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8V. 1873. Freitag, den 15. October Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche GerLchtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Erneuert wird die unter'm 8. September d. Js. hinter erlassene öffentliche Vorladung. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, «m 12. October ins. vr. Gangloff. Tagesgeschichte. Nach einer dem „L. T." gewordenen Mitiheilung haben im Finanz ministerium vorläufige Zusammenstellungen über die Ergebnisse der Steuer-Einschätzung des Landes stattgefunden und cs soll sich hierbei herausgestellt haben, daß die Städte mit etwa zwei Driitheilen das platte Land dagegen mit nur c!wa einem Dritthcil am Gesammt- einkommen betheiligt sind. Bekanntlich sind die Reservemannschaften der Infanterie im Laufe dieses Jahres mit dem neuen Mausergewchr durch Einziehung zu 14- tägigcn Hebungen ausgebildet worden. Inzwischen ist auch die Ar tillerie mit neuen Geschützen versehen und es tritt auch an sie die Nothwendigkeit heran, ihre Reservemannschaften für diese neuen Ge schütze ausbilden zu lassen. Dem Vernehmen nach werden die be treffenden Hebungen im nächsten Frühjahr staltfiuden und soll bei den selben in der gleichen Weise wie bei der Infanterie verfahren werden. Die fünf letzten Jahrgänge der entlassenen Mannschaften sollen von dieser Einberufung betroffen werden. In Zöblitz hat sich der einzige Sohu des Steindrechslers Steinert nachdem er in strafbarer Weise schon verschiedene Male, wenn ihm irgend ein Wunsch von Seiten seiner Angehörigen nicht erfüllt worden damit gedroht, sich bas Leben nehmen zu wollen, am 1. October er hängt. Bautzen. Dieser Tage ist in dem Dorfe Singwitz ein schweres Verbrechen zu verüben versucht worden. Ein junger Müllergcselle, Z. aus Blösa, hatte die Gelegenheit einer bei dem Gemeindevvrstande und Gutsbesitzer Pahn in Singwitz stattfiudcnden Tanzmusik benutzt, um nach derselben in der Stube unbemerkt zu übernachten. Am frühen Morgen schleicht sich Z. in die Gcldkammer Pahn's, wird aber von diesem, der schon aufgestandeu, ertappt, worauf ein fürchterliches Ringen zwischen Beiden entsteht, das jedenfalls für den alten Pahn, der bereits aus mehreren Wunden blutete, verhängnißvoll geworden sein würde, wenn nicht dritte Personen noch rechtzeitig zu Hülfe ge kommen. Der jugendliche Verbrecher befindet sich hinter sicherem Schloß und Riegel. In Schönau bei Wildenfels ist am 9. October der dortige Todtengräber wegen Leichenbcraubung verhaftet worden. Vor einiger Zeit wurde nämlich dort der Sohn eines Gutsbesitzers begraben, und man hatte der Leiche eine Uhr mit Kette mit ins Grab gegeben. Der Todtengräber, welcher dies bemerkte, hat nun, nachdem sich sämmtliche Leidtragende vom Grabe entfernt gehabt, der Leiche Uhr und Kette abgenommen, und solche später au einen Bergarbeiter ver kauft. Der Zufall will aber, daß der Käufer der Uhr dieselbe einem Uhrmacher übergiebt, welcher seinerseits alsbald die Uhr erkennt, die er vor einiger Zeit dem betreffenden Gutsbesitzer verkauft Hal, und so kommt durch diesen das an der Leiche vergangene Verbrechen zur Kenntniß der Hinterlassenen und schließlich der Behörde. Dem jetzt vorliegenden Reiseprogramm des Kaisers für die > Reise nach Mailand zufolge findet die Abreise aus Baden-Baden am 16. Oct., Abends 9 Uhr statt. Außer dein Aufenthalt in Innsbruck ! ist ein Nachtlager in Trient, und in Kufstein am 17. Oct. früh 8 Uhr 20 Minuten ein ^stündiger Aufenthalt beabsichtigt. Während des Mündigen Aufenthalts in Innsbruck sind Besichtigungen in Aus- sicht genommen. Die Ankunft in Borgamo erfolgt am 18. Oct. um 3 Uhr 20 Min., die Ankunft in Mailand nm 4 Uhr 15 Minuten. