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2 — Ein schöner Nachklang zu unserm vor wenigen Wochen statt« Hesundenen Gesangfeste gab sich vergangenen Sonnabend kund. Der Gesangverein Hypokrene in Meißen hatte in seinen Dankesgefühlen für die liebevolle Aufnahme, welche er beim Gesangfeste hier ge funden, nicht umhin gekonnt, seinen Gesangesbrüdern in Wilsdruff einen Besuch abzustatten; dieselben versammelten sich Abends gegen 7 Uhr im Saale zum goldnen Löwen zu einem Sängercommers und ließen unter der Leitung ihres bewährten Dirigenten, des Herrn Musikdirector Hartmann, liebliche Weisen ertönen; sie wurden in einer Ansprache des Vorstandes der Liedertafel und durch ein bewill- kommnungslied herzlich begrüßt, woran sich wieder Gesänge und Reden reiheten und so der Abend in der angenehmsten Gesanges- brüderlichkeit verlebt, bis die lieben Sängergäste in später Nachtstunde die Heimreise antraten und die hiesigen Sänger sich ebenfalls beeilten, durch den Schlaf für die Kirmeßfreuden zu stärken. — Der Frauenverein hiesiger Stadt hat sich in der Zeit feines Bestehens schon zu öftern Malen mit Lotterien, deren Gewinne aus freiwilligen Gaben bestanden, an die Oeffentlichkeit gewagt und sich dabei jederzeit einer günstigen Aufnahme zu erfreuen gehabt. Immer haben die Loose einen starken Absatz gefunden, und immer sind auch zahlreiche Geschenke eingegangen, welche dem Wohlwollen von Freunden und Gönnern und geschickten lieben Damenhänden ihr Dasein verdanken. Nach mehrjähriger Pause beabsichtigt der ge nannte Verein Ende October d. I. mit einer gleichen Lotterie hervvr- zutrcten, indem er diesem seinen Liebeswerke ein freundliches Entgegen kommen erhofft und erbittet. Möchten denn viele Herzen und Hände von hier nnd auswärts dem erwähnten Unternehmen ihre Theilnahme und Unterstützung zuwcnden! Die Zwecke des Vereins sind ja noch die alten, seine Bedürfnisse sind sich gleich geblieben. Die Alten und Armen sind nicht ausgestorben, und manches brave Kind unbemittelter Eltern harrt der nöthigen Beihilfe zu seiner Konfirmationskleidung. Die königliche Lotteriedirection macht bekannt, daß die 4. Classe der 88. königlich sächsischen Landeslotterie den 4. und 5. October gezogen wird. Die Erneuerung der Loose muß bis zum 26. Spt. bewirkt werden. Nach einer Verordnung des Ministeriums des Innern werden von demselben auf Antrag des Reichskanzleramts, bei welchem gegen wärtig Erörterungen über den dermaligen ungefähr noch im Umlaufe befindlichen Vorrath an Zwei- und Einthalerstücken im Gange sind, alle diesem unterstehenden königlichen Behörden und Verwaltungs stellen, welche Cassen haben, sowie alle Stadträthe und die Poliz'ci- ämtcr zu Leipzig und Chemnitz, ebenso die Bürgermeister in den Städten mit der Städteordnung für mittlere und kleine Städte angewiesen, vom 13. Sept, an festzustellen, welche Beträge der genannten Münz- sorten in den Cassen vorhanden sind, um darüber dann Anzeige bis zum 8. Oct. zu erstatten. lieber die Stellung der beiden liberalen Parteien in der bevor stehenden Session des sächsischen Landtags schreibt man den „Hamb. N." Die Gleichheit der politischen Grundsätze und der Gemeinsamkeit der Interessen wird hoffentlich in allen sachlichen Fragen die feindlichen Brüder einigen; dagegen dürfte in Personenfragcn der alte Zwist sortdauern, vielleicht noch heftiger entbrennen. So gleich bei der Prästdcntenfrage, wenn es sich lim Wiederwahl und Nichtwicderwahl Schaffraths handelt, der durch seine gegenüber den Nationallibercylen entschieden parteiische, ja feindselige Amtsführung es fast undenkbar gemacht hat, daß diese ihm ihre Stimme wiedergeben sollten, wie wenig sie auch Aussicht haben, oder sich selbst Hoffnung machen mögen, einen Präsidenten ans ihrer