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Cm Kleeblatt. Skizze aus der Berliner Gaunerwelt von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Freilich war damit wenig oder nichts gewonnen. Wie sollte Vieser Knopf nur irgend zur Entdeckung der Räuber führen? — Solche bayrische Jagdjoppen waren damals gerade in Mode gekom men. Jeder trug sie, der vornehme Mann wie der Arbeiter, und Knöpfe mit Hunden und allen möglichen Thieren gehörten zum pas senden Schmucke dieses bequemen Kleidungsstückes. Der Knopf hatte deshalb nicht viel Besonderes an sich, höchstens lag darin etwas Charakteristisches, daß der Künstler dem auf dem Knopfe befindlichen Hunde außerordentlich lange Ohren gegeben hatte, die in natürlicher Größe das halbe Thier bedeckten. Nachdem der Kommissär von dem Seidcnhändler die Auskunft erhalten, daß erst vor wenigen Tagen der ganze Laden ausgewcißt und gereinigt worden und keiner seiner Leute den Knopf verloren haben könne, die ohnehin Joppen nicht trügen und deren Ehrlichkeit über jeden Zweifel erhaben sei, warf der Beamte noch einmal einen prüfenden Blick auf den mächtigen Knopf, als wollte er sich seine Form ganz genau einprägcn, dann packte er ihn sorgfältig in Papier und steckte ihn in seine Tasche. Der Seidenhändtcr schüttelte dazu sein Haupt; er setzte auf die sen Knopf nicht die mindeste Hoffnung und sprach sich auch mit der dem Spree-Athener eigenthümlichen Offenheit gegen den Kommissär atis. Dieser lächelte nur: „Vielleicht haben Sie Recht. Unser Grund satz muß aber sein, nichts gering zu achten!" Bei näherer Prüfung des Ladens trat noch ein eigenthümlicher Umstand an das Licht. Die Einbrecher hatten ein Packet seidener Taschentücher geöffnet und dann in das Fach zurückgeworfen. Das War die einzige Nachlässigkeit, deren sie sich schuldig gemacht; dcun alle übrigen Sachen hatten sie auch vollzählig sortgebracht. Hier aber fehlten im Packet drei Stücke. DaS Geschäft mußte also von drei Leuten ausgeführt worden sein, und Jeder von ihnen hatte sich, bescheiden genug, mit einem Taschentuch begnügt. Ueber das Gesicht des Kommissärs flog ein triumphirendes Lächeln. Die nächtlichen Gäste hatten sich schließlich doch nicht so außerordent lich vorsichtig gezeigt, als er bisher angenommen. Sie mußten sich in dcr That sehr sicher fühlen, denn jedenfalls hatten sie diese Taschen tücher für ihren eigenen Gebrauch erkoren, und konnte das nicht zu ihrer Entdeckung führen? Es waren rothseidcne Taschentücher mit gelben Punkten/und wenn in den Zeitungen dieser Umstand bekannt gemacht wurde, war cs wohl möglich, daß die Besitzer solcher Tücher sich verdächtig machten, wenn eS überhaupt schon anrüchige Leute waren. Der Kaufmann machte auch sogleich diesen Vorschlag und kam sich dabei sehr scharfsinnig vor. „Das wird entschieden weit eher ein Resultat liefern, als der Knopf!" sagte er eifrig. „Und denken Sie, daß diese Leute keine Zeitungen lesen?" ent gegnete der Kommissär ruhig; „sobald sie die Aufforderung in öffent lichen Blättern finden, auf die Besitzer solcher Taschentücher zu ach ten, werfen sie den Plunder einfach fort. Nein, so leicht sind solche Vögel nicht zu fangen; aber seien Sie überzeugt, daß ich mein Mög lichstes thun werde." Damit entfernte sich der Beamte. Er hielt Wort. Gerade weil er cs hier mit ganz routinirten Einbrechern zu thun hatte, stachelte es seinen Ehrgeiz an, das wür dige Kleeblatt zu entdecken. Zuerst zeigte er all seinen Leuten den Knopf und unterrichtete sie, auf Leute mit Jagdjoppen ein Augenmerk zu haben und besonders auf die Knöpfe ihrer Jacken zu achten. Es verstand sich von selbst, daß nur Diejenigen aufs Korn zu nehmen, Lie überhaupt schon der Polizei verdächtig waren. Lange Zeit blieb alles Forschen und Spüren vergeblich. Der Kommissär mochte immerhin mit seinen Leuten die Verbrecherkeller und alle diejenigen Orte aufsnchcn, wo sich die Gesellschaft ein Itou- ä82-vous gibt, es ließ sich nichts entdecken. Wohl stieß man dann und wann auf Träger von Jagdjoppen, aber die charakteristischen Knöpfe wollten sich nicht zeigen. Vergnügungslvcale, Theater dritten, vierten Ranges wurden be sucht — die Jagdjoppe mit den Hundeknöpsen wollte nirgends auf tauchen. Eben so wenig war bei den notorischen Hehlern irgend ein Stück der geraubten Waare ausznspüren. Der Kriminalkommissär gab bereits jede Hoffnung auf. Vielleicht hatte er doch die Leute unterschätzt und sie waren noch vorsichtiger gewesen, als er vorausgesetzt. War es nicht möglich, daß der Ver lierer des Knopfes dies nachträglich