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Beilage zu Nr. 8« des Wochenblattes für Wilsdruff re. Boteelän-ischeS. — In Löbau ist ein Arzt einem Kindesmorde durch Zufall auf die Spur gekommen. Die dort auf dem Rittergut während der Rübenzeit arbeitende 25 Jahre alte Maric Fiulka aus Russisch-Polen hatte heimlich ein Kind männlichen Geschlechts geboren. Um nun die Angelegenheit zu verheimlichen, übergab die Genannte das Kind dem Vater desselben, dem ebendaher gebürtigen, 28jährigen Ignaz Katzmareck, welcher das kleine Wesen in einem Guanosack verbarg, diesen mit dem Inhalte in einen zwischen Laucha und Wohl« gelegenen Wassertümpel warf und mit Schlamm bedeckte, woselbst das Kin o todt aufgefunden wurde. Wie die stattgehabte Sektion ergab, soll das Kind bei der Geburt gelebt haben. — Am Dienstag Vormittag 11 Uhr hat sich in Pausa ein entsetz licher Fall ereignet. Eine Anzahl die Schule verlassende Mädchen wurde dicht bei der Schale von einem durchgegangenen Pferde überrannt und verletzt. Ein Mädchen erlitt einen Schädelbruch und schwebt in Lebens gefahr, ein anderes erlitt einen Schlüsselbeinbruch, und ungefähr noch acht andere Mädchen sind zum Theil ziemlich schwer, zum Theil leicht verwundet. Eine weitere Anzahl kam mit zerrissenen und beschmutzten Kleidern weg. Hinreichende ärztliche Hilfe war augenblicklich zur Stelle. Ein Verschulden trifft Niemanden. — Mittwoch Nachmittag ereignete sich in einer Fabrik in Plagwitz ein sehr schwerer Unglücksfall. Ein Mädchen war mit dem Aufziehen eines etwa 1'/2 Centner schweren Gegenstandes mittelst eines Kettenauf zuges beschäftigt, während zwei andere Mädchen in unmittelbarer Nähe des j OÄes ein Faß reinigten. Plötzlich stürzte aus beträchtlicher Höhe der auf gezogene Gegenstand herab und traf die eine Arbeiterin dermaßen auf den Kopf, daß ihr Tod auf der Stelle eintrat, während die andere so schwer verletzt wurde, daß sie bewußtlos zusammenbrach. Die Getödtete sollte dieser Tage heirathen. Beide Mädchen befinden sich in anderen Umständen. — Bei sämmtlichen Kassen der Reichspost werden am 31. d. nach Dienstschluß alle Bestände an Reichsgoldmünzen, Einthalerstücken, Reichs silbermünzen und Reichskassenscheincn amtlich festgestellt. Reichskasfenscheine sind bekanntlich nur die Sorten zu 5 M., 20 M., 50 M. Das Er gebniß wird von den einzelnen Ober-Postdirektionen zusammengestellt und ist dem Reichspostamt zu melden. Durch fremde Schuld. Original-Roman von E. v. Linden. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Ei, weshalb nicht?" fiel Frank ein, „er durfte dieselben getrost ver kaufen, weil kein Mensch von ihrem Vorhandensein eine Ahnung hatte." „Das konnte er sich nicht mit Bestimmtheit einreden und blieb immer hin ein höchst gefährlich es Wagniß, während Juwelen und vor allen Dingen das reichlich vorhandene baare Geld keine Gefahr ihm brachten. Dieses Verzeichniß hier ist mir der beste Beweis dafür, daß er das Versteck nicht ent deckt, sondern die nächstliegende reiche Beute eingesteckt hat. Wir haben es jetzt nur noch mit der Lösung des Räthsels zu thun, weshalb der Ver storbene ein solches Baarcapital und solche Kostbarkeiten nicht, wie er doch beabsichtigte, hier bei dem Uebrigen verwahrte, anstatt es, wie anzunehmen, offen liegen zu lassen?" „Lieber Himmel!" nahm Frau Peters plötzlich das Wort, „das kann doch ganz natürlich zugehen. Ich denke mir, daß er bei dem Geldzählen müde geworden und nun alles in die Schublade geworfen hat, um am anderen Morgen die Geschichte fertig zu machen. Vielleicht hat der Mörder vor dem Fenster gestanden und zugesehen, der selige Herr kannte ja kein« Angst, und fürchtete sich nicht vor Räubern und Dieben." „Was kein Verstand der Verständigen sieht," murmelte der Detectiv. „Das erkennt oft in Einfalt ein kindlich Gemüth," setzte Frank er regt hinzu. „Was halten Sie von diesen Einfall unserer alten Freundin, Herr Reinecke?" „Daß derselbe nicht schlecht ist und immerhin Beachtung verdient." Er zog die Schublade des Tisches so weit als möglich heraus und griff sofort nach der Hinteren Ecke, um dann einen kleinen glänzenden Gegen stand und ein Papier hervorzuholen. Der erstere erwies sich als rin kost barer Diamant von seltener Schönheit. „Mein Pflegevater war in früherer Zeit ein Sammler seltener Edel steine," erläuterte Frank, den Stein betrachtend. „Und hier haben wir einen Tausendmarkschein," setzte Reinecke triumphirend hinzu. „Jedenfalls hat sich der Stein hier verkrümelt, ver wahren Sie ihn deshalb gut, Herr Lieutenant, während die Banknote in der Hast, mit welcher der Mörder sortzukommen strebte, zurückgeschoben und so zum Verräther geworden ist. Sie müssen unserer Frau Peters eine Extraprämie für ihren genialen Einfall geben, Herr Lieutenant Frank!" „Ach, dummes Zeug," wehrte die alte Frau verlegen ab, „das lag doch auf der Hand, der selige Herr hat ja nicht an seinen Tod gedacht und wollte am anderen Tage wieder dabei gehen. Und auch an mich hat er noch gedacht," setzte sie schluchzend hinzu, „0, das kann mich nun in Grund und Boden rühren." „Und ich werde dafür sorgen, daß sein letzter Wille erfüllt wird," sagte Frank, „mein guter Vater verabscheute die Menschen, weil er sich von ihnen verrathen und betrogen glaubte, um so schwerwiegender ist des halb das hohe Lob, welches er Ihnen, Frau Peters, in diesen Zeilen hier ertheilt." Er drückte ihr die Hand und meinte dann, daß sie sich jetzt wohl wieder entfernen könnten, da es ihm immer schwerer aufs Herz falle, seinm mi litärischen Verpflichtungen noch nicht uachgekommen zu sein. „Sie wollen weiter dienen, Herr Lieutenant Frank?" fragte Reinecke. „Gewiß, bin ich doch Soldat mit Leib und Seele. Doch werde ich mir sofort wieder einen Urlaub erwirken, um meine Gesundheit, welche in den letzten Jahren sehr gelitten, herzustellen, den Makel von meinem Wohl- thäter zu nehmen und seinen Mörder zur Verantwortung zu ziehen. Da- soll meine erste und heiligste Aufgabe sein. Sie haben meine Vollmacht und werden hier für mich handeln, Herr Reinecke! — Darf ich mich von Ihnen verabschieden?"