Mitte zu bekommen. Sehr möglich in- deß, daß Schaffraths Wahl dennoch dadurch erzielt wird, daß die Rechte ans Haß gegen die Nationalliberalen für Schaffrath stimmt, vielleicht gegen die Konzession, daß einer der Vicepräsidenten aus ihr genommen wird. Bekanntlich wählt bei diesem Landtage zum ersten Male die II. Kammer ihr Direktorium frei, während sie bisher nur dem Könige Kandidaten vorschlug. Seit einiger Zeit bemerkt man an sächsischen militärischen Char- girten und Solchen, die früher längere Jahre in der sächsischen Armee dienten, eine neue militärische Decoration, in der Form gleich der preußischen, die sogen. 12jährige Dieustschnalle, welche ein grün-weißes Band hält, worauf die Buchstaben R." in Metall zu sehen sind. Wurzen. Am 16. Sept, wurde dem Gutsbesitzer Claus in Burkartshain das Gartenthor vom Winde umgeworfen und der in der Nähe befindliche Sohn desselben so unglücklich davon betroffen, daß er auf der Stelle todt blieb. Altenberg. WelcheOpfcr das Reichsimpfgesctz auf die einzelnen Gemeinden gewälzt hat, erläutert das Beispiel, wonach unsere Stadt- zemeinde dem Herrn Jmpsarzte ca. 260 M. an Gebühren zu zahlen alte, ungerechnet die Beistellung des Jmpslocals und die Entschädigung für den assistirenden Polizciaufseher. Annaberg. Am 14. September ereignete sich, nach dem hiesigen „Wochenblatt", der kaum glaubliche Fall, daß ein 1 Jahr altes Kmd eine 10 Centim. (— 4'/« Zoll) lauge, starke Häkelnadel mit einer 9 Mm. dicken Glaskuppe verschluckt hat. Nach 8 Tagen zeigte sich jene mit der Spitze in der Magengcgeud deutlich unter der Haut und wurde vom Or. Stichler operativ herausbefördert. Das Befinden des Kindes ist ganz befriedigend. München, 2I. September, Prinz Adalbert von Bayern, Oheim des Königstz(geb. 19. Juli 1820) ist heute früh gestorben. Die fünf Großm,ächte sind vollständig darüber einig, daß im Drieut jetzt kein Feuer ansbreche; denn „Enropia braucht Ruh'" Die 6te Großmacht ist auch einverstanden, fügt aber den dringenden Wunsch hinzu, daß die aufständischen, furchtbar gedrückten und miß handelten Raja's (Christen) in Bosnien, der Herzegowina u. s. w. dein Ruhebedürfmß nicht vollständig aufgeopscrt werden. Will der kranke Mann von der europäischen Lebens- und Feuerversicberungs- gcscllschaft dauernd prosilireu, so mag er seine Prämie zahlen und diese heißt: eine gerechtere und menschlichere Behandlung und Stellung seiner christlichen Unterthemen. Dazu reichen aber nicht Versprechungen auf dem Papiere aus, sondern Bürgschaften, daß sie gehalten werden. In Folge des während der letzten Tage im südlichen Frank reich gefallenen Regens, welcher im Verein mit Sturm und selbst mit Erdstößen so empfindlichen Schaden angcrichtet hat, sind der Allier, der Tarn und einige Seitenflüsse der oberen Loire in bedroh licher Weise angeschwollen nnd an verschiedenen Punkten der Eisen bahnverkehr unterbrochen, so zwischen Villefort und Langogne, zwischen Böziers und Cette, bei Brassac und zwischen Clemont-Ferrand und Jssoire. Die Stadt Cette hat schweren Schaden gelitten, zwei zum Glück nicht bewohnte Häuser sind eingestürzt und ein neunjähriges Kind ist ertrunken. In verschiedenen Cantonen des Herault-Departe ments ist ein großer Theil des Erntecrtrügnisses vernichtet worden. In Prinz Lulu ist der ganze abcnleuerlichc Ehrgeiz seiner Familie erwacht und er brennt darauf, je eher, je lieber den Kaiscr- thron in Frankreich wieder anfznrichlcn. Er läßt sich von de» ver trautesten Bonaparlistcn nichts mehr rächen und sagen, wird grob und rechnet felsenfest auf Heer und Flotte — und sogar auf den Marschall Mac Mahon, obgleich dieser noch bis 1881 zum Präsidenten der Republik gewählt ist und wiederholt phlegmatisch erklärt hat: Hier bin und bleibe ich! In Lulus Auftrage