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durch die Förderung und die Welterloosung entstünden. Man hat sich jedoch damals blos entschlossen, den Rotschönberger Stölln zur Erhaltung und Belebung des Bergbaues zu bauen. Seit 1843 hat man §nit dem begonnen und hat bis 1872 12,871 Meter mit 8 Licht löchern hergestellt. Es bleibt nur noch die Ausführung von 995 M. mit 3 Lichtlöchern übrig, d. i. noch 7,18 Prozent des ganzen Baues, die bis Ende 1875 ausgeführt sein werden. Der Stölln kostete bis jetzt 1,982,824 Thlr., feine Vollendung erfordert noch 250,000 Thlr., darunter 25,000 Thlr. zur Entschädigung für Wasserentziehuugen an Grundbesitzer, auf deren Areal mitunter unbedeutende Klüfte und Gänge dem Wasser einen Weg von der Oberstäche nach der Tiefe öffnen. Die Finanzdeputation der 2. Kammer glaubt, daß, wenn man hätte voranssehen können, welche Summen dieser Stollnbau verschlingen würde, er wohl schwerlich begonnen worden wäre. Nach Lage der Sache bleibt nichts übrig, als die Summe zur Bollendung zu bewilligen, was Referent Beyer empfiehlt. Neueren Informationen zufolge, die die „Dr. N." erhalten, wird unser Landtag vom 5. bis 8. Februar keine Sitzung halten, vom 9. bis 14. jedoch noch weiter tragen, nm einen Theil des Budgets zu erledigen, dann aber während der Dauer des Reichstnges sich vertagen. Während fast überall der katholische Clerus mit einem von der Verzweiflung eingegebenen Muthe gegen den freien Gedanken an stürmt, hat sich jetzt in Zittau einer der tüchtigsten Priester des Fran ziskanerklosters Haindorf bei Friedland in Böhmen niedergelaffen, nm seine ferneee Thätigkeit der Sache der freien Gemeinden zu widmen. Herr Hüttich hat ist Prag Theologie und Philosophie studirt, war später 6 Jahr lang Director der lateinischen und arabischen Buch druckerei des Salvatorklosters zu Jerusalem, hat Palästina nach allen Richtungen durchreist und zuletzt hat der fast 50 Jahre alle Mann in der Einsamkeit der Klosterzelle zu Haindorf, in welchem Orte er sich allgemeiner Achtung und Verehrung erfreute, nach schweren innern Kämpfen den Entschluß gefaßt, sein ruhiges stilles Dasein zu vertau schen mit einem Leben voller Kampf, dem Kampfe gegen das finstere Treiben der Römlinge! Der Hühnerhund des Gutsbesitzers M. in Görsdorf bei Lengefeld hat vor wenigen Tagen viele andere Hunde, aber auch eine größere Anzahl Kinder und mehrere erwachsene Personen gebissen, darunter den Gasthausbesitzer B. in Mantelbüschel; diesem hatte das Thier die eine Hand im Maule so fest gehabt, daß sie nur mit Gewalt befreit worden ist. Theils durch die thierärztliche Untersuchung, theils durch andere Umstände ist die Tollwuth des Thieres als constatirt zu er achten. Es herrscht daher eine große Bestürzung unter der dortigen Einwohnerschaft. Treuen, 27. Januar. Vergangenen Sonntag Nachmittag ver gnügten sich in Schreiersgrün Kinder auf dem dem Gutsbesitzer Grü nert gehörigen Teiche, wobei drei Knaben das Unglück hatten, einzu brechen. Franz Hermann Kober, 8 Vs Jahr alt, und Franz Otto Ko ber, 12 Jahr alt, wurden glücklich gerettet, während der dritte, Franz Otto Bräutigam, 8Vr Jahr alt, als Leiche heransgezogen wurde. Eine wiederholte Mahnung für Eltern und Erzieher, die Kinder vor dem Betreten schwacher Eisdecken zu warnen. Strahwalde, bei Zittau, den 27. Januar. Am 25. d. M. er trank der 12jährige Sohn des hier wohnhaften Briefträgers Löwe; der Knabe hatte sich ans das dünne Eis gewagt, war eingebrochen und sofort unter dem Eise verschwunden, weshalb eine Rettung nicht möglich war. Der „Dr. Pr." wird