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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sicbenlehn und die Nmgcgendcu. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff mrd den Stadtrath daselbst. Dieses «latt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstag« und Freitag« und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^7 45. Freitag, den 12. Juni 187^ Bekanntmachung, die auf Grund des Reichsgesetzes vom 4. April 1874 geltend zu machenden Ansprüche auf Jnvaliden- Pension, bez. Erhöhung derselben betreffend, vom 2. Juni 1874. 1. Nack § 11 des Reichs-Gesetzes, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen des Gesetzes vom 27. Juni 1871 über diePen- sionirung und Versorgung der Militärpersonen rc. rc. vorn 4. April 1874 wird Ganzinvalidcn, deren Invalidität durch eine in dem Kriege von 1870/71 erlittene Dienstbeschädigung herbeigcsührt, und welche Anspruch auf den Civilversorgungsschein haben, nach ihrer Wahlau Stelle des CivilversorgungSscbeins eine Pensionsznlage von 2 Thlr. —-— monatlich — AnftellungSenlschädigung — gewährt. Das Recht zur Wahl erlischt für die bereits anerkannten Berechtigten innerhalb sechs Monaten nach Eintritt der verbindlichen Kraft obigen Gesetzes, für die etwa noch später anzuerkenncnden Berechtigten innerhalb sechs Monaten nach der erfolgten Anerkennung der Invalidität, bez. durch Annahme des Civilversorgungsschein» vor Ablauf dieser Frist. — Es werden daher diejenigen Ganzinvalidcn aus dem Feldzüge 1870/71, welche sich bereits im Besitze des CivilversorgungsscheinS und im Genüsse der Pensionsznlage des § 71 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 (der Krieaszulage von 2 Thlr. —- —- monallich) befinden, und welche an Stelle LeS CivilversorgungsscheinS die Anstellungsentschädigung von 2 Thlr i —- monatlich wählen wollen, hiermit aufgcfordert, ihren Anspruch auf die letztere Entschädigung, soweit es bis jetzt nicht schon geschehen, bei Verlust desselben spätestens bis zum 22. October 1874 geltend zu machen und sich dieserhalb innerhalb der angegebenen Frist unter Rückgabe des CivilversorzungSschcins und Beibringung eines Zeugnisses der Ortsbehörde darüber, daß der Bentz des Civilver- sorgungsschciuS nicht durch gerichtliches Erkenntniß verwirkt sei (FührungS-Attest) bei dem betreffenden Landwehr-Bezirks-Commando schriftlich oder persönlich anzumclden. 2. Ferner tritt nach 8 12 des ungezogenen Neichs-Gest^es an Stelle der nach ß 76 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 zu bewilligen den Pensions-Erhöhung für Nichtbenutzung des CivilversorgungsscheinS (wegen völliger Untauglichkeit zur Verwendung im Civildienste) «ine Peusionszulage von monatlich 3 Thlr. —- —welche den Invaliden aller Pensionsclassen gewährt werden kann, und bedürfen Ganz invaliden von mindestens achtjähriger activer Dienstzeit zum Erwerbe dieser Pensionszulage des Nachweises erlittener Dienstbeschädigung nicht. -- Alle diejenigen nach dem Gesetze vom 27. Juni 1871 bereits versorgten, dem activen Dienststande nicht mehr angchörenden Indi viduen, welche zum Civilvcrsorgungsschcine zwar berechtigt, zu einer Verwendung im Civildienste aber wegen ihrer Gebrechen (Friedkttöin- validen — beim Ausscheiden aus dein activen Dienste) nicht tauglich sind, und welche nach Vorstehendem glauben, einen höheren Pensions- Anspruch, als den ihnen bereits zugestandcncn, geltend machen zu können, werden daher hierdurch veranlaßt, ihre diesfallsigen Ansprüche, soweit es noch nicht geschehen, ehcbaldigst ebenfalls bei dem betreffenden Landwehr-Bezirks.Commando unter Beifügung eines FührungS- Attestcs der Ortsbehörde (s. oben unter 1) zur Anmeldung zu bringen und wird hierbei noch bemerkt, daß die Pensionszulage für Nichtbe nutzung des CivilversorgungsscheinS und die Anstellungsentschädigung (s. unter I) nicht neben einander bezogen werden können, sondern daß die entere die letztere auSschlicßt. e 3. Nach Z 13 des mehrgedachten Reichs-Gesetzes können alle durch den Krieg 1870/71 invalid gewordenen, aus dem activen Mili- tärdieust bereits auSgeschiedenen