Volltext Seite (XML)
LW«G WamM, Mffcn, GLevenlehu NNd Die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche GerichLsaMt Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^7 97. Freitag, den n. December 18747 Anher erstatteter Anzeige zufolge ist der Handarbeiter Ernst Adolph Schubert aus Niederhermsdorf, welcher sich vagabondirend umhcrtreibt, verdächtig, einem Wirthschaftsbefitzer in Nöhrsdorf den unter 0 näher beschriebenen Handwagen am 7. November dieses Jahres abgeschwindelt zu haben. Behufs seiner Vernehmung über das ihm zur Last Gelegte wird der p. Schubert hiermit geladen, sich längstens den 28. Dccember dieses Jahres an hiesiger Amtsstelle persönlich einzufinden oder doch bis dahin seinen dermaligen Aufenthaltsort anher anzuzeigen. Indem man zur Wiedererlangung jdes fraglichen Wagens dieses hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringt, ersucht man gleichzeitig alle Criminal- und Polizeibehörden, den p. Schubert im Betretungsfalle auf diese Vorladung aufmerksam zu machen und von dem Erfolge kurze Nachricht anher gelangen zu lassen. ' Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 7. December 1874. .Teonhardi. 0 Der Wagen, drei Ellen lang, ist mit neuen Leitern, 22'/? Zoll hoch und mit Korbflcchten, welche ungefähr 2'/? Elle laug versehen gewesen, hat eiserne Achsen und das Schleifzeug auf den Deichselarmen, sowie eine zerbrochene Stemmleiste gehabt. Das Untergestell ist blau angcstrichcn, der Wagen selbst aber mit Ausnahme der Leitern bereits einige Jahre alt gewesen. Gegen Leichenverbrennung. Es ist ein cigent'hümliches, wenn auch nicht gerade günstiges Kennzeichen unserer Zeit, das; fast ein Jeder sich berufen dünkt, Dinge zu beurtheilen, zu deren Beurtheilung doch noch etwas mehr, als nur eine allgemeine Bildung erforderlich ist, und leider geben, wo Majoritäten gebieten, nicht immer Sach- und Fachkenntnisse den Aus schlag. Die Menge folgt mit Vorliebe unklaren Instinkten, sie jubelt ' stets dem Neuen zu, allein schon, weil es eben das Neue ist, und leicht findet sie Solche, die in der Sucht, eine wohlfeile Popularität zu erlangen, sich zu ihren Wortführern aufwerfcn und mit der krassen Unduldsamkeit, die in der That dem sogenannten Liberalismus eigen ist, Diejenigen thöricht und unverständig nennen, welche sich den un sinnigen Forderungen entgegensetzen und nicht in das wüste Geschrei mit einstimmcn. Diese Wahrheiten bekunden sich neuerdings recht deutlich in einer Streitfrage, die bis dahin wenig von Fachleuten, desto mehr von Unberufenen discutirt ist, ob nämlich die bisherige Art der Be stattung unserer Todten bcizubehaltcn sei, oder ob eine andere Ein richtung: die Leichenvcrbrennung, empfchlenswerther erscheinen dürfte. Wir Wollek versuchen in kurzen Sätzen die Sache zu erläutern und zu beweisen, daß die Sitte der Beerdigung, die eben so alt, wie das Menschen-Gcschlecht ist, bei allen civilisirten Nationen auch ferner ihr Recht behalten soll, allein schon weil sie, ohne irgend welche äußeren Nachtheile herbeizuführen, am meisten unserem Gefühl ent spricht: „von Erde bist Du genommen, zu Erde sollst Du werden." Die Geschichte belehrt uns, daß schon sehr frühzeitig gemeinsame Bcgräbnißstätten entstanden, die in Folge entsprechender Bestimmungen bereits der ältesten Gesetzgeber fast überall außerhalb der Wohnorte lagen. Nur einzelnen hochverdienten Männern wurde cs als ganz besonderes Vorrecht gestattet, innerhalb der Städte beerdigt zu werden, und erst der christliche Cultus befördert die Unsitte der Beerdigungen in den Kirchen und in nächster Umgebung derselben in solchem Maße, daß Kirchhof und Bcgräbnißplatz in unserer Sprache gleichbedeutende Begriffe wurden. Vergebens stritten selbst Kaiser und Päpste gegen diese Unsitte an, die Kirchen und der Kirchhof waren und blieben die allgemeinen