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ordnung, solchenfalls der jährlich zu entwerfende Voranschlag über die Erfordernisse der Schule jedes Jahr im Monat Februar in doppelten Exemplaren bei der Bczirksschulinspection einzureichen. Indem dies in Gemäßheit ergangener Anordnung hierdurch zur Kenntniß der Schulvorstände und bez. Schulausschnsse des hiesigen Bezirks gebracht wird, werden diejenigen Schulgemeinden des hiesigen Bezirks, welche vyn vvrgedachter Ermächtigung Gebrauch machen wollen, zugleich angewiesen, über den in der obenangedeuteten Richtung etwa gefaßten Beschluß bis zum 30. November dieses Jahres Anzeige anher zu erstatten. Meißen, am 28. October 1875. Königliche Vezirksschulinspection. Schmiedel. Wangemann.— Für den abwesenden Johann Gottfried Günther aus Blankenstein ist Seiten des unterzeichneten Gerichtsamts an Stelle des ver storbenen Auszüglers Johann Gotthelf Dachsel in Herzogswalde unterm 3. dieses Monats der Gutsbesitzer Karl Ernst Sparmann in Blankenstein als Abwesenheitsvormund in Pflicht genommen worden. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 4. Novembers. vr. Gangloff. Bekanntmachung. Das ungebührliche ruhestörende Lärmen und der Unfug bei Polterabenden, insbesondere durch Werfen und Zerbrechen von Gesäßen verursacht, wird andurch in hiesiger Stadt strengstens untersagt nnd zugleich darauf aufmerksam gemacht, daß derartige Uebertretungen nach § 160 " des Reichsstrafsgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft werden. Wilsdruff, am 6. November 1875. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Ueber die Leistungen und insbesondere die vorzügliche Haltung der hiesigen städtischen Feuerwehr bei der gestrigen Hauptübung sprechen wir andurch unsere Freude und Anerkennung öffentlich aus. Wilsdruff, am 8. November 1875. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 8. November 1875. Bei der gestern stattgefundenen Probe unserer Spritzen mußte man die freudige Wahrnehmung machen, daß dieselben jetzt, nach ihrer Reparatur nnd Verbesserung, nicht allein leicht und sicher zu handhaben sind, sondern auch einen bedeutenden Wasserstrahl von sich geben; unsere Stadt ist nunmehr im Besitze dreier ausgezeichneter Spritzen und einer tüchtigen Feuerwehr, worauf wir, sowie über haupt auf die mehrfachen Verbesserungen und Verschönerungen, die seit einigen Jahren in unserer Stadt durch kommunliche Bauten ge schaffen worden sind, stolz sein können. Angesichts des mit dem I. Januar 1876 in Kraft tretenden Civilstandsgesetzes hat das evangelische Landesconsistorium mit Rück sicht auf diejenigen Brautpaare, welche sich noch vor Jahresschluß nur kirchlich trauen lassen wollen, den Superintendenten die Er mächtigung ertheilt, die für Trauungen in der geschlossenen Advents zeit nöthige Dispensation zu ertheilen, oder auf Wunsch der Braut paare die Zusammenlegung des dreimaligen Aufgebots gegen Er legung der gesetzlichen Gebühren, welche in besondern Fällen ganz erlassen werden, zu gestatten. Vom nächsten Jahre an werden die geschlossenen Zeiten auf Charfreitag, Bußtage und Todtenfest be schränkt. Die Einweihungsfeier des neuen Polytechnikums zu Dresden hat am Donnerstag Vormittag 11 Uhr in Anwesenheit des Königs und des Prinzen Georg stattgefunden. In der Festversammlung befanden sich die Herren Staatsminister und obersten Hofchargen, die Gesandten, Vertreter der Universität Leipzig, der beiden Fürstenschulen und sämmtlicher höherer Anstalten des Landes. Staatsminister v. Nostitz- Wallwitz übergab mit kurzer warmempfundener Rede den Bau an die Anstalt, die Festrede hielt der Director des Polytechnikums, Geheimer Bergrath vr. Zeuner und schloß dieselbe mit einem dreimaligen, be geistert aufgenommenen Hoch auf Se. Maj. den König. Herr Ober bürgermeister vr. Pfotenhauer übergab eine Stipendienstiftung von 10,000 Mark Namens der Stadt Dresden; Vraudversicherungs-Jn- spector Cato aus Chemnitz überbrachte 3 Stipendien, nämlich 12,000 Mark von ehemaligen Schülern des Polytechnikums, 1000 Mark vom sächsischen Architekten- und Ingenieur-Verein und 15,000 Mark vom Fabrikanten Carl Beyer in Manchester. Um 1 Uhr war die Feier beendigt. In