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1875 56. Freitag, den 23. Juli Wochenblatt für ilsdruff, Tharandt, Rossen. Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Madtrath daselbst. Auetion Künftigen eine energische Unterstützung im Kirchenkampfe wird die Reichsregier ung von dieser Seite her nicht zu erwarten haben. Eine freudig über raschende Episode war die schwere Niederlage, welche die Ultramon tanen bei den Wahlen in der Stadt München erlitten haben, sie ist denselben ziemlich überraschend gekommen. Eine trübe Wolke verzieht sich, der Kriegsminister braucht mehr Geld für das Ncichsheer, er reicht mit der vom jüngsten Reichs tag bewilligten Summe nicht aus. Das ist etwas auffallend nach der mühsamen Vereinbarung über die Summe zwischen Reichstag und Reichsrcgierung. Wozu solche Vereinbarungen, mußte man fragen, wenn sie schon nach einem Jahre Friedenszeit nicht mehr gelten sollen? Zum Glücke giebts keine Mehrfordcrung, sondern eine glückliche Maßregel, der Kriegsminister wird sparen, indem er im Jahre 1876 eine viel stärkere Beurlaubung der Soldaten eintreten läßt als seither. Diese Maßregel ist die beste und erfreulichste, da keinerlei Kricgswolke am Himmel steht. Or. Sigl vom „Bayerschen Vaterland", seither in Salzburg versiegelt, ist nach Bayern abgelicfert worden und wird seine Strafe im Zellengefängniß in Nürnberg antreten, (vr. Sigl ist bekannt lich wegen Beleidigung des Fürsten Bismark zu 10 Monaten Gefäng- niß verurthcilt.) Uebcr die Sammlungen für die Uebcrschwemmtcn in Frankreich Wird Folgendes berichtet: Die Zeichnungen auf der Liste der Mar schallin MacMahon hatten am 15. die Höhe vor 2,290,357 Fr. 7 L. erreicht. Bei den verschiedenen Casscn waren zum ged. Tage 3,ö07699 F. 73 C. eingezahlt worden, so daß die Gesammtsumme bis dahin auf 6,098,056 Fr. 80 Cts. belief. Der Khedive hat einen Beitrag von 10,000 Fr., der Erbprinz von Aegypten einen solchen von 5,000 Fr. cingesandt. Aus Spanien berichtet der Telegraph eine Reihe militärischer Mittheilungcn, die aber insgcsammt nur darthun, daß entscheidende Schläge, in Katalonien sowohl wie auf den anderen Punkten des Kriegsschauplatzes, nicht schon gefallen, sondern noch zu erwarten sind. Es heißt allerdings, in Folge der letzten Siege der Regierunqs- truppen habe sich eine große Anzahl carlistischer Offiziere behuss Unterwerfung bei den Behörden eingefunden; unter denselben be finde sich General Vallos; aber solche Miitheilungen sind wieder holt schon dagcwesen und haben sich stets als minder bedeutungsvoll herausgcstcllt, und man wird sich jcdeufalls noch einige Tage ge dulden müssen, um die wahre Tragweite der letzten Operationen Jovellar's, Quesada's u. Martinez Campos richtig beurthcilcn zu können. Nach Madrider Beliebten drückte König Alfons dem deutschen Geschäftsträger, Grafen Verchem, als dieser ihm am 12. d. den schwarzen Adler-Orden überreichte, seine Freude über diese Ehre aus; es sei die höchste, welche ihm der Kaiser habe erweisen können, da er während seines ganzen Lebens den Wunsch gehabt, diesen Orden zu besitzen. Er bat den Geschäftsträger, dem Kaiser wissen zu lassen, daß er ihn von allen Monarck eu am meisten verehre, und ihm zu sagen, daß er im Auslände etwas gelernt habe und Alles auf- bieten werde, die liberalen Ideen in seinem Lande in Anwendung von Vormittags 9 Uhr an sollen