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Wenviari für Wrlsdrnff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Mmtsötatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstag- und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahmc bis Montag resp. Donnerstag Mittag. 44. Dienstag, den 9. Juni — 1874. In Gemäßheit der Vorschrift in § 11 der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes vom 3. December 1868, die Wahlen für den Landtag betreffend, wird auf die jetzt vorzunehmende Revision der Wahlliste für hiesige Stadt, von welcher Liste in der Rathsexpedition Einsicht zu nehmen jedem Betheiligten freisteht, sowie auf die Nothwendigkeit, etwaige Einsprüche rechtzeitig hier anzubringen, hierdurch aufmerksam gemacht. Wilsdruff, am 8. Juni 1874. DerStadtrath. In Jnterimsverwaltung: Adv Lrust 8omnier. Bekanntmachung Die diesjährige Grasnutzung auf der Vogelwiese und der an der Straße nach Tharandt rechts und links in der Strecke vor und hinter der Brücke gelegenen communlichen Plätze, sowie der Stadtgräben soll Sonnabend, den 13. ds. Mts., Nachmittags 5 Uhr im Schicßhause unter den daselbst bekannt werdenden Bedingungen an den Meistbietenden verpachtet werden. Pachtlustige werden aufgcfordert, zu der angegebenen Zeit an bemerkten Orte und Stelle zu erscheinen, ihre Gebote zu thun und sich des Weiteren zu versehen. Wilsdruff, am 8. Juni 1874. Der Stadtrat h, In Jnterimsverwaltung: Adv Huininvr. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamt soll den 17. Juni 1874 das dem Oeconomen Albert August Glautzcl in Burkhardtswalde zugehörige HauSgrundstück Nr. 12 des Katasters und Nr. 7 des Grund- und Hypothekenbuchs für Burkhardtswalde, Taubenheimer Patrimonialgerichtsantheils, welches Grundstück am 7. April 1874 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 1290 Thlr. -- —- gewürdert worden ist, nothwen- diger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 9. April 1874. Königliches Gerichtsamt daselbst. — Leonhardi. Tagcsgeschichte. Verschiedene vornehme deutsche Zeitungen hatten sich zu der Meinung bekannt, daß Frankreich in dem Deutschland angedrohten Nachckriege weder an den Mauern von Metz seine Kräfte zersplittern, noch die Felscnschlucht von Belfort als Ansfallspforte benutzen würde, sondern daß man den Llngriff auf der schönen breilen Landstraße über Belgien, trotz des dort angebrachten Schlagbaums der Neu tralität zu erwarten habe. Im Gefühl gekränkter Unschuld sammelt die franz. Presse feurige Kohlen auf den Häuptern der Verbreiter solcher Nachrichten. Ls sei ja von irgend einem Zerwürfniß zwischen Frankreich und Deutschland gar keine Rede mehr, und jeder Fran zose, der überhaupt etwas von Politik verstehe, betrachte die Neu tralität Belgiens als den festesten Pfeiler der europäischen Politik. Frankreich wolle nichts als den Frieden und nichts weniger, als sich auf Kosten der Ruhe Europas auf neue Wagnisse cinlasscn. Das klingt freilich recht verständig, aber Julius Cäsar, der zu seiner Zeit Land und Leute gründlich studirl hat, bezeichnet den plötzlichen Um schlag der Meinungen und Entschließungen als eine unberechtigte Eigenthümlichkcit des franz. Nationalcharaclers und überdies fehlt es ja nicht an vorlauten Stimmen, tue „och immer verlangen, daß Frankreich sobald es wieder zu Kräften gekommen, den ihm gebüh renden ersten Rang in Europa wieder einnchmcn, d. h. einen sieg reichen Krieg gegen Deutschland führen müsse. Die franz. Presse mag es daher nicht übel ausnehmen, wenn wir ihren Versicherungen der Friedensliebe mit einigem Mißtrauen entgegcnkvmmcn und unsere Berechuungen für die Zukunft danach aufstellen. Die jetzige kampfgerüstete Zeit beschäftigt sich nicht nur mit Her stellung verbesserter Schutz- und Trutzwaffen, sondern hat auch dir Feststellung allgemeingültiger Grundsätze im Auge, nach denen sich in künftigen Kriegen die streitenden Theile zu Leibe gehen und todtschlagen sollen. Aus Veranlassung des Russischen Reichskanzlers Gortschakvff wird am 27. Juli ein Internationaler Congreß in Brüssel zusammen- tretcn, um in dieser Richtung bestimmte Vereinbarungen über das Kriegsvölkcrrecht zur Anerkennung zu bringe», was um so Wünschens werther wäre, da zur Zeit noch kein internationaler Gerichtshof über solche Dinge entscheidet. Die Person des Herrn ThierS tritt durch Huldigungen, die ihm von verschiedenen Seilen dargebracht werden, wieder mehr in den Vordergrund und er liebt cs, bei solchen Gelegenheiten seine Meinung über die politische Lage Frankreichs auszusprechen. Einer Deputation in Peru ansässiger Franzosen sagte er, daß ihn seine volle Ueber- zcugnng znm Republikaner mache, denn bei der Ohnmacht der mo narchistischen Partei könne man sich nur aus den Boden der conser- vativcn Republik stellen. Ebenso trage er den festen Glauben in sich, daß der Friede erhalten bleiben werde und die Wünsche Europas voraussichtlich über die blinden Leidenschaften, welche die Ruhe stören könnten, den Sieg davontragcn würden. Das berüchtigte „Bayer. Vaterland" bereitet sein Lescpublikum in einem Artikel aus den Charakter des nächsten Krieges vor und äußert sich über denselben znm Schluffe: „Der nächste Krieg ist ein allgemeiner Religivnskrieg, vom protestantischen Preußen begonnen, um das Papstthum zu stürzen und Wilhelm mit der Tiara als un umschränkten Kaiserpapst zu schmücken, wie der Czaar von Rußland als solcher fungirt. In Amerika wendet der Droguenhändler Hempel ungeheures Geld auf Inserate in die Zeitungen. Vor 18 Jahren begann er mit einem Capital von 2000 Dollars und jetzt giebt er wöchentlich