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Was nähen Sie denn da noch so eifrig? Ungerechte Perlen 2 Friihlingsnacht. , ver ¬ alte ver- Fls ob ich das nicht längst wüßte! Sie das Ein ein die jetzt dicken Hände scheid." „Es kann Hände haben Der Ton „Und Sie, Fräulein?" „O, ich bin wie hinter sieben Mauern schlossen." Unten im dritten Stock sagte der dessen Loch zum Aushängen ein duftendes Büfchchen Jasmin steckte. Mit einer unbe holfenen Verbeugung dirigierte er die duf tende Gabe zur Nachbarin hinüber. „Ah, vielen Dank! Wie schön! Aber —" sie steckte das Stumpfnäschen in die Blüten ja nicht jeder so kleine, braune wie Sie!" dieser Antwort klang etwas be Schwarz hebt der Wald das Haupt; Blaßblaue Lichter blitzen Durch Birken, maibelaubt . . . Wie heil'ger Gottessegen Hängt schwer an allen Spitzen Der Frühlingsregen .... Ein Vogel singt und singt . . . Wir halten uns bei Händen; Wo unsre Hütte winkt, Dort zwischen Bergeswänden, Hinpilgern unsre Füße sacht . . . O diese Nacht — o diese Nacht — Du lieber Gott, laß sie nicht enden! Alice Linde. — „jetzt muß ich wirklich zur Ruh, sonst ver schlafe ich mich morgen." „Nehmen Sie nur ja nicht den Jasmin mit ins Zimmer! Das ist gefährlich. Ken nen Sie das Gedicht: Der Blumen Rache?" „O, ja. Ich lege die Blüten bis morgen außen aufs Fensterbrett, und wenn ich ins Geschäft gehe, stecke ich sie an. Die andern Mädchen haben auch immer Blumen. Gute Nacht!" „Schlafen Sie Wohl, Fräulein -Klingel- Hof. Angenehme Ruh'." Als Lisettes Vorhängchen herabgesunken waren, sahen Christoph Schmelzers kleine, graue Augen zur Mondsichel hinauf; er spitzte die schmalen Lippen und pfiff: „Ob ich Dich liebe, frage die Sterne." Und als alle Fen ster geschlossen, koste das Mailüftchen mit den Blumen im Garten drüben und erzählte ihnen von der neuen Bekanntschaft der schwarzen Lisette mit dem blonden Christoph und von dem neugierigen alten Herrn im dritten Stock, der seine Abend-Pfeife jetzt im Hinter stübchen seiner großen Wohnung rauchte. Lisette hatte es mit dem Zubettgehen gar nicht so eilig, als sie gesagt; in Gedanken ver loren saß sie auf dem braun gebeizten Stuhl am Fenster und löste den gedrehten Haar knoten, welchen sie am Hinterkopf trug; dann holte sie ans der Tiefe der Kammer einen Kamm, welchem fünf Zähne fehlten und strich damit einigemal über das glatte, nach hinten gekämmt« Haar. Offenbar befchäftigten sich ihre Gedanken mit Schmelzer. Er ist doch eigentlich ein guter Mensch, aber häßlich, dachte sie. In früherer Zei! stellte sie sich immer einen ganz andern vor, wenn .... Sie sprang errötend auf und trug den Kamm auf den Waschschemel zurück. Nach wenigen Minuten knarrte ihre Holzbettstelle, und Bettkissen mit blaugestreiften Bezügen bauschten sich von allen Seiten um den jugendlichen Körper der jungen Näherin. Das ganze Mobiliar ihres Heims bestand aus einem viereckigen, braun gebeizten Tisch und zwei dazu gehörigen Holzstühlen, aus dem. Bett, einer wackeligen Kommode und ihrem Neisekorb. In der einen Ecke des Rau mes war noch ein mit Haken versehenes Brett zum Aushängen der Kleider angebracht, ein gelber Kattunvorhang verhüllte, niedriger Schemel zum Waschen und Handtuch an der Tür vervollständigte Einrichtung. Allerdings besaß Lisette noch eine Jasminblüte vor dem Fenster. (Schluh folgt.) leidigt. „Sie sind Wohl übelnehmisch, Herr Schmelzer? Dann will ich mich nur verkrü meln!" „Behüte, Fräulein Klingelhof! Gehen Sie nur nicht schon wieder in die Bude. Es ist kaum neun Uhr, und bei dem köstlichen Mai abend wäre es eine Schande. Wie lange woh nen Sie schon hier?" „In vierzehn Tagen werden es zwei Jahre." „Haben Sie eine gute Wirtin?" „Ach, es geht wohl; aber sie ist stocktaub, und man muß sich rein die Lunge ausschreien, bis sie versteht, was man sagt." „Na, meine ist ein Geizdrachen," (er sagt« es halblaut) „die möchte den Pfennig durch beißen. Ich muß ihr neun Mark den Monat geben, für die Spelunke im Dach." „Mit Kaffee?" „Ja, mit Kaffee, aber — was für wel chen!" . „Ich gebe nur fünf Mark. Dafür muß ich mir jedoch mein Zimmer selbst reinigen." „Dann halten Sie Ihr Logis nur fest und brüllen Sie für vier Mark Ersparnis der tauben Wirtin." „Haben Sie eben gemerkt, Herr Schmel zer, was für ein schöner Geruch von Jasmin und Syringen herwehte?" „Das kommt da drüben her, von dem Garten. Haben Sie gern Blumen?" „Zu gern!" „Hier