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verwendet Hai. Dec Schaden, den das gegenwärtige Feuer verursacht hat, ist noch nicht zu übersehen. Bei dem Brande im Jahre 1871, den die Weltgeschichte in ihren Annalen als den größten, den je eine Stadt heimsuchte, neben den Bränden von Nom, Moskau und Ham- buig verzeichnet hat, waren 21,000 Häuser vernichtet und mehr als 100,000 Menschen obdachlos; der Gesammt-Vermögensvcrlust belief sich auf 400 bis 500 Millionen, der Verlust an Menschenleben zählte glücklicher Weise nur nach Hunderten. Bei dem Brande der letzten Tage sind vier Feuerwehrleute bei der Ausübung ihrer Pflicht um- gekommen, wie viele Bewohner Chicagos ihr Leben eingebüßl haben, il noch nicht ermittelt. Hoffen wir, daß auch diesmal der rege Fleiß und die Zähigkeit des Amerikaners über das Unglück triumphiren und in kurzer Zeit der abgebrannte Stadttheil aus den Trümmern schöner als früher erstehen möge. Der durch die Feuersbrunst in Chicago angerichtete Schaden wird auf vier Millionen Dollars angeschlagen. Etwa 2'/, Millionen desselben sind durch die Feuerversichcrungsbeträge gedeckt. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Wo gegenwärtig allenthalben die Ernte in vollem Gange ist, dürfte sicher folgender, von erfahrener Seite ausgehende Wink nicht ohne practische Bedeutung sein. Nicht allgemein nämlich ist es be kannt, welche schädliche Einwirkung die Sonnenstrahlen auf schneidende Werkzeuge, Hacken, Beile, Messer, Stemm- und Hobeleisen, Sensen, Sickeln rc. haben. Diese aber nehmen, wenn sie längere Zeit der Sonne ausgesetzt sind, eine bläuliche schielende Farbe an und ver lieren die Schneide auf immer. Auch der Mondschein soll auf die Zugsägen diese Wirkung äußern, so daß eine solche, nur eine Nacht demselben ausgesetzt, schief und verzogen wird. Bezüglich der Kreishauptmanuschasten steht nach einer Mittheilung der Reichszeitung fest, daß der Geheime Regieruungsrath von Beust diejenige von Bautzen übertragen erhält. — In Betreff der amts- hauptivauuschastlichen Posten steht fest, daß die Herren von Vieth in Dresden und von Egidy in Meißen in die neue Organisation nickt ciutmen. Ferner sind designirt sür die neuen Posten in Kamenz Re- znernugsassesior Sckeffe und in Dippoldiswalde, Oschatz und Flöha die Regierungsassessoren von Bosse, von Metzsch und von Weißenbach. Nach der in Kurzem zu erwartenden Rückkehr des Slaalsmimsters von Nostitz von seiner Urlaubsreife nach Bad Töltz in Baiern dürfte die weitere Entscheidung über die Persoualsragcn in raschen Fluß kommen. Au Stelle des zum Päsidenten des Laudesconsistoriums beförderten Kreisdircclors von Koeuucritz wird, wie den „Dr. Nckr." mugetheilt worden ist, der Kreisdirector von Leipzig, v. Burgsdorf, als Krets- chauplmaun treten; au Stelle des letzteren käme der Amlshanpunann V. Koenncritz ans Chemnitz als Kreisbanpunann nach Leipzig. Das diesjährige Dresdner Bogenschutzenfest wird den 2. August teginncn und bis 9. August andauern. Aus Dresden lief folgendes Telegramm bei der Wiener Polizei- Dircction ein: „Louis Max Hertel, 21 Jahre alt, Commis eines Bank institutes, von mittlerer, kräftiger Statur, mit dunklen Haaren, rolhem vollen Gesichte, elegant gekleidet, ist am 10. d. Nachmittags mit 50,000 Thaler flüchtig geworden, daher zu verhaften." Cottbus, 22. Juli. Heute Nachmittag gegen I Uhr entlud sich hier rin aus Norden heranziehendes starkes Gewitter, das von hef tigen Regen, von Sturm und Hagel begleitet war. Die Schloßen sielen in der Grüße von Hasel- und Welschenüssen, zerschlugen Fen sterscheiben, beschädigten in Gärten und auf den nächstliegenden Fel dern