Beerdigungsstätten. Mit der Zunahme der Bevölkerungen begannen sich nunmehr wirklich Schädlichkeiten seitens dieser Ein richtungen bemerkbar zu machen und wurden im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert Gegenstand lebhafter Discussioncn. Unter Vorantritt Frankreichs (König!. Verordnung vom io. März 1770) erließen nach und nach alle übrigen Staaten in Beziehung auf das Beerdigungswescn acsetzliche Verordnungen, welche bei der größten Verschiedenheit der" einzelnen Vorschriften dennoch in dem' Einem übcreinstimmten: in dem Verbot nämlich der Begräbnisse in den Kirchen und im Innern der Städte. An diese Anordnungen knjipftcn sich alsbald weitere gesetzliche Bestimmungen, welche das Becrdigungs- wcscn in einer Weise regelte, daß dasselbe zu unserer Zeit wohl fast überall seinem Zweck entspricht: die Verwesung dec Leichen ohne Nachtbfil für die Lebenden herbeizuführen. Verwesung ist Zerfall der organischen Verbindungen, wie wir sie im lebenden Organismus finden, in ihre anorganischen Bestand theile, hauptsächlich in Kohlensäure, Wasser, Ammoniak und Kohlen hydrate. „Sie gleicht (sagt Pettenkofer) der vollständigen Verbren nung, die in einer mit gutem Luftzuge versehenen Lampe schnell und geruchlos von Statten geht, während die Fäulniß der trüben rußigen, Flamme entspricht, welche durch die Menge unverbrannt entweichender Kohlenstoffe die Luft verdirbt und viel längere Zeit dazu gebraucht, das gleiche Quantum Oel zu verzehren." In jedem gegebenen Falle nun läßt sich, nach Beschaffenheit des Bodens und der Grundwasser- Verhälnisse, unter gehöriger Berücksichtigung der übrigen hier in Be tracht kommenden wissenschaftlichen Fragen, ein bestimmtes und tref fendes Urtheil abgeben, sowohl in Bezug auf die Zweckmäßigkeit, be stehender Veerdigüngsstätten, als auch in Betreff der Zulässigkeit neu anzulegender, und wenn, wie wir nicht leugnen wollen, bisher von der Sanitäts-Polizei nicht überall auf das Beerdigungswescn hin reichende Aufmerksamkeit gelenkt sein sollte, so ist von dem regeren Sinne für öffentliche Gesundheitspflege in unsern Tagen wohl zu er warten, daß dies alsbald geschehen wird. Außer den gesetzlichen Vorschriften im Allgem. Landrecht finden sich übrigens eine Reihe von ministeriellen Verfügungen, welche in höchst "treffender Weise einige der hier in Frage kommenden Punkte behandeln, und es schließen sich hieran eingehende Verordnungen einzelner Provinzial-Regierungen, unter denen die von der Regierung zu Koblenz erlassene und am 4. Februar 1823 durch Min.-Rescr. genehmigte, ganz besondere Erwäh nung verdient. Nach Pettenkofer gelangten, trotz aller Bemühung der Aufsichts behörde, von sonstigen Auswurfsstoffcn auch zur Zeit noch immer weit mehr in nächster Nähe unserer Wohnungen für die Verwesung in den Erdboden, als wenn die der Einwohnerzahl eines Ortes ent sprechende Anzahl Leichen in dem Orte selber beerdigt würde. Er wägt man hierzu die oben angeführte Thalsache, daß bei gehöriger Vorsicht und richtiger Auswahl des Bccrdigungsplatzes durch die Ver wesung überhaupt nur in höchst geringfügigem Maße und kurze Zeit hindurch schädliche Substanzen producirt werden, so sinken die gegneri schen Behauptungen: daß große Gefahren von den Kirchhöfen durch Vergiftung der Luft und des Trinkwassers ausgehe, sofort in ihr Nichts zurück. — Sehr bemerkenswert!) ist die Thatsache, daß die Brunnen sämmtlicher Berliner Kirchhöfe ein durchaus reines und wohlschmeckendes Trinkwasser führen, wie überhaupt die Berliner Becrdigungsplätze, hauptsächlich des sandigen Bodens und der sehr günstigen GrundwasserverlMtniffe wegen mustergültig in ihrer Art erscheinen. — Wir können somit dreist behaupten: daß ein Veerdig- ungsplatz, sobald er nur zweckmäßig auSgcwählt, und seine Benutz ung den localen Verhältnissen entsprechend geordnet ist, auch für die