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3. Wenn in einzelnen Fällen die Stärke der Einquartierung das normale Maß der Belegungsfähigkeit der Gemeinden und Rittergüter überschreitet, so ist dies im militärischen Interesse unbedingt und unabweisbar notwendig. Militärischerseits wird in solchen Fällen auf eine gesetzmäßige Unterkunft verzichtet; insbesondere werden sich die Offiziere in den Gemeinden und selbständigen Gütern, in denen die Offiziersquartiere nicht ausreichen, mit den vorhandenen Quartieren begnügen müssen. 4. Für die Offiziere wird durchgängig nur Morgenkost beansprucht. Sollte in Marschquartieren oder kleinen Orten volle Tageskost gewünscht wecven, so wird Mitteilung durch die Quartiermacher an die Ortsbehörden pp. erfolgen. 5. Die genaue Anzahl der Rationen wird in jedem einzelnen Falle durch die Quartiermacher mitgeteilt werden. Auch find die einzelnen Truppenteile angewiesen, den Ortsbehörden und Gutsvorstebern Mitteilung über die genaue Belegsfiärke mindestens 14 Tage vor dem Beziehen der Quartiere zugehen zu lassen. 6. Für die Belegung in enget» (Not-) Quartieren (ohne Verpflegung und ohne Fourageverabreichung) am 11., 12. 15., 18. und 21. September können bestimmte An gaben darüber, ob die Belegung tatsächlich erfolgen wird, sowie über den Truppenteil und die Stärke desselben nicht gemacht werden. Denn zur kriegsmäßigen Gestaltung der Uebungen ist es erforderlich, den Parteiführern die Wahl der Ortschaften und die Belegung derselben je nach dem Verlaufe der Hebungen zu überlassen. Jedenfalls beziehen an den genannten Tagen höhere Stäbe und alle berittenen Truppen stets enge Quartiere, wohingegen es von der Witterung abhängen wird, ob die Fußtruppen die an diesen Tagen in Aussicht genommenen Bivaks beziehen oder enge Quartiere in Anspruch nehmen werden. Vor dem Einrücken in enge Quartiere werden den Ortsbehörden und Gutsvorstehern entsprechende Mitteilungen von den Truppen zugehen. 7. Die Ortsbehörden (Gem.-Vorstände pp.) find gemäß der eingangsgedachten Ausführungsverordnungen zu 88 2 und 3 zur Mitwirkung bei Sicherstellung von Vorspann verpflichtet, und haben dieselben daher die Bemühungen der Militärverwaltung wirksam zu unterstützen. 8. Um die schnelle Abfindung der Quartiergeber mit der Vergütung für das Naturalquartier zu ermöglichen, wollen die Ortsbehörden und Gutsvorsteher die auf den von den Truppenteilen empfangenen Quartierbescheinigungen festgesetzten Eingabezeiten pünktlich einhalten. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 27 Juli 1905 Den Ortsbehörden und Gutsvorstehern wird, insoweit der Bezirk der Amts hauptmannschaft Meißen aus Anlaß der diesjährigen Truppenübungen mit Ein- qnartierung zu belegen ist, demnächst eine Uebersicht über die Zeit und den Umfang der Quartierleistung als Qnartieranweisung zugehen. Die betreffenden Ortsbe hörden wollen die Besitzer der zu belegenden Grundstücke durch Bekanntmachung, öffentlichen Anschlag oder sonst auf ortsübliche Weise von der zu erwartenden Einquartierung in Kenntnis setzen und darauf Hinweisen, daß die Uebersicht bei der Ortsbehöcde eingesehen werden könne. Königliche Amtshauptmanuschaft Meißen, am 29. Juli 1905 G Wahl- bezirk-Nr. Orte, aus denen die Wahlbezirke bestehen bezw. zusammengesetzt sind. Bezeichnungder Stelle wo die Abteilungsliste auslieqt. 1 Breitenbach, Burkersdorf, Gotthelffriebrichsgrund, Hohentanne, Obergruna. Gemeindeamt Obergruna. 2 Bieberstein, Reinsberg, Dittmannsdorf, Hirschfeld, Deutschenbora. Gemeindeamt Reinsberg. 