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung^ bemerkt: Die Beziehungen Zwischen Deutschland und Frankreich sind in den letzten Wochen Wiederholt Gegenstand der Discussion in der Presse gewesen. Laut und nachdrücklich haben sich in Deutschland Stimmen erhoben, welche die Verewigung des Hasses zwischen den beiden Nationen für eine deren nicht würdige Aufgabe erklärten. Die Verewigung des Haffes sei weder die Mission Frankreichs noch Deutschlands, welche lediglich ihre besten Kräfte dabei vergeuden würden, anstatt dieselben im großen civilisatorischen Interesse der Menschheit auszunutzen. Diese von deutscher Seite laut gewordenen Stimmen haben, es ist wahr, in Frankreich nur eine mäßige oder gar keine Beachtung gefunden. Nur die der Regierung nahe stehenden Organe erwiderten mit einigen ver bindlichen Sätzen, der Natur der gegenwärtigen offiziellen Bezieh ungen zwischen beiden Ländern entsprechend. ., Der jetzigen fran zösischen Regierung wird gegenwärtig das Zeugniß nicht versagt werden können, daß sie sich — gleichviel aus welchen Gründen — bemüht, die Ncvancheldeen aus den Gedanken der Nation zu ver- banncu: bei jedem Anlaß wird Frankreich immer nur auf die Arbeit und auf den Frieden verwiesen. Es ist gewiß wünschenswerth, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sich in Zukunft noch wesenücch besser gestalten und auch für die weiteren Bvlkskreise einen vertrauenserweckenden Charakter aunehmen mögen. Die Münchener „Neuesten Nachrichten" vom 8. October schreiben über den Jörg'schen Adreßeutwurf u. A.: „Wer sind denn die Leute, die Sr. Majestät dem Könige zumnthen, er möge Fneden schließen mit seinem Volke, um damit vor aller Welt die Verlüumdnng auszustoßen, er sei im Kampse und Hader mit demselben? Das find dieselben Leute, die, als der Deutsch-französische Krieg ansbrach, zum Theile wenigstens der Staatsrcgieruug den schimpflichen Rath gaben, Vertragsbrüchig zu werden, deren Hauptorgane die Heldenthaten unserer tapferen Armee fort und fort benörgelten und unsere Soldaien als Diebe hinstelllen; das sind dieselben Leute, welche der Drohung des Bischofs von Regensburg, die Throne der Fürsten umzustoßen, wenn sie nicht mehr von Gottes, d. h. von Papstes Gnaden, sein wollten, zujubelten, die Beifall nickten, als ein päpstlicher Nuntius seine Hoff nung auf eine Revolution in Bayern anssprach, welche die Ver höhnung des königlichen Placet durch die Bischöfe rechtfertigen und jetzt wieder die Beleidigung des Königs durch den Bischof von Speyer beschönigen, und die nun au dem Vorabende der Enthüllung dez Denkmals König Max II. die Ruhe des 'erhabenen Todten stören indem sie seine Worte zu verwerflichen Speculationen mißbrauchen/, München, 13. October. In der heutigen Sitzung der Abge ordnetenkammer begann die Debatte über den Adreßentwurf der ultra- montanen Partei. Der Abg. Stauffenberg verlas am Schlüsse seiner Rede eine von sämmtlichen 76 liberalen Abgeordneten unterzeichnete Erklärung, worin die Behauptung, daß der Adreßentwurf die Ueber- zeugung des gesummten bayrischen Volkes ausdrücke, als eine Ent stellung des wahren Sachverhaltes bezeichnet wird. Gtgcn den Ver such nur einen Theil der Bevölkerung als denjenigen zu bezeichnen, der treue Anhänglichkeit zum Könige bewahre, wird protestirt, ebenso wird das Herabziehe,' der Person des Königs in den Parteistreit zu rückgewiesen. Hat Jemand türkische Slaatspapiere? — Dann bitten wir ihn, nicht zu erschrecken. Die Türkei macht Bankerott, aber erst vom l.Jan. 1876 an und bei Leibe keinen ganzen, sondern nur einen halben und nicht auf Zeit und Ewigkeit, sondern vorläufig auf 5 Jahre. Kann man braver und zarter sein? Die Cache ist also: Vom 1-Jan. 1876 an zahlt die Türkei nur 50 Proc. der Zinsen ihrer Staatsschuld und nach 5 Jahren sollen die vollen Zinsen gezahlt werden.