein Engagement betrieben, — sie war die moderne Potiphar, es fiel dem ernsten, sittlichen Manne nicht schwer, die Rolle des Zojef streng durchzusübren, — der Haß bleibt sich zu allen Zeiten gleich wie die Leidenschaften der Menschen. Dann fiel ihr Auge auf den neuen Prokuristen, der war listig wie ein Fuchs, geschmeidig wie eine Schlange und Ge nußmensch durch und durch. Die beiden verwandten Seelen fanden und verstanden sich, sie hatte dem Erzieher, welcher mehr gesehen als für sie gut schien, den Untergang geschworen. Der Cowmeicienrath genaß endlich, und mit der Gesund heit kehlte die Erinnerung, mit ihr die Ueberlegung rurück. Er kannte jetzt seine beiden gefährlichsten Feinde und mußte sie um jeden Preis unschädlich machen. Die erste Unterredung mit seiner Mutter zeigte, daß erste wirklich zu fürchten habe: sie sagte ihm m>t dürren Worten, daß sie gesonnen sei, daß Testament umzustoßen und ein zweites, gerechteres zu errichten. Der Commercienrath lächelte und verließ die kindische alte Frau, wie er sie in seinen Gedanken nannte; er mußte sie schonen, um sie nicht zum Aeußersten zu reizen. Doctor Wolff setzte gefällig ein solches Testament auf und ließ es sie unterschreiben. Sie verwahrte es sorgfältig, die gute alte Großmutter. Von dieser Stunde an wurde sie noch menschenscheuer und einsiedlerischer, selbst den lieben Enkel wollte sie nicht mehr sehen, geschweige denn den Erzieher. Harlwuth war vom Gegentheil überzeugt, er ahnte die Wahrheit und konnte doch nichts ausrichten gegen den reichen Mann; war der Commercienrath Steinhöfel nicht einer der würdigsten und geachtetsten Männer der Hauptstadt? Er fühlte, wie man ihm langsam den Boden unter den Füßen entzog, ja, wie man sogar hartnäckig versuchte, das Kind von ihm zu entfernen, — es gelang nicht. Eginhard hing nach jedem Versuche desto inniger und fester an ihm. Doß der Commercienrath nach jener fürchterlichen Nacht den Mitwisser deS blutigen Geheimnisses fürchtete und haßte, war ihm klar, ebenso, daß er jedes Mittel benutzen würde, ihn vollständig unmöglich zu machen, das heißt gänzlich zu verderben. Hartmuth war doppelt auf seiner Hut, er schien ganz allein der Erziehung seines Zöglings zu leben und von Allem, was um ihn vorging, keine Notiz zu nehmen. So Hoffle er, die Furcht des Mörders einzuschläfern. Er täuschte sich, eine solche Furcht ist nicht einzuschläfern. Monate waren verflossen, der Lenz mit seiner ganzen Pracht ins Land gekommen. Es war ein herrlicher Maitag, der Fabriks herr feierte seinen Geburtstag, das ganze Personal sollte mit feiern. Die Fabrik war an diesem Tage geschlossen. Man fuhr aufs Land, das ganze große Hous war ver ödet. Eginhard war untröstlich darüber, daß Harthmuth daheim blieb, er hatte keine Einladung erhalten. Als es Abend wurde, ging der Lehrer aus, um noch einen Spaziergang zu wachen. Der alte Diener sah ihn fortgehen und verschloß, der Sicher heit halber, die Hausthür; er wußte, daß sich just heute große Baarsummen im Hause befanden, doch tröstete er sich mit dem Ungeheuer von Bulldogge, des Herrn Liebling, welcher als sicherer Hüter des Hause« vor dem Comptoir seinen Platz eingenommen hatte und, den Kopf auf die mächtigen Tatzen gedrückt, den Schlaf des Gerechten schlief. Einmal schlug er an, knurrte dann, wie er's bei einem alten Bekannten zu thun pflegte und schlief weiter. Der alte Diener meinte zu sich, Herr Hartmuth müsse zurückgekommen sein und nickte ebenfalls ruhig weiter. Dieser war indessen bei dem herrlichen Wetter weiter ge gangen, als er beabsichtigte; die laue Nachtluft, der erste Nachtigall ruf, der Blüthenduft des Lenzes, — Alles vereinigte sich, um ihn in jene träumrrisch-wehmüthige Stimmung zu versetzen, 'kgen; o, warum mußte ich in den Fesseln des Starl- .