an hiesiger Amtsstelle 1 Schreibsecretair, 7 Stück verschiedene Uhren, 5 Stück Rohrstühle, 1 Schrank und anderes mehr, an den Meistbietenden gegen Baarzahluug versteigert werden, was hierdurch öffentlich bekannt gemacht wird. Königliches Gcrichtsamt Wilsdruff, am 15. Juli 1875. In Jnterimsverwaltung: vr. Gangloff, Assessor. Tagesgeschichte. Die Zeitungen gleiten über die Reise des Kaisers Wilhelm durch Bayern etwas leise und rasch hinweg. Es scheint fast, als hätten sie's dem König Ludwig nicht übelgenommen, wenn er den Kaiser begrüßt hätte, obwohl die amtlichen und halbamtlichen Zeit ungen um die Wette betheucrn, der Kaiser reise incvgnito und eine Begegnung der beiden Fürsten sei nicht vorgesehen gewesen. Der König ist vielleicht zu strcng constitutioncll gewesen, um am Tage vor der Wahl durch Begrüßung des Kaisers gleichsam persönlich in Lie liberale Wagschale zu treten. — In Oesterreich lagen solche Rück sichten und Bedenken nicht vor und die Temperatur war von Salzburg durch's Salzkammergut eine sehr angenehme. Als Kaiser Wilhelm am 15. Juli seinen Abstecher nach Ischl machte und zwar in einer vom Kaiser von Oesterreich gesandten, von L prächtigen Schimmeln gezogenen Staatskutsche, kam ihm Franz Joseph Halbwegs bis Strobl entgegen und beide Kaiser nahmen in dem leichten Wagen des österr. Kaisers Platz, obgleich nur 2 Pferde vorgespannt waren und die Adjutanten fuhren im Sechsspänner. Kaiser Franz Joseph fuhr seinen Gast selbst in das Hotel Elisabeth und Holle ihn bald darauf persönlich wieder zum Diner (Mittagsessen) in die kaiserliche Villa ab. Ans der Terrasse empfing die Kaiserin Elisabeth den Kaiser Wilhelm und er küßte ihr die Hand, führte sie zu Tisch und saß ihr zur rechten Seite. Nach Tisch fuhr der Kaiser seinen Gast Zum Hotel zurück und holte ihn bald wieder zu einer Spazierfahrt nach Laufen ab. Anderen Tages fuhr Kaiser Wilhelm nach Salz burg zurück und von da bis Lend auf der neuen Eisenbahn. Abends langte er in Gastein an. Vemerkenswerth ist es zu lesen, daß der Kaiser sowohl in Salzburg wie in Ischl trotz der Reise- u. Besuchs strapazen von Morgens 7—10 Uhr mit seinen Kabinetsräthen arbeitete. Kaiser Wilhelm ist seitens des in Detmold bestehenden Ver eins für das Hermann-Denkmal zur am 16. August statlsindendcn Uebergabe des Denkmals an das deutsche Volk eingeladcn worden. Der Kaiser wird der Einlandung sowohl des Vereins als auch der jenigen des Fürsten von Lippe, in dessen Schloß zu wohnen, Folge leisten. . Der Kaiser Franz Joseph hat anläßig der Leichenfeier des ver- ewlgten Kaiser Ferdinand dem preußischen General v. Blumenthal und dem sächsische,, Kricgsministcr, General v. Fabrice, das Groß- kreuz des Leopoidordens mit der Kriegsdecoration des Commandeur- kreuzcs desselben verliehen. Die Wahl sch lacht in Bayern ist geschlagen. Nach den bis her gewordenen Mittheilungen über die Ergebnisse des schweren Kampfes müssen wir leider sagen: beide Parteien, die Ultramontancn Wie die Liberalen, theüen sich in die Freuden des Sieges, d. h. die Hoffnungen Jener, das Heft in der Abgeordnetenkammer in die Hände zu bekommen, sind zu Wasser geworden; aber auch die Liberalen sind nicht vorwärts gekommen. Soweit sich bis jetzt'übersehen läßt, sind 77 Liberale und 79 Ultramontane gewählt worden. Das Schau kelspiel im bayerischen Landtag wird also von Neuem beginnen und '