3 Burkhardswalde, Schmiedewalde, Groitzsch b. L. Munzig, Elgersdorf, Mahlitzsch, Mergental, Rothschönberg. Gemeindeamt Burkhardtswalde. Zufolge Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 20. vorigen Monats sind die für die bevorstehende Landtagswahl im 17. ländlichen Wahl kreise gemäß der Bestimmung im 8 13 des Gesetzes, die Wahlen für die n. Kammer der Stäudeversammlung betr., vom 28. März 1896 in Verbindung mit 8 12 slg. der Ausführungs-Verordnung vom 10. Oktober 1896 aufgestellten Abteilungs listen vom 1«. bis einschließlich 12. dieses Monats auszulegen Aus der nachstehenden Uebersicht unter O ist zu ersehen, aus welchen Orten die für die Wahlen der Wahlmänner des obenbezeichneten Wahlkreises gebildeten Wahl bezirke bestehen, und wo die einzelnen für die letzteren ausgestellten Abteilungslisten in der bezeichneten dreitägigen Frist ausliegen. Das Recht der Einsichtnahme in die betreffende Abteilungsliste für jeden Be- teiligten ist auf die Befugnis beschränkt, von der eigenen Veranlagung und die derjenigen Personen Kenntnis zu nehmen, welche dazu schriftlich Vollmacht erteilt haben. Es hat aber die Gemeindebehörde, bei welcher die Abteilungsliste ausliegt, jedem Urwähler auf Verlangen mündlich Auskunft über den weiteren Inhalt der Liste mit Ausnahme der Angaben über Steuerverhältniffe zu erteilen. Einwendungen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abteilungsliste sind bei Verlust derselben binnen 3 Tagen nach Ablauf der eingangsgedachten dreitägigen Auslagefrist schriftlich oder mündlich bei der mit der Auslegung beauftragten Ortsbe- hörde anzubringen. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 1. August 1905 4 Alttanneberg, Neutanneberg, Blankenstein, Helbigs dorf, Steinbach b. M., Herzogswalde, Neu kirchen. Gemeindeamt Blankenstein. 5 Grumbach, Kesselsdorf, Kaufbach, Unkersdorf, Hühn- dorf, Roitzsch b. W., Steinbach b. K. Gemeindeamt Kesselsdorf. 6 Klipphausen, Sachsvorf, Limbach, Birkenhain, Sora, Lampersdorf, Lotzen. Gemeindeamt Limbach. 7 Röhrsdorf, Weistropp, Kleinschönberg, Wildberg, Niederwartha. Gemeindeamt Weistropp. 8 Augustusberg, Niedereula, Obcreula, Rhäsa, Zella. Gemeindeamt Niedereula. 9 Schrebitz, Zetta m. Gallschütz, Karcha, Wendisch bora, Ilkendorf, Gruna, Radewitz, Saultitz, Katzenberg, Göltzscha, Gohla- Gemeindeamt Wendischbora. 10 Lültewitz, Petersberg, Abend, Markritz, Maltitz, Leschen, Stahna, Höfgen, Mutzschwitz, Noß litz, Oberstößwitz, K^eißa, Raußlitz, Klessig. Gemeindeamt Oberstößwitz. 11 Rüsseina, Priesen, Choren, Toppschädel, Starbach, Wetterwitz, Wölkau, Bodenbach. Gemeindeamt Rüsseina. Ans Sachsen. Wilsdruff, 31. Juli 1905. Vom Tode des Ertrinkens gerettet wurde der HofschauspielerFischer aus Dresden, der in Kämpen auf der Insel Sylt zur Kur weilt. Es herrschte um die Mittagszeit ein lebhafter Ebbestrom, der das Wasser rapid vom Strande in die See zurückzog. Fischer hatte gebadet und war, trotzdem er ein Schwimmer ist, in die Strömung gezogen worden. Er kämpfte zwar verzweifelt mit den Wellen dem Strande zu; jedoch die vom Landes abführenden Strömung war stärker, und so kam er immer weiter vom Lande ab. Der Bademeister Jahns, der dem Gefährdeten auf seine Hilferufe nachgeganzen war, geriet in dieselbe Strömung und kam ebenfalls in Lebens gefahr. Landrichter Dr. Popert aus Hamburg schwamm den beiden nach; nach längeren Bemühungen gelang es diesem, den Strand wieder zu gewinnen. Im letzten Moment war der in einiger Entfernung der Badestelle befindliche Schriftsteller Pfund aus Berlin auf den Vor gang aufmerksam geworden. Er kam herbeigelaufen und entledigte sich sofort am Strande seiner Kleidung. Herz zerreißend war es zu sehen, wie der etwa zwölfjährige Sohn des im Wasser mit dem Tode kämpfenden Künstlers Herrn Pfund um den Hals fiel und immerfort nur schrie: „Retten Sie meinen Vater! Retten Sie meinen Vater!" Herr Pfund ging darauf mit einer langen Stange ins Wasser und es gelang ihm, sich schwimmend dem in Gefahr Be findlichen zu nähern. Er reichte Herrn Fischer, der bereits viel Wasser geschluckt hatte und sich nur noch mühsam über Wasser hielt, das eine Ende der Stange zu, an bas dieser sich klammerte, während Herr