Unteroffiziere und Mannschaften, und zwar auch die in der Erwerbsfähigkeit nicht beschränkten, und die Halbinvaliden, mit Ausnahme der durch innere Dienstbeschädigung verletzten (8 59o des Gesetzes vom 27. Juni 1871), bis zum 20. Mai 1875 nachträglich noch nach Maaßgabe der Bestimmungen in D 65 bis 80 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 die dem activen Dienststande zuständige Versorgungsbcrechtigung geltend machen. — Alle diejenigen bereits entlassenen Unteroffiziere und Mannschaften, welchen hiernach rin Anspruch, bez. höherer Anspruch zustebt, insbesondere diejenigen, welche früher auf Grund § 82 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 mit Pensions-Gesuchen haben abgewiesen werden müssen, wollen daher zur Vermeidung des Verlustes ihrer Berechtigung vor Ablauf obiger Frist (so. Mai 1875) ihre Ansprüche bei dem Landwehr-BezirkS-Commando, bez. anderweit, anmclden und gellend machen. Dresden, am 2. Juni 1874. K r i e g s - M i n i st e r i u m. von Fabrice. TaLesgeschichte. Die Eisenbahntarisc werden nächstens in Deutschland erhöht werden, dabei ist aber löblicherweise Vorsorge getroffen, daß die un- euwehrllchsten Lebensmittel, wie Salz und Kartoffeln, den niedrigsten Tannatzen, die Bestandtheile LeS Brodes, wie Getreide und Mehl, ^er nach,»niedrigen Tarifklasse zugewiesen werden. Dadurch wird hoffentlich die Gefahr vermieden, daß eine abermalige Erhöhung des Prems der täglichen Lebensbedürfnisse cinlrilt. Jeder von Seilen -er Fabrikanten aus den veränderten Tarifbcdingungcn etwa herge- nommcne Vorwand zur Erhöhung der Preise wird- unberechtigt sein. Posen, ^o. Funi Bei der gestrigen Beschlagnahme des Ver mögens des erzblfcho,Uchen Stuhles find 123,000 Thlr. baar und in Werthpapleren mit Arrest belegt worden. Der „Kuryer Poznanski" meldet aus Gnclen, daß die Kassen des dortigen Connstoriums und des geistlichen Seminars von der Negierung gestern mit Beschlag be legt worden sind. Paderborn, 10. 3""'- Der Bischof Martin ist gestern Abend durch ein Schreiben des hiesigen Krcisgcrichts aufgcforbcrt worden, zur Verbüßung einer sechswöchcnllichen Gefängnißhaft wegen gesetz widriger Besetzung der Pfarrstclle Alme bei Vermeidung zwangsweiser Vorführung im hiesigen Jnquisitoriale binnen spätestens acht Tagen sich einzufinden. AIS das JesuitenauSwcisnngSgesetz für das deutsche Reich erschien wurde u. a. der Jesuit Graf Fugger aus Regensburg ausgewiesen' Er protcstirtc gegen seine Ausweisung und beschwerte sich bei der Kammer in München. Die patriotische Partei ergriff mit Eifer die Gelegenheit, dem Reiche und dem Neichsgesetze ein Schnippchen zu schlagen und erklärte mit 78 gegen 76 Stimmen die Ausweisung dcS Jesuiten für ungerechtfertigt mit Hinsicht auf die bayerischen Ncser- vatrcchte. Vergeblich protestirten die Minister gegen diese Auslegung und gegen den Ungehorsam gegen das Reich. Eine praktische Kvlge werden die Minister dem bctr. Beschluß nicht geben. Wenn cs sich darum handelt, ob das Jesuitengesetz in Bayern Geltung habe oder nicht, so ist zuerst zu fragen: wer hat die Entscheidung zu geben? In den Vereinigten Staaten von Nordamerika und in der Schweiz werden ähnliche Fragen durch ein BundeSgcricht geregelt. Die deut sche Rcichsverfassung eröffnet keinen solchen Rechtsweg; sie stellt au die Spitze ihrer Bestimmungen über die Gesetzgebung den Grundsatz, daß die Reichsgesetze den Landesgesctzcn Vorgehen und stellt die Be folgung dieser Vorschrift unter die Garantie von Kaiser und Bundesrath. Der Art. 19 der Rcichsverfassung besagt, daß Bun desglieder, wenn sie ihre verfassungsmäßigen Bundespflichlen nicht erfüllen, dazu im Wege der Exccution augehalten werden. Diese Exccution ist vom Bundcsrathe zu beschließen und vom Kaiser zu vollstrecken. Sonach ist es nicht die Kammer oder die Regierung eines Einzelstaates, welcher die Prüfung darüber zusteht, ob die Be folgung eines Reichsgesetzes zu den verfassungsmäßigen Landespflich- tcn gehört, und die bayerischen Patrioten haben sich eine Entschei dung angemaßt, die ihnen nicht zukommt. Sie haben formell mit