Habe ich nun so ein schönes Büschel chen Jasmin; wenn ich es Ihnen nur herüber- reichen könnte." „Ach, wir wollen's mal versuchen! Bitte!" Lisette streckte ihren Arm, so weit sie konnte, zum Dachfenster hinaus, und die rote Hand mit der Jasminblüte kam ihr von dem nebenliegenden Dachfenster so weit als möglich entgegen, aber die schöne Blüte — mit einem Schwünge geworfen — fiel aufs Dach und rollte in die Dachrinne. „O, weh!" sagte die Näherin. „Ich habe noch eine," tröstete der Laden diener. „Halt, ich weiß was!" „Sie wollen doch nicht etwa bei Ihnen vier Treppen hinunter und bei mir vier her auf? Meine taube Wirtin macht abends nicht auf." -TXLL'L Welt >m Klio. Zlan zus Herr leis«: „Das ist gut!" Schmelzer war auf einen Augenblick schwunden und streckte alsdann triumphierend ein^ langes Lineal zum Fenster hinaus, in haben mir neulich ja selbst für fünf Pfennig Syrup gegeben." „Nicht möglich! Ja, im Hut sehen die Damen stets anders aus." „Und außerdem . . .." „Außerdem, was?" Wohlgefällig strich Schmelzer über die Oberlippe, auf welcher ein bejammernswert dünnes Schnurrbärtchen r uns m »Wir können ja prachtvoll über das Dach ansehen, fort und in den hübschen, großen Blumen- a verderbckarten dort sehe», Herr Schmelzer, und übri- und heitzenZ bin ich froh, daß keine Fenster in den ' von neuHmterwänden der Häuser sind. Jeder Affe istophSch^ürde nach unsern Mansarden äugeln!" ochsten Ges „Ha, ha, ha! Da haben Sie recht; aber Neugierig sind Sie nicht, Fräulein." - de versuä „Wieso?" >ung, denk „Weil Sie noch gar nicht gefragt haben, Vas Nadel^vas ich bin und in welchem Geschäft ich ar beite." anklen Art „Himmlisch, man möchte gleich zum Fen- heraus. fier hinausfliegen!" Zwirnssq „Wenn nur die nichtswürdige Mauer uns ' kleine, ssticht so die Aussicht versperrte! Neben uns - . ""H nichts kne Backsteinwände." Wir können ja Prachtvoll über das Dach ite war > mne für" MU dieser Frage neigte sich' Christophs fmde fauler Kopf, dessen glattes, blondes Haar ede Re^r Stirn zu einer kühnen Tolle aufge- n teiltest war, etwas weiter heraus; eine lange, ir Nase konnte demselben als besonderes ne Nü^imal dienen. strebsar "Alles zu wissen macht Kopfschmerzen!" näen leitW es zurück, und die braune Hand mit erwähnt? ^en flog, eifrig nähend, hin ' v her. rj? ,„Sie scheinen sehr eigensinnig zu sein?" tsfeier e! "Soll ich denn mit zerrissenen Sachen Her reisen kaufen? „Ei, so nähen Sie doch morgen früh!" )«n und "Ja, sEe mir einfallen! Muß erst meine 1- ira-nd!"be in Ordnung bringen; muß angezogen ' " d punkt acht Uhr im Geschäft sein. Und uol Weg! Beinahe ist er eine halbe Meile." sehr enk »3" welchem Geschäft sind Sie?" len Kru »Ich "öhe im Weißwaren-Geschäft von i ^os" und Kompagnie." f "Ulk) ck Uh sg!" kommen , .h. Nach längerer Pause kam es aus der g ha,-, ichtung des Fragestellers: „Darf ich mir er- Uchts wessen, Fräulein, Sie um Ihren Namen zu s Kunst 'ien?" itrei; me! Rasch bissen die spitzen Zähne den Faden o , das genähte Etwas flog ins Zimmer zu ck und der Schwarzkopf kam zum Vor- »Listtte Klingelhof heiße ich, und weil Sie lebendiges Fragezeichen zu sein scheinen, iicki ürabswill ich Ihnen gleich sagen, daß ich neun- jM und ein halbes Jahr alt bin und jetzt e künM^ Ruhe haben will!" ihrer kört. Klirr! war das Fenster zu, ein Lichtschein bbar aewMt« auf und zwei dichte Schiebgardinen ' rsteckten ihr Zimmer, in welches doch keine ienschenseele hineinsehen konnte. Der Ladendiener summte: „Du bist wie Blume!" und lächelte; er zeigte dabei lei- vegetierte. „Außerdem braucht man nur Ihre roten, anzusehen, so weiß man Be- eine Zahnlücke. Dann zog er sich cben- ^Ms in seine Bude — wie er sich auszudrücken siegte — zurück. f. Im dritten Stock wurde unter dem weit vrspringenden Dach leise ein Fenster zuge- facht. Hier hatte bisher ein alter, weiß- zu werdeniariger Herr gestanden, sich seine Pfeife ge- lzer, Lahopft und lächelnd dem Zwiegespräch über rlwarenhätz zugehört. n Dachsen „Wunderschönes Wetter heut, Fräulein c — und siingelhof, nicht wahr?" mit groß Mit diesen geistreichen Worten reckte Herr Schmelzer sich am nächsten Abend so weit als :n verderoHgljch zum Dachfenster hinaus. Lisette schien heut mitteilsam; sie blickte einen SMZ noch höherer Höhe als der Ladendiener; ne jugendlstun sie saß im Fenster und hatte den Arm sich aus KhZ Fensterkreuz geschlungen. Sie erwiderte nfenster hin: