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r darum vielfach in trauriger Gestalt vor uns stehe». Die Futter- erndte, obwohl reichlicher als im vorigen Jahr, namentlich im Klee, dessen erster und zweiter Schnitt ein voller war, ist doch nur eine mittelmäßige gewesen, deren Ausfall, gegenüber dem kurzen nur halben Erndteertrag in Roggen und Gerste, sich mit der Zeit sehr fühlbar machen, wenn auch im kommenden Frühjahr nicht so leicht wieder, wie im letzten, zum traurigen Futtermangel sühren wird. — Milch, Butter und Käse, wie das Fleisch, werden unter diesen Verhältnissen nicht heruntergehen, sondern aus ihren jetzigen Preisen stehen bleibe». Uebrigens gewinnt Klee- und Futterbau, diese solide Grundlage einer rationell betriebenen Landwirthschaft, wie die davon abhängige Ver größerung des Viehstandes und dadurch gewonnene Möglichkeit einer weit einträglicheren Bebauung des Bodens und zugleich auch die landwirthschastliche Maschinenarbeit unter den intelligenten Landwirthen Thüringens immer mehr Boden, Ausdehnung und Verbreitung. Die Leute kommen je länger, je mehr zu der Ueberzeugung, daß Futter bau und Viehzucht höher und besser rentirt, als der bisher in so aus gedehnter Weise betriebene Körnerbau, und daß die landwirlhschaft- lichen Maschinen bei vollständig-zweckentsprechender Haltung, Hand habung und Verwendung nicht nur schneller und genauer arbeiten, als die menschlichen Hände, soviel an Zeit, Samen und Arbeitskräste sparen, daß sie längstens in den ersten 6 Jahren ihrer Benutzung sich vollständig bezahlt machen, sondern auch, bei ihren Verrichtungen — was die Hauptsache ist, — die günstige Witterung in ausgiebigster Weise beim Landwirthschaftsbetrieb benutzen können. — Aus diesen Gründen kann die Anschaffung laiidwirthschafllicher Maschinen dem Einzelnen und wo diese demselben allein zu schwer fallen sollte, in Gemeinschaft mit Anderen, resp. auch den einzelnen Gemeinden zur Vermicthung gegen Geld an die einzelnen Ortsangehörigen, so namentlich auch die Anschaffung einer Viehwage, um beim Verkaufe von Schlacht vieh nicht dem Käufer allen Vortheil in die Hände zu geben, — im wohlverstandenen Interesse Aller nicht laut und dringend gemig em pfohlen werden, wie deren Anschaffung von Seiten einzelner dem ver ständigen Fortschritt huldigender Commnnen in nachahmungswerther Weise bereits geschehen ist. Alles in Allem gerechnet ist der Ausfall der diesjährigen Erndte reichlicher als der vorjährige mit seiner früh eintretenden quälenden Fntternoth, darum ein zufriedenstellender, dem Himmel dankenswerther, ebensowohl für deren Gaben als für das andauernd heitere Erndtewetter, fowie für den ausgezeichnet guten Gesundheitszustand, deren wir im Verlauf der letzten Erndtezeit im Vergleiche zu anderen uns zu erfreuen gehabt. Die Preise der Lebensmittel werden mittelhohe bleiben, bei deren Satz der Er bauer wie Verzehrer, Oeconom und Geschäftsmann, Stadt- und Land bewohner bestehen können, wenn jetzt nach der Erndte mit dem schnelleren und größeren Geldumsatz, dem stärkeren Waarenbedarf für den kommenden Winter und das reichste Fest des Jahres zugleich auch wie zu hoffen steht, Handel und Verkehr, Erwerb und Verdienst, Ge schäft und Industrie nach der tobten faulen Sommerzeit bald wieder in der geschäfts- und verdienstreichen Weihnachtszeit einen größeren Aufschwung nehmen werden. (H.-Dztg.) Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 4. October 1875. Vorigen Freitag, als am 1. October, Vormittags 11 Uhr fand im hiesigen Königlichen Gerichtsamt durch den Herrn Geheimen Justiz- rath Wehinger aus Dresden die feierliche Verpflichtung undEinwer- sung des Herrn Gerichtsamtmannes Ur. Gangloff statt, wozu als Zeugen der hiesige Stadtgemeinderath und die Gemeiudevertreter des Amtsbezirks geladen und auch zum größten Theil erschienen waren. Mittags Vr2 Uhr fand im Gasthofe zum Adler zu Ehren des Herrn Gerichtsamtmannes ein Festessen statt, an welchem die Betheiligung eine außerordentlich starke war, woraus sich schon die herzliche Liebe zu unserm neuen Vorgesetzten bekundete; daß es aber auch während der ganzen Festtafel, welche sich in der gehobensten Stimmung bis gegen 5 Uhr hinzog, an herzlichen Worten der Liebe und Freund- ichaft für den Herrn Gerichtsamtmann nicht fehlte, und dadurch sich das innige Einvernehmen der Bewohner unserer Stadt und der Amts- landfchaft mit dem Herrn Ur. Gangloff als mehrjährigen Beamteten und nunmehrigen Vorstand unseres Gerichtsamtes wiederholt in einer Weise zu erkennen gab, wie es nur beiden Theilen zur größten Ehre gereicht, welchen Gefühlen denn auch in wärmsten Dankesworten der Gefeierte Ausdruck gab, fowie auch der Herr Geheime Justizrath Wehinger in einem Toaste seine Freude darüber aussprach. Zur Verherrlichung des Tages hatte die Gesellschaft Erholung für den Abend in denffelben Saale Ball veranstaltet, wozu auch alle Theil nehmer vom Festessen eingeladen waren, um hier noch Zeuge zu fein, wie gedachte Gesellschaft Herrn Gerichtsamtmann Ur. Gangloff als ihr zugehöriges Mitglied durch Ovationen noch zu ehren suchte. Die Kgl. Amtshauptmannschaft Großenhain hat in diesen Tagen zu ihrem im dortige» Bezirk bestehenden Tanzregulativ folgende, auch für fernerstehende Kreise bemerkenswerthe, erklärende Zusatzbestimmung veröffentlich!: „Um vorgekommenen Zweifeln zu begegnen, macht die Königliche Amtshauptmannschaft andurch bekannt, daß auch bei Tanz vergnügungen von Vereinen, welche keine Privatlocale hierzu haben, die tz 11 deS Tanzregulativs geordnete Aussicht zu führen ist und das aufsichtsführcnde Gemeinderathsmitglied sein Augenmerk banpi- sächlich auch darauf mit zu richten hat, daß außer den Mitgliedern ' des Vereins und deren Gästen Niemand weiter an dem Tanzver- gnügen Theil nimmt, sowie daß den Gästen unter keinerlei Vorwand ein Kostenbeilrag, sei es unter dem Namen eines Eintritts- oder Musikgeldes oder sonst angesonnen werde. — Zuwiderhandlungen sind mit Geldstrafen bis zu 60 Mark zu belegen und von den Ge meindevorständen anzuzeigen." Der in Dresden wohnende Freiherr von Seherr-Thoß, königl. preußischer Major a. D. und Ritter des Johanniterordens, welcher im deutsch-französischen Krieg als Delegirter des königlichen Commiffars und Militärinspectors der freiwilligen Krankenpflege in den ständigen Lazarethen zu Epernah thätig war, hat über die dermalige Beschaffen heit der Gräber deutscher Soldaten in Frankreich folgendes Schreiben an die „Nordd. Allg. Zeitung" gerichtet: „Von meiner Reise nach Frankreich zurückgekehrt, besuchte ich daselbst, dem Drange meines Herzens folgend, den Friedhof von Epernah für Marne mit den vielen Gräbern unserer deutschen Waffenbrüder, welche daselbst in dem ewig denkwürdig bleibenden Kriege von 1870/71, fern der ge liebten Heimath ihr junges Leben aushauchten und dort ihre letzte Ruhestätte fanden. Ich beeile mich, den betreffenden Herren Feld predigern, sowie allen Anverwanden und Zugethanen der dort fried lich beisammen Bestatteten mitzutheilen, wie ich alles in bester Ord nung fand, auch daß Mr. Pahonne noch Gärtner des Friedhofes ist. Ebenso kann ich die tröstliche Nachricht bringen, wie Municipalräthe von Epernah (Väter der Stadt), gleich am 17. März 1871 auch jetzt (am 11. September cr.), erneut und in der anerkennungswürdigsten wie humansten Weise mir die Versicherung aussprachen, auch ferner hin die Gräber unserer Kameraden ehren und schützen zu wolle». Dresden (Altstadt), Reichsstraße 3. den 25. September 1875. Wie die „L. N." vernehmen, treten demnächst in einigen größeren