dem nächsten Jahre werden außer den preußischen sogenannten Kaisermauövern auch bei dem sächsischen und württembergischen Ar meecorps große Corpsübungen stattfinden, welche sich bei diesem Ar meecorps in Zukunft alle 3 bis 4 Jahre wiederholen sollen. Die letzten derartigen Hebungen haben bei den beiden Armeecorps im Jahre 1872 stattgefunden. Für das sächs. Armeecorps ist zu diesem Zweck eine Summe von 283,135 M. und für das württembergische Corps eine Summe von 266,723 M. ausgeworfen. Die Nachrichten aus Varzin über den Gesundheitszstand des Reichs kanzlers lauten leider noch immer ungünstig. Der Mangel an Schlaf dauert fort — und dies will etwa so viel heißen, daß an eine nahe Rückkehr nach Berlin uud Uebernahme der vollen Amtsthätigkeit vor der Hand noch nicht zu denken ist. Wir bringen damit den Rückblick eines englischen Blattes in Verbindung, welches sich bei Gelegenheit der Enthüllung des Stein-Denkmals äußerte, Kaiser Wilhelm müsse sich nicht wenig freuen, wenn er sich seiner eigenen Jugendzeit erinnere. „Anstatt daß damals ein preußischer Minister auf das Geheiß eines fremdländischen Herrschers ins Exil geschickt wurde, wartet jetzt Europa mit ängstlicher Aufmerksamkeit auf Nachrichten, ob der Rheumatismus eines preußischen Ministers etwas besser oder etwas schlimmer aufge treten ist." Sollen die zwei Bilder, welche die „Wespen" in Berlin zeigen, reichs tägliche Zukunftsbilder sein? Auf dem 1. Bilde trägt der Finanz minister Camphausen 2 Packete: „Die Brausteuer und die Börsen- stener" in den Reichstag; da tritt ihm ein Abgeordneter entgegen niit den Worten: Nur über meine Leiche." — Auf dem 2. Bilde zeigt sich mit denselben Packeten ein Dienstmann in der Maske Bismarcks: „Na, dann lassen Sie mich mal" sagt er und der Abgeordnete drückt sich mit vor Angst emporstehenden Haaren an die Wand. — Man sieht, die Wespen nagen an den Abgeordneten; hoffentlich trifft das Sprüchwort zu, daß es nicht die schlechtesten Früchte sind, an denen sie nagen. Eine von der liberalen Bürgerschaft Münchens votirte Dank adresse, die am 29. October vom ersten Bürgermeister an den König abgesandt wurde, trägt nahezu 10,000 Unterschriften von Personen aller Stände. Ein Abgeordneter aus Oberfranken sagt in einem Privatbriefe: „Der Eindruck, den das Schreiben S. M. des Königs an das Ge- sammtministerium auf unsere in den Banden der Klerisei befindliche Landbevölkerung gemacht hat, ist ein unverkennbar wirksamer, da der irregeleitete Bauer stets der Meinung war, der König sei mindestens eben so gesinnt wie der Pfarrer, und sich jetzt das gerade Gegentheil documentirt hat." Man schreibt aus Hamburg vom 24. October: „Die Geschäfte liegen im Allgemeinen darnieder, viele Schiffe abgetakelt im Hafen, die meisten, welche fortgehen, haben mehr Ballast als Güter an Bord. Früher kamen zahlreiche Schiffe, die ihre Hauptladungen in englischen Seehäfen eingenommen hatten, zu uns, um sich schließlich hier mit billigen deutschen Jndustrieartikeln zu completiren. Sie erscheinen immer seltner, weil die überseeischen Consumenten vieler deutscher Artikel dies bei aller Billigkeit wegen schlechter Qualität zu theuer finden. Die amerikanische Packetschiffsahrt wollte kürzlich mehrere ihrer großen Dampfer verkaufen, sie erhielt gar kein Angebot. Die große Mehrzahl unserer Arbeiter hat, bei hohen Löhnen, keinerlei Ersparnisse gemacht, sich dagegen an Bedürfnisse gewöhnt, von denen der Arbeiter früher nichts wußte. So gehen wir dem Winter mit nichts weniger als angenehmen Aussichten entgegen." Wien, 4. November. Der gestern Abend von hier nach Prag abgegangene Porsonenzug entgleiste durch einen Bahnsrevel zwischen Goepfritz und Schwarzenau (ca. 15 Meilen nordwestlich von Wien.) Der Zug stürzte die Bahnböschung hinunter. Eine Schiene des äußeren Schienenstranges war kunstgerecht ausgehoben und wurden die Nägel und Schrauben unversehrt auf den einzelnen Schwellen daneben liegend gefunden. Fünf Personen sind todt, neun verwundet. In Turin hat am 28. Oct. eine furchtbare Feuersbrunst statt gefunden, bei welcher 14 Menschen, so viel man jetzt weiß, umge kommen sind, während zahlreiche Andere Verletzungen davon getragen haben.