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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt -für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 62.Freitag, den 13. August 1873. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 12. August 1875. Die Tage des großen Jahres 1870, in denen sich die Einigung unseres herrlichen deutschen Vaterlandes vollzog, werden jetzt wieder mit allen Gefühlen der Freude in jedem patriotischen Herzen lebendig, aber auch mit allen Gefühlen des Schmerzes, wenn wir an Diejenigen denken, welche ihr Blut im fernen Frankreich ließen. Ein halbes Jahrzehnt ist verflossen seit den Kämpfen bei Wörth, bei Spichern, bei Pont-ä-Mousson, bei Metz, bei Sedan u. s. w. Cs wird auch in diesem Jahre der 2. September in unserer Stadt wiederum gefeiert werden, zu welchem Zwecke sich nächsten Sonnabend ein Comito aus Männern aller Stände bilden wird. Das Tagesereignis; ist der enthusiastische Empfang des Kaisers Wilhelm anf sächsischem Boden,.seineZusammenkunft mit dem ihm nach Plauen entgcgengeeilten König,vou Sachsen und die Be grüßung der eng durch Vertrag und Freundschaft verbündeten Fürsten in Leipzig. — Sehr bemerkenswert!) sind die Worte, die der Kaiser in Plauen nach der Begrüßungsrede des Bürgermeisters von Plauen an unseren König richtet?; er sagte mit seiner gewohnten Treuherzig keit: „Wenn man solche treue Bundesgenossen hat, dann kann man auf einen 'sicheren Bestand des Reiches rechnen!" Sehr wahr! Auch wir waren immer der Ueberzeugung, daß in unserem Sachsenlande, welches sich der Regierung eines gut national gesinnten Herrschers erfreut, die Liebe zu Kaiser und Reich die An hänglichkeit an den König und das engere Vaterland nicht ausschließt. Mäkeln wir nicht kleinlich an dem Mehr oder Minder herum, das dem Einen oder dem Anderen znkommt, sondern freuen wir uns, daß wir zwei solche Herrscher haben. Der königlich sächsische Generalstaatsanwalt Or. Schwarze, welcher einen Kommentar zum Entwurf eines neuen österreichischen Strafgesetzbuches verfaßt hat, ist vom Kaiser von Oesterreich für diese gediegene Arbeit durch Erhebung in den erblichen Adelsstand ausgezeichnet worden. Am Sonntag den 8. August, hielt der Verein sächsischer Ge meindebeamten seine diesjährige Generalversammlung in den Räumen der Societät zu Dresden ab. Es hatten sich über 230 Vereinsge nossen eingefunden. Den wichtigsten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Beschießung einer Petition an die sächsische Negierung und an den demnächst zusammentretenden Landtag wegen Regelung der Pensionsverhältnisse der Gemeindebeamten, da die verschiedenen Ortsstatuten hierüber theils unvollständig sind, theils willkürliche Deutungen zulassen. Es wird deshalb eine Regelung dieser wichtigen Frage durch Landesgesetz angestrebt, und zwar unter möglichster Be rücksichtigung der bei Pensionirung von Staatsbeamten geltenden Bestimmungen. Weiter wurde die Gründung eines eigenen Preß- organs beschlossen, welches in Leipzig erscheinen soll und letztere Stadt als Vorort für die nächstjährige Generalversammlung gewählt. Neber den Verbleib unserer Reichs-Silber-, Nickel und Kupfer münzen wird die Mitthcilung willkommen sein, daß bis Ende Juni d. I. 98 Mill. Mk. den einzelnen deutschen Negierungen überwiesen waren. Natürlich wurde der Süden mit dem schwierigen Ucbcrgang von der Gulden- und Kreuzerrechnung zur Mark-und Pfennigrechnung bevorzugt, und wir finden dort und auch schon nördlich vom Main, beispielweise im Taunus, sehr viel von den genannten Münzen. Baiernerhielt 30 Mill., Würtemberg 19, Baden 15, Elsaß-Lothringen und Hessen je 6 Millionen von der oben angegebenen Summe. In zwischen sind noch weit über 30 Mill. Mark in den genannten Münzen (Silber, Nickel und Kupfer) ausgeprägt, nach dem Juli-Ausweise aber die Prägung von Goldmünzen, von denen eine Summe von 1100 Mill. Mark vorrüthig ist, vorläufig eingestellt worden. Es sei hieran noch die Mitthcilung geknüpft, daß nach dem Münzgesetz vom 9. Juli 1873, wenn dasselbe voll und ganz in Kraft getreten sein wird, Niemand verpflichtet ist, Zahlungen im Betrage von über 20 M. in