schmuggeln seine Helfers helfer ihre Zeitungen und Flugschriften in die Kasernen und Schiffe, indem sic denken, die Armee ist die Hauptsache und Chisselhurst ist unser Paris. Vermischtes. JnMengsberg bei Treysa in Hetzen sind 60 Häuser abgebrannt; viel Vieh ist milvcrbrannt. Im Bade Kö sen lustwandelte die Badewclt am 15. Sept. Nach mittags im warmen Sonnenschein und mitten unter ihr ein junges Ehepaar, das vor ein paar Tagen mit vielen Koffern und Schachteln eingctroffen war. Plötzlich ensteht Lärm. Ein fremder Herr war an das Paar herangctreten: ein Wortwechsel mit dem Mann, ein lauter Aufschrei der Dame, ein Schuß und der junge Mann stürzt mit zer schmettertem Schädel todt nieder. Er hatte die junge Frau ihrem Manne entführt und dieser hatte sie nachrcisend entdeckt. Die „Boh." berichtet aus Prag: Auf der Ktcinseite unter den Lauben beim Monlag'schen Hause befindet sich eine Tabakbude, deren Inhaberin, eine k. k. österr. Oberstenwittwe, nicht weniger als 118 Jahre alt ist. Die Dame erfreut sich noch eines klaren Augenlichtes, spricht längere Zeit aus voller Brust im Zusammenhänge, hört wohl etwas schwer, hat aber einen guten Appetit und, was die Hauptsache ist, trotz ihrer prekären Lage einen guten Humor. Schreiber dieser Zeilen hatte Gelegenheit, diese interessante Dame zu besuchen. Sie wohnt im dritten Stockwerk des Monlag'schen Hauses. Sie saß < ganz weiß gekleidet auf einem Ledersopha. Weder ihre Haltung, noch ihre Physiognomie ließen das hohe Alter crrcuhcn. Im Ver lauf eines dreiviertelstündigen Gesprächs erzählte die alte Frau, daß sic im Jahre 1757 in Wien geboren worden sei, in frühester Jugend die Eltern verloren habe und sodann sammt ihrer Schwester von einer Gräfin Weißcnsells, welche Hofdame der Kaiserin Maria Theresia war, angenommen worden sei. Die alte Dame sprach immer mit der freundlichsten Miene und wenn sie in der Erzählung s ihrer Erlebnisse, die freilich mitunter etwas verworren vorgebracht 1 wurden, aus heitere Episoden kam, konnte sie recht laut und von - 3 Herzen lachen. An unangenehme Ereignisse scheint sie sich nicht zu erinnern, oder sie hat noch so viel Selbstbeherrschung, daß sie die- ! e selben dem neugierigen Besucher verschweigt. Sie war zweimal ver- heirathct. Den ersten Rang unter den deutschen Ausstellern auf der Welt ausstellung in Philadelphia wird aller Wahrscheinlichkeit nach wieder Krupp in Essen mit seinen gewaltigen Geschützen mmehmen. Der selbe wird auf dem Ausstellungsplatze einen eigenen Pavillon für sich erbauen. Die Krnpp'sche Gußstahlfarbik wird 14—15 verschiedene Geschütze aller Caliber zur Ausstellung senden. Das größte dieser Geschütze hat ein Gewicht von 55,722 Kilogramm; der Wagen, welcher dieses Ungethüm nach Hamburg fährt und nur zu diesem Zweck er baut worden ist, wiegt allein 33,000 Kilo. Das mächtige Gefährt ist von da sofort nach Essen zurückgekehrt und hat den andern Ausstellungsgegenstand, einen vctogencn Gußstahlblock von 52,000 Kilo, abgcholt. Das obenerwähnte Geschütz wiegt mehre Tausend Kilo mehr als seine berühmten Schwestern in Paris 1867 und Wien 1873, auch sind sciue Leistungen um 25 Proccnt gegen das letztere erhöht. Obgleich es nach seinem glänzenden und tadellosen Aussehen frisch aus Ler Werkstatt herauSznkvmmen scheint, versichert man docb, daß es schon mehr als 3000 Schuß auf Slahlplattcn von 18—20 Zoll Stärke abgegeben hat, die seine 400 Kilo schweren Geschosse wie dünnes Papier durchschlugen. Das Geschütz ist zur Küstenver- tyeidigung bestimmt und würde auch die stärkste Flotte von der Küste, , an welcher cs steht, fernhallen können. Krupp begann die Fabrikation von Kanonen im Jahre 1846. Im Jahre 1858 konnte er schon 100 Stück Herstellen und 1865 3000 jeden Calibers. Das größte von