Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für ung r. 2 rden O- es n. Tagesgeschichtc. Wilsdruff, 16. August 1875. Dresden. Die Ergänzungswahle n für d.e 2.^ Kammer des Landtags sind nach einer Miltheilung un "LA September angesetzt. — Am 11. d. M. starb hier dc C. W. Gebert, erster Nath im Just.zmnttstenum. Dcrse b verttat den 4. städtischen Wahlkreis zu Dresden in der 2- Kammer^ und somit ist auch in diesem Bezirk eine Neuwahl zu vollzlehen. A^ Stelle des verstorbenen Oberkammerherrn v. ^Utltz zu Liebeneichen hat der König den Geh. Nath Grafen Richard v. Konnntz zu Lossa an Stelle des vom Amte zurückgelrelenen Bürgermeisters Muller m Chemnitz die erste Magistrathsperson dieser Stadt zu Mitgliedern der Ersten Kammer ernannt. Da die Räume der Landesblindenanstalt zu Dresden und der Vlindenvorschule zu Hubertusbnrg trotz vcr ihnen wiederholt zu theil gewordenen Erweiterungen nicht mehr ansrelchen und v°n ei. weiteren Ucberfülluna der betreffenden Naumlichkeiten in sanitärem Interesse der Zöglinge abgesehen wird, so findet m den nächsten Tagen die Versetzung einer Anzahl männlicher Zöglinge der dangen Blindenanstalt in das einstweilen dazu eingerichtete vormalige Ge- richtsamlsgebäude zu Moritzburg statt. Am 1. October d. I. wird der Bezirk des Gerichtsamts Gottleuba mit dein des Gcrichtsamls Pirna vereinigt und endigt die Wirksam keit des ersteren mit dem 30. September. Nachdem in mehreren Forsten des Leipziger Regierungsbezirkes der Borkenkäfer sich gezeigt hat, ist seitens der Kreishauptmann- schaft an die Amtshauptmannschaften und an alle Waldbesitzer eine Bekanntmachung erlassen worden, behufs Ergreifung der geeigneten Vorkehrungsmaßregeln. In Lausigk weilt seit einiger Zeit ein indischer Offizier, der, von dort gebürtig, jetzt nach 2ljähriger Abwesenheit seine Heimath zum ersten Male wicdersiehl. Derselbe wanderte vor genannter Zeit als Buchbindergeselle von Lausigk weg, ließ sich in Holland bei der indischen Legion anwerben und hat 20 Jahre lang in holländischen Diensten abwechselnd aus Sumatra, Java und anderen Inseln ein an Abenteuern reiches Leben geführt, wo er sich auch mehrfach an dem gegen die Atchinesen geführten Kriege der Holländer mit rühm licher Auszeichnung betheiligl hat. Er ist ein Sohn eines vor wenigen Jahren in Lausigk verstorbenen Buchbindcrmeisters Hartmann. Pirna, 11. Aug. Ein entsetzliches Brandunglück hat gestern Abend die benachbarte Gemeinde Großgraupa betroffen. Kurz nach zehn Uhr brach auf bis jetzt noch unermittelle Weise in der an dessen Kammergut grenzenden Scheune des Herrn Oberförster Träger Feuer aus. Nicht lange dauerte es, so standen auch entfernter liegende Gebäude in Flammen und. das Entsetzen vor dem entfesselten Elemente erreichte den Höhepunkt, als 5 Gärtner- und 1 Häuslerwohnung mit 5 Scheunen und Schuppen in Brand gericthen. Vierzehn Familien sind ohne Obdach, alle ihre eingebrachten Vorräthe verbrannt und Hastsgeräth' theilweise vernichtet. — Ihre Maj. der König und die Königin waren heute Morgen bei Zeiten von Pillnitz aus auf per ^r""°ncme, erkundigten sich und trösteten überall mit der ihnen eigenen Herzlichkeit. >?imÄari?a/>^^ Marie Fleischer hier, welche am "U br.mncndc vom Fencr wegzunehmcn, muß eu e b"<M "^ aus die Kleidung gefallen oder letztere sonst Mit der oer eg Berührung gekommen sein, denn das un glückliche Ma chen s "" Nu in Flammen, lief in der Verzweiflung durch mehrere Zimmer und stürzte endlich in der Küche zu Boden, wo sie von der auf ihr H.lfegeschrei hcrzngeeilten Dienstherrin noch über und über brennend angctroffcn wurde. Die ihr sofort aclcistete Hilfe war nicht im Stande, sie zu retten. Mit schweren BrÄ bedeckt wurde sie in's Krankenhaus gebracht, 'L sie am 11 Ä gust Berlin, 12. August. Der Gebrauch der Kuren in Ems und Gastein ist, wie man in der Umgebung des Kaisers versichert, dem greisen Monarchen außerordentlich bekommen. Man will wahr nehmen, daß der Kaiser rüstiger und frischer erscheint, als seit langer Zeit. Unter solchen Umständen wird denn jetzt wieder mehr von der