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3 des scheußlichen Mordes gab das grausame Weib die Taubheit ihres Mannes an, der durch seinen Fehler für alles unbrauchbar geworden sei. Während der Sohn heftig weinend seine That zu bereue» schien, sangen Mutter und Tochter in der Separa tion die ganze Nacht hindurch ausgelassene Lieder." In Baiern ist das Ministerium v. d. Pfordten ohne Sang und Klang begraben worden. Ein Fürst Hohenlohe tritt ein und soll guten Willen und Beistand mitbringen. Beides kann Baiern im hoben Maße gebrauchen; seit dem Regierungs antritte des jetzigen Königs, der sich um Musik weit mehr kümmert, als um die Regierung, ist so Manches geschehen, was dem guten Volke wenig debagen will. Herr v d Pfordten soll den König seit 5 Monaten nicht gesprochen haben; jeher: Tag war der König mit Geschäften überhäuft, wenn der Minister um Audienz nacksuchte. — Wiederholt ist gemeldet worden, daß der Aus stand der Christen gegen die Türken auf der Insel Eandta unterdrückt sei; aber immer wieder folgten entgegengesetzte Nachrichten. Jetzt haben die Türken alle Hände voll zu ihn«, um die Christen auf dem Festlande niederzuyatteu; wäre Griechenland mehr in Ordnung, um drn Aufstand mit Waffen und Geld unterstützen zu können, so hätte vielleicht das letzte Stündlein der Türkei geschlagen — In Schwede« ist eine alte Dame verstorben, zu deren bedeutendem Vermögen Erben gesucht wer ben. Sie soll eine geborve Deutsche von Heinichen oder Heinickeri oder Heiniske gewesen sei», genau weiß eS die Behörde selbst nickt ober kann vielleicht die Namen au« dem KeburtSschnne nicht entziffern. Locales. Ern Theil unserer Garnison, wir hören circa 30 Mann, verläßt uns nächsten Montag, um in Dohna Quartier zu nehmen. Es sollen dieselben den Stamm einer 6. Schwadron bilden, die nach Eintritt der Rekruten bei jedem Regiment errichtet werden soll. Dohna Hal schon längst beim KriegS- mi»isterium um Garnison nachgesuckt und Stallung für mehr als 200 Pferde angkboten. — In den nächsten Tagen wird sich hier ein Wahl- komits für die Wahlen zum Reichstage bilden, das sich mit den WahlkomiteS anderer Gcrichtsämter in Vernehmen setzen will, um Stimmenzerfplitterung zu verhüten. — sein sott. Novelle von Julie Braasch. Schon seit einer ganzen Weile batte der Re gistrator Hellmar seine Frau beobachtet, die die Hande mit der Arbeit im Schosse ruken lastend, durch's Fenster hinaus blickte. Dass irgend ein interessanter Gegenstand draußen ibre Neugierde fesselte, war unmöglich, denn die Fenster gingen auf den Hof und wenn man auch von der Höhe aus, wo die Wohnung lag, ferne Hausgiebcl und naherlicgcnde Garten erblickte, in denen blü hende Baume von der Abendsonne bestrahlt, eine liebliche Aussicht bildeten, so konnte alles dies doch nicht so die Aufmerksamkeit der Frau in Anspruch nehmen. Endlich legte Hellmar die Feder nieder und leise zu seiner Gattin tretend, fragte er im theil- nehmcndsten Tone: „Sophie, was hast Du?" Erschreckt griff die Angeredete nach den vor ihr auf einem Tischchen aufgebausten Vorräthen von Wolle, Seide und Perlen und begann eifrig die Fäden der Stickerei, die sie in der Hand hielt, zu zählen. Der Gatte faßte ihre Hand. „Sophie", be gann er, „Du bist mit Gedanken beschäftigt, die Du mir nicht mittbeilen magst, es ist das erste Mal in unserer acht und zwanzigjährigen Ehe, daß ich dergleichen bemerke, könntest Du einen Kummer baden, den ich nicht «heilen dürfte?" Die Frau ciröthete. „Mich bekümmert die Zukunft unserer Auguste", sagte sie leise, „sieh', das Mädchen ist schon vier und zwanzig Jahre alt und es ist nicht die mindest- Aussicht zu einer Ver sorgung für sie." Erstaunt blickte Hellmar die Sprechende an, solche Gedanken waren ihm noch nie eingefallen. Auguste war ein frisches, flinkes Mädchen, hatte recht hübsche Kenntnisse und versah seit zwei Jahren, da ihre Mutter durch Rheumatismus am Verrichten bäuslicher Arbeiten verbinden war, allein die kleine Wirthschast, und da alles in derselben so sauber und ordentlich war, die Geschäfte gethan, ohne daß man dadurch beunruhigt wurde, so hatte bis jetzt der sonst so sorgsame Vater nie daran gedacht, daß nicht Alles so immer im Geleise bleiben würde. Jetzt siel cs ihm allerdings recht schwer auf's Herz, daß, wenn er sterben sollte, freilich für seine Frau nothdürftig gesorgt sei, daß aber nach deren Tode Auguste wirklich allein in der Welt stände. Die mit Spannung auf ihn gerichteten Blicke Sophiens vermeidend, sagte Hellmar endlich mit etwas un sicherer Stimme: ,.Nun, wcnn's sein soll, wird sich ja auch noch für Auguste eine Partie finden, oder hast Du etwa bei ihr schon eine Neigung bemerkt?" „Nein, nein", erwiderte rasch die Frau, aber „wer sieht denn hier das arme Mädchen, wer kann ihre Vorzüge, ihren Fleiß, ihre aufopfernde Liebe zu uns beobachten, und wenn nicht etwa die auf den Dächern hier Umherspazirendcn Katzen ihr Lob verkünden", fugte sic mit bittcrer Ironie hinzu, „so wird wohl nie Jemand sie kennen lernen." An der Art und Weise seiner Frau merkte jetzt Hellmar, daß ihre Reden nur auf einen besonder» Plan vorbereiten sollten, cr beobachtete daher seine gewöhnliche Taktik in solchen Fällen; cr crwartetc schweigend weitere Miltheilungen, obgleich cr wußte, daß er auf diese Weise die kommende Auseinander setzung erschwerte. Ruhig setzte cr sich wicdcr an den großen mit Papieren bedeckten Tisch vor dem einen Fenster und wollte eben die vorhin unter- L*