^gen, als das Ungeheure geschah, bas ich nicht ab- "Mte s- Cowmerzienrath sprang jetzt empor, seine Augen jn, Wahnsinn, das Haar sträubte sich ihm vor Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, M ,, sie lebte wieder auf, nicht der Tod hielt die Mutter sondern nur ein Stallkrampf, welcher durch die gewichen war. butter lebte, ihr Auge, wieder dem Lichte geöffnet, Sohn, als er sich erholte, mit einem unbeschreib- ^iuck an. Mzle lautlos die Stufen des Gerüstes hinab. , , schwer krank darnieder, während die Mutter sich »I'h l' wundersamen Auferstehung rasch erholte und I Mitzttchen Seclenpe'n, welch- sie bei dem furchtbaren K empfand, wieder ganz gesundete. MDU^lle ihren Sohn noch nicht wieder gesehen, sich aber zurückgezogen, und nur die Besuche ihres Enkel« Erziehers angenommen. Mit Hartmuth hatte sie Einveruändmß, und während Ferdinand'S Wittwe des CommerclenrathcL kurz adgelehnt hatte, durfte -" ' „Du lügst/ rief er mit heiserer Stimme, „die mich treffen sollte, töbttte den Verrälhcr selber.' Hirte Alles,' sprach die Mutter, „Hörre, wie Du / verleugnetest und ihn wahnsinnig machen wolltest. Hötte auch, wie er mir vergab, der Mutier nicht fluchte, floßen, und wie er den Zorn bezwang, die Waffe ^»if. Dann fiel der Schutz und ich hörte noch sein welche uns oer Wirklichkeit enrrückl und das Alltagsleben von uns abstrefft. Stunde um Stunde verrann, es wurde Mitternacht — Harlmuth befano sich mitten in dem schönen Walde, welcher sich unmittelbar vor der Stadt auSdehnl. Durch die dunkeln Kronen der Bäume brach sich das silbern^ Mondlicht und spielte in tausend zitternden, phantastischen Wind ungen zu den Füßen des einsamen Wanderers. Er wußte heimkehren und eilte mit raschen Schritten heimwärts. Dort lag das Landhaus des Commercienrathö wie da mals m jener SchreckenSnacht, als er vom Grabe deS Ermordeten zurückkehrte, vom bleichen Mondlichte beleuchtet. Noch immer hauste in diesen Räumen die Großmutter, die so wunderbar vom Tode Erweckte. Hartmi.th konnte der Veriuchung, sie möglicherweise sehen und vielleicht gar sprechen zu können, nicht widerstehen. Er schritt geräuschlos näher und spähte forschend an den Fenstern umher. Dort hoch oben im Erker brannte ein schwaches Licht, es mußte die Schlafkammer der alten Frau sein. Er dachte an die Kinder seines Freundes, legte rasch, ohne sich zu besinnen, eine hohe Leiter, welche im Garten lag, an die Mauer und stieg mit turnerischer Behendigkeit hinauf. Von den Fenstern des Erkers, welche in den Garten hin- auSgingen, waren die Vorhänge zurückgeschlagen und die Fen ster geöffnet. Die Großmutter saß an ihrem Tische und las, die alten schwachen Augen mit einer Brille bewaffnet, in einem großen Schriftstück. Seitwärts schlummerte eine rüstige Wärterin in einem Lehnstuhl. Die alte Dame schaute sich wiederholt mit einer Art Be sorgniß nach der Schlafenden um, als fürchte sie, von dieser überrascht und in ihrem jetzigen Vorhaben gestört zu werden. Sie nahm jetzt eine Fiber zur Hand und begann zu schreiben, von sittlicher Angst vor der Wärterin beherrscht; jetzt war sie zu Ende, streute Sand darüber und setzte einen Siegel unter ihren Namen, wie es schien. Als die Schlafende sich im Lehnstuhl herumwarf, verbarg sie zitternd das Schriftstück. Hartmuth sah Alles, mit einem Sprunge konnte er bei der Großmutter sem, welche offenbar eine Gefangene war, die Ge fangene des eigenen Sohnes. Er