längst beabsichtigten Reise nach Mailand gesprochen. Thatsächlich liegt dieselbe in dem lebhaften Wunsche des Kaisers, auch sollen Fürst Bismarck und Graf Moltke dann den Kaiser begleiten. Die Aus führung des Planes ist indessen dem Rathe der Aerzte anheimgegeben. Es möchte, falls es dazu kommt, dann die Neise wohl unmittelbar von Baden-Baden aus angetreten werden, wohin sich der Kaiser und das kronprinzliche Paar wie alljährlich zum Geburtstage der Kaiserin am 30. September begeben werden. Die „Tribüne" berichtet aus Berlin vom 9. August: „Von einem schrecklichen Schicksal ist ein Bauerssohn aus unserer nächsten Um gebung betroffen worden. Der junge Mann fährt seit Jahren täglich mit der Eisenbahn nach Berlin und wieder zurück. Das letzte Mal — vor einigen Tagen — ist er indessen nicht in das Elternhaus zurück gekehrt, befindet sich vielmehr seit dieser Zeit in einer hiesigen Heil anstalt, da ihn das Unglück betroffen hat, plötzlich auf der Herreise zu nblinden. Der Ausspruch der Aerzte über diesen Fall ist für alle Eisenbahnreisende von großer Wichtigkeit. Der unglückliche junge Mann hat die kurze Reise stets so gemacht, daß er, um die Zeit zu kürzen, permanent aus dem Coupeesenster gesehen hat, und in dieser Angewohnheit erblicken die Aerzte die einzige Ursuche zureingetretenen Erblindung. Ueberhaupt soll es nichts Schädlicheres für die Augen geben als den durch die rapide Geschwindigkeit der Eisenbahn ent stehenden Zug." sZur HermannsseierJ Mitten zwischen die Gedenkfeste, welche in diesen Wochen die Erinnerung an unsere großen Siege in Frank reich wachrufen, schiebt sich in diesem Jahre eine andere nationale Feier ein, die einer weit zurückliegenden Vergangenheit gewidmet ist: die Hermannsfeicr im Teutoburger Walde. Jahrzehnte schon sind verflossen, seit der Plan, dem alten Befreier Deutschlands pom No uer- joche ein ehernes Zeichen der Erinnerung zu gründen, zuerst auftauchte und ein greiser Künstler in treuer Hingebung die ganze Kraft seines Lebens und seines Geistes an diesen Gedanken setzte; erst im neuer- standenen Reiche aber, aus dem von einer neuen Invasion bedrohten und glücklich erretteten deutschen Boden sollte das Werk zur Aus führung kommen. Die Erinnerung an diesen altersgrauen Schlachten tag im germanischen Urwald ziemt unserem Volke wohl. ZumErsten- male fast wird der deutsche Name in der Geschichte genannt und gleich bei diesem ersten Auftreten auf der Weltbühne sehen wir unser Volk, wie es, von fremder Eroberungslust in seinen Grenzen bedroht, mannhaft sich die Freiheit des vaterländischen Bodens zu erkämpfen gezwungen ist. Und durch 2 Jahrtausende hindurch, bis auf die jüngsten Tage, die noch in Aller Erinnerung sind, hat sich dasselbe Schauspiel wiederholt, nur daß durch Hader lind Zwietracht die Kraft oer Ar wehr häufig gelähmt und gebrochen war. Jetzt aber, da Eintrachc die deutschen Stämme umfaßt, da wiederum ein starkes, wehrhaftes Reich unter uns aufgcrichtet worden, mögen wir Las viele nationale Weh und Unheil, das in der langen Flucht der Jahrhunderte über den deutschen Boden hingegangcn, vergessen und uns im stolzen und srohen Genüsse der sichern und ruhmreichen Gegenwart jener alten Großthat erinnern, mit der der Deutsche zuerst seinen Willen kundgab, in den eigenen Grenzen in Freiheit zu leben. Wir sind jetzt in der Aera der nationalen Feste und manches kühle Gemüth mag Anstoß nehmen an dem Uebermaß dieses patriotischen Schwunges: Allein, entspringt diese Erscheinung nicht der wahren und tiefen Begeisterung des deutschen Volkes über das aus langer Verkümmerung neucrwachte Vaterland? Ist sie nicht ein Mittel, in Tausenden von Gemüthern die Hingebung an die höchsten Güter der Nation zu stärken und zu befestigen? Und gerade in unserer Zeit, wo auf der einen Seite der krasse Materialismus in furchtbarer Weise um sich greift, auf der Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlebn und die Umgegenden. Amtsblatt kür das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Dtadtrath daselbst. Dienstag, den 17. August 1875.