aus Zittau gemeldet, daß am Dienstag früh 7 Uhr der Blitz in den Turm der dortigen Klosterkirche einge schlagen, und einen Brand vcrurjacht hat, der namentlich die Sladl- bibliothek großer Gefahr aussetzte. Das Organ der Berliner Svcialdemokratie, der „Neue Social demokrat" überrascht das deutsche Volk mit der Erklärung: Die Commune von Paris war das Losungswort bei dem letzten Wahl kampfe." Im Reichstage ist von Herrn Bebel auf die Pariser Com mune bereits früher schon ein Hymnus angestimmt worden; Herr Bebel gehörte aber einer andern Richtung der „Socialdemokratie" an, deren Anhänger sich selbst die „Ehrlichen" nennen, und man muß ihnen einräumen, daß sie dieses Beiwort insofern wenigstens verdienen, als sie aus ihrem Hasse gegen alles Bestehende kein Geheimniß ge macht und mit lauter Stimme den „Tag des Zorns" hcrbeigewünscht haben, der „das Jahrhundert in Asche zerfallen" macht; die Wähler, ^welche Herrn Bebel und seinen Freunden ihre Stimme gaben, wußten also im Voraus, welchem „Programm" sie damit bcipflichtelen. Im Preuß. Abgeordnetenhaus gab's wieder ein lebhaftes Vorpostengefecht zwischen den Römlingen ans der einen und der Re gierung und den Liberalen auf der andern Seite. Für den alt- katholischen Bischof Reinkens sind im Etat 16,000 Thlr ausgesetzt, diesen Posten wollten Reichensperger und Mallinckrodt gestrichen haben ,während der Minister Falk und die Abg. Miquel und Eberly ihn vertheidigten. Bei der Abstimmung unterlagen die Römlinge und Polen. Kaiser Wilhelm und Fürst Bismarck sind die Losung in Eng land. Wie sind sie es geworden? Der Kaiser durch seinen be kannten Brief an den Papst, Fürst Bismarck durch seine muthige Kriegserklärung an den Ultramonlanismus. Beide zusammen haben den Engländern die Augen geöffnet über die grenzenlose Herrschsucht der römischen Curie und über die Gefahren, welche der Gewissens freiheit und der Bildung, der bürgerlichen und der religiösen Freiheit 2 von Rom drohen, sie haben das protestantische Gewissen der Eng länder geweckt und aufgerüttelt. In einer großen öffentlichen Versammlung (Meeting) am 27. Januar in London haben Tau sende von Engländern den Ullramontamsmus gegeißelt und verworfen, der Seelen und Geister knechten will, und haben dem Protestbriefe des Kaisers und dem Feldzuge Bismarcks wider die Römlinge laut zugejubeli. Sie haben anerkannt, daß es Sache aller Völker sei, welche Freiheit des Gewissens und Bildung lieben, an der Seite Deutschlands in den Kampf gegen Rom und die Jesuiten einzutreten alle müssen dem Papste ein einstimmiges Halt! zurufen. Ausdrücklich wurde erklärt, daß man nicht gegen die katholische Religion, sondern gegen deren herschsichtige Ausartung und Ausbeutung durch die Je suiten kämpfe, vr. Chiniqui, ein Amerikaner und 25 Jahre tathol. Geistlicher, nannte den Ultramonlanismus eine große Verschwörung gegen hie göttlichen Wahrheiten und gegen die Rechte jedes geordneten Staates. Die hochausehnliche Versammlung sprach einstimmig Deutsch land ihre Sympathie für seinen Kampf mit Rom und dem Kaiser und Bismarck als Vorkämpfern ihren Dank aus. Die Stadt Berlin wird demnächst Einladungen zu einer großen Versammlung, behufs Kundgebung des Dankes für die englischen Sympathienmeetings erlassen. Die Versammlung soll im Rathhause und voraussichtlich unter dem Präsidium des Professor Gneist statt finden. Zwischen der Regierung und Volksvertretung in Oesterreich ist ein Wettlauf entstanden, worüber man sich nur freuen kann. Nach dem erst kürzlich zur Abgrenzung der weltlichen und geistlichen Macht