bemerkt und von seiner Joppe die Knöpfe entfernt hatte, die ihn kenntlich machten? Bei der außer ordentlichen Umsicht, die die nächtlichen Besucher der Seideuwaarcu- handlung an den Tag gelegt, war dies nicht so unmöglich und dann war freilich die Jagd auf die verrätherische Jagdjoppe vergeblich. In einer andern wichtigen Angelegenheit hatte der Kommissär in der nächsten Zeit einen Nachbarort aufsuchen müssen nnd kehrte von dort mit dem Dampfschiff zurück. Er war, wie dies bei dieser schwierigen Aufgabe nothwendig gewesen, in Civil, und schwerlich hatten die Passagiere des Dampfbootes eine Ahnung davon, daß der lange hagere Herr, der mit seiner blauen Brille und seinem alt fränkischen Rock wie ein alter Professor aussah, ein Polizcibeamtcr sei. Der Mann mußte Wohl sehr kurzsichtig sein, denn er hielt das große Zeitungsblatt dicht vor's Gesicht, hatte sich in den äußersten Winkel des Bootes zurückgezogen und schien so in seine Lectüre ver tieft, daß er Niemand beachtete und — doch entging ihm nichts. Das Schiff war sehr stark besetzt und da es ein heißer Julitag war, wurde bald die Hitze unerträglich. Die Damen fingen an, sich mit ihren Taschentüchern Kühlung zuzuwehen und manche Männer folgten ihrem Beispiele. Plötzlich steckte der Polizeikommissär mit einer fast krampfhaften Bewegung das Zeitungsblat in die Tasche und stand auf. Dicht vor ihm hatte sich ein Mensch mit einem rothseidenen Taschentuche, das deutlich gelbe Punkte zeigte, soeben die Stirn abgetrocknet und dann Luft zugefächelt. Vielleicht kamen ihm endlich die verwegenen Bur schen in die Hände! — Er mußte nothwendig das Gesicht dieses Mannes scheu; aber der stand dicht am Rande des Schiffes und starrte auf das vorübergleitende Ufer. Der Fremde machte jedoch, selbst auf den ersten flüchtigen Blick, den Eindruck der Eleganz, daß der Beamte wieder irre wurde. Gewaltsame Einbrecher geben nicht so viel wie Taschendiebe und Bauernfänger auf ihr Aeußeres; sie haben nicht nölhig, durch vornehmes Auftreten die Leute zu täuschen und sicher zu machen, ihre nächtliche Arbeit braucht gewöhnlich nichts weiter, als Verwegenheit und derbe Fäuste. Der Mann an Bord mit dem rothseidenen Taschentuche sah zierlich und elegant aus; er konnte höchstens ein Taschendieb sein und dann blieb es immer ! wunderlich, daß er sich so lange ganz ruhig verhielt. (Forts, folgt.) Vermischtes. Der Berliner Vörscn-Courier schreibt unterm 24. Februar: „Es dürste für unsere Damen nicht ganz ohne Interesse sein, zu erfahren, auf welche Weise zum Theil der Haarschmuck gewonnen wird, mit dem sie ihre Häupter beladen, um einer eingebildeten Kargheit der Natur zu begegnen. Aus diesem Grunde theilen wir hier die nach stehende vollständig verbürgte Geschichte mit: Auf dem jüdischen Be- gräbnißplatze in Langendorf, einer größeren Ortschaft Oberschlesiens, wurde kürzlich bei dem heftigen Winde das Wehen eines Weißen Ge genstandes bemerkt. Als man endlich den Muth faßte, die Sache näher zu untersuchen, fand man zum Entsetzen der jüdischen Gemeinde, daß der wehende Gegenstand ein Leichentuch war; vier Gräber waren geöffnet, die Leichen aus ihrer letzten Ruhestätte gerissen und auf die empörendste Art verstümmelt. Einigen waren die Hände, anderen die Füße abgctrennt. Nur die Gräber vor nicht langer Zeit begra bener Frauen waren von den Barbaren geschändet und zwar, wie die Untersuchung ergeben hat, hauptsächlich, um die Leichen ihrer Haare zu berauben. Die Gemeinde in Langendorf bietet 50 Thlr. Prämie für die Ermittelung der Missethäter. * Berlin, I. März. Das Stadtschwurgcricht fällte gestern abermals zwei Todesurtheile, diesmal gegen den Schneidergescllen Josef Maturski, am 24. Juni 1850 zu Borck, Kreis Krotoschiu, ge boren, und gegen den Schuhmachergcsellen Ferdinand Mahlitz, am 28. Januar 1851 zu Ludwigsruh im Kreise Landsberg a. W. gebo ren. Beide sind angcklagt und geständig, die 52jährige Frau des Handelsmanns Springer am Sonntag den 14. Dccembcr v. I. er mordet und aus der Wohnung derselben ca. 200 Thlr. baar, mehre Pretiosen und einen Paletot geraubt zu haben. Kirchenuachrichten aus Wilsdruff. Am Sonntage Oculi Vormittags predigt: Herr k. Schmidt, Nachm.: Herr Diac. Canitz. TIMer in MÄruss. Sonntag, den 8. März: Drei Tage aus dem Leben eines Spielers. Schauspiel in 3 Abtheilungen. Montag, den 9. März: Von Stufe zu Stufe, oder: Von der Hütte zum Palast. Lebensbild mit Gesang von Hugo Müller. Um zahlreichen Besuch bittet Th. Clar. Dresdner Markt ÜLQ LS. MÄH. 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