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für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebculcim »nd dic Umgcgcnde». Amtsblatt für -as Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^7 48. Dienstag, den 23. Juni 1874'. Der Dienstknecht Alexander Anton Kaufmann ans Neukirchen hat sich auf eine Wider ihn erstattete Anzeige zu verantworten und wird, da sein Aufenthalt unbekannt ist, hiermit geladen binnen 4 Wochen und spätestens am 25. Juli 1874 an hiesiger Gerichtsstelle behufs seiner Vernehmung zu erscheinen. AL- Behörden werden ersucht den p. Kaufmann im Betretungsfalle auf diese Vorladung aufmerksam zu machen und über seinen Aufenthalt Mittheilung anher gelangen zu lassen. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 16. Juni 1874. In Stellvertretung: vr. Gangloff, Assessor. Kies - Verdingung. Die Anlieferung beziehendlich Anfuhre der zur nächstjährigen Unterhaltung der Meißen-Nossener Chaussee, Abtheilung 3,'4, 5 und 6, - Wilsdruff- - - - 1—5, - Nossen-Oschatzer - - 1 und 2, - - Freiberger - - l, des Fürstenweges in Nossen und der Hainichen-Strehlaer Straße erforderlichen Quantitäten Kies, Sand u. s. w. soll Freitag, den 26. Juni u. e., Nachmittags 2 Uhr im Gasthofe des Herrn Hesse zu unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen an Mindestforderndc öffentlich verdungen werden. Königliche Bauverwalterei zu Meißen, am 15. Juni 1874. Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm und Kaiser Alexander verkehren in Bad Ems täglich und falt stündlich mit einander wie alte Freunde. Sie trinken und speisen, spazieren und fahren miteinander, besuchen gemeinsam das Theater und haben sogar ihren Gegenbesuch bei der Kaiserin Augusta in Coblenz gemeinsam gemacht. Man kann sich denken, 'wie die Augen der europäischen Höfe und Minister, der Freunde und der Gegner auf diesen Verkehr gerichtet sind und wel chen Eindruck er macht, ohne daß davon gesprochen wird. Dazu stellt sich fast täglich ein anderer fürstlicher Besuch zur Begrüßung ein. Von Bedeutung ist auw dic Reise der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich w, J„li auf die Insel Wight in England. Sic wird dort einen längeren Aufenthalt nehmen und mit dem deutschen Kronprinzen- Paar Zusammentreffen, welches dort 4 bis 6 Wochen verweilen wird. Die schöne Kaiserin soll in den letzten Jahren der Begegnung mit Preußen auffallend ausgewichen sein. Uebcr die wichtigen In stizge setze im deutschen Reiche hat der Bundesrath in Berlin folgende Beschlüsse gefaßt: Die erste Stufe der Strafgerichte wird künftig durch einen Amtsrichter mit zwei Schöffen, die zweite Stufe durch drei ausschließlich rcchtsgclehrle Richter, welche ihre Entscheidung zuungunsten des Angeklagten nur einstimmig fällen dürfen, die dritte Stufe durch Schwurgerichte gebildet. Als Vorstufe können die von Preußen beantragten und vom Bundesralhe ange nommenen Pvlizeirügegenchle gelten, welche besonders bei Zuwider- hP'dlungen gegen straßcnpolizeiliche Vorschriften eine zweckentsprechende Aburlheilung dadurch ermöglichen sollen, daß die Verhandlung und .Entscheidung unmittelbar nach der That eintritt, wo der Angcschut- digte und die Zeugen noch zur Stelle sind. In Mainz hat der deutsche Katholikenverein getagt und zu guter Letzt, so weit es an ihm liegt, einen dicken Strich zwischen der alten und neuen Zeit gemackt. In einem Athem verurlhcilt er dic ganze neue Bildung, fordert er für den päpstlichen Stuhl politische Selbstständig keit und alle alten Herrschafisrechte zurück, er will dagegen nichts wissen von der deutschen Reichsverfassung und den Kirchengesetzen Prenßens und des Reiches, er verurtheilt das, was er Entchristlichung lind Leitung des Unterrichts durch den Staat nennt und zugleich die gesammte auswärtige Politik des Reichs. Zuletzt verspricht er die Mittel zu Lösung der sozialen Frage angeben zu wollen. Wir können ihm nur Zurufen: Heraus damit! Ucber alle Schweizerischen Pfarrer, welche sich durch das Volk zu ihren Aemtcrn wählen lassen, hat der Papst die große Ex- commnnication verhängt. Aus Oberitalien, 14. Juni, schreibt man dem „Nürnb. Corresp.": Die äußerst zahlreichen Mordlhatcn, die im Verlaufe der letzten Tage an allen Ecken nnd Enden Italiens stattgefunden haben, beschäftigen wieder einmal in hohem Grade Negierung, Publikum und Presse. In dem kleinen und sonst so friedfertigen Piemont wurden in dem kurzem Zeiträume vom l. bis 8. Juni nicht weniger als 9 Personen auf die grausamste Weise mit Messern ermordet. Weit schlimmer steht es noch in den Marken, in der Aemilia und in der Romagna, deren Einwohner durch ihre wilden Naturanlagen bekannt sind. Ein echter Nomagnole setzt sich nicht zn Tische, ohne das Messer in die untere Seite der Tischplatte zu stecken, um dasselbe nötigenfalls sofort bei der Hand zu haben. In Sizilien, wenigstens in der Provinz Palermo, haben augenblicklich die Briganten mehr Macht und Autorität, als die Regierung. Die in ihrer Person oder in ihrem Eigenthum be drohten reichen Besitzer suchen nicht mehr Schutz und Hilfe bei dieser, sondern trachten vor Allem darnach, sich mit den Briganten auf guten Fuß zu setzen. Die Familie des von den Räubern gefangen gehal tenen Baron Sgatari (der übrigens, wie wir schon gemeldet haben, vor einigen Tagen gegen ein Lösegeld von 123,000 Franken Gold in Freiheit gesetzt wurde) beschwerte sich gegen den diensteifrigen Prä- fecten Rasponi, der mit den Truppen in's Gebirge rücken wollte. Die Briganten werden durch Verfolgungen nur gereizt und grausamer, aber beinahe nie werden deren erwischt. Sehr schlimme Vorzeichen > sind auch die Ermordungen des stellvertretenden Präfecten von Parma und des Staatsanwaltes in Bologna, welche ebenfalls im Laufe dieser Woche stattgefundcn haben. Hier handelte es sich nicht um einen ge wöhnlichen Raubmord, sondern diese beiden Verbrechen scheinen ein