Obst, Gemüse und Cerealien bedeutend. In drei Ortschaften, die eine halbe und eine Meile von hier entfernt sind, schlug der Blitz «in, richtete in dem herrschaftlichen Schlosse zu Briesen Zerstörungen an, entzündete in Kolkwitz eine Scheune und in Sylow drei andere Gehöfte, die abbranuten. Durch Hagel sind diese und alle andere» Dörfer um Cottbus bei dieser Gelegenheit nicht heinigesucht worden, Ströoitz ausgenommen. Am 12. Juli ertrank die 1'/» Jahr alte Tochter des Gärtners Schuster zu Neudörfel bei Bautzen, welche kurze Zeit unbeaufsichtigt gelassen worden war, in einem unweit der elterlichen Wohnung ge legenen Teiche. Am 11. Juli Abends ertrank der seit Kurzem verheirathete Tage- arbeiter Keßler aus Friedrichswalde bei Pirna im Communteiche. — Auf dieselbe Weise hat in Ottendorf bei Pirna der 13jährige Sohn kines dortigen Wirlhschastsbcsitzers den Tod gesunden. Zwei Knaben von 10 und 12 Jahren, ersterer der Sohn eines Packmcisters Werner und der andere eines Handarbeiters ebenfalls Namens Werner in GohliS bei Leipzig, badeten am Mittwoch Abend daielost in einer Wasserlache, die sich in einem Lehmausstich gebildet halte, und gerielhcn plötzlich in ein tiefes Loch, wo ihnen das Wasser über den Kopf zusammenschlug und beide ohne Rettung er trinken mußten. Plauen, 16. Juli. Der „V. A." schreibt: Die Verurtheilung JunghähnelS und Hartensteins war bekanntlich darum erfolgt, weil das Schöffengericht angenommen hatte, das die von Beiden ge- fälschen Geschäftsbücher des'Vorschußvereins eine Privaturkunde, und zwar eine solche seien, welche zum Beweis von Rechten von Erheb lichkeit ist, da diese Bücher den Vereinsmitglicdern gegenüber, zum Beweise einer der Genossenschaft obliegenden Verbindlichkeit genügten. Das königl. Obcrappellativnsgcricht hat jedoch die angeführte Gesetz- bestimmung nicht für anwendbar erachtet, weil die falschen Einträge in die Geschäftsbücher von Junghühncl lediglich von ihm, — resp. in dessen Auftrage von Hartenstein — als dem eigentlichen befugten Buchführer, demnach nicht an einer ihm gegenüber fremden Urkunde bewirkt worden, auch nickt zu Constatirung von Betrug oder Untreue in Gemäßheit 263—266 des Neicksstrafsgesetzbuches durch die Unter suchung zu gelangen gewesen sei. — Beide Angeklagte wurden daher wie wir bereis berichtet haben, straffrei gesprochen und sofort ent- lassen. In Paris. Novelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzu ng.) Charles wandte sich hattig um und als er den Sohn seines Brodherrn erkannte, stieß er hohnlackcnd heraus: „Ah, da haben wi^ das Complott; aber ich werde Euch sicher einen Strich durch die Ncchnuug machen," und wie ein rasender stürzte er hinweg. Georg warf auf seinen Freund einen fragenden Blick. „Ja, staune immer, wie rasch das alles gekommen ist," ent gegnete Leonhard und zog die hocherröihende Blanche, die sich seine» Armen entwinden wollte, nock fester au sich. „Uud Du, Blancke, brauchst nicht scheu davon zu flattern, es ist mein bester Freund, vor dem ich keine Geheimnisse habe uud el mag zuerst erfahren, daß ich Dich liebe, lief und innig, ewig, und daß meine ganze Seligkeit nur von Deinem Lächeln abhängt." Und Wie sie jetzt voll kindlichem Vertrauen die Augen zu ihm aufscklug uud wirklich zu ihm hinaufläckelle, La wurde er sichs völlig bewußt, daß ihm kein Opfer z i groß sein würde, um sie einst für immer zu besitzen. „Aber stieben wir, ehe Charles zurückkommt, er wird gewiß seine Freunde mubriugcu uud daun bist Du verloren," rief Blanche voll höchster Besorgniv. Leonhard suckle ihre Angst biuwegzuscherzcn. „Er muß doch end lich einiehen, daß ihn bloße Hirngespinste beunruhigen;" aber