Pfund dem Lande zuschwamm, die Stange hinter sich herziehend. Inzwischen war es dem Bademeister gelungen, sich den beiden wieder zu nähern. Auch der Landrichter Popert war nochmals ins Wasser ge- gangen, und es glückte ihm, dem Gefährdeten einen Rettungs gürtel überzuwerfen. So gelang denn schließlich den ge meinsamen Bemühungen der drei die Lebensrettung, die um so schwieriger und gefährlicher war, als nicht nur starker Ebbestom herrschte, sondern auch hoher Wellengang die Be- teiligten unaufhörlich mit Wassermassen überschüttete und die ganze Szene in nächster Nähe der steinernen Buhne stattfand, die den Rettern, durch die Möglichkeit, dagegen geschleudert zu werden, gefährlich war. Für den bei dem Rettungs werke wacker beteiligten Bademeister Jahns wurde übrigens im Kurhause gleich eine Sammlung veranstaltet, die über 150 Mark ergab. In Dresden erfolgte die gerichtliche Eintragung der Firma Nationaldruckerei, Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand des Unternehmens, dessen Stamm kapitel 180000 Mk. beträgt, ist der Betrieb einer Druckerei und die damit verbundene Herausgabe einer Tageszeitung. — Mit 180000Mk. schafft man in Dresden kein Zeitungs unternehmen, das sich im Kampf mit den bestehenden Blättern lebensfähig erweisen könnte. Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich, wie schon kurz berichtet, im Walde bei Krakau in der Nähe von Königsbrück. Mehrere Dresdner Herren veran stalteten dort auf einem Schiebstande, allerdings unbefugter weise, nach einer aufgestellten Scheibe der Krakauer Schieß gesellschaft Schießübungen. Unter den Schützen befanden sich der Wirt des Dresdner Bürgerkasinos Clemens Fischer der Direktor einer Damenkapelle, der Waffen- und Muni tionshändler Meyer und der Zigarettensabrikant Schuchardt aus Dresden-Neustadt. Der letztere war gerade damit beschäftigt, an der Scheibe, die einige hundert Meter von dem Standpunkte -er Schützen entfernt war, einen Zeiger zu befestigen. Man hatte ihn jedoch nicht bemerkt, und als der Waffen- und Munitionshändler Meyer die Büchse anlegte und zum Schuß abdrückie, traf die Kugel den Fabrikanten Schuchardt, dersofortzusammenbrach und nach wenigen Augenblicken verstarb. Der unglück selige Schütze war vor Schmerz außer sich. Noch in den späten Nachmittagsstunden traf eine Gerichtskommisston aus Königsbrück auf der Unfallstelle ein, die den Tat- bestand aufnahm und die Ueberführung der Leiche nach Königsbrück anordnete. Von einer Verhaftung des un seligen Schützen wurde indessen Abstand genommen. Eine in Glauchau stattgehabte Färberarbeiter. Versammlung lehnte nach längerer Diskussion mit 478 von 482 abgegebenen Stimmen die Vergleichsvorschläge der Färber-Konvention ab, trotzdem Herr Stadtrat Meißner den Ausständigen empfahl, die für sie so künftigen Vor schläge anzunehmen. Diese lauteten dahin, daß jeder männliche Arbeiter einen Mindestlohn von2.35Mk. pro Tag erhalten, und das bei Arbeitern unter 18 Jahren ein Abzug von10°/o zulässig sein sollte, ebenso bei solchen, die noch keine 6 Monate im Betriebe tätig sind. Den weiblichen Arbeitern wurde für Glauchau ein Mindestlohn von 8,50 Mark und für Meerane ein solcher von 9 Mk. per Woche zugestanden, wenn sie drei Monate in demselben Betriebe tätig sind. Außerdem wurde noch den Arbeitern zugestanden, jeden in Meerane und Glauchau angefangenen Arbeitstag bezahlt zu erhalten. Die Mindestforderungen der Arbeiter betrugen 15 Mark per Woche. Auch in Meerane lehnten die Färberei arbeiter die Vergleichsvorfchläge ab. Nach den ablehnenden Beschlüssen der Arbeiter wird heute im Bereiche des Ver bandes der Sächsisch-Thüringischen Webereien die Schlie ßung sämtlicher Webereibetriebe eintreten. Bereits am Sonnabend ist an die Firmen, welche der Sächsisch. Thüringischen Färberkonvention angehören, die telegraphische Mitteilung ergangen, daß sie ihre