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Welt ,m siia. Vie rursizAt ireicvsauma. Anfang Dezember soll bekanntlich bereiste russische „Reichstag" zusammentreten. Die „Gofidarstwennaja-Duma", dies der offizielle Titel dieser gesetzgebenden Körperschaft, hat auch bereits in der Person des Großfürsten Nikolai Michailowitsch einen Ehrenpräsidenten erhalten, gewiß ein Zeichen dafür, daß der Zar auf diese seine Schöpfung sehr stolz ist. Leider steht man aber in russischen Kreisen den bevorstehenden Wahlen zur Duma mit großem Zweifel gegenüber, denn man fürchtet nicht mit Unrecht, daß eine Wahlfreiheit im eigentlichen Sinne des Wortes nicht existieren wird. Schon jetzt ist das Einführungsgesetz für die Duma in seinen Grundzügen bekannt geworden, und dabei zeigt sich denn, daß die Polizei völlig freie Hand behalten wird und nach russischer Art mit aller Willkür Vorgehen ratungsgegenstand dieser Versammlung, die sich aus längst gewählten Vertretern, je einen aus zehn Höfe, zusammensetzte, war Revision der Ausgaben für den Bau einer Handwerks schule vorher augekündigt; als aber die nichts ahnenden Bauern zusammengekommen waren, wurde ihnen ohne weiteres erklärt, daß sie sofort die Wahlmänner zur Duma wählen müßten. Zugleich wurden ihnen auch die Kandidaten vorgeschlagen, und zwar ein Dorf ältester und ein Schreiber des Gouverneurs, Beamte, die also dienstlich abhängig sind. Es fanden sich aber einige Bauern, die da meinten, daß sie andere Bevollmächtigte haben möchten, solche, die den Bauernkreisen näher ständen. Sie nannten auch Kandidaten aus den ärmeren Klassen. Der Gouverneursvertreter lehnte jedoch diese Vorschläge mit der Motivierung ab, daß die Unbemittelten skein Geld zur Fahrt nach Orel hätten. „Wir werden die Mittel aus dem Dorfvermögen geben," meinten darauf die Bauern. Da erklärte aber der Gouverueursvertreter, daß sie kein Recht hätten, Gelder des Dorfes dazu zu verwenden; wer Wahlmaun sein wolle, müsse auf eigene Kosten fahren. Die Kandidatur von zwei Handwerkern, die darauf genannt wurden, ließ er gleichfalls nicht zu, da sie keine hin reichende Schulbildung erhalten hätten. Das Endresultat der Verhandlungen war natürlich, daß die Kandidaten des Gouverneurs abgeordnet wurden, die Bauern sagten aber spöttisch: „Nun haben wir auch gewählt!" Aber trotz dieser und vieler anderer Wahlmachinationen dürften doch einige oppositionelle Elemente in die Duma gewählt werden. Das schon, weil die fürchterlichen Zustände in dem Naphtha distrikt die Gemüter allseitig tief er regt haben. Man glaubt daran, daß die Metzeleien durch die Lässigkeit der Regierung hervorgerufen worden sind, ja man glaubt sogar, daß der General gouverneur des Distrikts die Kämpfe zwischen den Parteien im gewissen Sinne begünstigt hat. Auf jeden Fall wird die schauerliche Tatareuwirtschaft in Baku Anlaß zu einer der ersten! Interpellationen in der Geheimrat Dr. Konrad Duden. und trafen neben anderen völlig neutralen Baulichkeiten auch das deutsche Konsulat. Der deutsche Konsul hißte schleunigst die schwarz weiß-rote Fahne und nun erst merkten die Soldaten ihren verhängnisvollen Irrtum. Unser Bild zeigt das Konsulatsgebäude und auch die Stellen, wo die ersten Kanonenkugeln eindrangen. konraa vuüen. Der bekannte Philologe und Verfechter einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung, Geheimrat Dr. Konrad Duden, ist in den Ruhestand getreten. Duden war Direktor des Gymnasiums in Hersfeld und hat hier lange Jahre überaus segensreich gewirkt. Er galt als eine Autorität auf dem Gebiet der deut schen Rechtschreibung und wurde als solche von der Regierung bei der^Schaffung einer allgemein gültigen Orthographie zu Rate ge zogen. Unter seinen zahlreichen Fachschriften ist am bekanntesten das „Orthographische Wörterbuch der deutschen Sprache", das als eine mustergültige Ausgabe deutscher Ortho- graphieregeln angesehen werden kann. türmen sich 1800 niedergebrannt, wirtlich in Arbeit stehen jetzt nur noch 700. Biele russische Bahnlinien und Dampfschiff-Verbindungen mußten einfach außer Betrieb gesetzt wer den, weil die Heizung ihrer Fahr zeuge nicht mit Kohlen, die es in jenen Gegenden nur spär lich gibt, sondern mit Petroleum erfolgte und dieser natürlich nicht zu haben ist. So sollen allein auf der Wolga 1500 Schiffe still liegen. Man sieht, die wirtschaft lichen Schäden der Bakuer Schreckenstage sind unübersehbar. Uebrigens hätten sie auch leicht zu einer deutsch-russischen Ver wicklung führen können. Als es nämlich der Artillerie nach tage langem Zuschauen der sich abmor denden Parteien endlich beliebte, in den Kanipf einzugreifen, um mittels der Kanonen Frieden zu stiften und die Ordnung wieder herzustellen, da feuerten die braven Kanoniere blindlings darauf los kann. Lautet doch einer der Paragraphen des Gesetzes wie folgt: „Eine Versammlung, deren Ziel und Gegenstand gesetzlich verboten ist, oder deren Abhaltung in Anbetracht be sonderer lokaler Verhältnisse zweifellos die öffentliche Ordnung und Sicherheit bedroht, wird von der Polizei verboten." Es leuchtet ein, daß mit diesem Kautschukparagraphen jede Versammlung verboten werden kann, auch wenn sie von den loyalsten Bürgern einberufen wor den ist, denn in Rußland ist bekanntlich alles verboten, was sich gegen die Beamtenwillkür herrschaft richtet und die Polizei wird natürlich in den meisten Fällen finden, daß an dem betreffenden Ort die öffentliche Ordnung und Sicherheit bedroht ist. Sind damit Wahlversammlungen in den russischen Städten so ziemlich unmöglich gemacht, so werden sich voraussichtlich die Wahlen in den Dörfern noch weit eigenartiger gestalten. Ein anschauliches Bild gibt davon ein von dem Gouverneur von Orel bereits vorgenommener Wahlakt, der dazu dienen sollte, den Bauern das Zarenmauifest vom 19. August zu erläutern. Es wurde also eine Versammlung von dem Vertreter des Gouverneurs einberufen und in dieser sollte gleich gewählt werden. Als Be Großfllrsi Nikolai Michajlowitsch, Ehrenpräsident der zukünftigen Duma. Duma geben. Bietet doch der ganze Naphthadistrikt ein Bild grauenhafter Zer störung. Von 3000 Bohr- sind über die Hälfte, näm- Deutsches Konfulatsgebäude in Baku, in der Gicbelwand von zwei Kanonenkugeln getroffen.