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WacheMM Wilsdruff, Tharandt, Rosien, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Diese- Slatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstag« und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^7 24. Dienstag, den 24. März 1874. Tagesgeschichte. Nach den Beschlüssen des Reichstages sind die hauptsächlichsten Bestimmungen des Jmpfgesetzes folgende: Jedes Kind muß spätestens vor Ablauf des auf fein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahres ge impft werden, wenn es nicht die natürlichen Blattern überstanden hat. Eine Wiederholung der Impfung (Revaccination) must in dem Jahre stattfindcn in welchem das Kind das zwölfte Lebensjahr zurücklegt, sofern es nicht in den letzten 5 Jahren die natürlichen Blattern überstanden hat. Bei dem Ausbruche der Blatternkrank- hcit kann von der zuständigen Behörde angeordnet werden, daß die Einwohner jedes von der Krankheit befallenen Ortes oder ein Theil derselben sich ohne Rücksicht aus frühere Impfungen binnen bestimmter Frist bei Vermeidung einer Strafe von 150 Mark oder 14 Tagen Gefängniß impfen lassen müssen. Diese gesetzlich vvrgesckriebeneu Impfungen erfolgen von den dazu bestellten Jmpfärzten unentgeldlich; den Letzteren liegt auch die Verpflichtung ob, über jede vorgenom- mene Impfung und deren Wirkung auf Grund der zu führenden Listenj einen Impfschein auszustcllcn. Die Regierung der einzelnen Bundesstaaten haben für Errichtung einer angemessenen Zahl von Anstalten zur Beschaffung und Erzeugung von Schutzpocken-LympSc für die Jmpfärzte zu sorgen. Fahrlässigkeit der Jmpfärzte bei Aus führung der Impfung ist mit besonderer Strafe bedroht. Die Reichsregicrung bereitet nach Mittheilung auswärtiger Blätter einen Gesetzentwurf über eine Neichsgcwerbcsteucr vor. Die Handelskammern sind beauftragt worden, sich gutachtlich darüber zu äußern. Die zahllosen Klagen über Mis handln »gen der Soldaten sind nicht unerhört geblieben. Eine kaiserl. Cabinetsordre verbietet jede körperliche Mishandlung der Soldaten aufs strengste. Nr. 28 des in Berlin erscheinenden Socialdemokratcn macht im Leitartikel ihren gläubigen Lesern wieder einmal weiß, in Berlin herrschte der Hungertyphus; dabei bringt das Blatt aber in jeder Nummer Einladungen zu Arbeiterbällcn, Concerten, Theatervorstel lungen, Matinoes,'einen Ukas zu großartigen Feierlichkeiten am 18. März zur Feier des Hexensabbalhs der Commune, Sammlungen für Gemaßregelte und Wahlfonds, sowie zahlreiche Geburlstags-Glück- wunjchc. Für wie einsaitig müssen die Herren „Präsidenten" und Agttatorcn doch Ihre Anhänger halten! Der socialdcnwkralische Agitator Schreiber in Königsberg, welcher bet einer Wahlversammlung ansqerufcn hatte: „Nieder mit der Dynastie." ist dort am 11. März wegen Majestätsbeleidigung zu einem Jahr Gefängnis; verurtheilt und sofort verhaftet. Ein mahnendes Wort in Bezug auf die Strikes. Als s. Z. in Breslau in der vormaligen Linkc'schen Eisenbahnwagcn-Bau- anstalt ein Strikr ausbrach, äußerte ein Maschinenbauer jener Fab rik: „Die Arbeiter werden cs mit ihren Forderungen und Strikes noch so weit bringen, daß die Fabriken in den großen Städten mit denen in der Provinz nicht mehr con- curriren können, däc Arbeiter der Großstädte werden dann ohne Arbeit sein und die älteren Arbeiter mit ih ren Funkten werden gezwungen werden, noch einmal den Wanderstab zu ergreifen, um sich Arbeit zu suchen." Jen seits des Oceans schemt Nch dies schon zu bewahrheiten. — Eine Privatmittheilung aus New-York besagt, daß daselbst in Folge des Treibens der Arbeiter die Fablikthäligkeit sich immer mehr aus der Stadt hinauszieht, eine Menge Fabriken verschiedener Industrie zweige stehen leer, die Schiffsbauerwerft ist verödet, Tausende von Arbeitern sind brotlos. — Leider liegen auch in Deutschland Anzei chen vor, welche ähnliche Zustände erwarten lassen. Mögen daher die Arbeiter die oben angeführten Worte eines ihrer College» beher zigen und durch dieselben zum Nachdenken und Maßhalten veranlaßt werden. Bei Herstellung der Preuß. Gefängnisse hat man den geist lichen Stand gar nicht mit in Berücksichtigung gezogen. Daraus er geben sich allerhand Verlegenheiten, denn in Trier sind gegenwärtig außer dem Bischof Eberhard noch 11 Geistliche eingesperrt und in Coblenz sitzen deren 10. Wo soll da der Platz Herkommen? Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Wilsdruff, den 23. März. In der am letzten Freitag stattgcfundcnen Stadtverordnetensitzung ist der bisherige Bürgermeister der Stadt Frohburg zum Bürger meister für die Stadt Wilsdruff gewählt worden. Aus Dresden, 20. März, berichtet der „Dresdn. Anz.": Durch zwei große Ungehörigkeiten von Kutschern ist vorgestern Nachmittag ein großes Unglück hcrbeigeführt worden und sollte sich jeder Ge schirrführer ein Beispiel daran nehmen, wie gefährlich es ist, sich solche Dinge zu Schulden kommen zu lassen. Ein Droschkenkutscher war auf der großen Ziegelstrabe vor ein Productengcschäft gefahren, hatte dort gehalten, war abgestiegen und in den Laden gegangen, um sich etwas zu kaufen, und hatte sein Geschirr auf der verkehrs reichen Straße ohne Aufsicht stehen lassen. Kurze Zeit daraus kommt ein Wagen mit Bietern beladen vorüber und macht sich derGeschirr- führcr dieses Wagens den unsinnigen Scherz, das Droschkcnpfcrd mit der Peitsche zu schlagen, so daß dasselbe in wilder Flucht davonMgt, über die Pillnitzersträße in die Neuegaffe hineinstürmt, dort an den Kegel anprallt, wodurch das Hintcrtheil der Droschke abbrach und eine hochbejahrte Frau so überfahren wurde, daß sie am Kopfe schwere Verletzungen erlitt. — Nachträglich haben wir erfahren, daß die Frau noch an demselben Abende im Krankenhause gestorben ist. Bei der am Montag abgehaltenen freiwilligen Versteigerung der Friedensburg nebst Weinbergsgrundstück und sonstigen Wirthschafts- gcbüudcn in Niederlössnitz ist ein annehmbares Gebot nicht gethan worden, der Zuschlag daher nicht erfolgt. Im Ganzen haben sich sechs Herren an dem Vietungstermin betheiligt, das Höchstgebot ober soll sich nur auf 33,500 Thlr. beziffern, während das erwähnte so schön gelegene und umfängliche Bcsitzlhum angeblich fast um die Hälfte höher taxirt ist. Siebenlehn, den 20. Mürz. Gestern Abend ViU Uhr ertönte in unserer Stadt Fcucrlärm, cs brannte eine nördlich gelegene Scheune, die Flamme schlug bereits hoch empor und warf ihre» Wiedersehen: gegen den Kirchthurm. Das Feuer ergriff rasch nach einander vier dicht aneinanderstehende, theilweise mit Stroh gefüllte Scheunen, dann auch noch die Markthalle und eine gegenüberliegende Scheune. Die Turnerfeuerwchr, Lösch- und Rettmannschaftcn waren schnell zur Stelle, und es handelte sich zunächst darum, die südlich dicht angrenzenden Wohnhäuser zu retten, bczw. auszuräumen. Letz teres konnte fast vollständig geschehen, durch die Gluth der gegen überliegenden brennenden Scheunen und der angrenzenden Halle konnte aber leider ein Anglimmen des zunächst liegenden Wohnhauses nicht verhütet werden, so daß der Dachstuhl fast gänzlich zerstört und das Haus selbst durch die Wasscrmassen sehr stark beschädigt wurde. Auch Seiten- und Hintergebäude sind niedergebrannt. Die Wind richtung war glücklicherweise günstig und cs regnete auch einige Zeit lang. Gegen V-2 Uhr war man des Feuers Herr. Dienstag Abend gegen 8 Uhr siel der Zimmermann Christian Friedrich Dietrich aus Oberplauitz bei Zwickau, 60 Jahr alt, ver« heirathet und Vater von 8 Kindern, in die bei einem Neubau in Oberplanitz befindliche, mit frisch angerührtcm Kalk gefüllte, unver deckte Kalkgrube und ist leider darinnen erstickt. Dietrich war gegen 7 Uhr von zu Hause wcggegangen, um Arbeit zu suchen. Aus Eibenstock vom 19. März, meldet man dem „CH. Tgbl.": Gestern hat sich im benachbarten Stützengrün der das. Postverwalter W., ein junger Mann von 27 Jahren, durch einen Pistolenschuß ent leibt. Zerrüttete Vermögensverhältnisse sollen die Veranlassung zu dieser verzweiflungSvollcn That sein."