auch Gorg. der cs besser wußte, wie wenig die einmal entflammte Lei- den-ckast eines Franzosen zu dämpfen ist, diängte ebenfalls aus rasche Entfernung. „Du weißt, daß ick nicht feig bin, setzte er in deutscher ! Sprache hinzu, aber sich mit solchen Leuten in eine Schlägerei ver- i wickelt zu sehen, kann wirklich für uns nichts Einladendes haben.'" Leonhard bot Blancke den Arm, um den Garten zu verlassen. Georg schng vorsichtig einen Umweg ein, in der Hoffnung, daß sie dadurch dem tollen Burtchen glücklich entschlüpfen würden. Wohl sprach er kein Wort und nahm mit anscheinendem Phlegma das über- I raschcnde Eireignlh wie eine unabänderliche Thatsche hin, aber während sein Gesicht weiter keine Aufregung verrielh, sah es doch in seinem Innern ganz anvers ans. Der kahle, verständige Leonhard Halle sich über Hals und Kopf in ein junges armes Mädchen verliebt. Wie langsam Ivar in des guten Georg Heizen die Liebe zu, Schwester seines Freundes gereist. Er Halle sie schon als Kind gekannt, sie immer gern gehabt und erst seil wenigen 'Monaten wußte er, daß er Agathe lieble und sich all' sein« Gedanken damit beschäftigten, sie so bald wie möglich als Gauin heimzuführen. Seinem Gluck stand nichts entgegen, davon war er überzeugt, Lie Vater hallen vfl ge scherzt daß die Beiden ein Paar werden müßten uud Agathe zeigte sich wohl zuweilen launenhaft und übermüchig, aber er glaubte sich nicht zu täuschen, wenn er anuahm, daß sie seine Gefühle zu lhcilen begann, wenn sie auch mil mädchenhafter Scheu sich nun erst reckt zurückhielt. Wie anders sah es mil Leonhard und feiner so Plötzlich entflammten Liebe aus. An ein ernstliches Verhältnis; war doch nimmermehr zu denken. Der alle Peltzer hieß eine solche Schwieger tochter niemals willkommen, davon war Georg überzeugt und zu einer vorübergehenden Liebelei schien ihm der ernste, ehrliche Charakter Leonhards nicht zu passen. Aus seinem Grübeln wurde er durch ein wildes Geschrei auf- gcschrcckt. Da kam schon die wilde Nolte. Charles war es nicht schwer gefallen, einige Freunde zu finden, die auf seine zoruglühcndc Aufforderung sich bereit zeigten einem übcrmüthigen Reichen die Wege zu weisen, und wie dies immer bei solchen Gelegenheiten der Fall, hallen den Zug einige Strolche ver mehrt, die sich überall hastig herbei drängen, wo ihnen das Sonn- tagsvergnügen einer tüchtigen Prügelei winkt. „Da ist der freche Mensch, er will sich mit seiner Beute davon schleichen," knirschte Charles und eilte allen voran, um Leonhard den Weg zu verlegen. Lärmend und schreiend folgten ihm die Andern. „Meine Herren, ich bitte Sie uns nicht zu belästigen," rief Georg mit ruhiger, fester Stimme in den Lärm hinein: „ich habe noch nie gesehen, daß Franzosen einen Herrn zu insultiren gewagt, der eine Dame am Arm hatte. Wie leidenschaftlich auch die Gemüther durch die Rede Charles erregt worden, die Worte Georgs wirkten doch für den Augenblick. „Das ist wahr," sagten einige, „Ehre den Damen!" und schon öffnete sich die geschloffene Kette, um Lie kleine Gesellschaft durchzulassen; da schrie Charles dazwischen: „Ihr wollt also, daß dieser reiche, hochmüthige Mensch dieArmulh mit Füßen tritt; nun, wenn Ihr feig genug seid, diesen deutschen Bären anzugreisen, dann will ich eS allein/ uud mit erhobenem Stocke stürzte er aus Leonhard ein. Sein Bei spiel riß Andere mit sich fort und bald waren die beiden Deutschen völlig umringt und trotzdem sie die ersten Angreifer mit ihren Spazicr- stöckcn muthig abwehrten, waren sic doch in Gefahr, im nächsten Augenblick zu Boden gerissen und von der durch den Widerstand ge reizten Bande mißhandelt zu werden.