industriellen Etablissement der Eisenbranche in der Ostumgebung Leipzigs Arbeiterentlassungen in größerem Maßstabe ein. Einer An zahl ist in der einen Fabrik bereits am Donnerstag für nächste Woche gekündigt worden, während weitere Entlassungen resp. Kündigungen darauf alsbald nachfolgen sollen. Der stille Geschäftsgang und Mangel an fernerweiter ausreichender Beschäftigung ist die Ursache zu dieser Maßregel, doch dürften vorläufig meist nur die jungen un- verheirathcten Arbeiter hiervon betroffen werden. Angesichts des herannahenden Winters sind dies wenig tröstliche Aussichten sür die selben. Wie man in England vor wenigen Tagen mit vollberechtigtem Hochgefühl das goldene Jubiläum der Betriebseröffnung der ersten Eisenbahn (Stockton-Darlington) feiern konnte, so war am I. October in Sachsen der 25. Jahrestag herangckommen, welcher mit der Be triebseröffnung der ersten Tclcgraphenlinie Leipzig - Dresden und der Benutzung derselben seitens des Publikums im Jahre 1850 sich verknüpft. Ein vicrteljahrhundert ist es nun, daß man sich der Segnungen erfreuen darf, welche eine der groß artigsten und epochemachendsten Erfindungen der heutigen Menschheit gebracht hat, ein viertcljahrhundert, seil sich die ersten Fäden des metallenen Riescnnetzes zu spinnen aufingen, des Niescnnetzwerks, welches jetzt den ganzen Erdball wie ein Panzerhemd zum Waffen dienste im Kulturkämpfe der Menschheit umspannt und mit immer dichter gewirkten ehernen Maschen überzieht, über Berge und Thaler, Abgründe hinwegsetzt, über Flüsse und Wüsteneien, über und unter Seen und Meere, dahinschreitend, die entferntesten Länder verknüpfend, beide Hemisphären der Lrdkugcl im Norden und Süden mit mächtigen Kabeln zu gedankenschnellem Verkehr unter einander verbindend. Ein Uebelstand, über den bereits in den vergangenen Jahren von den Organen aller Parteien Klage geführt worden war, scheint sich in dem gegenwärtigen Herbste wiederholen ZU wollen. Wir meinen das Tagen des Reichstags während der gleichzeitig statt findenden Beralhnngen der Ständekammern der einzelnen deutschen Länder. Der Reichstag wird, wie nunmehr feststeht, zwischen den 20. und 25. Oct. einberufe» werden, bis dahin dürften weder der bayrische Landtag, der am 28. Sept, eröffnet ward, noch die für den 12. Oct. einberufenen sächsischen Kammern die ihnen obliegenden Ge schäfte erledigt habe». Ohne zeitweilige Vertagung der beiden legis lativen Körperschaften ist also voraussichtlich eine beschlußfähige Sitzung des Reichstags gar nicht gut möglich und es steht demnach in Bayern und Sachsen eme Unterbrechung ddr Landtagsarbeiten bevor. Die erste Sitzung der 2. bayrischen Kamminer hat übrigens die Befürcht ungen zur Wahrheit werden lassen, welche vor einigen Tagen ausge sprochen wurden. Die ultran onlane Partei hat bei den Wahlen der Präsidenten, der Secreläre und bei der Verloosung der Abtheilungen den Sieg davon getragen. Die Abgeordneten beider Parteien waren dabei fast vollzählig erschienen und es blieben die Liberalen mit ca. 2 Stimmen in der Minderheit. Auch eine Adresse an den König ist von ultramontancr Seite beantragt worden und dürste, wenn das Stimmenverhältniß ein ähnliches wie am 29. September bleibt, auch beschlossen werde». Der Inhalt einer solchen Adresse kann kaum zweifelhaft sein, cr wird in Beschwerden gegen das jetzige Ministerium gipfeln, namentlich wegen der vielbesprochenen Eintheilung der bayrische» Wahlkreise, die angeblich gegen die ultramontane Partei und ihre Wahlbestrebungcn gerichtet war. Berli n. Das Auswärtige Amt hat von dem deutschen Consulat< in Amoy folgende, daselbst am 29. Sept, aufgegcbcne Depesche er-: halten: „Capitän Gerwitz und der Steuermann des deutschen Schooners i „Anna" sind auf der See nahe bei Fu Tschu von der chinesische» l