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sich nicht entblvdcte, unter ein gefälschtes Schrift stück den Namen des Königs zu setzen, sie scheint keinen Gefallen an der Ruhe zu finden, die jetzi herrscht, jede Gelegenheit wird benutzt, um den Leuten einzurcdcn: zum Frühjahr geht's wieder los! Fragt man sie aber, wo und von wem, so deuten sie meist geheimnißvoll nach Frankreich hin. Was uns betrifft, wir glauben im neuen Jahre an kei nen Krieg in Deutschland, denn Oesterreich bedarf wenigstens 3 — 4 Jahre, ehe cS nach einer solchen Niederlage wieder einen Kampf wagen kann; abge sehen davon, daß cs im Innern zerrüttet ist — von den Finanzen gar nicht zu reden. In Frank reich aber regiert noch Louis Napoleon, der sich sicher zweimal bedenken wird, ehe er seine Krone auf die Spitze des Schwertes stellt. Außerdem kann wohl kaum noch Jemand bezweifeln, daß die Ver änderungen in Deutschland mit seinem Wissen vor genommen worden sind. — Darum nicht bange machen lassen, mit frischem Muthe in's neue Jahr! Ein Jeder wirke auf dem Platze, wohin ihn Gott gestellt, dafür, daß der neue Bund, dem wir nun ««gehören, nicht blos mächtig nach Außen werde, sondern daß in ihm auch die Freiheit eine Statte finde, dann wird auch der Wunsch unsers Königs, den er bei seiner Rückkehr aussprach, in Erfüllung gehen: Möge der Allmächtige unsere ge meinsamen Bemühungen segnen und Sachsen wie vordem ein Land des Frie dens, der Ordnung, des lhätigen Stre bens, der Bildung, der Sittlichkeit und Gottesfurcht bleiben. U M s ch a U. Zwickau, 29. December. Gestern Abend gegen 9 Uhr sind die beiden von Hof nach Chem nitz und von Chemnitz nach Hof gehenden Bahn- züge auf der Strecke Zwickau-Werdau zwischen den Wärterhäusern 96 und 70 zusammengestoßen, in dem der von Zwickau abgehende Zug infolge un richtiger Weicheustellung aus das falsche Glees ge fahren ist. Der Zusammenstoß muß mit entsetzlicher Gewalt erfolgt sei«; den» noch am heutigen Vor mittag bot die Unglücksstätte ein Bild grauenvoller Vernichtung. Bon den Wagen ist keiner den gerade dort circa 12 Ellen hohen Damm hinumergestürzt, sondern beide Züge sind sozusagen ineinander hin- eingesahren; Locomotiven und Tender find zer trümmert und unter anderm der von Hof kommende Postwagen über Tender und Locomotive seines und die Locomotive des entgegenkommenden Zuges hin weg auf den andern Tender geschleudert worden. Starke Eiseustangen, geknickt oder wie Drahtstäbe gebogen, Holzsplitter, Räder, andere Wagentheile und hcrauSgefalleneS Gut bildeten ein entsetzliches Durcheinander. Augenzeugen berichten von herzzer- reißenden Sceneu, die eine unmittelbare Folge des schrecklichen Augenblicks gewesen fiud. Es läßt sich wohl denken, welchen Jammer es bei solchem Un wetter, eine reichliche Viertelstunde vom Bahnhof Zwickau, gegeben hat, ehe Hülse erlangt werbe» konnte, und es bat auch der Transport der Ver unglückten die ganze Nacht hindurch in Anspruch genommen. Besonders sollen sich hierbei die im Kreiskrankenstifte eiugesührten LranSportwagen für Verwundete bewährt haben. Von Zwickau aus wurden sämmtlicheAerztc, die zu erlangen waren,schleu nigst requirirt. Nach den Folgen zu urtheilen.muß der Zusammenprall mit einer furchtbaren Heftigkeit er folgt sein. Die eine Locomotive ist ganz zertrüm mert und von den Wagen ist einer auf den andern geschoben worden. Ums Lebe« find dabei, soviel dis jetzt ermittelt worden, sieben Menschen gekom men, der Locomotivführerlehrling Aurich von hier, die Locomolivführer Paul von hier und Lenk aus Werdau, Pvstbeglciter Bauer aus Reicheubach, ein Postschaffner und ein Feuerman». Von den Vor genannten find Lenk, Bauer und Paul im Laufe dieser Nacht au de« erlittene» Verletzungen, die ersteren beiden im KreiSkrankenstiste und letz terer in feiner Wohnung gestorbe«. Einschließlich Lenk'S und Bauer's fiud 26 Verletzte allein im Kreiskrankenstifte untergebracht worden. Sechs da von find schwer verletzt, nämlich Postsecrelär Pieg ler (uuterdeß ebenfalls gestvrbe») aus Reichenbach, Schaffner Gerbeth ebendaher, Schaffner Baldauf aus Chemnitz, Kattundrucker Nier aus Greiz und die Kriegsreservisten Schuster aus Hartha und Barsch aus RochSburg. Wie wir hören, find die nöthigen Erörterungen sofort eingeleitet und zwei Weichenwärter verhaftet worden. — Aus Leipzig wird berichtet, daß da» 60. Preuß. Infanterieregiment in diesen Tagen die Stadl verläßt. Es bleiben dann blos einige Compagnien des 52., denen jedoch auch schon Marschbereitschaft angesagt wäre. Sächsische Jäger werden im neuen Jahre wieder die Garnison von Leipzig bilden.— In Oesterreich ist ein Gesetz erschienen, das die Heeresergänzung nach preußischem Muster regelt; die Dienstpflicht dauert 6 Jahre iu der Linie, 6 Jahre in der Reserve, und beginnt mit dem 18. Jahre. Bis zum 45. Jahre reicht die Verpflichtung zum Wehraufgebot, wie es scheint, der Landwehr zweiten Aufgebotes in Preußen nachgebildet. Die Stell vertretung ist aufgehoben, einjährige Freiwillige unter ähnlichen Bedingungen wie in Preußen zugelassen. Jedenfalls find die Lasten, welche dieses Gesetz aus legt, ungleich größer, als die, welche in Sachsen durch die Heeresorganisation entstanden find. — Die Wiener „Presse" vom 26. Dec. berichtet: „In dem eine halbe Stunde von Volyn entfernten Dorfe Nuzim in Böhmen brachte das Weib eines Häusler» mit Hülse ihrer Tochter ihrem Ehemanne mehrere Hiebwunden mit einer Hacke bei. Der mittlerweile nach Hause angelangte Sohn stürzte auf den Rath dieses WeibeS überdies seinen Vater von dem Gerüste der Scheuer, in welcher diese Unthat vollführt wurde, auf die Tenne herab, worauf der Unglückliche seinen Geist ausgab. Die Leiche wurde gerichtlich obducirt, die Mutter sammt den Kindern eingezogen und die Untersuchung gegen die unnatürlichen Verbrecher eingeleitet. Als Ursache