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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 1 Mark. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^7 3. Dienstag, den 12. Januar 1875. Bekanntmachung, die Anmeldung zum einjährig freiwilligen Militärdienste betreffend. Im Jahre 1855 geborne, daher nach H 2^ der Militär-Ersatz-Instruction vom 26. März 1868 im Jahre 1875 gestellungspflich tige junge Leute, welche die Berechtigung zum einjährig freiwilligen Militärdienst zu erlangen wünschen und denen solche nach §20 verbd. mit Z 149 von der Prüfungs-Kommission des D*e--e«e» Regierungsbezirks zu ertheilcn sein würde, werden hierdurch aufgesordert, ihre diesfallsige Anmeldung bei Verlust de- Wirrecht- an die unterzeichnete Stelle spätestens bi- zum L. Februar diese- Jahre- schriftlich gelangen zn lasten. Dieser mit genauer Wohnortsangabc zu versehenden Anmeldung sind beizufügen a) von sammtlicher» Anmeldern 1) eine Ge burtsbescheinigung, 2) ein Nachweis der Reichsangehörigkeit, 3) ein Einwilligungsattest des Vaters bez. Vormundes, 4) ein Unbescholten- heitszeugniß, für Zöglinge höherer Schulen (Gymnasien, Realschulen, Progymnäsien, höhere Bürgerschulen) von dem Director bez. Rector derselben, für alle übrigen jungen Leute von der Polizeiobrigkeit ausgestellt und mindestens bis aus den Jahresschluß 1874 lautend; d) von Denjenigen, welche den Berechtigungsschein ohne Wblegung einer beforrderen Prüfung zu erlangen wünschen, noch überdies 5) ein den Vorschriften in tz 154 der Militär-Ersatz-Instruction formell genau entsprechendes Attest ihrer wissenschaftlichen Qualistcation. Solche junge Leute, welche auch ohne in das die Gestellungspstichtigkeit bedingende 20. Lebensjahr bereits eingetreten zu sein, doch nach ß 3 verbd. mit § 151 der Militär-Ersatz-Jnstruction Wege« vollendeten 17. Lebensjahre- von dem Rechte der Anmeldung zum einjährig freiwilligen Dienst Gebrauch zu machen wünschen, haben ihre diesfallsigen schriftlichen Anmeldungen gleichfalls mit den vor stehend unter l—4 und bez. 5 aufgeführten Unterlagen zu versehen. An die der Prüfung zu unterziehenden Adspirantcn wird rechtzeitig schriftliche Vorladung ergehen. Dresden, am 2. Januar 1875. Königliche Prüfungs-Commission für Freiwillige zum einjährigen Militärdienst. Schuster, Major. «Königsheim, Regierungsräth. Bekanntmachung. Nach § 4 der Verordnung des Königlichen Ministerium des Innern vom 24. März 1874 hat jeder Besitzer von Klauenvieh, in dessen Viehbestände die Maul- und Klauenseuche ausbricht oder Erscheinungen zu Tage treten, welche den dringenden Verbackt der Seuche begründen, das Austreten der Seuche, beziehendlich der gedachten verdächtigen Erscheinungen sofort der Ortsobrigkeit anzuzeigen. Da wahrzunehmen gewesen ist, daß dieser Anordnung nicht allenthalben entsprochen worden, wird solche mit dem Bemerken hier durch in Erinnerung gebracht, daß Zuwiderhandlungen mit den in der ungezogenen Verordnung festgesetzten Geldstrafen bis zu 60 Mark oder Haft bis zu 14 Tagen geahndet werden. Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 2. Januar 187s. Schmiedel. Tagesgeschichte. Aus München. Wir haben den Kampf gegen die Ultramontanen auch in das neue Jahr mit herübergcnommen. Möge man dabei doch auch in Erwägung ziehen, daß diese Partei bei Weitem nicht so mächtig ist, als sie sich den Schein giebt. Wenn da die Herren Wind horst und Jörg beißende Reden im Reichstag halten, so wird darüber viel zu viel Lärm gemacht. Wer steht denn hinter ihnen? Die einigen Bischöfe mit einzelnen Aristokraten; vom Volke fast nur un verständige Bauern. Und dabei wollen diese Leute noch gar mit Ge walt mit Krieg drohen! Wo steckt denn aber die ultramontane Macht der Aufklärung gegenüber? Etwa in Italien? Dieses Land ist ja ei» vollständiges Heerlager gegen den Ultramontanismus! Oder in Spanien, wo man die Reste des Jcsuitenthums aufs Aeußerste be kämpft? Oder in Frankreich, auf das die Jesuiten ihre Hoffnungen setzen? Ist denn in Frankreich die Aufklärung todt? Ganz und gar nicht! Sic wird gewiß erwachen, sowie man dem Lande znmuthet, für die römische Lurie einen Krieg zu beginnen! Und Deutschland mit seinen vielen Millionen aufgeklärter Katholiken und dct mächtigen protestantischen Bevölkerung, Deutschland wird seinen Kampf mit den widerspänstigen Bischöfen und der sog. Ccntrumsfraction ohne be sondere Anstrengung ausfcchten und sollte nur nicht so viel Aufhebens darüber machen. Es bedürfte nur aufklärcnder populärer Flugschriften zur Verthcilung unter Bevölkerungen, die sich bisher blindlings von den Ullramontancn leite» ließen. Ein populärer Nachweis, daß der sogenannte Stuhl Petri mit dem Apostel Petrus nichts gemein hat, daß dieser Apostel gar niemals in Rom gewesen ist, daß alle päpst lichen Prätcusionen, die sich auf diesen Apostel gründen, unhaltbar sind, möchte erfolgreicher wirken, als Geldstrafen. Am 6. Januar Nachmittags 3 Uhr ist in Prag im Exil der Kurfürst von Hessen gestorben. Er starb unerwartet, denn er schien sich von schwerer Krankheit erholt zu haben und machte Pläne, des besseren Klimas halber nach Italien überzusiedeln. In seinem Testamente soll der Kurfürst den Wunsch ausgesprochen haben, man möge ihn in aller Stille in Cassel beerdigen. Wie das Berliner Tageblatt hört, Hal der Kaiser sofort nach dem Eintreffen der Nachricht von dem Tode des vormaligen Kur fürsten von Hessen ein Beileidstelegramm nach Horzowitz gesandt, während der königliche Hof demnächst die übliche Trauer für den Da hingeschiedenen als einen nahen Verwandten des preußischen Königs hauses anlegen wird. Von Wichtigkeit ist der Tod des kurhessischcn Familienhauptes für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der preußischen Regierung mit der kurfürstlichen Familie. Bekanntlich ist seitens der erster» vor Kurzem ein Abkommen mit einem Theil der hessischem Agnaten getroffen worden, demzufolge dieselben gegen eine Abfindungssumme allen Ansprüche» auf das sogenannte Fideicommiß- vermögen entsagen. Nur der Protest deS Kurfürsten gegen diese Abmachung verhinderte es, daß die seit Jahren schon schwebende An gelegenheit auf diesem Wege erledigt wurde. Ei» anderer Theil der Aguatcn hat gegen den preußischen Fiscus auf Anerkennung ihrer Rechte an dem genannten Fideicommißvermögen einen Prozeß ange strengt, der gegenwärtig vor dem Appellationsgericht in Kassel schwebt. Der Tod des Kurfürsten vereinfacht die Sache wesentlich zu Gunsten der preußischen Negierung, indem dieselbe aus dem bisherigen Ver- hältniß des Sequesters in den thatsächlichen Besitz des hessischen Kron» schatzes tritt, dessen substantionelles Eigenthum dem Kurfürsten bis zu seinem Tode durch Vertrag garantirt war. Zur Uebcrführung der Leiche des Kurfürsten von Prag nach Kassel wird sich eine De putation hessischer Edelleute und Geistlicher nach Prag begeben.