ähnliche Gesetze wie in Preußen erlassen worden sind, bereitet die Regierung, wie es heißt, um dicsfallsigen Anträgen des Abgeordneten hauses znvorzukommen, auch einen Gesetzentwurf zur Einführung der obligatorischen Civilehe vor, unbekümmert um die in Nom auf steigenden Gewitterwolken. Quitt. Novelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) „Wohl war mir der nichtswürdige Streich gelungen, aber wie im Fieberschauer stürzte ich mich in das Zimmer Eleonorens und sagte ihr, was ich gethan. Wild und verzweifelt riß ich mir den Zigeuner kittel vom Leibe. Sie sagte nichts weiter, als: „Ich will ihn rasch in meinen geheimen Schrank schließen, da soll ihn Niemand finden. „Tagelang bin ich nicht zur Ruhe gekommen und herumgelaufen wie im Traum," fuhr Ernestine fort und ihr Gesicht spiegelte deutlich all' die Empfindungen wieder, die sie eben geschildert. „Ich hab' erst recht wieder aufgeathmet, als ich hörte, der Kleine sei außer Ge fahr und nun schwur ich mir, mich nie mehr von meinem heißen Blut Hinreißen zu lassen. — Wohl redete ich mich noch zuweilen in den alten Zorn hinein, aber Eleonore wußte doch, was sie von mir zn halten halte, daß ich nimmermehr einen neuen Racheplan ausführen würde und nun —" Ernestine vollendete nicht. War es ein Gefühl von Dankbarkeit, daß sie nicht weiter gehen und ihre Freundin auklagcn wollte, oder fürchtete sie deren Rachsucht? — genug, alles Forschen des Unter suchungsrichters über diesen Punkt blieb vergebens und als derselbe, der genau ihrem Gedankengange gefolgt war, die Frage an sie richtete: Ob sie glaube, daß nun Eleonore die That vollsührt habe, da es ihr nicht gelungen, sie selbst zu einem neuen Mordversuch zn bewegen, schüttelte Ernestine düster das Haupt und gab weiter keine Auskunft. fHatte schon die Untersuchung gegen den Gärtner Clemens ein großes Interesse erregt, so steigerte sich dasselbe noch mehr, als jetzt zwei Frauen, des Meuchelmordes angcklagt, vor den Schranken des Gerichts erschienen. Der Saal vermochte die Zuschauer kaum zu fassen und mit außerordentlicher Spannung verfolgte heut' das Publikum den Gang der Verhandlung. Schon die Thatsache allein, daß eine der Angeklagten ein be deutendes Vermögen besaß, würde die Neugier des Publikums erregt haben, aber die ganze Angelegenheit war noch immer in so tiefe, ge« heimuißvolle Schleier gehüllt, daß man mit wahrharft fieberhafter Erwartung dem Ausgang der heutigen Verhandlung entgegen sah. Schon war es einem der Angeklagten, ans den sich eine Menge Ver dachtsgründe gehäuft, endlich doch gelungen, sich die Freisprechung zu verschaffen. Würden die beiden Damen dasselbe Glück haben? . . . Wie wurden sie von den Zuschauern gemustert, beurtheilt! Eleonore Meltzer machte fast auf alle Anwesenden den besten Eindruck. War es ihr großer Reichthum, der einen gewißen Nimbus um sie breitete? oder gefiel die fromme Neigung ihres Kopfes? genug, die Wenigsten konnten es für möglich halten, daß eine Dame von ihrem Staude und ihrem Vermögen, einen Mord selbst begehen würde. Wenn sie sich wirklich an den Baron rächen wollte, dann fand sie gewiß Leute genug, die für eine hübsche Summe ihren Auf trag ausführten. Weit weniger gefiel ihre Gesellschafterin, Fräulein Liebig. Die starken Formen, das robuste, derbe Gesicht mit den unruhig rollenden Augen machten nicht den besten Eindruck. Das war ein Frauenzimmer, dem schon weit eher eine Mordthat zuzutrauen und wie auch die An klage hervorhob, hatte sie wirklich schon durch die Vergiftungsgeschichte versucht, an dem Baron ihr Müthchen zu kühlen.