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Verschiedenes über sein Gefangemnlebcn mit, und gab die Ver sicherung, daß die Gefangenschaft nicht vermocht habe, ihn von dem Streben nach Verwirklichung seiner immer verfolgten Ziele abznlenken. Er prophezeite, daß in einigen Jahren von den Schlössern und Thürmen die rothe Fahne wehen werde. Schöne Aussichten! Zum Glück hat der Prophet von jeher nichts in seinem Vater lande ge- Hvlten. Verrathen -und Verloren. Criminal-Novclle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Ruhig, wie von einer großen Last befreit, ließ sich Dorn in das Gesängniß führen. Ja, cs schien über ihn eine förmliche Er leichterung zu kommen; war er doch nun in der Nähe seines Lieb lings, athmete er doch mit ihm dieselbe Lust, und wenn auch dieser davon keine Kenntniß hatte, für ihn selber war es eine Befriedigung. Auf Theodor dagegen brachte die einsame Haft die heilsamste Wirkung hervor. Vielleicht heilte sie ihn von feinem häßlichen Charaker- fehler für immer. Nichts ist geeigneter, den Menschen plötzlich zur Ein- und Umkehr zu bringen, als eine völlige Abgeschiedenheit von der Welt. Leute, die ihren Geist für große Ausgaben stählen wollten, gingen in die Wüste und kamen mit neuen Anschauungen, mit einem mächtigen unbeugsamen Willen zurück. Aus der völligen Abgeschlossenheit von der Welt gingen unsere größten Philosophen und unsere glühendsten Schwärmer hervor. Allein sein — Niemand zur Gesellschaft haben, nicht einmal ein Buch — das führt unwillkürlich zu einem Versenken in das tiefste Innere. Das betäubende Geräusch der Welt dringt Nicht mehr in unser Ohr, wir hören ganz andere Stimmen, wunder bare seltsame Stimmen, die uns das Geheimniß unserer Seele vcr- rathen, uns einen Blick werfen lassen in das chaotische Gewirre urnsres eigenen Selbst. Auch für Theodor wuren diese einsamen Stunden ein Läuter- UNgs-Proceß, er ging als ein Anderer daraus hervor. Die Wirk lichkeit, der er so lange träumerisch ausgewichen, hatte ihn dennoch gepackt und unter ähre Näder geworfen. Er hielt eine Selbstschau und mußte sich zu seiner Beschämung gestehen, daß er bisher in der Welt eine traurige Nolle gespielt. Sein Vater hatte ihn gehaßt und verachtet, seine Kameraden gehänselt und aufgezogen; er hatte die schönsten Stunden seines Le vens verträumt, ja, er konnte wohl sagen „verduselt" — das mußte «in Ende nehmen. Er gelobte sich heilig, ein anderer Mensch zu wer den, kräftig zu ringen und zu streben, wenn ihn das Schicksal noch - einmal aus den Schlingen befreite, die er sich leichtsinnig noch fester gezogen. Das alberne Lügen — er wagte zum ersten Male das Kind beim rechten Namen zu nennen —hatte ihn vollends verdächtigt und in's Elend gestürzt. Früher nannte er dies beschönigend „geschickte Ausflüchte", „Phantasie", jetzt wußte er plötzlich, daß cs die „Lüge" war, die seinen Character entstellt und ihn allen tüchtigen Leuten verächtlich gemacht. Aber durch diese gewissenhafte, schmerzliche Selbstprüfung, die er jetzt hielt, gaukelte doch immer wieder das liebliche Bild Luitgardens. Um ihretwillen allein wünschte er sich die Freiheit zurück — nuu stand ihren Wünschen Nichts im Wege, und fein Herz jauchzte schon jetzt l freudig auf, wenn er daran dachte, daß diese herrliche Mädchenknospe einst ihm gehören sollte. Aus diesen angenehmen, süßen Träumen wurde er sehr unsanft geweckt; der Schließer erschien und erinnerte ihn an die rauhe Wirk lichkeit. Er wurde zu einer neuen Vernehmung vor den Untersuch ungsrichter geführt. Der Rath war erstaunt, schon jetzt Theodor völlig verändert zu finden. Die kaum vierundzwanzigstündige Gefängnißhaft mußte in der That auf den jungen Menschen den heilsamsten Einfluß geübt haben. Er gab auf olle Fragen ruhige, klare Antworten, und die Einfach heit, die Liebenswürdigkeit seines Characlers trat jetzt in das beste Licht. Die Milde und Freundlichkeit des Rathes ermunterten Theodor noch mehr. „Ich fühle sehr wohl, daß ich gestern meiner Sache durch falsche Angaben arg geschadet habe; aber wenn Sie wüßten, wie ich zu dieser Charakterschwäche gekommen bin, würden Sie mich vielleicht doch ein wenig entschuldigen. Wertheim sah, daß der junge Mann das Bedürfniß fühlte, sich wenigstens vor ihm zu rechtfertigen, und wenn es auch nicht zur Un tersuchungssache gehörte, dachte er dennoch human genug, um ihm diese Auseinandersetzung zu gönnen. „Ich will meinen Vater nicht anklagen" begann Theodor, „der große Versöhner „Tod" ist zwischen uns getreten und hat alle seine Schuld ausgelöscht; aber die Art meiner Erziehung — wenn ich's überhaupt Erziehung nennen kann — war nicht geeignet, eine freiere Entfaltung meines Characlers zu gestatten." Theodor schilderte nun mehr mit Aufrichtigkeit seine bisherigen Verhältnisse zu dem väter lichen Hause — und fuhr fort: „Vorgestern kam es endlich zum Ausbruch — er hatte mich thät- lich beschimpft, vor allen Leuten, und nun begann auch mein Blut zu kochen, ich legte auf ihn mein Gewehr an, und ich weiß nicht, ob ich nicht in blinder Wuth mich Hütte bis zum Morde Hinreißen lassen; aber noch eh' ich dazu kam, schoß er selbst auf mich, und nur durch ein Wunder wurde ich gereitet. Damit war das letzte schwache Band zwischen uns zerrissen'— ich hatte keinen Vater mehr — das sagte auch der alte Dorn — er begleitete mich heim, und erzählte mir, wie schwer sich der rohe, rücksichtslose Mann auch an meiner guten, armen Mutter vergangen. O, es ist entsetzlich, und ich darf nicht daran denken!" Theodor vermochte vor tiefer Aufregung nicht augenblicklich weiter zu erzählen; er starrte düster vor sich hin und kämpfte mühsam die Thränen nieder, die sich in seine Augen stehlen wollten. „Orest tödtete seine Mutter", begann der junge Najowitz nach einer Pause, „auch ich halte eine ähnliche Schuld zu strafen, mir blieb kein anderer Ausweg! — Mit finstern Gedanken im Herzen, fest ent schlossen, das Entsetzliche zu vvllbringen, verließ ick das Haus. Ich hatte meine geladene Doppelflinte mitgenommen, um meinem Vater zu zeigen, daß der verspottete Träumer auch einmal ein guter Jäger -sein könne. Ich wußte, daß er in Trhneck war und von dort ge wöhnlich spät nach Hause kam. Am Wege hinter der Schlucht stellte ich mich deshalb auf, ja, ich bekenne es, ich wollte ihn tödten, und lauerte mit wilder Freude auf seine Ankunft. — Ich konnte nichk mehr anders handeln — nur von meiner Hand sollte er sterben. Aber mein Vater blieb diesmal ungewöhnlich lange lange aus, die Bäume rauschten so wild-phantastisch — es war eine Nacht, iw > der eine träumerisä e Hamlet-Natur, wie die meine, auch Geister sehen ! ließ. Plötzlich hörte ick einen tollen, grauenhaften Gesang, alles Blut erstarrte mir in den Adern; — nun tauchte eine hohe schwarze Ge stalt drohend vor mir auf, und erschreckt, völlig besinnungslos, warf ich meine Flinte fort und stürzte hinweg. Beim Fallen entlud sich das Gewehr und krachte donnernd durch den Wald. Ich hörte das Rasseln eines Wagens und eilte planlos mitten durch das Gebüsch, j bis ich endlich zur Waldschänke kam. Lustiger Gesang schallte mir entgegen, ich trat ein, und da ich in den Sängerinnen alte Bekannte traf, blieb ich dort." „Alles, was ich Ihnen gestern erzählte, sind Phantasie-Gebilde, über die ich jetzt selbst erröthe. Ich habe mir freilich damit Ihr Vertrauen verscherzt und kann nicht fordern, daß Sie meiner heutigen Aussage, die Ihnen vielleicht noch phantastischer klingt, Glauben schenken, und doch enthält sie diesmal die Wahrheit." Theodor wagte nicht, durch viele Worte die Zuverlässigkeit seiner heutigen Aussagen zu betheuern, er schlug nur die Augen zu dem Rath auf, — und sein Blick war frei und offen. Werlheim war aufmerksam Ler Erzählung des jungen Najowitz gefolgt. Er mußte daran glauben, denn sie schien ibm durchaus nicht der innern Wahrheit zu entbehren, und doch brachte sie über die dunkeln Vorgänge jener Nacht noch immer kein volles Lieht. Wer war tue Gestalt, die Theodor erschreckt und ihn Vein Morde zurückgehalteu? Vielleicht Doru, — der am Ende das Verbrechen doch selbst vollführt, um den geliebten Sohn seines .^errn vor einer Blutschuld — einein VatermorLe — zu bewahren? Ganz sicher hatte er schon im nächsten Augenblicke seine übereilte Mittheilung bereut und gefürchtet, daß sein Liebling, davon aufgestachelt, die Mutter dennoch rächen wolle, und, nm ihn vor jeder Gefahr zu retten, war er selbst zum Mörder geworden. Es war nicht unmöglich, daß ein solches Motiv selbst diesen gutmüthigen trefflichen Mann zu einem heimtückischen Verbrechen hin- reißen tonnte. „Und Sie haben keine Ahnung davon, wer Sie hinwcggescheucht?^ fragte der Rath nach einigem Nachdenken. „Nicht die mindeste. Der plötzliche Schreck raubte mir alle Be sinnung. Aber ich sehe schon, Sie können an diese nächtliche Spuk geschichte nicht glauben; Sie denken gewiß, daß diese Erscheinung auch nur eine Ausgeburt meiner erhitzten Phantasie, oder daß ich wieder zu erbärmlichen Lügen meine Zuflucht nehme. Ich verarge es Ihnen nicht — klingt es doch märchenhaft genug. (Fortsetzung folgt.) Eingesandt. 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