Silber-, und Zahlungen im Betrage von über 1 M. in Nickel und Kupfermünzen anzunehmen. Der „Reicks-Anzeiger" bringt einen Aufruf zur Einlösung des gesummten preußischen Staatspapiergcldes datirt vom 21. Juni. Be troffen werden davon: 1) die Cassen-Anweisungen v. 2. Januar 1835 2) die Darlehnscassenscheine v. 15. April 1848, 19. Mai 1866 und 2. Januar 1868; 3) die nach dein Gesetz vom 23. Februar 1868 der unverzinslichen Staatsschuld hinzugetretenen Kurhcssischen Cassenscheine und Noten der Landesbank zu Wiesbaden, einschließlich der Scheine der vormaligen Landescreditcasse daselbst; 4) die Cassen-Anweisungen V. 2. November 1851, 15. December 1856 und 13. Febr. 1861. Das V. deutsche Bundesschießen in Stuttgart ist beendet; die schmucken Schützen aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes, aus Oesterreich und den Alpenthülern der Schweiz sind mit Sang und Klang und mit rosenbekränzlen Fahnen wieder abgezogen aus der schwäbischen Hauptstadt. Auch auf diesem Schützenfeste wurde viel geschossen, viel getrunken und auch viel — geredet. Den Spruch: „Hilf heiliger Sebastian, jetzt sangen die Reden von vorne an", dem die Stuttgarter Schützen mit lobenswerther Selbsterkcnntniß einen Platz an den Wänden der Festhalle angewiesen hatten, mag bisweilen mancher der Anwesenden als Stoßseufzer leise für sich rezitirt haben, angesichts der Fluth von Patriotismus und Bruderliebe, in der bei solchen Gelegenheiten Alles zu schwimmen pflegt. Wohl liegt die Zeit längs hinter uns, in welcher die deutsche" Idee in Schützen-, Turner- und Sängerfesten ihre einzige Verkörperung fand — wohl sind die Tage nicht mehr fern, an denen man auch bei uns das Schießen, wie der Amerikaner und Engländer seine Ballspiele und Rcgalta's einfach als Sport, als ein modernes olympisches Spiel betrachten und den ganzen Ballast von patriotischen Reden über Bord Werfen wird. Trotzdem aber bürgt die Begeisterung, welche auf dem Stuttgarter Feste zu Tage trat, dafür, daß mancher Mißton verhallt ist, der vielleicht noch in die neue deutsche Einheit herüber klang, daß in den Herzen stammverwandter Nachbarvölker Neid und Groll gegen das deutsche Reich im Allgemeinen keinen Platz finden. Der ernste Wille, das Errungene fest zu halten, kam auch beim V. deutschen Bundesschießen würdig zum Ausdruck. (Dr. Ztg.) Nach wenigen lebhaften Wochen ist es auf dem spanischen Kriegsschauplätze abermals still geworden. Die Operationen gegen Dorregarah und Saballs in Katalonien sind anscheinend voll ständig ins Stocken gerathen; die Belagerung der Citadelle v. Urgel durch Martinez Campos macht nur sehr geringe Fortschritte. Nach Konsularberichten an das auswärtige Amt des deutschen Reiches ist die Cholera in Syrien im Zunehmen. In Damaskus, Stadt von 150—200,000 Einwohnern, kamen vom 24. Juni bis 4. Juli 546 Erkrankungen an Cholera und 204 Todesfälle vor. Aus Hama und anderen Städten, auch aus der Hafenstadt Suweldiah werden Er krankungen gemeldet. Nachdem schon in Alexandria aus Syrien kommende Schiffe einer 10tägigen Quarantäne unterworfen sind, hat auch der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel, sowie das Gesundheitsamt in Smyrna beschlossen: alle Schiffe, welche aus den syrischen Häfen von Alexandrette an bis Jaffa vom 5. Juli an aus gelaufen sind oder auslaufen, der reglementmäßigen Quarantäne in allen türkischen -Häfen zu unterwerfen. Beim Einlaufen in den Hafen zu Swinemünde wurde der englische Dampfer „Heller" von dein englischen Dampfer „Milo" in den Grund gefahren. Das prächtige, 1000 Tonnen Gehalt besitzende Schiff sank binnen 3 Minuten, und nur mit Mühe konnte die Mannschaft das Leben retten. Die ganze aus Kohlen bestehende Ladung scheint ver loren. Der „Milo" wurde sofort mit Arrest belegt und darf nicht ausgehen, bevor er die zur Hebung des verunglückten Schiffes nöthige Summe deponirt hat. Das Leben -er Biene. Treten wir im Monat Januar an einen bevölkerten Bienenstock, der im vorigen Jahre während der wärmeren Zeit einen lebhaften Ein- und Ausflug zeigte, so bemerken t^ir gar oft keine Spur von Lebensäußerung; Alles ist ruhig, scheinbar wie ausgestorben. Hebt