Betriebe am Montag zu schließen haben. Der Verband erstreckt sich auf die Ortsgruppen Gera, Greiz, Elsterberg, Meerane-Glauchau, Reichenbach-Netzschkau und Weida-Ronneburg mit insgesamt 33340 Webstühlen. Die Gesamtzahl der Ausgesperrten würde gegen 40000 betragen. In der Angelegenheit des Verschwinden des 13- jährigen Mädchens Müller aus Schönheide bei Auerbach ist jetzt eine Verhaftung erfolgt. Man glaubt, daß das Kind entführt und geschändet worden ist. Am Dienstag wurde nun in Beerheide ein verdächtig erscheinender Mann, der sich im Gasthause niedergelassen hatte, beobachtet. Der Gemeindevorstand kündigte dem Verdächtigen die Arretur an, der er sich auch nach einigem Widerstreben fügte. Er bat nur, noch einmal austreten zu dürfen. Nichts Gutes ahnend, stellte sich der Gastwirt am Eingänge zum Restau rant, der Gemeindevorstand aber an der Hintertüre des Restaurants auf. Dies mag der Arrestant bemerkt haben, er schwang sich plötzlich zum Abortfenster heraus, um das Freie zu gewinnen. Da jedoch hinter dem Hause ein ziem- licher Abhang sich befindet, kam der Flüchtling zu Falle und verletzte sich dermaßen, daß er sich nicht zu erheben vermochte. Der Mann, auf den übrigens auch die Be- schreibung des Entführers der ermordeten Ella Simon« Reichenbach passen soll, verweigert über seine Person, Stand und Reiseroute jede Auskunft. Das Kapitel der Pilzvergiftungen wächst täglich. Ungemein tragisch ist das Schicksal, das den Former Lindner in Einsiedel betroffen hat. Im Laufe des Donnerstag sind auch die beiden anderen Kinder der Pilzver giftung erlegen, und von der ehedem sechsköpfigen Familie ist nur noch der Vater am Leben, der voraus sichtlich genesen wird. Eine weitere Vergiftung durch Pilze fand in der Familie des Schulhausmannes Förster in Einsiedel statt, doch konnte hier durch sofort verabreichte Gegenmittel das Schlimmste noch verhindert werden. Der Mädchenhändler K. in Hamburg hat Mädchen aus Leipzig nach dort gelockt. Die Untersuchung stößt auf große Schwierigkeiten, da K. selbst nichs aussagt und die von ihm verkauften Mädchen bisher nicht aufzufinden waren, da ja nur eine Abnahmestelle zur Kenntnis der Behörde gelangt ist. Bei dieser einen Stelle handelt es sich, soweit bis jetzt feststeht, um mehrere Transporte. K- machte in Leipzig die Bekanntschaft von Mädchen, denen er gute Stellungen als Erzieherinnen, Verkäuferinnen oder Dienstmädchen in Hamburg versprach. Er brachte die unerfahrenen Mädchen dann in ein Haus in Altona (Marienstraße). Erst in der letzten Zeit lieferte er dort drei Mädchen ab, von denen eines entfloh und nach Leipzig zurückkehrte. Dort wollte es der Zufall, daß die Ent flohene den K. wiedertraf. Sie begann — um ihn der Polizei zu überliefern — ein Gespräch mit ihm und er klärte sich scheinbar bereit, wieder ein „Engagement" an zunehmen. K. wollte das Mädchen nach Dresden bringen- Damit war sie aber nicht einverstanden, sie verlangte, nach Hamburg gebracht zu werden. Wohl oder übel mußte der Mädchenhändler den Wunsch respektieren. Er setzte sich mit seiner Begleiter auf den Zug und fuhr nach Hamburg. Ein Zufall kam dem Mädchen, das nur die Verhaftung des Mannes bewirken wollte, zu Hilfe: In Hagenow fiel der Transport auf, und infolgedessen wurden sämtliche Stationen bis Hamburg telegraphisch benachrichtigt, daß ein verdäch tiges Paar sich im Zuge befände. Ein Polizeioffiziant sah das Paar aussteigen, verfolgte die beiden und setzte sich, als sie eine Gastwirtschaft in Billwärder aufsuchten, in nächster Nähe von ihnen nieder. Aus den aufgefangenen Gesprächen entnahm der Beamte, um was es sich handle, so daß er sofort zur Verhaftung des Mädchenhändlers schritt. Wetterprognose für 1. August. Witterung: Trocken, wenn auch mehr oder weniger stark bewölkt. Temperatur: Normal. Windursprung: Suv- westwind. Luftdruck: Mittels Hierzu ein zweites Blatt.