zitterte vor Aufregung rnd wagte es doch nicht, ein Geräusch zu machen, aus Furcht, die Greisin tödtlich zu erschrecken und sich der Gefahr auSzus.tzen, von der Wärterin als gemeiner Dieb gebrandmarkt zu werven. In seiner Aufregung brach er einen dürren Zweig ab, welcher sich am Fenster hinauszog, die Großmutter schreckte zu sammen und spähte dann forschend nach dem offenen Fenster; die aus dem Sarge Erstandene kannte keine Furcht. Hartmuth zeigte sich, das volle Licht der Lampe fiel auf sein Gesicht. „Gott, Du hast mein Gebet eihört,' murmelte die alte Dame und schritt geräuschlos auf dem decken Teppich zu ihm hin. Sie reichte ihm das Schriftstück, welches sie soeben unler siegelt und zog einen Brief aus ihrem Kleide, den sie ihm ebenfalls stillschweigend einhändigte. Dann legte sie den Zeige finger der Linken bedeutungsvoll an ihre Lippen, während sie die Rechte wie zum Schwur erhob. Hartmuth verbarg die Papiere und sprach so leise wie ein Windhauch: „Ich schwöre Treue und VerschwiegenheitI' woraus die Grvßmuttter mit wehmüthigem Lächeln geräuschlos auf ihren Platz am Tische zurückkehrte. Ebenso rasch und geräuschlos, wie er gekommen, ver schwand Hartmuth von der Leiter, diese wieder an ihren alten Platz legend. Er verbarg die Papiere sorgfältig ^'.'f Brust und beschloß, falls sic, wie er hoffen durfte, von Wichtigkeit für die Zukunft der Waisen waren, ein sicheres Versteck, al« das im Hause des CommerzienrathL, ür sie u uchen. Dann eilte er geflügelten Schrittes nach Hause. Als er die Seitenthür, zu welcher man ihm einen Schlüssel lingehändigt, öffnete, prallte er erschreckt zurück, ein Heller Schein erleuchtete sein Gesicht und mit den Worten: „Es ist der Rechte!' l^lM Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Bnrkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, SllMalde mit Landberg, Huhndorf, Kausbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu- nrklW ^erg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, bei Kesselsdorf, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. as Wold der Sünde. Roman von Emilie Heinrichs. » (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Commeicienrath hielt sich krampfhaft an dem Sarge "cht vor Schrecken heradzustürzen. Dann richtete er empor, — war er nicht ein feiger Tyor, sich von >Mäujchung, in dieser schauerlichen Situation so "'ederwersen zu lassen? Konnten die Tobten wieder checkM fm MW Tharandt, Aossen, Sieöenleßn und die Mngegenden. er sich von starker Hand zurückgerissen und T konnte Hartmuth draußen nicht erkennen, was den sonst gefühllosen Mann so urplötzlich zu Boden ge- iv gänzlich aus oem Gleichgewicht gebracht hatte, 'chteie die Todte sich plötzlich im Sarge aus und rief glimme, welche dem Hörer durch Mark und Bein ^n, wo ist Dein Bruder? Wehe Dir, wehe Dir, °ld<r! Gott hat mich erweckt, um Zeugniß wieder Kinder willen die kleinen Unterstützungen der Mutter, ? Hartmuth« Hände gingen, nicht zurückweisen, so l B'» Herz der Frau auch dagegen sträubte. hatte die alte Frau nicht zu gebieten, ihre Achter und der Prokurist der Firma, welche Beide Krankheit de« Fabrikherrn die unumschränkte Dis. Händen hatten, wußten ihr auf die geschickteste s, ^ren Mittel zu entziehen, -in Verfahren, bei welchem ^Äolff den nölhigen Rath ertheiltc. „i'f Schwiegervater wie Gemahlin erriethen aus den Phantasien deS Kranken so ziemlich den Zusammcn- ^"en auf ein wirksames Mittel, die beiden gesähr- des blutigen Geheimnisses für alle Zeiten s ^ machen. Hatte doch der Notar keinen Augenblick Glichen Mörder gezweifelt; in seinen Augen «ar